Dienstag, 31. Mai 2022

Geschichte im Krieg

Im Unterschied zur Corona-Pandemie (vgl. Archaeologik 9.1.2021) sehen Historiker sich beim Ukraine-Krieg sehr viel mehr in der Lage, Einordnungen oder gar Erklärungen zu liefern. Die Medienbeiträge, die nun auf die ukrainische Geschichte blicken, Putins Geschichtsbild analysieren - und zurück weisen - sind recht zahlreich, aber dennoch im Vergleich zu "Militärexperten" doch eher eine Randerscheinung.

Nur exemplarisch:

Zwei Aspekte eines historischen Blicks auf den russischen Krieg gegen die Ukraine scheinen bemerkenswert. Mehrfach wird Putins Geschichtsbild analysiert, einmal in seinen historischen Aussagen etwa betreffend die Geschichte der Sowjetunion oder der Kiewer Rus, zum anderen aber auch das generelle Geschichtsverständnis Putins.

Kritik an Putins Geschichtsdarstellung (vgl. Archaeologik 22.1.2022):

Putins konservatives Geschichtsverständnis:

Russland streitet mit vorgeblich historischen Argumenten eine Existenzberechtigung  der Ukraine ab. Das macht deutlich, wie wichtig eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für uns ist.


In der aktuellen Kriegssituation scheint dies tatsächlich in eine bewusste Zerstörung von Museen, Gedenkstätten und Archiven zu münden:

Die UNESCO gibt auf ihrer Website eine Liste bislang bekannter zerstörter Kulturdenkmale in der Ukraine - mit Aktualisierungen:


Besonders hingewiesen sei auf einen Beitrag bei Radio Free Europe:

 

Dass Meldungen zu Kulturdenkmälern Teil von Propganda sind, hat sich bereits in Syrien gezeigt, wo sich Russland als deren Retter dargestellt hat - nun zeigt die Ukraine die russischen Zerstörungen auf, ohne freilich immer die Fakten ganz korrekt darzustellen. Das ist sicher nicht immer auf die Kriegsbedingungen zurückzuführen, die zu reduzierter Sorgfalt führen könnten, sondern eine bewusste Strategie, Russland mit eingängigen Bildern und Aussagen vorzuführen.

 

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Montag, 30. Mai 2022

Archäologie im Krieg - Schützengrabengrabungen

Ein ukrainischer Parlamentsabgeordneter berichtet über Funde in einem Schützengraben in der Südukraine.

Dank an F. Preisß für den Hinweis. 

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Donnerstag, 26. Mai 2022

Marienthaler Nonnen ohne Gewissen

Anfang Mai wurde bekannt, dass das Kloster Marienthal in der Oberlausitz wertvolle Bestände seiner angestammten Bibliothek und auch seines Archivs über einen Schweizer Antiquariat auf dem Kunstmarkt zu Geld machen möchte.


Zum Verkauf steht unter anderem der in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts, im fränkischen Raum der Bistümer Eichstätt, Würzburg oder Bamberg entstandene St. Marienthaler Psalter - angeblich für rund 4 Mio Euro . Der genannte Blogpost von Klaus Graf dokumentiert die historische Bedeutung des Psalters, der mit DFG-Mitteln inzwischen auch online digital vorliegt. Im Rahmen dieser Digitalisierung wurde ein Verbleib der betreffenden Handschriften im Kloster vertraglich vereinbart - nun wird das Kloster vertragsbrüchig und nutzt das Kloster die Expertise für den Verkauf.  

 

Marienthaler Psalter
(PD] - via Sachsen digital
urn:nbn:de:bsz:14-db-id18010400796 )


 

Ebenfalls zum Verkauf steht das Kapiteloffiziumsbuch des Zisterzienserklosters Altzelle, aus dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts, ebenfalls mit öffentlichen Forschungsmitteln digitalisiert.


Kapiteloffiziumsbuch des Zisterzienserklosters Altzelle
(PublicDomain via Sachsendigital -  urn:nbn:de:bsz:14-db-id18010435317)


Das Kloster verweist auf seine wirtschaftlichen Nöte. Nach Flutschäden 2010, Sanierungsarvbeiten und den Folgen der Corona-Pandemie, die den Besucherbetrieb im Kloster zeitweise zum Erliegen brachte, habe man längst die Altersrücklagen der derzeit acht, meist alten Schwestern schon zur Kostendeckung und Abgeltung von Krediten in Anspruch genommen.

