Dienstag, 19. August 2025

Ein Mannheimer Parkhaus als Denkmal - Anfragen an die Landesregierung BaWü

Eine kleine Anfrage aus dem Landtag an die Landesregierung Baden-Württemberg aus dem April 2025 wird vom zustandigen Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen beantwortet. Doch es zeigt sich: Es gibt für die Denkmalpflege in Baden-Württemberg keine Statistik zu Bauanträgen, keine Übersicht über die Sanierungsanträge, keine Datenerhebung zum Förderbedarf, keine Einschätzung zur Wirksamkeit der Hilfe und vor allem: keine Hinweise oder Berichte, ob Gebäude wegen finanzieller Engpässe verfallen und auch keine Informationen zum Erfolg der Förderprogramme. Die Antwort des zuständigen Ministeriusm konstatiert das eindeutig - oder weicht den Fragen aus.
 
Die Frage nach der Zahl der Denkmäler ist in Baden-Württemberg nicht leicht festzustellen, denn hier gilt das deklaratorische (oder ipso-jure-) Prinzip, wonach ein Denkmal nicht in einer Liste eingetragen sein muss, sondern die Denkmaleigenschaft sich aus den im Denkmalschutzgesetz festgelegten Bedingungen ergibt. Die Denkmalliste hat also eher informativen Charakter - wobei sie in Baden-Württemberg gar nicht öffentlich zugänglich ist. Das stößt seit langem auf Unverständnis und eigentlich wollte die Landesregierung dies ändern und die Informationen digital zugänglich machen (vgl. Archaeologik 8.5.2021). Immerhin ist nun die Karte Kulturdenkmale auf Geoportal BW im Aufbau, die sich bisher aber auf Ensembles mit raumgreifender Wirkung und UNESCO-Stätten beschränkt und ehr halbherzig daher kommt. Vom Bayerischen Denkmalatlas ist man weit entfernt, Der war lange als Schatzkarte für Raubgräber verpönt, da er aber sehr niederschwellig zugänglich ist, zählt die Ausrede der Sondengänger nicht mehr, sie hätten nicht gewusst, auf einem Bodendenkmal zu sondeln. 
Die Landesregierung Baden-Württemberg schätzt die Gesamtzahl der Kulturdenkmale im Bereich der Bau- und Kunstdenkmalpflege in Baden-Württemberg aktuell auf rund 96 000.
 
Solche Statistiken sind freilich arbeitsintensiv und wesentliches Futter für das Bürokratiemuster, aber eine kritische (Selbst-)Evaluierung der Wirksamkeit des ganzen Behördenbetriebs ist darauf angewiesen. Und: Intransparenz (dieer Eindruck kann von außen entstehen) kommt in Politik, Medien und Öffentlichkeit nicht gut an.  
 
Auf die Situation in der Archäologie wird in der Antwort des Ministeriums nicht eingegangen, denn Anlaß für die Anfrage waren ein Fall in der Baudenkmalpflege und allgemein die "Herausforderungen für Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden bei der Sanierung". Die Stadt Mannheim wehrt sich gegen die Ausweisung eines (für Mannheim nicht ungewöhnlich häßlichen) Parkhauses der 1960er Jahre und weiterer Gebäude, darunter das Stadthaus und das Nationaltheater in der Innenstadt als Kulturdenkmal. Die Stadt Mannheim steckt in großen finanziellen Schwierigkeiten. Der OB befürchtet eine Finanzaufsicht des Landes und verweist auf die steigenden Sanierungskosten unter anderem beim Theater. Wohl nicht zufällig findet in diesem Jahr die landesweite Eröffnung zum Tag und zur Nacht des offenen Denkmals am 13. September just im Stadthaus N1 statt.

Mannheim, Parkhaus N2 und Stadthaus N1
(Foto R. Schreg CC BY SA 4.0)
 
