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Freitag, 11. Juli 2025

Vor 50 Jahren: Der Tod des Bürgerwillens in Faurndau - die Bedeutung einer Alltagsgeschichte des Dorfes in der Nachkriegszeit

Dieser Blogpost hat erst mal nichts mit Archäologie zu tun... (und doch werde ich am Ende darauf zurück kommen).

1975 wurde Faurndau (mein Heimatort im Filstal, ca 32 km östlich von Stuttgart, tiefstes Baden-Württemberg) nach Göppingen eingemeindet. Gegen den Willen der Bürger. Heute wird offiziell eher eine positive Bilanz gezogen - wie fast überall bei der Gemeindereform und Flurbereinigung.  Ein genauerer Blick zeigt ein anderes Bild.

Aufkleber 1975
 

In Faurndau entsand 1973 eine Bürgerinitiative gegen die Eingemeindung, nachdem im März des Jahres die Landesregierung ihre Vorstellungen zur Gemeindereform  vorgelegt hat und dabei die Eingemeindung Faurndaus nach Göppingen vorsah. Bereits 1971 hatte Göppingen eine Eingemeindung vorgeschlagen, das damals Ambitionen hatte, Sitz eines großen Hohenstaufenkreises zu werden.

Die Bürgerinitiative rechnete vor, dass die Eingemeidnung dem Ort keine Vorteile bringen würde, einen Verlust der Selbstverwaltung und demokratischen Mitbestimmung, eine finanziell höhere Belastung und eine fehlende Weiterentwicklung der Ortsstrukturen. Mitte der 1970er Jahre war Faundau hier mit der Erschließung des Neubaugebiets am Haier, das ein Schulzentrum und ein Hallenbad beinhaltete und der Neugestaltung des Schillerplatzes (heute Hirschplatz) auf gutem Weg.

Haierschúle mit Hallenbad nach der Eröffnung 1973
(Foto: S. Schreg)

 

Am 20. Mai 1973 wurde eine Bürgeranhörung durchgeführt, in der sich die Faurndauer mehrheitlich (96,5%) gegen die Eingemeindung aussprachen, die damit aber keineswegs vom Tisch war.. Darum kam es im Juli 1973 zu einer großen Demonstration gegen die Eingemeindung auf dem Schillerplatz.

Dennoch verlor Faurndau durch das Gemeindereformgesetz zum 1. Januar 1975 seine Selbständigkeit. 

Plakat der Bürgerinitiative
(HStA Stuttgart J 153 Nr 542 via Archivportal-D)

Flyer der Bürgerinitiative, zum rechten Flyer, datiert vor den 20.5.1973, gehört obiger Aufkleber

Man wehrte sich auch gerichtlich. Die Bürgerinitiative reichte eine Normenkontrollklage gegen das Gemeindereformgesetz ein, das die Eingemeindung Faurndaus nach Göppingen bestimmte. Am 11.7.1975 lehnten die neun Richter des Staatsgerichtshofs (heute Verfassungsgericht Baden-Württemberg) die Klage einstimmig ab. Sie gingen dabei nicht auf die demokratisch festgestellte Ablehung ein, sondern betonten, es sei nicht Aufgabe des Gerichts der Politik die Verantwortung abzunehmen und es habe nur festzustellen, ob die gefundene Regelung mit Gründen des öffentlichen Wohls vertret- und vereinbar sei, ob diese offensichtlich fehlerhaft sei oder gegen die Systemgerechtigkeit verstoße. Letzteres war ein Argument der Kläger, die auf den Bürgerwillen verwiesen und auf die Tatsache, dass im Falle Eislingens, für das auch eine Eingemeindung nach Göppingen diskutiert worden war, eine andere Entscheidung gefallen sei.

Das Gericht urteilete zudem, die Landesregierung sei an das Votum der Bürgeranhörung nicht gebunden. Karl Schiess (CDU, 1972-73 Innenminister), wird mit dem Kommentar zitiert , der Bürgerwillen sei etwas mehr als gar nichts. Die Wut im Dorf war groß. 

Meine Eltern waren bei der Urteilsverkündung in Stuttgart dabei. Mein Vater hatte bei der Gemeinde Faurndau als Techniker im Bauamt gearbeitet und war von dem Urteil unmittelbar betroffen. Am Nachmittag - die Verhandlung war am Vormittag - trafen sich einige Nachbarn bei uns im Wohnzimmer und ich erinnere mich an die miese Stimmung und auch die Wut. Wahrscheinlich ist es keine Erinnerung unmittelbar von diesem Tag, aber ich erinnere mich daran, dass sich der Frust vor allem gegen Franz Steinkühler richtete, der spätere IG-Metall-Chef, der kurz vor dem Urteil als Richter in den Staatsgerichtshof gewählt wurde.

Am folgenden Samstag - wenige Tage nach einem Festzug zur 1100-Jahr-Feier - wurde Faurndaus Selbständigkeit zu Grabe getragen - genauer gesagt der "Bürgerwille" und zwar mit dem Schiess-Zitat. 


NWZ 12.7.1975

 

der Leichenzug an der Ecke Hirsch-/Filseckstraße
(Foto: S. Schreg)
der Leichenzug in der Filseckstraße
(Foto: S. Schreg)
der Leichenzug in der Filseckstraße
mit MP Filbinger und OB König

(Foto: S. Schreg)
der Leichenzug vor dem Friedhof
(Foto: S. Schreg)
Sargverbrennung vor dem Friedhof
(Foto: S. Schreg)
Sargverbrennung vor dem Friedhof - der Bürgerwillen wollte nicht so recht in lodernden Flammen aufgehen
(Foto: S. Schreg)


 

Die Taruerrede

Die Trauerrede, die am 12.7. auf dem Schillerplatz gehalten wurde, ist aufschlußreich. Sie beklagt weniger den Verlust der Selbständigkeit als den Umgang mit dem Bürgerwillen und die Ignoranz.

 

Flurbereinigung und Gemeindereform 

Tatsächlich ist Faurndau damit nicht untypisch für die Entwicklung in weiten Teilen der alten Bundesrepublik während der 1960er und 70er Jahre. 

Mit Flurbereinigung und Gemeindereform wollte man die landwirtschaftlichen Erträge steigern und die Verwaltung effizienter machen. Ersteres ist gelungen, indem die Industrialisierung der Landwirtschaft damit begünstigt oder gar erst ermöglicht wurde. Allerdings ist die Rechnung grundlegend falsch, denn die Landwirtschaft produziert heute keine Energie mehr, sondern verbrennt welche. Seit der Neolithisierung hat sich der Mensch die Photosynthese der Pflanzen zu nutzen gemacht, um Energie in Form von Nahrungsmitteln zu gewinnen. Mit der  Modernisierung ist die Landwirtschaft zum Energieverbraucher geworden, da Kunstdünger und Kraftstoffe aus fossilen Energien stammen. Effizient ist sie also keineswegs. Heute wissen wir auch, dass die agrarische Optimierung der Landschaft für schwere ökologische Schäden verantwortlich ist und auch kein geringer Faktor für den Klimawandel ist.  

Die Flurbereinigung basiert auf einem Bundesgesetz, das zunächst 1956 einfach die Regelungen der NS-Zeit aufgriff. Die Durchführung aber wurde an die Länder delegiert. 

Mit der Verwaltungsreform wollte man effektivere Strukturen schaffen, auf der Ebene der Regierungsbezirke, der Landkreise und der Kommunen. Allenthalben war man bestrebt, die kleinen Gemeinden zu größeren Einheiten zusammen zu fassen. In Baden-Württemberg war man dabei noch vergleichsweise zögerlicher als anderswo.

Gemeindereform und Flurbereinigung galten als ein Projekt der Modernisierung und der effektiveren Verwaltung. Sie haben aber auch zur Auflösung der alten Dorfgemeinschaften beigetragen, indem die Flurbereinigung das Höfesterben maßgeblich angestoßen, damit auch die Abwanderung aus dem ländlichen Raum begünstigt und auch die Auto-Abhängigkeit geschaffen hat. 

Diese strukturellen Veränderungen führten und führen auch heute noch oft zu einem massiven Verlust der alten Bausubstanz, die oft als Schandfleck oder unmodern gebrandmarkt wurde. Faurndau kam lange Zeit mit geringen Schäden davon - erst jetzt verliert es mit dem Abriß der alten Bauernhäuser an der Hirschstraße sein Gesicht, im Umfeld der romanischen Stiftskirche ein immenser Schaden. Die Neubauten am Schillerplatz und die mitten in den Ort geklotzte Bahnüberführung "Over-Fly" waren für die Lebensqualität am Ort kein Gewinn, markieren eher die Marginalisierung des Ortes im Vergleich zur Kernstadt. Auch das ist ein Muster: Entwicklungsprojekte zielten in der Folge auf die Zentren, weniger auf die Vororte oder gar die abgelegenen Bauerndörfer. Bestenfalls sorgte man dort mit Umgehungsstraßen für eine Verkehrsentlastung der Durchfahrtsstraßen, mit der Folge allerdings, dass es nun auch schneller war, in die Einkaufszentren auf der grünen Wiese zu gelangen, als in den eatblierten Geschäften im Ortskern einzukaufen. Ein Aussterben der Orte folgte.

Zudem ist die Bürgernähe abgestorben. Dabei geht es nicht um die Präsenz eines Bürgerbüros vor Ort, sondern um den Verlust einer örtlichen Autonomie und eine Entfremdung von der Politik. Man argumentierte, die Gemeinden hätten früher vor allem Ordnungsaufgaben gehabt, im 20. Jahrhundert seien aber neue Aufgaben hinzugekommen, wie Schulen, öffentliche Büchereien, Sportanlagen, Kindergärten, Friedhöfe und Kläranlagen. Der damalige Innenminister Walter Krause: (SPD, Innenminister BaWü 1966-72) „Wer diesen Aufgabenkatalog sieht, weiß, dass mit der Verwaltung von gestern die Welt von morgen nicht mehr gemeistert werden kann.“

Die Reformen stärkten die Bürokratie, denn nun wurde zunehmend anonym entschieden, was nicht unbedingt gerechter ist, sondern eher zu Härtefällen und Frust führt. Anders als erwartet, waren die größeren Ämter auch nicht unbedingt effektiver. Bürgernähe und Vertrauen in den Staat gingen verloren. Dazu trugen auch Fälle wie der in Faurndau bei, in der das Ergebnis der Abstimmung, das sch zu 96,5% gegen die Eingemeidnung aussprach, einfach arrogant übergangen wurde. In anderen Fällen - so im fränkischen Ermershausen kam es 1978 zum offenen Widerstand und zum "Polizeiüberfall".