Das Bistum Dresden-Meißen, das eigentlich solche Verkäufe untersagt hat, sieht sich wegen der Eigenständigkeit des Klosters nicht verpflichtet und im Übrigen selbst nicht in der Lage, weitere finanzielle Hilfe zu leisten. Historiker und das Sächsische Kultusministerium protestierten gegen einen Verkauf vor allem des Psalters als einem Werk von europäischem Rang.

Die Äbtissin erklärte am 12. Mai, die Schwesterngemeinschaft sei bereit, gemeinsam mit weiteren Akteuren, die sich in der Frage zu Wort gemeldet hätten, nach einer Lösung zu suchen, um den Psalter - auf den sich die Diskussion zu verengen scheint -  in Sachsen zu halten. Allerdings hat das Kloster die Schriften bereits an einen hochpreisigen Antiquar gegeben, der nun sicher auch auf einer Provision besteht. Eine Frist, die dem Freistaat zugesichert wurd, um bis Ende Juni eine Lösung zu finden, war vom Kloster bzw. seiner Äbtissin nicht eingehalten worden.

Angeblich befinden sich die angebotenen Handschriften noch in Sachsen. Eine Ausfuhr kann mit Hilfe des Kulturgutschutzgesetzes indes nicht verhindert werden, da hier §9 die Kirche insofern privilegiert, als dass sie die Unterschutzstellung selbst benatragen müsste. Das Sächsische Denkmalschutzgesetz bezieht sich indes auch auf Werke der bildenden Kunst und des Kunsthandwerks sowie Sammlungen, so dass hier eine Eintragung in das Verzeichnis der Kulturdenkmale vorliegen oder vorgenommen werden müsste (bei beweglichen Kulturdenkmalen ist das Verzeichnis nicht öffentlich einsehbar).

Klaus Graf weist daraufhin, dass der Fall Marienthal kein Einzelfall ist - das Verscherbeln von Klosterbibliotheken ist man schon gewohnt, wie zahlreiche Posts auf Archivalia dokumentieren (nur zwei Beispiele aus Fulda und der Eifel: https://archivalia.hypotheses.org/128655, https://archivalia.hypotheses.org/886). Dass das Kloster Marienthal aber auch Archivbestände auf den Markt wirft, scheint neu.

Das dahinter stehende Problem - das Aussterben von Klöstern - ist es aber nicht.  Es ist strukturell und so müsste hier eben auch ein Lösungsansatz gefunden werden, der nicht immer wieder dazu zwingt, wertvolle Bücher aus dem Kunsthandel teuer zurück zu kaufen und dabei zuzusehen, wie historisch bedeutende Bibliothelskontexte dennoch - oft undokumentiert - zerstört werden.

"Es bedarf einer bundesweiten Task force, die auf der Basis einer flächendeckenden Inventarisierung notfalls auch gegen die kirchlichen Eigentümer Rettung und/oder Dokumentation veranlasst. Es ist ein Unding, dass virtuelle Rekonstruktionen von Klosterbibliotheken sich noch nicht mit solchen hochgradig gefährdeten Ensembles befassen. Diese Task force muss mit einem stattlichen Stiftungsetat ausgestattet werden. Wird das Problem nicht langfristig und systematisch angegangen, bleibt es bei hektischen Rettungsversuchen, und der Antiquariatshandel lacht sich ins Fäustchen." - https://archivalia.hypotheses.org/145746

Kloster Marienthal im Tal der Neiße
(Foto: Derbrauni [CC BY SA 4.0] via WikimediaCommons)
 


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Freitag, 20. Mai 2022

Backblech und BaLISminK - Perspektiven der Keramikforschung

Nach Coronapause fand am 12. und 13. Mai in Tübingen ein Treffen von Archäologinnen und Archäologen statt, die im süddeutschen Raum (historisch breit von Niederösterreich bis ins Elsass und von Kärnten bis ins Rheinland) mit Keramik arbeiten. Impulsreferate zeigten den regionalen Stand der Forschung, Tische mit ausgebreiteten Scherben boten Gelegenheit zum Fachsimpeln und vor allem zum genauen Betrachten und Betasten. 