Als Konsequenz aus dem Mannheimer Fall hat die FDP Ende Juli nun einen weiteren Antrag ("Transparente und wirtschaftlich tragfähige Denkmalausweisung: Beteiligung der Kommunen und Eigentümer stärken") im Landtag gestell, nämlich auf eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes. Begründet wird dieser damit, dass die Denkmalschutzausweisungen des Landesamtes vor Ort zunehmend auf Unverständnis stießen. "Immer häufiger werden auch Gebäude unter Schutz gestellt, deren baulicher Zustand einen wirtschaftlichen Erhalt kaum noch zulässt und bei denen ein Abriss aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoller erscheint. Zudem werden vermehrt Bauwerke als Denkmäler klassifiziert, die der Stadtentwicklung im Wege stehen und von der örtlichen Bevölkerung nicht als erhaltenswert angesehen werden." Der Antrag stellt die Frage, "warum den kommunalen Gremien keine Möglichkeit eingeräumt wird, in diese höchst umstrittenen und oftmals kostenintensiven Denkmalschutzentscheidungen einzugreifen oder zumindest mitzuentscheiden." Konkret schlägt er vor, "Ausweisungen als Denkmal durch einen Bürgerentscheid oder durch eine Zweidrittelmehrheit des Gemeinderats revidieren zu können" und eine Möglichkeit zu schaffen,  Denkmalausweisungen durch das Landesamt für Denkmalpflege etwa durch Gegengutachten anzufechten oder aufzuheben.
Das Ministerium weißt die Vorschläge zurück und verteidigt die rein fachwissenschaftliche Erklärung eines Denkmals. "Die Feststellung der Kulturdenkmaleigenschaft einer Sache ist ausschließlich eine fachliche und behördliche Feststellung auf der Grundlage des DSchG, die vollumfänglich gerichtlich überprüfbar ist."
 
Dass es sinnvoll ist, keine finanziellen Aspekte in die Denkmaldefinition einfließen zu lassen und die Einstufung als Denkmal an rein fachlichen Gründen festzumachen, zeigen aktuell die Vorgänge in Serbien, wo aktuell ein komödiantisch-dramatisches Trauerspiel mit Rücktritten, Entlassungen und Fälschungen aufgeführt wird, weil der Staatspräsident dem Schwiegersohn von POTUS Don. Trump zugesagt hat, dass ein Denkmalstatus aberkannt würde (vgl. Tagesspiegel 16.5.2025). Hier erweist es sich die rein fachliche Bewertung als ein Bollwerk gegen Korruption und Finanzhaie.
 
Schon lange ist jedoch ein Verbandsklagerecht vorgeschlagen - unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF)..  Sie meint: "Ein Verbandsklagerecht stärkt in der Praxis vor allem die Position der Fachbehörden, d.h. der Landesarchäologien und des Denkmalschutzes. Zudem führt das Verbandsklagerecht zu mehr Publizität und Transparenz der Entscheidungen und trägt zur Weiterentwicklung des Denkmalrechts bei. Während das Umwelt- und Naturschutzrecht dynamisch weiterentwickelt wird, u. a. weil es dort ein Verbandsklagerecht gibt, kommt es in den einzelnen Bundesländern immer öfter zu Verschlechterungen der Gesetze zum Denkmalschutz und zur Archäologie, weil es für kulturelle Belange an öffentlicher Aufmerksamkeit fehlt und kein Verbandsklagerecht besteht."(DGUF-Sandpunkt).
 
Die Anfrage aus er FDP macht aber noch etwas anderes deutlich: Sie frägt insbesondere auch nach der Kommunikation und Vermittlung und sieht hier offenbar Defizite. Wenn eine fachwissenschaftliche Bewertung ausschlaggebend ist, kann sich leicht eine Arroganz der (kleinen) Macht entwickeln und Augenhöhe verloren  gehen - was beim aktuellen Politik- und Staatsverdruß Öl ins Feuer bedeutet. Ein Verbandsklagerecht kann auch hier positiv gegenwirken, da sie der Zivilgesellschaft ein Instrument an die Hand gibt, staatliches Handeln überprüfen zu lassen. 
 
Denkmalschutzgesetze sind nicht vom Himmel gefallen. Sie sind angreifbar und demokratisch auch zu ändern. In der Regel wohnt den Regeln eine Sinnhaftigkeit inne, die aber auch immer wieder überprüft werden muss, ob sie in der Praxis auch die gewünschten Effekte hat. Deshalb ist es bedenklich, wenn das Ministerium bei einer einfachen Anfrage nach grundlegenden Parametern so ins Schwimmen gerät. Dass daraus dann Initiativen erwachsen, das Gesetz zu ändern, darf nicht verwundern. 
Man kann sich dabei nicht per se auf das Gesetz berufen, man muss es stets aufs Neue erklären. Hier bestehen Defizite, weil die Öffentlichkeitsarbeit der Ämter weder auf im politischen Raum geführte aktuelle Debatten eingeht, noch Stellungnahmen in konkreten Einzelfällen geben möchte. 
Manches wiederholt sich aber. So hat die Landesregierung zur Erklärung des deklaratorischen Prinzips nur c&p verwendet, obwohl die FDP diesen Absatz bereits in der Antwort zur ersten Anfrage offenbar nicht verstanden hatte.
 

Links

Keine Kommentare: