Mittwoch, 18. Dezember 2019

Eine besinnliche Weihnachtszeit!

Dazu alle Jahre wieder das archäologische Weihnachtsgedicht: 



Text: Rainer Schreg/ Brigitte Schreg, Sprecher: Axel Weiss (Besten Dank!!)
Dezember 2015

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Auf zur Wahl des Wissenschaftsblogs des Jahres 2019

Die alljährliche Wahl zum Blog des Jahres hat begonnen:
Abstimmen kann man bis zum 1.1.2020, 24 Uhr. - zum Beispiel auch für Archaeologik, das 2016 zum Blog des Jahres 2015 gewählt wurde und wieder nominiert wurde.
Zum Hintergrund: Seit einigen Jahren ruft Reiner Korbmann (Wissenschaft kommuniziert) zur Wahl des Wissenschaftsblog des Jahres auf durch das Netz-Publikum auf. Er benennt dabei zwei Ziele:
  1. die besten und populärsten herausstellen,
  2. interessante Beispiele zeigen, wie jeder Forscher, jedes Institut, jeder Verantwortliche seine Informationen in die Öffentlichkeit des Internets bringen, seine Perspektive darstellen kann.
Korbmann konstatiert, das Blogs "oft unterschätzt, doch wertvoller denn je" seien. Sie sind inzwischen "ein unverzichtbares Instrument der Wissenschaftskommunikation – viel zu wenig genutzt von Instituten und Institutionen, aber eifrig betrieben von vielen höchst engagierten jungen Wissenschaftlern und Beobachtern des Wissenschaftsbetriebs." 

Daneben gibt es eine zweite Kategorie zur Wahl - das  Blogteufelchen: 
"Die Wissenschaft muss Zeiten fürchten, da Fakten nicht mehr erwünscht sind. Schon ist bei Populisten nicht nur von der „Lügenpresse“, sondern auch von der „Lügenwissenschaft“ die Rede. Wissenschaftskommunikation muss diese Strömungen ernst nehmen, viel ernster als bisher. Und darauf soll die Wahl des „Blog-Teufelchens der Wissenschaftskritik“ aufmerksam machen. Die Kandidatenliste enthält einige wissenschaftskritische Blogs, aber auch Blogs, die auf dem Boden der etablierten Wissenschaft stehen, sich jedoch mit der Wissenschaftskritik beschäftigen."

Auf zur Wahl - gerne für Archaeologik (oder einen anderen archäologischen bzw. historischen Blog wie z.B.  den Pfahlbauten-Blog, den Mittelalter-Blog).

Mittwoch, 27. November 2019

Dieses Mal nur 10.000 Raubgrabungsfunde - Europol-Operationen der vergangenen Jahre

Europol hat wieder einmal eine Razzia in verschiedenen Staaten durchgeführt - u.a. auch in München.
(Foto: R. Schreg, 2013)
Leider (oder Gott sei Dank) ist das eigentlich nichts Besonderes:

Operation Pandora III -  Juli 2019: 18.000 sichergestellte Funde
Operation Sardica - November 2018: 30.000 sichergestellte Funde

Operation Demetra - Juli 2018: 20.000 sichergestellte Funde
Operation Athena - Februar 2018: 40.000 sichergestellte Funde
Operation Pandora  - Januar 2017:  3500 sichergestellte Funde

Operation Aureus - Januar 2015: 2200 Funde sichergestelllt
Hier geht es nur um Funde, die von EUROPOL sicher gestellt worden sind. All das, was von den nationalen Polizeibehörden oder vom Zoll entdeckt wird, kommt noch dazu, plus jene Funde, die nicht entdeckt werden, weil sie erst noch abgelagert werden, bis sie mit falschen Provenienzen in den Markt gebracht werden.

Sonntag, 24. November 2019

Donnerstag, 21. November 2019

Archäologie und Schule in der Bamberger AMaNz

Schon vor Jahren hat am Bamberger Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit Grabungstechnikerin Britta Ziegler mit der Archäologischen Sommerakademie Bamberg begonnen, das Fach - speziell die Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit - auch an Laien und Schüler zu vermitteln. 
Schon länger bietet der Lehrstuhl - neben Schülerpraktika und sonstigen Veranstaltungen für Schüler - auch einen Museumskoffer an, der neben didaktischem Material einen Querschnitt einschlägiger archäologischer Funde aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit aus Fundorten in Oberfranken bietet. Er richtet sich an Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen, insbesondere Grundschulen sowie die Sekundarstufen I und II, die den Koffer für ihren Unterricht ausleihen können.

Dieses Angebot für Schulen und Schüler*innen wird ständig weiter entwickelt und so gibt es nun den Prototyp des Museumskoffers digital. In Zusammenarbeit zwischen dem Lehrstuhl AMANZ, betreut von Cornelia Lohwasser und dem bib international college Hannover (Hochschule für informationsverarbeitende Berufe e.V.) kann der Koffer nun virtuell geöffnet, die Objekte entnommen, gedreht, gezoomt und wie durch Zauberhand zum ehemaligen, kompletten Gegenstand ergänzt werden. Die App wurde von vier Studierenden des bib international college erschaffen. Sie ist indes nur ein vorläufiger Prototyp, denn durch die dauerhafte Kooperation zwischen Lehrstuhl und bib international college Hannover soll der virtuelle Koffer Objekt für Objekt ergänzt werden, um so den vollständigen Inhalt digital im Schulunterricht verwenden zu können. Diese Art der Objekterschließung kann in digital ausgestatteten Klassenzimmern eine interessante Vorbereitung für den eigentlichen Höhepunkt sein, nämlich den Koffer wirklich zu öffnen und die originalen Gegenstände in Händen zu halten.

Montag, 18. November 2019

Archäologie als Ausrede und Sündenbock

Einweihung der Krim-Brücke im Mai 2018 durch Präsident Putin
(Quelle: Kremlin.ru [CC BY 4.0 gemäß http://en.kremlin.ru/about/copyrights] via http://en.kremlin.ru/events/president/news/57472)
Nach der russischen Besetzung der Krim wurde eine Brücke über den Bosporus bei Kertsch zur wirtschaftlich bedeutenden Verkehrsverbindung zwischen der Krim und Russland - und zugleich ein politisches Prestigeprojekt. Im Mai 2018 weihte der russische Präsident Putin nach der Besetzung der Krim 2014 die Brücke ein, indem er persönlich einen der ersten Lastwagen über die Brücke fuhr.

Die Brücke war in nur zwei Jahren Bauzeit errichtet worden., obwohl das Projekt wegen der Meeresströmung, einem instabilen Untergrund infolge von Verkarstung, seismischer Aktivität und Schlammvulkanen technisch äußerst anspruchsvoll ist.

Eine erste deutsche Pionierbrücke aus dem Zweiten Weltkrieg wurde unter Stalin zur Eisenbahnbrücke ausgebaut, doch ist sie wegen starken Eisgangs nach nur drei Monaten eingestürzt. Ein Neubauprojekt in den 1950er Jahren musste eingestellt werden, nachdem sich der Untergrund als zu instabil erwiesen hat.
Auch über die aktuelle Brücke gibt es warnende Stimmen und auch Berichte über einige praktische Probleme. Vermehrt gibt es Berichte um Schwierigkeiten beim Bau der Brücke und Zufahrtswege. So soll im September 2018 ein Bahntunnel auf der neuen Zufahrtsstrecke eingestürzt sein. Außerdem gibt es Zweifel an der Stabilität der Brücken.
Die Eröffnung der parallelen Bahnbrücke, die für dieses Jahr, 2019 angekündigt war, wurde verschieben. Ein erstes Gleis wurde im Sommer zwar tatsächlich gelegt, aber die Fertigstellung der Bahnbrücke verzögert sich.

Schuld an der Verzögerung bei der Bahnbrücke sind offiziell aber nicht die technischen Schwierigkeiten oder der Tunneleinsturz, sondern: die Archäologie. Jedenfalls mutmasst der Stern, dass die aktuellen Ausgrabungen willkommen sind, um von den eigentlichen Problemen abzulenken.

Während der Bauarbeiten wurde überraschend eine Villa aus der Zeit des Bosporanischen Königreichs, genauer aus dem 4./3. Jahrhundert v.Chr. entdeckt.


Archäologie ist auf der Krim in hohem Maß in die politische Auseinandersetzung eingebunden. Viele Vorgänge und Einschätzungen sind deutlich von politischen Schachzügen geprägt und mahnen auch zur Vorsicht gegenüber den einzelnen Informationen.

Zum Zankapfel wurde die problematische Rückgabe von Ausstellungsleihgaben, die zum Zeitpunkt der russischen Besetzung der krim 2014 auf Ausstellungstour in den Niederlanden waren:
Die Ukraine erhebt Vorwürfe illegaler Grabungen, da sie Grabungslizenzen russischer Behörden nicht anerkennt. Darstellungen einer gezielten Zerstörung von Kulturgut sind daher mit Vorsicht zu betrachten:
Teilweise wurden wichtige Personalentscheidungen Chefsache. Hier geht es wohl um politische Einflussnahme auf Museen und Fundstellen, insbesondere im Falle der für die Christianisierung Russlands so bedeutenden Vladimir-Kirche in Cherson bei Sevastopol.
Übrigens bietet die Krim auch forschungsgeschichtlich ein interessantes Beispiel der propagandistischen Vereinnahmung der Vergangenheit, als die Krimgoten ins Blickfeld der stalinistischen UdSSR und NS-Deutschland gerieten.

Samstag, 16. November 2019

Wikinger und Walrösser - eine Geschichte der Ausrottung

Basierend auf der Open-Access-Publikation:
  • Xénia Keighley, Snæbjörn Pálsson, Bjarni F Einarsson, Aevar Petersen, Meritxell Fernández-Coll, Peter Jordan, Morten Tange Olsen, Hilmar J Malmquist: Disappearance of Icelandic Walruses Coincided with Norse Settlemen. Molecular Biology and Evolution 2019, msz196  - < https://doi.org/10.1093/molbev/msz196
Die Studie verweist auf die zunehmenden Einsichten, die sich in den vergangenen Jahren zu die menschlichen Auswirkungen (human impact) auf die Umwelt ergeben haben. Dazu gehören massive Landschaftsveränderungen und auch das Ausrotten von Tierarten. Unklar blieben dabei bisher die Folgen der Nutzung mariner Ressourcen vor  dem industrialisierten Walfang.
Die Studie nutzte daher die Funde von Walrossknochen aus Island. Sie stammen nicht aus archäologischen Fundstellen sondern aus Ablagerungen an der Küste. das Forschungsteam untersuchte die Datierung, Verbreitung und Genetik der Funde, berücksichtigte dabei aber auch die Belege, die sich etwa aus Ortsnamen ergeben.

Datierung isländischer Walrossknochen
(nach X. Keighley u.a.: Disappearance of Icelandic Walruses Coincided with Norse Settlemen. Molecular Biology and Evolution 2019, msz196 [ Creative Commons CC-BY-NC])



Heute gibt es auf Island keine Walross-Population mehr und die Analysen zeigten, dass sie bald nach Ankunft der Wikinger 873 verschwunden sein müssen. Die genetischen Analysen offenbaren, dass die DNA der untersuchten isländischen Walrösser heute nirgendwo mehr in lebenden Populationen vorhanden ist, die Tiere also ausgerottet worden sein müssen.
Die Nachfrage und der Handel der Wikingerzeit waren offenbar ausreichend, um die Walrösser auszurotten. der Studie zufolge ist dies eines der frühesten Beispiele, bei denen die lokale Ausrottung einer Tierart nachgewiesen werden kann.

Freitag, 1. November 2019

Eine neue Phase im syrischen Bürgerkrieg (Kulturgut in Syrien und Irak, September/ Oktober 2019)


Seit dem letzten Blogpost zu Syrien und Irak hat sich die politische Situation in Syrien radikal verändert.

Der Abzug der US-Truppen aus dem Norden Syriens hat der Türkei ein weiteres Vordringen im Norden des Landes ermöglicht, das gegen die pauschal als Terroristen eingestuften Kurden gerichtet ist. Die Türkei will hier eine 30 km breite Sicherheitszone schaffen. Davon profitiert vor allem das Assad-Regime wie auch Russland, das seine Rolle als internationale Ordnungsmacht damit entscheidend ausbaut. Die Kurden wenden sich dem verhassten Assad-Regime zu.
Inwiefern die nun begonnenen Friedensverhandlungen Aussicht auf Erfolg haben, scheint ungewiss. Sofern ein Ende des Krieges in Sicht sein solte, am ehesten mit dem Assad-Regime und Russland als Sieger.

Bürgerkrieg in Syrien - ungefähre Situation Ende Oktober 2019
(Ermanarich [CC BY SA 4.0] via WikimediaCommons)


Menschen, Wahrheit und Kultur sind wie immer einige der Opfer der neuen Entwicklung

Dass gerade archäologische Stätten in der Kriegspropaganda eine wichtige Rolle spielen hat sich gerade im Syrien-Krieg schon mehrfach gezeigt. Während Daesh die Zerstörung von Kulturgut gezielt für ihren Terror und als Symbol seiner 'Mission' eingesetzt hat, soll die besonders herausgestellte Sorge um das Kulturerbe zeigen, dass man auf Seiten der Zivilisation steht, während der Gegner als Kulturzerstörer gebrantdmarkt wird. In diesem Kontext sind vielfach auch einzelne Meldungen zu Zerstörungen zu sehen. 

Schon vor dem jetzigem Eingreifen der türkischen Truppen in Nordsyrien wurde ihnen Kulturgutzerstörung vorgeworfen. Unabhängig nachvollziehbar ist das m.W. bisher nicht (vergl. Archaeologik v. 8.9.2019).  Erinnert sei auch daran, dass im Frühjahr 2014 Berichte aufkamen, wonach die Türkei im Norden Syriens nach einem Vorwand für ein Eingreifen suchte (vergl. Archaeologik 2.4.2019). Ansatzpunkt war dasdas Grab von Suleyman Shah (ca. 1178 – 1236), dem eher legendären Großvater von Osman I., dem Begründer des Osmanischen Reiches. Das Grab liegt rund 25 km südlich der türkisch-syrischen Grenze und hatte bis 2015 eine türkische Wachmannschaft. Sie wurde im Februar 2015 durch türkische Truppen evakuiert, als das Grab von IS/ Daesh umzingelt war (Archaeologik 1.3.2015). Das Grab wurde dabei gesprengt und sollte direkt an der syrischen Grenze bei Ashme wieder errichtet werden. Im April 2018 erklärte jedoch der stellvertretende türkische Ministerpräsident Fikri Işık, dass das Grab nach der Befreiung von der kurdischen YPG (die hier ihrerseits Daesh besiegt hatte) an seinem vorherigen Standort nahe Manbisch wieder aufgebaut werden solle. Bislang liegt die Stelle jedoch außerhalb der türkisch kontrollierten Gebietes


Grab des Suleyman Shah auf einer größeren Karte anzeigen
blau: aktuelle Lage - rot vor der Verlegung 1973


Ein Schlag gegen Daesh? - der Tod des Abu Bakr al-Baghdadi

Ein weiterer Profiteur ist prinzipiell Daesh, da offenbar viele Gefangene fliehen konnten.
Am 27.10.2019 hat das US-Militär nun allerdings den Daesh-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi getötet. Inwiefern dies Daesh tatsächlich entscheidend schwächt ist fraglich, da er nie alleiniger Führer von Daesh war. Der Ort, in dem er sich versteckt hatte und nun gestellt wurde, ist Barischa, wenige Kilometer von Idlib, in jener Region, die in jüngerer Zeit noch Kriegsschauplatz zwischen Regierungstruppen und diversen 'Aufständischen' war - eigentliches IS-Gebiet war die Region aber nie (vergl. die Machtgebiete in der 'file history' der Karten der Wikipedia).

Barischa selbst ist eine der byzantinischen Toten Städte, die im bisherigen Bürgerkrieg verschiedentlich beschädigt wurden, in denen Raubgrabungen zugenommen haben, die aber teilweise auch als Flüchtlingslager dienten. Die Ruinen von Barischa waren Gegenstand eines deutschen Forschungsprojektes.




Barischa: Gelber Punkt: Byzantinische Siedlung, - Rot: Versteck des Daesh-Führers Abu Bakr al-Baghdadi



Byzantinisches Dorf Barischa, eine der Toten Städte im Kalksteinmassiv in Nordsyrien
(Foto: Bertramz, 2009 [CC BY SA 3.0] via WikimediaCommons)


Statement der syrischen Altertumsbehörde

  • http://www.dgam.gov.sy/index.php?d=177&id=2529 (arab.)
    Hier heisst es  unter anderem (Übersetzung via Google):
    "Archäologische Stätten im Nordosten Syriens, insbesondere in der Region Qamischli und Tell Abyad, sind aufgrund der türkischen Aggression in den Gebieten, in denen sich die wichtigsten archäologischen Zeugnisse Syriens befanden, die Tausende von Jahren zurückreichen und von denen die wichtigsten archäologischen Zeugnisse stammten, massiven Zerstörungen ausgesetzt.
    ...
    Um dieses Erbe zu bewahren, das ewige Seiten der Menschheitsgeschichte bildet, und um seinen Verlust zu verhindern, ruft die Generaldirektion für Antiquitäten und Museen die internationale Gemeinschaft und internationale Organisationen auf, die sich mit kulturellen Angelegenheiten befassen, insbesondere die UNESCO, Wissenschaftler und Archäologen auf der ganzen Welt Schätzen Sie den Wert dieser Stätten, um die türkische Aggression zu verurteilen und die Verbrechen der türkischen Besatzungsarmee aufzudecken, und fordern Sie ihre Regierungen auf, den Druck auszuüben, der erforderlich ist, um diese Aggression gegen das syrische Kulturerbe zu stoppen."

aktuelle Berichte


Aleppo, Syrien

Wiedereröffnung des Museums

Restaurierungen in der Stadt

Mossul, Irak

Aufstellung zweier Repliken assyrischer Lamassu-Plastik, die durch Daesh zerstört worden waren
 Restaurierungsarbeiten in Mossul

Homs, Syrien



Andere Berichte

Neue Monuments Men

Europa Nostra-Preis für DAI und Engagement in Syrien:




Links

frühere Posts zum Bürgerkrieg in Syrien auf Archaeologik (insbesondere Medienbeobachtung seit Mai 2012), inzwischen auch jeweils zur Situation im Irak:
Wie immer geht mein Dank an diverse Kollegen für ihre Hinweise. Die Übersetzungen arabischer Texte gehen meist auf Google Translator zurück und sind daher bisweilen Fehler-anfällig.

Mittwoch, 23. Oktober 2019

Mit dem Sauger mitten durchs Weltkulturerbe

Die saubere Baustelle in Bamberg mit Saugbagger. Minimiert die Bodeneingriffe, lässt aber auch keine Dokumentation mehr zu: Fluch oder Segen fürs Bodendenkmal?

Bamberg, im Kern der Inselstadt, UNESCO-Welterbe
(Foto: R. Schreg, 2019)

Donnerstag, 17. Oktober 2019

Seasonality in rural settlements - Ruralia XIII

Seasonality is a crucial aspect of premodern agriculture in quite different ways. Shielings and transhumance gained more and more interests in recent years. They were also in the centre of many papers and posters from Greenland in the north and Spain and Serbia in the south. However, it is not only transhumance, alp economy or nomadism. There are other resources used in rural landscapes at a seasonal basis, as for example hunting, fishing or seaweed harvesting.

This year's XIII Ruralia conference “Seasonal Settlement in the Medieval and Early Modern Countryside“ held at Stirling in Scotland 9th to 15th of september 2019 had 26 papers and several posters dealing with all aspects of seasonality in medieval and early modern rural landscapes.

The organizing committee provided a bundle of key questions:
  • How do we recognise seasonal settlement? How do we know it is seasonal?
  • What form do these activities take and how was the associated settlement organised?
  • What is the environmental evidence for seasonal settlement? This may be proxy data such as pollen rain, physical evidence in the landscape of past land-use or environmental data from excavations of seasonal settlements of whatever kind.
  • What is the dating for these activities and how does it relate to other forms of evidence, including documentary sources?
  • How were these activities affected by economic drivers such as population growth and decline and consequent changes which may be reflected in the archaeology or in land-use change?

The papers brought many case studies related to these questions. 

Program

  • Richard Oram, Too much environment and not enough history: the opportunities and challenges in researching seasonal settlement in Atlantic Europe.
  • Caterina Tente and Margarita Fernandez Mier, Archaeological research on seasonal settlement in the south-west part of Europe - an overview.
Panel 1: Seasonal settlement in southern Europe
  • Elizabeth Waldhart – Archaeological research into seasonal settlement in a medieval and early modern countryside landscape in East-Tyrol, Austria.
  • Anna Maria Stagno – A multi-disciplinary approach to the relationship between seasonal settlements and multiple uses: case studies from southern Europe (10th-21st Century).
  • Fabián Cuesta-Gómez and Sara Prata - Plows, herds and chafurdões: vernacular architecture and land-use in modern Castelo de Vide (Alto Alentejo, Portugal). (Poster)
  • Anita Rapan Papesa, and Pia Smalcelj Novakovic - From Roman villa rustica to modern farmers’ grange – specific way of seasonal settlements in eastern Croatia. (Poster)
  • Ugljesa Vojvodic - Transhumance in medieval Serbia. (Poster)
Panel 2: Seasonal settlement in eastern Europe
  • Elena Mikhaylova – Early medieval seasonal and temporary settlements in the forest zone of eastern Europe: the case of the culture of Pskov long barrows.
  • Maria Vargha and Tibor Ákos Rácz – Enduring memory - changing landscape around AD 1000 in Hungary.
  • Tuuli Heinonen – From seasonal settlement to medieval villages? Early medieval settlement in coastal region of Uusimaa, Southern Finland.
  • Ivan Valent and Tajana Sekelj Ivancan – In which part of the year did the iron smelting in the Drava valley occur?
  • Tomas Klir and Martin Janovsky - Seasonal activities and settlements in medieval and early modern Czech Lands. (Poster)
  • Florin Marginean, - Isolated households and some seasonal crafts from Lower Mures Basin in the Arpadian Age. (Poster)
  • Edith Sarosi - Farmyards, stable-yards, loading platforms and other seasonal or temporary settlement forms in early modern Hungary. (Poster)
Panel 3: Seasonal Settlement on the Coast
  • Kevin Grant – Song of the seaweed gatherers: kelp, seasonality, and coastal settlement in later 18th century Hebrides.
  • Leif Lauritsen – Albuen, the king’s herring market, Denmark.
  • Rowin van Lanen – Farmers, artisans and traders: modelling seasonal activities in the Dutch delta during the Middle Ages.
  • Bert Groenewoudt - Seasonality as a recurrent episode in North Sea coastal wetland settlement. (Poster)
Panel 4: Seasonal settlement in northern European
  • Rhiannon Comeau and Bob Silvester – Seasonal settlement in Wales.
  • Eugene Costello – Seasonal upland settlement as an indicator of ‘glocalisation’ in rural northern Europe, c.1350-1850.
  • Gudrun Norstedt - Changes in seasonal settlement patterns of the forest Sami in Fennoscandia
  • Christian Madsen – Seasonal settlement and mobility in medieval Norse Greenland
  • Therese Nesset – In the ruins of a medieval farm – post-medieval outland use and seasonal living in a mountain area of western Norway
  • Andreas Hennius - Outland exploitation and the emergence of seasonal settlements. (Poster)
  • Eva Svensson - Seasonal and/or permanent? Entangled flexibility in the Scandinavian forested mountains. (Poster & cheese)
Panel 5: Seasonal industry and trade
  • Darroch Bratt – Whisky distilling in rural post-medieval Scotland
  • Margarita Fernandez Mier and Pablo Gomez – Multi-functionality of grazing areas in the Cantabrian mountains
  • Kjetil Loftsgarden – Seasonal settlements and the production of iron in the Norwegian mountains
  • Cynthia Colling – Three cases of iron production sites in Luxembourg: seasonal, specific occasion or year-round?
Panel 6: Trading, herding and nomadism
  • Laszlo Ferenczi – Seasonality and the logistics of late medieval and early modern cattle trade in Hungary
  • Marie Odegaard – Settlements by seasonal horse markets in inland Norway
  • Jose Carvajal Lopez – Long term patterns of nomadic and sedentary settlement in The Crowded Desert of NW Qatar
  • Oula Seitsonem - Seasonal settlement of the Sámi reindeer herders in northernmost Fennoscandia c. 800–1950. (Poster)
Panel 7: Woodlands and Seasonal settlement
  • Mireia Celma-Martinez and Elena Muntán-Bordas – Dendrochronological research to track transhumance through shepherds’ woodcarving in the Pyrenees
  • Andrew Margetts – To browse and mast and meadow glades: seasonal settlement in the Weald of south-east England
  • Sylvain Burri – “Living in the woods, living on pastures”. A historical and archaeological comparative study of seasonal pastoral and craft-related settlements in medieval and post-medieval Southern France
  • Ian Maclellan – 'This piece of singular bad neighbourhood': disputed upland grazing and deer preservation in Mamlorn Forest, Scotland 1730-1744
  • Czilla Zatyko - Places, territories and routes of medieval and early modern practice of pannage in Hungary. (Poster)
After a peer-review the papers will be published in a conference volume, probably at the opportunity of the next Ruralia conference 2021 in Portugal




Excursion during Ruralia XIII to Glen Dollar
(Foto: R. Schreg)

Some personal observations

Ruralia XIII was(once again) a successful and very instructive conference. Looking back after some weeks there are some general observations, which may be of some more general interest. 
What became clear was that it is indeed difficult to identify seasonality in the archaeological record. The papers argued with the thickness of cultural layers, with the amount of finds or with written evidence. One paper presented the find of a tree leaf as an indicator for seasonal occupation and found during the following discussion quite approval by the audience. Though, this argumentation is quite common in palaeolithic archaeology, but usually refers to a series of seasonal indicators, not to a single find. This seems to be even more important for medieval and post-medieval societies, because - in contrast to palaeolithic hunter-gatherers -  seasonal occupation can’t be taken for granted, a single seasonal date is therefore insufficient. No other paper argued with archaeobotanical finds, indicating that still today the common archaoelogist isn't aware of the huge potential and importance of botancial finds.
In some of the case studies occupation has probably better to be labelled as short-term than seasonal. In many European landscapes rural settlements were not permanent at the scale of one generation but shifted in quite short time periods. ‘Seasonality’ therefore has to be defined closer as the repeating occupation during an economic cycle, usually one year.
Onother aspect popping up from several papers was the question of gender. It became clear, that 19th/20th c. ideas about gender roles are not applicable for earlier times. However this debate has to recognize the whole range of historical data - the archaeological record is often quite problematic to detect gender roles.

Looking back on the papers it seems, that despite of the broad variety of several seasonal activities the topic is rather related to open mountainous landscapes, than to forest. On the one hand, this may be due to the fact, that seasonality is indeed a land use practice mainly related with marginal landscapes (the topic of Ruralia VII), on the other hand, however, these are also the landscapes, where the traces of seasonal settlements are detectable most easily. In today forested landscapes or modern agrarian landscapes the traces of shielings don't have sufficient chance to be found or even to be preserved.