 

Internationaler Workshop zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik in Süddeutschland und angrenzenden Regionen

Tübingen, 12./13. Mai 2022 
Organisationsteam Dorothee Ade, Natascha Mehler, Jonathan Scheschkewitz und Lukas Werther, unterstützt durch Amelie Alterauge

Impulsvorträge:

  • Dorothee Ade, Von der Schwäbischen Alb bis zum Bodensee - Keramikforschung im südlichen Baden-Württemberg
  • Andreas Heege/Valentin Homberger/Jonathan Frey/Eva Roth-Heege/Michelle Joguin/Maria Isabella Angelino/Gilles Bourgarel, Schweiz/Fürstentum Liechtenstein 1350-1900: Stand der Forschung, Defizite, Perspektiven
  • Madeleine Châtelet/Heidi Cicutta/Elise Arnold, Mittelalterliche und moderne Keramik im Elsass (6.-17. Jh.). Der heutige Stand nach zwanzig Jahren Forschungen
  • Christoph Keller/Christian Röser, Keramikforschung im Rheinland
  • Rainer Schreg, BaLISminK - Eine kooperative Arbeitsplattform zur Dokumentation und Auswertung archäologischer Keramikfunde
  • Martin Rogier, Experimentalarchäologische Keramikherstellung
  • Harald Rosmanitz, Reliefierte Ofenkeramik in Süddeutschland
  • Eleonore Wintergerst/Christian Later, Zum Forschungsstand in Süd- und Ostbayern
  • Harald Stadler, 35 Jahre mittelalterliche Keramikforschung in Tirol. Ziele-Erfolge und Misserfolge-Zukunft
  • Gabriele Scharrer-Liska/Levente Horváth, Forschungen zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik in Ostösterreich (Niederösterreich, Burgenland, Steiermark, Kärnten)
 


Deutlich wurde, dass der Stand der Forschung sehr ungenügend ist und in vielen Fällen wichtige Fundkomplexe nicht vorgelegt - oder mancherorts gar nicht erst vorhanden sind. Im Jahre 1997 war von Dorothee Ade et al. ein Überblick über den Stand der südwestdeutschen Forschung zur mittelalterlichen Keramik vorgelegt worden. Dabei wurden 156 Fundkomplexe aus Baden-Württemberg aufgelistet, die wichtige Keramikbestände umfassen. Davon waren circa 18 publiziert (darunter aber auch kaum greifbare Dissertationsdrucke), 138 unbearbeitet oder unpubliziert. In den vergangenen 25 Jahren wurden von den 138 damals unpublizierten Fundstellen nur ca. 10 vorgelegt, viele Manuskripte wurden bis heute nicht gedruckt (geschweige denn online gestellt). Durch die Einführung der kommerziellen Archäologie sind zahlreiche neue Fundkomplexe hinzugekommen, die mehrheitlich der Wissenschaft aber auch nicht zugänglich sind. Problematisch ist, dass das Verursacherprinzip nur die Ausgrabung nicht aber die Auswertung umfasst. Vielfach erweisen sich die Fundlisten, die von den Grabungsfirmen vorgelegt werden als wissenschaftlich unbrauchbar, da sie von Fehlbestimmungen durchsetzt sind. 

Die Vorträge der Tübinger Tagung zeigten, dass diese mangelhafte Situation - unter einzelnen Aspekten vielleicht mit Ausnahme des Elsass und der Nordschweiz - nicht nur Baden-Württemberg betrifft. Für Südbayern konnten Christian Later und Eleonore Wintergerst in ihrem Überblick im Wesentlichen nur auf die Städte Regensburg, Ingolstadt und neuerdings München verreisen, für die ein einigermaßen hinreichender Forschungsstand erreicht ist. 

Noch immer beruhen die Kernaussagen auf den Pionierarbeiten der 1960er und 70er Jahre von Uwe Lobbedey, Barbara Scholkmann, Hermann Dannheimer und Sabine Felgenhauer-Schmidt. Der jüngeren Forschung ist es nicht gelungen, deren Chronologiesysteme und Aussagen grundlegend abzusichern und zu präzisieren. Punktuell wurden sogar eher Rückschritte gemacht, indem etwa das Relativchronologiesystem von Uwe Lobbedey, das zunächst allgemeine Anwendung gefunden hat, seit den 1990er Jahren nicht weiterverfolgt und ausgebaut wurde. Ohne dass genügend fest datierte Referenzkomplexe publiziert oder Stratigraphien ausgewertet worden sind, ging die Forschung auf absolute Datierungen über, die öfters modifiziert werden mussten. Damit ist eine sehr unübersichtliche Forschungslage entstanden. 

Bis heute zeigen sich chronologische Unstimmigkeiten, insbesondere an den Grenzen der Arbeitsgebiete der modernen Forschung. Beispielsweise zeigen sich zwischen der Nordschweiz und dem Bodenseeraum mit der Konstanzer Marktstätte Abweichungen in der Datierung der Leistenränder im 11./12. Jahrhundert, also gerade in einer Zeit bei der für das Verständnis siedlungsgeschichtlicher Entwicklungen wie Stadtentstehung, Dorfgenese oder Burgenbau eine genaue chronologische Auflösung entscheidend wäre. Zwischen Württemberg/Schwaben einerseits und Oberbayern andererseits ergeben sich Datierungsdifferenzen bei nachgetreten Keramik von mindestens zwei Jahrhunderten. Bei der Auswertung vermeintlich frühmittelalterlicher Siedlungen im Großraum München, wie beispielsweise Kirchheim bei München, blieb unter dem Eindruck der merowingerzeitlichen Hofgrablegen die Literatur zu hoch- und spätmittelalterlicher Keramik völlig unberücksichtigt, so dass hier tendenziell viel zu frühe Datierungen vorliegen. Daneben gibt es terminologische Abweichungen in den verschiedenen Bearbeitungsregionen, was z.B. den Karniesrand angeht oder auch den Begriff der rauwandigen Drehscheibenware, der sich in Südwestdeutschland auf das Frühmittelalter, in Oberfranken aber auf das Spätmittelalter bezieht. Ein weiteres Forschungsdefizit, das auf der Tagung aber nicht weiter thematisiert wurde, ist der eklatante Mangel an weitergehender sozial- oder wirtschaftsarchäologischer Interpretation der Keramikfunde. Im Mittelpunkt des Interesses steht immer noch die Chronologie, so dass weitergehende Analysen zu Herstellungstechnik, Gebrauchsspuren oder Schadensbilder weitgehend fehlen (vgl. Schreg im Druck). 

Die Backblechmethode 

Auf der Tagung wurden Ursachen und mögliche Problemlösungen dieser Situation diskutiert. Bemängelt wurde verschiedentlich, dass die universitäre Ausbildung in den letzten Jahren die Materialkenntnisse zugunsten theoretischer Themen vernachlässigt hätte. Das ist sicherlich nicht ganz falsch, doch sind universitäre Abschlussarbeiten in keiner Weise geeignet, die Unzahl von unpublizierten Ausgrabungen und relevanten Komplexen aufzuarbeiten, zumal damit unerfahrenen Studierenden sehr komplexe Aufgaben übertragen werden, die eigentlich sehr viel Erfahrung voraussetzen. Problematisch sind aber auch die Fundberichte der kommerziellen Grabungsfirmen, die zumeist der Forschung gar nicht zugänglich sind und sich in der Regel auf die Befunde konzentrieren. Die Funde werden in kaum verwertbaren Listen, häufig mit falschen Ansprachen abgearbeitet. Andreas Heege hat daher die "Backblech"- Methode vorgeschlagen. Anstelle ungenügende Klassifikationen vorzunehmen, sollten die Grabungsfunde besser in Übersichtsfotos (auf Backblechen beispielsweise) vorgelegt werden, die zwar keine detaillierte Vorlage ersetzen, aber dem Experten doch viel eher einen Überblick über das (Keramik-)Fundspektrum einer Fundstelle geben. Das Landesamt für Denkmalpflege in Baden-Württemberg hat in diesem eine Änderung der Richtlinien für Grabungsfirmen bereits ins Auge gefasst. 