Diese Vorgänge sind heute vielfach vergessen - in Faurndau kam es seit den 1975 auch  zum Zuzug neuer Einwohner, die um die damaligen Auseinandersetzungen nicht mehr wissen. Dennoch zögerte man in Göppingen 2015 die Eingemeindung zu feiern - auch bei den aktuellen Feiern zur 1150-Jahrfeier scheint die Eingemeindung thematisch eher vermieden zu werden.

Wenn wir aktuell ein verlorenes Vertrauen in die Politik feststellen, so dürften diese Vorgänge um Flurbereinigung und Verwaltungsreform einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben. Sie sind in der konkreten Erinnerung kaum noch präsent, haben aber sicher vielfach  die Erfahrungen mit dem Staat unterschwellig geprägt. Die historische Aufarbeitung von Diktaturen mit ihrem offenen Unrecht fällt leichter als die Aufarbeitung des damaligen Alltags, der harmlos daher kommt, aber eben doch genauso eine Grundlage der aktuellen Demokratie- und Umweltkrise darstellt. Sehr eindrücklich ist hier eine Dokumentation des NDR von 2021: Unsere Dörfer - Niedergang und Aufbruch

In der öffentlichen Diskussion fehlt eine Ursachenanalyse und man schließt sich bequemerweise dem rechten Narrativ an, die Migration sei an allem Schuld. Flurbereinigung und Gemeindereform bedürfen dringend einer historischen Aufarbeitung, die auch der Frage nachgehen sollte, ob sich die Auseinandersetzungen um Eingemeindungen und die Flurbereinigung nicht auch mit heutigen Hochburgen extremer Parteien korrelieren und vielleicht auch ursächlich verbinden lassen. Derartige Aufarbeitungen scheinen noch weitgehend zu fehlen, für Bayern liegt eine solche Analyse mit einer Münchner Dissertation vor.  Faurndau wäre hier sicherlich ein spannendes Fallbeispiel.

 

Die Folgen der Landesentwicklung kamen keineswegs unerwartet, viele "Nörgler" haben genau damit argumentiert. Vielen ging es dabei nicht um das Verhindern, sondern damals schon um ein smartes Modernisieren und Neu-Organisieren aus den Gemeinden heraus. Tradition und Modernisierung werden heute als Gegensatz begriffen, tatsächlich schließen sie sich nicht aus. Vorauissetzung ist freilich, dass man Veränderung akzeptiert, aber eben auch kommunal demokratisch organisiert und überlegt handelt. Dazu gehört, dass man sich der historischen Entwicklung bewusst ist, sie erst zeigt die Tragweite der Entscheidungen. Hier ist die Zeitgeschichte gefragt, die Soziologie und die heimische Ethnologie in ihrer Rolle als historische Kulturwissenschaften. - Und hier kann letztlich auch die Archäologie und die Denkmalpflege dazu beitragen, diese gar nicht so weit zurückliegenden Veränderungen sichtbar zu machen, durch Konservierung, aber auch durch Forschung, indem beispielsweise die Veränderungen des Alltags seit den 1970er Jahren illustriert werden. Eine Archäologie der Moderne wäre hier etwa gefragt, verlassene Zeitkapsel-Wohnungen zu dokumentieren und vor Augen zu führen. Vielleicht gibt es so was auch in Faurndau - ein Wohnzimmer etwa, das noch aus der Zeit der Selbständigkeit stammt?



Quellen

  • S. Lang, Der Traum vom "Hohenstaufenkreis" . Der Landkreis Göppingen in der württembergischen Kreisreform 1970-1972. Veröff. Kreisarchiv Göppingen 20 (Göppingen 2023)
  • W. Ziegler, Faurndau 875-1975 (Faurndau 1975) 
  •  Faurndaus Selbständigkeit wurde zu Grabe getragen. NWZ 14.7.1975
  • Es gibt kein 1101. Jahr eigener Faurndauer Geschichte. NWZ 11.7.1975 

Literatur

  • E. Frahm / W. Hoops (Hrs.), Dorfentwicklung. Aktuelle Probleme und Weiterbildungsbedarf. Referate einer Arbeitstagung des Deutschen Instituts für Fernstudien an der Universität Tübingen. Untersuchungen des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen 71 (Tübingen 1987). 
  • E. Frie, Ein Hof und elf Geschwister. Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland (München 2023). 
  • L. Haffert, Stadt, Land, Frust. Eine politische Vermessung. Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung 10884 (Bonn 2022).  
  • G. Henkel, Das Dorf. Landleben in Deutschland - gestern und heute (Darmstadt 2012). 
  • J. Thomas, Handbuch zur ländlichen Bodenordnung und Flurbereinigung in Deutschland (Nischin, Ukraine 2023). - https://www.landentwicklung.de/fileadmin/sites/Landentwicklung/Dateien/Publikationen/Handbuch_zur_laendlichen_Bodenordnung_und_Flurbereinigung_in_Deutschland.pdf
  • J. Mattern, Dörfer nach der Gebietsreform. Die Auswirkungen der kommunalen Neuordnung auf kleine Gemeinden in Bayern (1978-2008) (Regensburg 2020). - ISBN 978-3-791-73133-9  
  • A. Pufke (Hrsg.), Ländliche Strukturentwicklung - ein Kulturereignis? Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 78 (Bonn 2011). 
  • M. Schaab. Verwaltungsgliederung in Südwestdeutschland 1939-1981, Hist. Atlas Bad.-Württ. Erl. VII, 12 (Stuttgart 1988). - https://www.leo-bw.de/media/kgl_atlas/current/delivered/pdf/HABW_7_12.pdf 

Links

 

Dienstag, 11. August 2015

Faurndau - vor 875

Vorliegender Blogpost geht auf eine Festveranstaltung "1125 Jahre Faurndau" im Jahr 2000 zurück. Mein Vortrag zur Christianisierung im Filstal wurde im Mitteilungsblatt Faurndau der Ortschaftsverwaltung am 29.7. und 5.8. 2000 sehr abgelegen grau publiziert (bei academia.edu). Der Text sei hier mit minimalen Aktualisierungen und ergänzten Abbildungen eingestellt. Inhaltlich habe ich vieles in einem Artikel "R. Schreg, Christianisierung im Filstal. In: Geppo. Krieger, Bauer, Siedlungsgründer? Veröff. Stadtarchiv Göppingen 43 (Göppingen 2003) 60-69" aufgegriffen und in einen mehr regionalen Kontext gestellt.


Am 11. August 875 wird Faurndau in einer Urkunde (WUB I,149), die heute in St. Gallen aufbewahrt wird, erstrnals erwähnt. Tatsächlich ist Faurndau älter. Im Spiegel neuerer Forschungsergebnisse - die manche ältere Ansätze komgieren und ergänzen - lässt sich eine grobe Skizze der Faurndauer Geschichte vor 875 zeichnen.

Das Kloster in Faurndau

Die Urkunde in St. Gallen belegt nicht die Gründung Faurndaus, sondem die Übertragung des bereits bestehenden Klösterchens Furentouua durch König Ludwig den Deutschen an den Hofkaplan Liutbrand.
Die Verleihung Faurndaus an seinen Hofkaplan fügt sich gut in das Gesamtbild von Ludwigs Politik ein. Ludwig der Deutsche, ein Enkel Karls des Großen war mit dem Vertrag von Verdun 843 ostfränkischer König geworden. Sein Regierungsstil maß seiner Hofkapelle und der Reichskirche große Bedeutung zu, Bistümer und Abteien verhalf er insbesondere im bayerischen Donauraum, der damals wichtiges Aufmarschgebiet gegen die unruhigen Gebiete irn Osten war, zu Grundherrschaften. Wichtige, ihm nahestehende Geistliche förderte er tatkräftig.
In diesem Zusammenhang muss man auch die Verleihung des Klösterchens Faurndau an Liutbrand sehen. So wie vielen anderen Geistlichen seiner Hofkapelle, die als Institution wichtige Funktionen der Regierung übernahm, belohnte er ihn für seine Dienste durch die Verleihung eines Klosters oder einer Kirche. Wahrscheinlich waren es eher der Dauerdienst als Kapellan als die mehr gelegentlichen Dienste als Notar für die Liutbrand, der keineswegs zu den bedeutenderen Notaren an der Hofkapelle gehörte, Faurndau übertragen erhielt. Interessant erscheint, dass noch arn selben Tag eine zweite Urkunde die Übertragung Faurndaus durch eine Kapelle in Brenz an der Brenz ergänzt. Möglicherweise war Faurndau aileine keine angemessene Ausstattung.

Faurndau war Königsgut. Auch 875 wurde es nicht aus der Hand gegeben. Die Übertragung an Liutbrand erfolgte unter der Bedingung, dass es nach seinem Tode an die königliche Macht zurückfallen solle. Erst 888 erhielt Liutbrand, mittlerweile vom Diakon zum Kapellan aufgestiegen, Faurndau als Eigentum geschenkt (WUB I,161). Speziell wird Liutbrand erlaubt, seinen Besitz entweder dem Kloster Reichenau oder dem Kloster St. Gallen weiterzuschenken, "damit er umso besser einen Vertrag abschließen könne'. Dahinter steht offenbar die Absicht, dass Liutbrand irn Alter in eines der Klöster eintreten und dazu auch einen Besitz in Kloster einbringen könne. Konig Arnulf verfolgte hier die Politik seines Vaters, der sich bemüht hatte, Schenkungen auf die Klöster St. Gallen und Reichenau zu konzentrieren.

Für König Ludwig waren Frankfurt am Main und Regensburg Zentren seiner Herrschaft, wahrend Alamannien in deren Fernbereich lag. 854, 856 und 858 hielt sich Ludwig in Ulm auf, damals mag er auch auf dem Königsgut in Faurndau Station gemacht haben. Welche Infrastruktur er hier vorgefunden hat, ob das Kloster damals bereits bestanden hat - darüber schweigen die schriftlichen Quellen.

Es ist nicht viel, was wir aus diesen Urkunden konkret über Faurndau erfahren: Es bestand hier ein Klösterlein ('monasteriolum'), zu dem weitere Liegenschaften, Ländereien, Wiesen, Weiden, Wälder, Wasserläufe, Ein- und Ausgänge, bewegliche und unbewegliche Habe, aber auch Weinberge gehörten. Interessant ist der Vergleich mit dem in der zweiten Urkunde (WUB I,150) genannten Zubehör der Kapelle in Brenz, wo Zehnten, Felder, Mühlen gesondert genannt werden. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Klösterchen in Faurndau eher auf Viehwirtschaft ausgerichtet war, da es weder über erwähnenswerte Felder noch über eine Mühle, aber über Wiesen und Weiden verfügte.

Grabungen in der Stiftskirche
Wollen wir nähere Einblicke in die Zeit vor 875 erhalten, sind wir auf archäologische Quellen, d.h. auf Bodenfunde angewiesen. Als die Stiftskirche in den Jahren 1956 und 1957 renoviert wurde, führte Prof. Konrad Hecht von der Technischen Universität Braunschweig Grabungen durch. Damals existierte jedoch noch keine Archäologie des Mittelalters, die solche Grabungen hätte fachgerecht durchführen können - sie konnte sich als wissenschaftliche Disziplin erst während der 1960er Jahre etablieren und die notwendigen Standards setzen. So sind die Grabungen in Faurndau leider in ihrer Aussagekraft sehr beschränkt und nur unzureichend dokumentiert. Die Phasengliederung, die Hecht erarbeitet hatte, muss weitgehend hypothetisch bleiben. Dabei bleibt auch unsicher, ob die Apsidenreste, die nördlich des romanischen Chors angetroffen wurden, tatsächlich zum Kloster des 9. Jahrhunderts gehören. Interessant ist jedenfalls, dass diese Apsis keinesfalls zum ältesten Bau an dieser Stelle gehört, sondern eine ältere gerade Mauer überlagert.
Auch die Ablösung dieses Baues durch eine ottonische, weiter nach Osten gelegene Kirche, wie sie T. Dames rekonstruiert hat, ist so nicht richtig. Die Rekonstruktion beruht nämlich auf einer Fehlinterpretation des Grabungsplanes, der eine Nord-Süd-verlaufende Mauer zeigt (Abb. 2, Phase II), die hinter dem Altar kurz unterbrochen ist. Man hat dies als Türdurchbruch verstanden und daraus geschlossen, dass es sich allenfalls um den Westabschluss einer Kirche, nicht aber um deren östlichen Abschluss handeln könne. Tatsächlich zeigt der Grabungsplan, dass hier ein kurzes Stück der Mauer hinter dem Altar nicht ergraben, sondern nur ergänzt wurde. Auch die Periodisierung der zahlreichen Mauerzüge im Westteil der Stiftskirche ist kaum möglich, da die verfügbaren Profilzeichnungen den Aufbau der Erdschichten viel zu idealisiert wiedergeben.
Abb. 1 Faurndau, Innenansicht der romanischen Stiftskirche
(Foto R. Schreg)
Bemerkenswert ist ein kleines Mauerstück, das in dem Plan von Hecht eingetragen und auch auf einem der Grabungsfotos zu erkennen ist: In Bereich der nordöstlichen Apsis, die außerhalb des heutigen Baus liegt, verläuft ein kurzes Mauerstück, das unter der ausgebrochenen Apsismauer läuft und älter sein dürfte als die Apsis, in Abb. 2 darum als Phase 0 markiert.


Abb. 2 Faurndau, Grabungen 1956/57 in der Stiftskirche
(Graphik R. Schreg,nach K. Hecht, modifiziert [Phase 0])


Die Grabungen in der Stiftskirche helfen also leider nicht weiter, die Frage nach den Anfängen Faurndaus zu klären. Hier wird man bei künftigen Bodeneingriffen in der Kirche, wie auch in ihrem Außenbereich, aber auch im Bereich des Vorplatzes sorgfältig auf archäologische Befunde und deren sachgerechte Dokumentation zu achten haben. Immerhin ist damit zu rechnen, dass neben den Gebäuden des eigentlichen Klosters auch Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude vorhanden waren. Diese könnten dabei durchaus als einfache Holzbauten errichtet worden sein.

Vorgeschichtliche und römische Besiedlung
Faurndau ist altes Siedlungsland. Zwar haben die ersten Bauern der Zeit um 5000 v. Chr. das Filstal offenbar noch weitgehend gemieden, doch zeigen mehrere Fundstellen um Faurndau, dass wohl im 4. Jahrtausend v.Chr. erste Siedlungen bestanden.
Sie lagen nicht irn Tal, sondern auf den benachbarten Anhöhen (Kammeräcker, Am Haierbrunnen). Zuvor haben jedoch schon Jäger und Sammler das Filstal durchstreift und auch bei Faurndau Station gemacht (Stauferhalde, Kühberg[?]). Aus den folgenden Jahrtausenden ist lediglich ein Bronzemesser der Zeit um 1200 v. Chr. bekannt geworden (Hasenhalden), das auf eine Bestattung der späten Bronzezeit hinweist. Insgesamt sind dies jedoch relativ wenige Funde, die keine kontinuierliche Besiedlung belegen können.
Abb. 3 Faurndau, Hasenhalde,
Griffzungenmesser der späten Bronzezeit, Fund S. Schreg, 1987
(Foto R. Schreg 1987, Verbleib: Landesmuseum Württemberg)
Abb. 4 Faurndau, Brunnenbachtal:
Fragmente eines römischen Helms
(nach Klumbach 1957)
Aus römischer Zeit ist seit den 1950er Jahren der Helm aus dem Brunnenbachtal (Geigenwiesen) bekannt. Er ist kein Beleg für die Existenz eines römischen Gutshofes am ehemaligen Lengenbad, sondern könnte hier verloren gegangen sein. Trotz intensiver Begehungen im Bereich des mittelalterlichen Lengenbades konnten dort keine römischen Funde gemacht werden (vergl. Wölbäcker im Vorland der Schwäbischen Alb - Spuren einer Wüstung Lengenwang. Archaeologik [21.9.2012]).