Links

Montag, 7. Oktober 2019

Antikenhändler in Afghanistan

Der Beitrag von Margaux Benn und Shahzaib Wahlah zeigt die Situation vor Ort, geht aber nicht auf die Rolle des internationalen Markts und nur nebenbei auf die Schmuggler und Hehler ein. -  Die Menschen, die aus Not ihr Einkommen durch das Absammeln und Ausplündern archäologischer Fundstellen aufbessern, kann ich verstehen. An der Stelle ist das Problem nur zu lösen, indem Friede und wirtschaftliche Gerechtigkeit geschaffen werden. Zugleich muss aber auch der Handel eingedämmt werden, denn erst die Nachfrage im internationalen Handel macht die laufende Zerstörung der Vergangenheit attraktiv.

Sonntag, 6. Oktober 2019

Undemokratische Staaten imitieren Wissenschaft

Vergleiche:

Donnerstag, 3. Oktober 2019

Ins Gefängnis! - Für den Einsatz für Kulturgüter?

"Osman Kavala (* 1957 in Paris) ist ein türkischer Unternehmer und Mäzen.
Kavala besuchte das Robert College in Istanbul und studierte an der University of Manchester Wirtschaftswissenschaft. 1982, nach dem Tod seines Vaters, übernahm er das Familienunternehmen Kavala Companies.Seit 2002 widmet er sich vor allem der von ihm gegründeten Stiftung Anadolu Kültür, deren Vorsitzender er ist. Anadolu Kültür betreibt Kulturzentren in vernachlässigten Regionen der Türkei und fördert die kulturelle Zusammenarbeit mit Ländern der Europäischen Union. Kavala ist auch als Sponsor von Amnesty International bekannt.
Am 18. Oktober 2017 wurde er bei seiner Rückkehr aus der südtürkischen Stadt Gaziantep ohne Nennung von Gründen am Flughafen Istanbul festgenommen. Er hatte sich in Gaziantep mit Mitarbeitern des Goethe-Instituts getroffen.

Die regierungsnahe Tageszeitung Daily Sabah behauptete einige Tage nach der Festnahme, er sei Milliardär, und brachte ihn mit der „Gülenist Terror Group“ (FETÖ) in Verbindung. Seine Untersuchungshaft wurde offiziell damit begründet, er sei der Organisator der Gezi-Park-Proteste, an denen 2013 mehr als 3,5 Millionen Menschen teilnahmen. Am 24. Juni 2019 begann im Gerichtsgebäude der Strafvollzugsanstalten Silivri der Strafprozess gegen ihn und weitere 15 Angeklagte. Den Beschuldigten wird im Zusammenhang mit den Protesten ein Umsturzversuch vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert „lebenslange Haft unter erschwerten Bedingungen“.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich seines Falles angenommen und gab bekannt, dass er ihn in einem beschleunigten Verfahren behandeln werde."
So weit, etwas gekürzt und redigiert der Eintrag aus der deutschen Wikipedia zu Osman Kavala.

Warum ist das ein Thema für einen Archäologie-Blog?


Weil Osman Kavala den European Archaeological Heritage Prize 2019 gewonnen hat. 

Die EAA begründet ihre Entscheidung damit, dass für Osman Kavala der Wert des Kulturerbes darin liege, die Bedeutung kultureller Unterschiede als eine Grundlage sozialen und wirtschaftlichen Wohlstands aufzeigen zu können. ("For Osman Kavala, a key value of heritage is its ability to underpin the value of cultural diversity as a source of social and economic well-being."). Deshalb habe er für Denkmalschutzprojekte geworben, die für die Geschichte von Minderheiten bedeutend sind und insbesondere für die der Armenier ("This has led him to promote cultural heritage projects of importance for the history of minority cultures and, in particular, that of the Armenian people. ")
Kavala habe sich unter anderem auch für die Erarbeitung von Unterrichtsmaterial von syrischen Flüchtlingskinder eingesetzt, das auch syrisches Kulturgut thematisiert, damit sich die Kinder ihrer Herkunft bewusst  sind (http://www.anadolukultur.org/en/announcements/arabic-turkish-bilingual-children-books-ready-for-distribution/413).
Die EAA-Würdigung spricht nur ganz beiläufig an, dass Kavala in der Türkei seit 2007 gegen internationalen Protest inhaftiert ist, für eine Anklage, die aus der Distanz eher politisch begründet zu sein scheint. Gerade das preiswürdige Engagement - der Einsatz für Armenier, der Widerstand gegen denkmalpflegerisch problematische Bauprojekte (vergl. Archaeologik [1.7.2013]) - scheinen der Hintergrund der Anklage zu sein.
 

Links

Sonntag, 22. September 2019

Archäologie und die Zukunft der Demokratie: Das EAA Statement von Bern

Die European Association of Archaeologists (EAA) hat bei ihrem Annual Meeting Anfang September 2019 in Bern ein Statement zur "Archaeology and the Future of Democracy" verabschiedet. Knapp zusammengefasst wird hier festgestellt:

Archäologie befasst sich mit den materiellen Hinterlassenschaften der Vergangenheit. Die Narrative und Rekonstruktionen, die sich daraus ergeben spiegeln jedoch die sozialen und politischen Strukturen der Gegenwart. Unausweichlich muß sich die Archäologie in ihren Interpretationen daher auch kritisch mit den aktuellen und zu erwartenden sozialen und politischen Rahmenbedingungen auseinander setzen und insofern auch politisch engagiert sein. Archäologie bringt hier insbesondere eine Langzeitperspektive ein und kann grundlegende Erfahrungen für eine Abschätzung künftiger Entwicklungen liefern. Sie kann zu vielen aktuellen Themen wichtiges Orientierungswissen liefern, etwa zu Flucht, Migration, Konflikt, De-Industrialisation, Globalisierung oder auch Digitalisierung.

Die EAA hält es daher auch für ihre Pflicht, sich und ihre Expertise in politische Diskussionen einzubringen. Dies erfordert uneingeschränkte Wissenschaftsfreiheit und institutionelle Unabhängigkeit und eine demokratische Gesellschaft mit den Prinzipien von Gleichberechtigung und Pluralität.

Der genaue (englische) Text der EAA-Erklärung findet sich als pdf unter:

Ein klein wenig ausführlicher ist die Artikelfassung in der EAA-Zeitschrift 'The European Archaeologist":  

Der Text der EAA macht zwar deutlich, dass die Situation in Ungarn ein wesentlicher Anlass für die Resolution darstellt, spricht aber leider Ungarn nicht konkret an. Die m. E. nötigen klaren Worte fehlen daher. Entscheidend wird sein, bei der Tagung der EAA 2020 in Budapest sich von politischer Vereinnahmung und staatlich geförderten Parawissenschaften zu distanzieren.

Interne Links

Sonntag, 8. September 2019

Kulturgüter in Syrien und Irak (Juli/ August 2019)

    Zerstörer von Mosul gefasst

    Bislang ist es nur eine Nachricht auf Twitter, wonach die Polizei von Mosul den Terroristen gefasst hat, der 2015 in einem IS/Daesh-Video archäologische Statuen zerschlagen hat. Quelle ist 'TomtheBassetCat', der regelmäßig und intensiv aus dem syrisch-irakischen Kriegsgebiet berichtet und am 27.8. den besagten tweet eingestellt hat.



    vergl.


    Rechtlich sind mit dem Präzedenzfall aus Mali die Grundlagen für eine internationale Strafverfolgung gelegt: 

    Das Wiedererstarken des Daesh


    Aktuell verweist die UN darauf, dass Daesh ein Vermögen von geschätzt 300 Millionen $ zur Verfügung habe und nach wie vor über Finanzquellen verfüge - unter anderem durch den Verkauf von archäologischen Funden.
    Sehenswert sind zwei Dokumentationen auf ARTE, die mit Archäologie zwar nichts zu tun haben, aber die bedenklichen Entwicklungen zeigen, die kaum geeignet sind, auf Dauer friedliche Lebensbedingungen zu schaffen:


    Raubgrabungen und Antikenhehlerei

    Unabhängig davon, dass die Berichte auch der Rehabilitierung des syrischen Regimes als Kulturnation dienen, zeigen sie doch, dass der internationale Antikenmarkt in erheblichem Maße mit Raubgrabungsfunden aus der Krisenregion beliefert wurde und wohl auch noch wird.

    Ein arabischer Artikel in HashtagSyria gibt  einen Überblick über das Ausmaß der gestohlenen Museumsbestände und eine grobe Abschätzung der Zerstörungen. Dabei gehen diese Schätzungen auf die Expertise der syrischen Altertumsbehörde zurück, die sich in den vergangenen Jahren trotz des Krieges sehr darum bemüht hat, mit lokalen Kräften wichtige Fundstellen im Auge zu behalten und Schäden zu dokumentieren. Der Beitrag zitiert den aktuellen Generaldirektor der DGAM Mahmoud Hammoud und seinen Vorgänger Mahmoud Abdelkarim (bis Oktober 2017):
    Demnach lässt sich als Momentaufnahme die folgende Zusammenstellung geben, die sich jedoch nur auf die inventarisierten Objekte bezieht, nicht auf die riesigen Depotbestände, die noch nicht aufgearbeitet waren und eben auch nicht die wohl weit größere Zahl, der direkt auf den Fundstellen in Raubgrabungen geplünderten Funde:
    Bezirk Idlib: 16.000 Objekte 
    Bezirk Raqqa: 6.000 Objekte
    Museum Bosra: 700 Objekte
    Bezirk Homs: ca 400-500 Objekte
    Das sind vorläufige Zahlen, die bei weitem nicht ganz Syrien abdecken und, wie gesagt, die Raubgrabungen und Funddepots nicht mit einschließen. Mahmoud Abdelkarim schätzt, dass es dreißig bis vierzig Jahre dauere, die Schäden einigermaßen richtig zu bemessen. HashtagSyria zitiert Mahmoud Hammoud: "Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich für mindestens eine Million Artefakte verantwortlich bin, die aus unseren nationalen Museen gestohlen wurden und in den Westen gingen" (Google-Übersetzung).

    Rund 25.000 Artefakte seien von der syrischen Armee nach der Rückeroberung der Territorien des IS und der Oppositionin den Bezirken Damaskus, Palmyra, Apameia, Daraa, Mary und Euphrat sicher gestellt worden. Als großes  Problem sehen Hamoud und Abdelkarim nicht zuletzt den Schmuggel ins Ausland, da die Grenzen dafür offen gewesen wären, über die Türkei, den Libanon, Jordanien und auch in die israelisch besetzten Gebiete. Abdelkarim regt an, in Syrien ein eigene Behörde mit Juristen einzurichten, um die Funde aus dem Ausland zurück zu fordern und eng mit Interpol zusammen zu arbeiten. 
    Der Artikel thematisiert dabei breit die früheren Plünderungen syrischer Altertümer während der osmanischen Zeit und der Zeit des französischen Mandats nach dem Ersten Weltkrieg, was deutlich macht, wie der europäische Kolonialismus bis heute nachwirkt (vergl. Die Zerstörung des alten Palmyra - 1929. Archaeologik [28.12.2015]).