BaLISminK 

Die Tübinger Tagung war auch Gelegenheit zum ersten Mal BaLISminK vorzustellen. BaLISminK ist das Bamberger Lehr- und Informationssystem zu mittelalterlicher und neuzeitlicher Keramik, das derzeit in einer Vorabversion vorliegt. 1997 war das Buch ‘Keramik aus Südwestdeutschland’ von Rainer Schreg in der ersten Auflage erschienen. Es war eine Bestimmungshilfe für Keramik vom Neolithikum bis zur Neuzeit, die vor allem Typentafeln und kurze Beschreibungen enthielt, aber als damals studentische Arbeit von Anbeginn an relativ oberflächlich war und inzwischen eben über 30 Jahre alt ist. Schon lange war an eine Neubearbeitung gedacht worden, die auch mit Lehrveranstaltungen an den Universitäten Tübingen und Heidelberg in Angriff genommen war. Dabei zeigte sich jedoch, dass es sinnvoll ist, hier künftig auf eine digitale stets aktualisierbare Form zu setzen. So ist BaLISminK entstanden, bei dem es sich um ein Wiki-System handelt, das Handwerkstechniken, Werkstoffe, Formen, Warenarten und relevante Fundkomplexe beinhaltet. Die Zielgruppe sind weniger die Expert*innen als vielmehr Studierende, Grabungsfirmen, aber auch interessierte Laien. BaLISminK umfasst derzeit bereits etwa 270 Einträge, die mehrheitlich aus Schreg 1997 übertragen, teilweise aber auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen (neben den genannten in Tübingen und Heidelberg nun auch in Bamberg) aktualisiert und ergänzt worden sind. 

 

Schreg 1999

Noch ist BaLISminK nicht öffentlich zugänglich (und deshalb hier auch nicht verlinkt), da in einem kleineren Kreis von Kolleg*innen erstmals Inhalte konsolidiert und Arbeitsroutinen entwickelt werden sollen. Auch technisch sind noch einige Verbesserungen notwendig, so z.B. eine Nutzerverwaltung mit abgestuften Schreibrechten, eine organisierte Literaturverwaltung und möglicherweise auch ein integriertes WebGIS. Museen und archäologische Institutionen sollen als Partner gewonnen werden, die das Projekt mit Bildern unterstützen, die möglichst, wie BaLISminK überhaupt unter eine CC-Lizenz gestellt werden können. 

 

BaLISminK

 

Derzeit werden Kolleginnen gesucht die aktiv in dieser Entwicklungsphase mitarbeiten möchten, insbesondere auch solche, die Kenntnisse mit Wikimedia-Projekten mitbringen. (um es klarzustellen: es wird eine unentgeltliche Mitarbeit erwartet, da aktuell keinerlei Finanzierung vorliegt. Interessierte wenden sich bitte an Rainer.Schreg[at]uni-bamberg.de ). BaLISminK soll nicht nur der Keramikforschung eine Plattform für Austausch und Koordination bieten, sondern auch als Element archäologischer Wissenschaftskommunikation dienen. 

 

 Literaturhinweise 

  • Ade-Rademacher et al. 1997: D. Ade-Rademacher/U. Gross/M. Dumitrache/B. Jenisch/S. Kaltwasser/C. Keller/R. Marti/C. P. Matt/J. Pfrommer/R. Röber (Hrsg.), Mittelalterliche Keramik in Baden-Württemberg und den Schweizer Kantonen Basel-Stadt, Baselland und Schaffhausen. Fundstellen und Forschungsstand (Hertingen 1997). 
  • Dannheimer 1973: H. Dannheimer, Keramik des Mittelalters aus Bayern. Beitr. Volkstumsforsch 21/ Kat. Prähist. Staatsslg. 15 (Kallmünz/Opf. 1973). 
  • Felgenhauer-Schmiedt 1977: S. Felgenhauer-Schmiedt, Das Fundmaterial des Hausbergs zu Gaiselberg, NÖ. Arch. Austr. 61/62, 1977, 209–336. 
  • Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 3 (Berlin 1968). 
  • Scholkmann 1978: B. Scholkmann, Sindelfingen, obere Vorstadt. Eine Siedlung des hohen und späten Mittelalters. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 3 (Stuttgart 1978). 
  • Schreg 1997: R. Schreg, Keramik aus Südwestdeutschland. Eine Hilfe zur Beschreibung, Bestimmung und Datierung archäologischer Funde vom Neolithikum bis zur Neuzeit. Lehr- und Arbeitsmaterialien zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit (Tübingen 1997). 
  • Schreg im Druck: R. Schreg, Pottery in Medieval Rural Households Archaeological Research Perspectives in Southern Germany. In: Ruralia XIV (vorauss. 2023) 

Interne Links

 

Dieser Blogpost erscheint auch auf AMANZblog.

Montag, 9. Mai 2022

140 Löcher in Manching

So was kann kein Sondengänger mehr schön reden (von wegen Pflughorizont, nix gewusst, eigenes  Geschichtsinteresse etc.): Über eine laufende Grabung in einer der prominentesten  archäologischen Fundstellen Bayerns fallen Sondengänger her und hinterlassen 140 Löcher. Mindestens 140 Funde, die fehlen um zu datieren, Nutzungsareale und letztlich den Alltag im Oppidum von Manching zu rekonstruieren. Mit zu vielen Löchern ist das Gesamtbild nicht mehr das, was es mal war. 
In Manching wurden im Lauf der Jahrzehnte zwar schon viele Flächen gegraben und es gibt schon viele Funde, aber für eine wissenschaftliche Rekonstruktion braucht es einen möglichst vollständigen Datensatz. Pflug und Baumaßnahmen machen schon genug kaputt, da braucht es nicht auch noch Idioten mit Sonde statt Hirn...
 
Mona Lisa mit 140 Raubgrabungslöchern
(verändert nach Leonardo da Vinci via WikimediaCommons)



 

Link

Info zum Oppidum von Manching:

Interne Links

Kulturgutsicherung in Kyiv

Die Bilder der Stadtverwaltung Kyiv sind möglicherweise etwas zu ästhetisch für ihren tragischen Hintergrund - aber sie setzen den Bemühungen der Menschen vor Ort ein Denkmal, die sich um den Schutz ihres Kulturerbes kümmern. 

 

alle Bilder: Stadtverwaltung Kyiv, Oleksiі Samsonov [CC BY 4.0] via WikimediaCommons

Mittwoch, 4. Mai 2022

Spendenaufruf für den Kulturgutschutz in der Ukraine

Das Deutsche Archäologische Institut, das Kulturgutretter-Projekt, der SiLK (SicherheitsLeitfaden Kulturgut, die  Notfalllverbünde, die Deutsche Gesellschaft für Kulturgutschutz und Blue Shield Deutschland haben gemeinsam eine großangelegte Spendensammelaktion für den Schutz ukrainischer Kulturgüter gestartet. Diese antwortet auf das offizielle Hilfeersuchen der Ukraine bei der EU, in dem um konkrete Materialspenden ersucht wird. 

Am 21.3.2022 hat die Kulturstaatsministerin Claudia Roth das Netzwerk Kulturgutschutz Ukraine ins Leben gerufen, in dem neben den bereits Genannten auch das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Technische Hilfswerk beteiligt sind.


Der Spendenaufruf bittet um Geld- und Sachspenden für den Kulturgütershutz in der Ukraine. Wir sehen hier die in Kriegssituationen üblichen Kollaterialschäden, aber offenbar auch ganz gezielte Attacken auf ukrainische Kultur und Identität. Objekte müssen also in vielfältiger Hinsicht verpackt und in Sicherheit gebracht werden.

 

Schutzmaßnahmen am Kyrill-und-Method-Denkmals in Kyiv, 28.3.2022
(Foto: Stadtverwaltung Kyiv,
Oleksiі Samsonov [CC BY 4.0] via WikimediaCommons)



Als eingetragener, gemeinnütziger Verein - der anders als die beteiligten öffentlichen Institutionen nicht an die kompelxen bürokratischen Bestimmungen des Vergaberechts gebunden ist - übernimmt Blue Shield Deutschland vorrangig die Sammlung von Geldspenden, die für den gezielten Kauf von solchen Materialien genutzt werden, die bei den Sachspenden fehlen oder nicht in ausreichender Menge eingehen. Aktuell sind dies vor allem mobile Brand- und Einbruchmeldeanlagen. Als Verein kann Blue Shield Deutschland Geldspenden annehmen und Spendenbescheinigungen ausstellen, was den anderen Einrichtungen nur bedingt möglich ist.

Die Geldspenden werden über Blue Shield Deutschland entgegengenommen:

Deutsches Nationalkomitee Blue Shield e.V.
IBAN: DE59 1005 0000 0190 7671 46
BIC: BELDEBEXXX
Verwendungszweck: Spendenaktion Ukraine

In München, Stuttgart, Köln, Halle/Saale, Weimar, Dresden und Berlin werden von den jeweiligen Notfallverbünden, teils mit Unterstützung der lokalen Feuerwehr und der Ortsverbände des THW, vor Ort Materialsammelstellen eingerichtet, um die Sachspenden entgegenzunehmen und für den Weitertransport über Berlin nach Polen und in die Ukraine vorzubereiten. Die Liste der Materialien, die das Netzwerk sammelt steht auf der Seite der Notfallverbünde als pdf bereit. Benötigt werden geeignete Verpackungsmaterialien, aber zum Beispiel auch Feuerlöscher, Absperrband oder kugelsichere Westen, Bauhelme oder kugelsichere Schutzhelme. Hinweise zu den Sammelstellen finden sich ebenfalls auf der Seite der Notfallverbünde.