Abb. 5 Faurndau, Brunnenbachtal
(Zeichnung R. Schreg)
Leider lässt sich die genaue Fundstelle eines Fragments eines römischen Henkelkruges aus dem Brunnenbachtal, das viel eher eine römische Besiedlung belegen könnte, nicht mehr lokalisieren. Römische Siedlungsspuren scheinen indes im Bereich nördlich des Nordbahnhofes vorzuliegen. Hier wurde  das Fragment einer Terra-Sigillata-Schüssel gefunden (Lehlestraße 10). Terra Siglllata war das Tafelgeschirr römischer Zeit, das häufig mit Reliefverzierungen versehen war. Das Faurndauer Fragment zeigt Hercules mit einem Hund und stammt von einer Schüssel, die im 3. Jahrhundert n. Chr. in Rheinzabern produziert worden war. Die Fundstelle liegt nicht weit von der Stelle, wo schon seit langem die Abzweigung einer römischen Straße von der Filstalstraße nach Norden zum Kastell Lorch angenommen wird. Die römische Straßenverbindung durch das Brunnenbachtal nach Süden kann nicht als gesichert angesehen werden und hatte allenfalls lokale Bedeutung.
Das Filstal war gegen 120 n. Chr. ins römische Reich integriert worden. Damals hat man die Grenze vom Albtrauf, wo sie gegen 90 n. Chr. angelegt worden war, ins Filstal vorverlegt, wo sie bei Eislingen mit einem Kastell gesichert wurde. Bereits um 140 wurde die Grenze erneut korrigiert und ins Remstal vorverlegt, so dass sich Faurndau und das Filstal nun im Hinterland befanden. Wir müssen mit einer relativ dichten Aufsiedlung mit römischen Gutshöfen rechnen. Irn Neckarland liegen sie in einigen Regionen in Abständen von gerade einmal 300 rn. Neufunde der letzten 30 Jahre - neben der Fundstelle in der Lehlestraße sind neu entdeckte römische Gutshöfe unter der Oberhofenkirche Göppingen sowie bei Hattenhofen und Ebersbach zu nennen - zeigen, dass mit weiteren Funden zu rechnen ist und hier weiterer Forschungsbedarf besteht.
Abb. 6 Römische und frühmittelalterliche Siedlungstopographie von Göppingen und Faurndau - braun: spätmittelalterl. Stadt
(Graphik: R. Schreg)

Der Blick auf die römische Besiedlung ist wichtig, da das Faurndauer Kloster immer wieder mit einer Anknüpfung an römische Besiedlung in Verbindung gebracht wurde. Die karolingischen Könige nahmen z.T. bewusst Bezug auf römische Städte, um damit ihre Legitimation in der Nachfolge des römischen Reiches zu untermauern. Im rechtsrheinischen Gebiet lasst sich solches bisher jedoch kaum nachweisen. Die Beobachtung, dass immer wieder Kirchen auf römischen Ruinen errichtet wurden, dürfte eher siedlungsgeschichtlich, denn politisch begründet sein. In frühalamannischer Zeit (4./5. Jahrh.) hat man bewusst die Nähe der römischen Gutshöfe gesucht, da die Ruinen einerseits gutes Baumaterial boten und andererseits die umliegenden römischen Feldfluren bewirtschaftet werden konnten. Die Ruinengelände selbst waren jedoch fur eine ackerbauliche Nutzung wenig attraktiv, so dass es als Brachland in direkter Nähe der Siedlung einen geeigneten Baugrund für die Anlage erster Kirchen bot.
Die These, wonach in Faurndau Königsgut bestand, weil man bewusst an eine römische Besiedlung anzuknüpfen versuchte, ist daher nicht stichhaltig. Die Möglichkeit dazu hätte fast überall bestanden.