    Ein weiteres wichtiges Thema des Artikels sind die laufenden Restaurierungen, die improvisiert und weitgehend ohne fachkundliche Anleitung und Expertisen durchgeführt werden.
    Wichtig für die Schätzung des Volumens der geplünderten Artefakte sind auch die Überlegungen, die ein amerikanisches Team jüngst publiziert hat:
    Auf der Basis des Fundvolumens jüngerer Ausgrabungen und der aktuellen Preise aus dem Handel errechneten sie am Beispiel von zwei Ausgrabungen den theoretischen finanziellen Wert der Funde. Im Falle von Dura Europos beläuft sich die Schätzung auf 18 Millionen US$, in Tell Bi’a, das nur zu etwa 10% ergraben ist auf 4 Millionen Dollar.  50% der Summen stammen demnach von kleinen Objekten unter 7 cm.

    Diese Beobachtungen zeigen nochmals, wie unsinnig das Argument des Kunsthandels ist, es gäbe "kein Angebot an hochwertigen Objekten", denn den Schaden richtet die Massenware an. Außerdem wird es noch dauern, bis die Raubgrabungsobjekte aus Syrien in den Markt eingeschleußt sind. -Vergl.  https://archaeologik.blogspot.com/2019/08/der-abschlussbericht-von-illicid-und.html

    Als Nachtrag ein Bericht vom Juni
    Syria: “Stones Smuggling”, SIRAJ (15.6.2019). - https://sirajsy.net/en/header/syria-stones-smuggling/

    Rückgabe von Artefakten

    Sicherstellung von Antiken in der Provinz Homs, die wohl auf eine Exportgelegenheit warteten:
      Angeblich mit amtlicher Bewilligung aus Aleppo haben pro-Iranische Milizen östlich von Aleppo Grabungen durchgeführt:

      Aktuelle Meldungen und Berichte

      Immer nnoch keine neuen Aktivitäten bei http://www.asor.org/chi/reports/weekly-monthly
       

      Weitere Zerstörungen durch Militärs und Milizen

      Die kriegsbedingten Zerstörungen, die die erste Phase des Bürgerkrieges in Syrien bestimmt haben, sind durch die Berichte über Plünderungen und Zerstörungen etwa durch Daesh etwas überlagert worden. Welche Schäden an Kulturdenkmalen die andauernden Luftangriffe im Nordwesten Syriens mit sich bringen, bleibt unklar.
      Militärs und Milizen treten eher als Akteure von Raubgrabungen und ggf. gezielten Kulturgutzerstörungen in Erscheinung.
      So gibt es Berichte, die die Iranischen Revolutionsgarden in Syrien der Plünderung und Zerstörung in Aleppo und Palmyra bezichtigen - sicher auch eine Gegenerzählung zur oben genannten Selbststilisierung der syrischen Regierungsseite als Kulturretter.

      Auch die Beurteilung der Vorwürfe an die türkischen Besatzer in Efrin hat dies zu berücksichtigen:
      Bilder auf facebook sollen diese Zerstörungen auch zeigen:
      Ein Bericht der Altertumsbehörde aus Afrin vom Juni 2019:
       

        Mosul

        3D-Replikat einer Löwenskulptur, die im Museum Mosul durch zerstört wurde:
        ein Rückblick auf die Zerstörungen:

        Apameia

        In Apameia wurde durch Mitarbeiter der Denkmalpflege in Hama eine Metallkiste geborgen, in der vor der Besetzung von Apameia durch "Bewaffnete Banden" Hunderte von Artefakten (Schmuck, Statuen, Keramik und Glas aus verschiedenen historischen Epochen) versteckt worden waren.
         Ein Bericht zur aktuellen Situation am Ort:


        Damaskus

        Die UNESCO überlegt die Altstadt von Damaskus von der Liste des gefährdeten Kulturerbes zu nehmen.

        Aleppo


        Ein Bericht zur Restaurierung der Omayaden-Moschee mit zahlreichen Bildern:

        Aleppo, Omaijaden-Moschee vor der Zerstörung, 2008
        (Foto: Martijn Munneke [CC BY 2.0] via Wikimedia Commons)
        Laut einer Meldung von  Urdu Point wurde der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Al Saktyya Markt in Aleppo vollständig restauriert. Offenbar waren russische Organisationen involviert. Die Eröffnung verzögert sich noch.
        Die Rolle der Social Media für das Bewusstsein des Kulturguts:

        Palmyra

        Russland bestärkt das Interesse an einer Beteiligung bei der Restaurierung:

        Mar Bishu, Khabour (Northern Syria)


        Ein Video aus der Provinz Hasake in Nordsyrien zeigt den Zutsnad der assyrisch-christlichen Dorfkirche (wohl ein moderner Bau), die durch Daesh 2015 zerstört worden war.

        Raqqa

        In Raqqa wurde von der Altertumsbehörde mit der Restaurierung der kriegsbeschädigten Stadtmauer begonnen. Dabei wird auch ein benachbarter Park saniert.

        Al-Sheuok Tahtani

        Die lokale Antiquities in Culture Authority  in der Al-Jazira Provinz in Nordsyrien bereitet die restaurierung der Mosaiken von Al-Sheuok Tahtani vor. Während der Besetzung durch Daesh kam es zu Plünderungen und Planierungen.

          Irak, außerhalb des Krisengebietes:


          Sonstige Berichte


            Links

            frühere Posts zum Bürgerkrieg in Syrien auf Archaeologik (insbesondere Medienbeobachtung seit Mai 2012), inzwischen auch jeweils zur Situation im Irak:

            Wie immer geht mein Dank an diverse Kollegen für ihre Hinweise. Die Übersetzungen arabischer Texte gehen meist auf Google Translator zurück und sind daher bisweilen Fehler-anfällig.