Den Transport der Güter in die Ukraine übernimmt das THW.


Links

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Dienstag, 3. Mai 2022

Skythisches Gold verschwunden

Im städtischen Museum von Melitopol wurden Funde aus einem 1954 im Stadtgebiet ausgegrabenen skythischen Grabhügel des 4. Jahrhunderts v.Chr. aufbewahrt.  Damals wurden zwei Gräber aufgedeckt, ein Frauengrab mit Wagen und Goldapplikationen sowie ein Kriegergrab mit Pferdebestattungen. Aus dem Kriegergrab stammt - aus einem Versteckgrube in der ansonsten beraubten Grabkammer - der goldene Beschlag eines Goryt, das ist ein Pfeilköcher (Abb.). Dieses Stück ist international bekannt und wurde als Briefmarkenmotiv gewählt, aber auch als besonderes Prachtstück schon vor Jahren für eine Ausstelllung nationaler Schätze nach Kyiv gebracht.

Ukrainische Briefmarke von 1999 mit der Darstellung
des goldenen Beschlags eines Köchers ("Goryt")



Der goldene skythische Goryt aus einem Kurgan bei Melitopol,
Museum of Historical Treasures of Ukraine
(Foto: VoidWanderer [CC BY-SA 4.0] via WikimediaCommons)


Einige wichtige Objekte des Museums in Melitopol waren laut aktuellen Meldungen rechtzeitig in einen Tresor in Kyiv gebracht worden (was sich auch auf die frühere Verlagerung des Goryt beziehen könnte), anderes konnte aber nur noch schnell in einem Keller versteckt werden. Laut Zeitungsberichten, die sich auf den im Exil befindlichen Bürgermeister Iwan Feodorov und die Museumsdirektorin Leila Ibragimova berufen, holten ein Mann "in weißem Kittel" in Begleitung eines Trupps Soldaten "mindestens 198 Goldgegenstände, darunter blumenförmige Ornamente, Goldplatten, seltene alte Waffen, Silbermünzen und besondere Medaillen" gezielt aus dem Keller. In prorussischen Medien soll es ein Video geben, das diesen (?) Vorfall zeigt.

Es scheint, als wäre hier nicht eine plündernde Soldateska über das Gold hergefallen - oder ein dreister Museumsraub vorliegen. Vielmehr dürfte es sich um eine offizielle russische Maßnahme handeln, die man beschönigend als Sicherstellung (wie das auch die echten Nazis in Kyiv getan haben), zutreffender aber wohl als Diebstahl zu bezeichnen hat. Möglicherweise wird man die Funde eines Tages in St. Petersburg wieder entdecken. Aktuell ist ihr Verbleib unbekannt.

Melitopol wurde bereits Ende Februar von russischen Truppen eingenommen. Viele Offizielle, Politiker und Journalisten, wurden festgenommen, darunter am 10. März auch die Museumsdirektorin Leila Ibragimova, die auch als Vertreterin der Krimtataren und als Abgeordnete im Bezirksbeirat fungiert. Näheres über das Datum der russischen "Beschlagnahme" und due genaue Benennung der abhanden gekommenen Objekte, scheint bislang  nicht bekannt.




Das städtische Museum in Melitopol, 2016
(Foto: Сарапулов [CC BY-SA 4.0] via WikimediaCommons)

Links


Literatur

  • А.И. Тереножкин,  Скифский курган в Мелитополе [Skythischer Kurgan von Melitopol]. Краткие сообщения Института археологии (Киев) 5, 1955, 23-34. Kiev, 1955. - http://www.vgosau.kiev.ua/load_period-sb/ksiau_05.pdf
  • K. Stähler / H.H Nieswandt. Der Skythische Goryt aus dem Melitopol-Kurgan. Boreas. Münstersche Beiträge zur Archäologie 14, 1991-92, 85-108.
  • R. Rolle, Totenkult der Skythen, Tl I, Das Steppengebiet. Vorgeschichtliche Forschungen2019 (Berlin, Boston 1979). S. 79ff.

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