Faurndau im frühen Mittelalter
Werfen wir einen Blick auf die Verhältnisse den Merowingerzeit (5. - 7. Jahrh.). Wir sind dabei vor allem auf die alamannischen Grabfunde angewiesen. lm industrialisierten Filstal sind sie schon weitgehend zerstört. Nur aus wenigen Gräberfeldern liegen moderne Untersuchungen vor. Immerhin zeigen die wenigen Funde, dass im 7. Jahrhundert eine dichte Besiedlung bestand.
Abb. 7 Fundstellen der Merowingerzeit im Filstal
(Graphik: R. Schreg)
Aus Faurndau sind bislang keine Zeugnisse einer frühmittelalterlichen Besiedlung bekannt. Gräberfelder und wohl auch die zugehörigen Siedlungen lagen damals irn Bereich östlich des Berufschulzentrurns Öde, am Christophsbad in Göppingen, im Bereich von Landratsamt und Oberhofenkirche in Göppingen, sowie im Bereich der Frma Allgaier nordöstlich von Uhingen.
Südwestlich von Bartenbach weist ein weiteres Gräberfeld auf eine merowingerzeitliche Besiedlung. Ein Fund aus Jebenhausen (Eichert) muss in seiner Datierung unsicher bleiben. Immerhin wird deutlich, dass Faurndau ringsum von Siedlungen umschlossen war. Zu einem ähnlichen Ergebnis ist man früher schon aufgrund der langgestreckten Gemarkung gekommen. Wir müssen aber damit rechnen, dass während des Mittelalters im Süden sowie auf der Öde mit starken Veränderungen der Gemarkungsgrenzen zu rechnen ist [vergl. Wölbäcker im Vorland der Schwäbischen Alb - Spuren einer Wüstung Lengenwang? Archaeologik 21.9.2012], so dass sie nicht bis in die Frühzeit des Klosters zurückreichen dürften.
Die verkehrstopographische Situation der römischen Zeit, die durch die Filstalstraße und den Abzweig durch das Marbachtal nach Lorch geprägt war, dürfte während des frühen Mittelalters keine besondere Rolle mehr gespielt haben. Reiche Grabfunde aus Geislingen an der Steige legen es jedoch nahe, dass der Albaufstieg und die Route durch das Filstal irn fühen Mittelalter große Bedeutung hatte. Die Filstalstraße verlief ab Göppingen wahrscheinlich jedoch immer nördlich der Fils, so dass sie an Faurndau vorbeiführte.
Der Ortsname 'Faurndau' - 875 'Furentouua" zeigt, dass der Ort nicht besonders siedlungsgünstig lag. Der lange umstrittene Name kann heute als geklärt gelten. Er bedeutet "Siedlung an einem zerstörenden Fluss" und ist auf häufig auftretende Hochwässer der Fils zurückzuführen. Andere Ableitungen des Namens, etwa auf römische Ursprünge, entsprechen nicht den methodischen Grundsätzen der Namensforschung und können nicht aufrecht erhalten werden. Diese Namensform ist interessant, da sie sich von dem althochdeutschen Wort 'furen' = zerstören herleitet und daher nachrömisch sein muss.

Christianisierung im Filstal
Klostergründungen setzen irn inneralamannischen Raum erst spät ein. Sie gehören hier zur jüngsten Phase der Christianisierung. Archäologische Funde aus den alamannischen Gräberfeldern, vor allem aber Spuren von Kirchen in Göppingen, Gruibingen und Donzdorf geben Einblicke in die Christianisierung der Merowingenzeit, die wohl von der sozialen Oberschicht ausging.
Neben iro-schottischen Monchen, die in der schriftlichen Überlieferung dominieren, waren auch Burgunder und möglicherweise auch arianische Langobarden an der Mission in Südwestdeutschland beteiligt. Heidnisches und christliches Brauchtum und Symbolik lassen sich nur ungenügend trennen und könnten auf einen Synkretismus, eine Vermischung der Vorstellungen und Glaubensinhalte hinweisen, gegen den sich das kirchlich geprägte Christentum erst allmählich durchsetzen konnte.
Erst im 8. Jahrhundert organisierten der Angelsachse Bonifatius und in seiner Nachfolge weitere, dem karolingischen Königshaus eng verbundene Kleriker die Kirche. Damals kam es zur Gründung zahlreicher Klöster. Eines der frühesten irn inneralamannischen Raum dütfte die Vitalis-Cella in Esslingen gewesen sein.
Im Dezember 861 wurde in Wiesensteig auf Gruibinger Gemarkung ein Kloster gegründet. Es vermittelt eine Vorstellung davon, wie auch die Gründung Faurndaus vonstatten gegangen sein könnte. Die Urkunde darüber ist nicht mehr im Original, sondern nur in jüngeren Abschriften erhalten. Stifter ist der adlige Rudolf mit seinen Söhnen Erich und Rudolf. Er handelt "auf wiederholte Bitten meines gnädigsten Herm, des Königs Ludwig, sowie aus Sorge um mein Seelenheil und dasjenige meiner Angehörigen" und stattet das Kloster mit Gütern aus seinem Besitz im unmittelbaren Umland, aber auch in Südhessen aus. Es ist anzunehmen, dass auch das Faurndauer Kloster eine solche Gründungsausstattung hatte, wenngleich in den Urkunden davon nichts mehr fassbar wird. Wir erkennen im Drängen des Königs - es handelt sich um eben jenen Ludwig den Deutschen, der auch für Faurndau urkundet - die politische Komponente solcher Klostergründungen.

Ortsname, archäologisch erfassbare Siedlungstopographie, die eingangs postulierte Ausrichtung auf die Graswirtschaft und die topographische Situation in einer Engstelle des Filstales zeigen eine Situation, die für die Lage des Klosters geeignet schien. Faurndau vereinte das Ideal der Abgeschiedenheit mit der Lage inmitten des Altsiedellandes und in nicht allzu großer Nähe zu der wichtigen Durchgangsstraße nördlich der Fils - Voraussetzung für Mittelpunktsfunktionen, die ein Kloster in kultureller, politischer, aber auch wirtschaftlicher Hinsicht - übernahm.

Literaturhinweise
Wer sich näher für Faurndaus Frühgeschichte interessiert, dem bieten folgende Arbeiten wichtige Informationen:
  • Die Alamannen. Begleitband zur Ausstellung 'Die Alamannen' (Stuttgart 1997).
  • J. Fleckenstein, Die Hofkapelle der deutschen Könige 1: Grundlegung. Die karolingische Hofkapelle. Schriften MGH 16/1 (Stuttgart 1959).
  • K. Hecht, Von der karolingischen Cella zur spätromanischen Stiftskirche. Das Ergebnis der Ausgrabungen in der Faurndauer Kirche. Stauferland. Heirnatbeilage der NWZ 2, März 1957.
  • L. Reichardt, Ortsnamenbuch des Kreises Goppingen. Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde Baden-Württemberg, Reihe B112 (Stuttgart 1989).
  • H. Schäfer, Die archäologischen Untersuchungen in der Oberhofenkirche. In: Oberhofenkirche Göppingen. Festschrift zur Wiedereinweihung arn 11. Dezember 1983 (Göppingen 1983) 31-42.
  • W. Ziegler, Faurndau 875 - 1975 (Faurndau 1974)
Weitere Literatur
  • T. Dames, Zur Baugeschichte der Faurndauer Kirche. Stauferland. Heimatbeilage der NWZ, 2.3.1957
  • H. Schäfer, Die Oberhofenkirche. In: W. Ziegler (Hrsg.), Stadt, Kirche, Adel. Göppingen von der Stauferzeit bis ins späte Mittelalter. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen 45 (Göppingen 2006) 170–181.
  • H. Klumbach, Bruchstücke eines römischen Helmes von Faurndau (Kr. Göppingen). Fundber. Schwaben N.F. 14, 1957, 107–112.
  • R. Schreg, Alamannen in Göppingen. In: A. Hegele (Hrsg.), Geppo. Krieger Bauer Siedlungsgründer? [Begleitheft zur gleichnamigen Ausstellung im Städtischen Naturkundlichen Museum Göppingen in der Alten Badherberge Jebenhausen 28. Mai bis 2. November 2003]. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen 43 (Göppingen 2003) 22–43.
  • R. Schreg, Göppingen in der Siedlungslandschaft des Frühmittelalters. In: A. Hegele (Hrsg.), Geppo. Krieger Bauer Siedlungsgründer? [Begleitheft zur gleichnamigen Ausstellung im Städtischen Naturkundlichen Museum Göppingen in der Alten Badherberge Jebenhausen 28. Mai bis 2. November 2003]. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen 43 (Göppingen 2003) 44–59.

Freitag, 21. September 2012

Wölbäcker im Vorland der Schwäbischen Alb - Spuren einer Wüstung Lengenwang?

Im Vorland der Schwäbischen Alb sind an vielen Stellen Reste alter Wölbäcker unter Wiese erhalten.
Südlich von Faurndau liegen welche in Flur Öschlesäcker, die auch bei GoogleEarth erkennbar sind.


Größere Kartenansicht

Die Ackerstrukturen setzen sich im östlich anschließenden Louisenholz fort (im Bild oben rechts), nach Norden schließen sich weitere quer liegende Wölbäcker und im Hangbereich alte Ackerterrassen an. Ebenso sind weiter südlich als Bodenmerkmale Reste alter Wölbäcker zu erkennen.


Faurndau, Wölbäcker am Loisenholz (Foto R. Schreg, 2012)


Nicht weit nördlich davon liegt, auf der anderen Seite des "Schwalbachs" das ehemalige Lengenbad. Nach einer Beschreibung von 1490 stand hier ein Badegebäude und ein Wirtshaus; beide sind auch 1556 noch bezeugt. 1587/88 ist das Lengenbad im Kartenwerk von Gadner (Kirchheimer Forst) durch zwei schematische Häuser dargestellt. Als 1589 der Besitz an Dr. Johannes von Filseck überging, entstand eine genauere Planskizze des Bades, der eine Quelle und separat davon ein Badegebäude mit zwei Heizkesseln zeigt. Damals wurde vermutlich auch die "neue Behausung" errichtet. 1620 gelangte das Lengenbad in Württembergischen Besitz. Die "Moserschen Häuser" wurden als Fachwerkbauten an das Christophsbad nach Göppingen transferiert, wo sie 1643 auf einer Ansicht von Matthaeus Merian abgebildet sind. An der Stelle des Lengenbads zeigt die Kiesersche Forstkarte aus den 1680er Jahren nur noch einen Sauerbrunnen. Das Areal war später Teil der Faurndauer Feldflur.

Die ortsgeschichtliche Literatur vermutet eine am Lengenbad vorbei verlaufende alte Straße, die aber im Gelände bislang nicht festgestellt werden konnte. Der Fund eines römischen Helms unterhalb des Bades kann jedenfalls nicht mit der spätmittelalterlichen Situation in Verbindung gebracht werden. 

Zur Lagebeschreibung des Lengenbads wird 1497 als Flurname eine "Hofstatt" genannt, die wohl auf die Existenz eines Gehöftes vor dem Bau des Bades hinweist. 1336 wird hier eine Flur "Lengenank" genannt. Daraus lässt sich evtl. auf einen Ortsnamen Lengenwang schließen.
An einer Mineralwasserquelle gelegen (die früher den Sauerbrunnen in Faurndau versorgte) stellt das Lengenbad wohl den Rest einer kleinen Siedlung dar, zu der möglicherweise die Wölbäcker gehören. Archäologisches Fundmaterial aus dem Umfeld der Sauerbrunnenquelle umfasst jüngere graue Drehscheibenware und Waldglas (Verbleib: Kreisarchäologie Göppingen). Da es sich heute um Wiesengelände handelt, ist das Fundmaterial aber nicht ausreichend, um die Existenz einer älteren Siedlung an dieser Stelle zu erhärten.

Literatur:
Walter Ziegler, Faurndau 875–1975. Weg und Schicksal einer Gemeinde (Faurndau 1975).