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Samstag, 30. August 2025

Bundeswehr schlägt ein wie eine Bombe

Zugegeben - ein blöder Kalauer als Überschrift. Aber tatsächlich überschlagen sich die Medienberichte zu einer Bundeswehrübung. Auch die DGUF hat noch rasch reagiert und die Meldung im  Newsletter (16.8.2025)  untergebracht.

Das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein nahm eine Sicherungsgrabung in einem Grabhügel im Wald bei Ahrensbök (Lkr. Ostholstein) vor. Solche Notgrabungen, um die Schäden von Raubgräbern zu dokumentieren und den meist nicht wieder gut zu machenden wissenschaftlichen Schaden zu minimieren, sind vielfach leider Routine. Bei der Grabung fand man zahlreiche, mitten auf dem Denkmal vergrabene Sandsäcke, wie sie die Bundeswehr  bei der Anlage von Gefechtsstellungen benutzt.  "Eine übende Truppe befand sich im Juni diesen Jahres im Raum Ahrensbök in der einsatzvorbereitenden Ausbildung, die auch den Bau von Gefechtsstellungen beinhaltetet", sagte laut ndr der Sprecher der Bundeswehr zu diesem Vorfall.  "Für die Soldatinnen und Soldaten war dieser Grabhügel aus unterschiedlichen Gründen leider nicht als historischer Grabhügel erkennbar". Die Abläufe und Vorbereitungen der Übungen sollen überdacht werden, "um künftig konkret den Schutz von historischen Grabhügeln zu gewährleisten", so der Bundswehr-Sprecher.  Festzuhalten ist, dass die Problematik wahrscheinlich nicht nur Grabhügel, sondern auch andere Geländedenkmälr betrifft. 

Eigentlich müsste die Bundeswehr sehr gut Bescheid wissen. Gerade auf Truppenübungsplätzen haben sich Geländedenkmäler erhalten, denn sie wurden in den vergangenen Jahrzehnten nicht durch den Pflug zerstört. Nicht selten wurden extensiv genutzte Flächen schon vor langer Zeit - oft noch im Deutschen Kaiserreich - als Truppenübungsplätze genutzt.

Ein prominentes Beispiel sind etwa die Megalithgräber "Sieben Steinhäuser" auf dem Truppenübungsplatz Bergen in Niedersachsen. Auf dem Standortübungsplatz der ehem.  Tilly-Kaserne am Burgholz in Neuburg an der Donau befindet sich eine Wüstung. Bei Übungen auf dem Gelände wurde - nach eigenen Erinnerung meiner Grundwehrdienstzeit - Anfang der 1990er Jahre in der dort stationierten Heimatschutzbrigade auf die Lage des abgesiedelten Dorfes Kreut hingewiesen,. Dabei gab es dort Einschränkungen für den Übungsbetrieb. - etwa beim Anlegen von Stellungen.  Das Dorf war allerdings auch erst in den 1950er Jahre für den Übungsplatz abgesiedelt worden. 

Dennovh sind Zerstörungen durch den Bau von Übungsstellungen und Sprengtrichter und Panzerspuren nicht ungewöhnlich.   Anfang der 1970er Jahre tieften Soldaten auf dem Truppenübungsplatz Baumholder drei große und tief eingegrabene Schützenlöcher in einen Grabhügel ein, die sie später als Abfallgruben und Latrinen benutzten. Die Gräber wurden dabei zerstört, Andere Grabhügel wurden durch Panzerketten zerwühlt (Haffner 1971).

Ein Monitoring findet kaum statt und so ist schwer zu beurteilen, wie sind aktuelle Fälle vielleicht bei den Landesämtern bekannt, werden aber jedenfalls kaum publik.  Wie häufig derartige Fälle wohl auch nur selten publik, wenn sie eben nicht auf einem Übungsplatz passieren.


 

 Links

 Literaturhinweis

 

Freitag, 6. Juni 2025

Nachlaß Helmut Thoma: Zeit für die Rückgabe des palmyrenischen Grabreliefs

Helmut Thoma, Women's World Awards 2009
Helmut Thoma
(Foto Manfred Werner - Tsui
[CC-BY-SA-3.0
via Wikimedia Commons])
Anfang Mai 2025 ist Helmut Thoma an seinem 86. Geburtstag in Wien verstorben. Die Medien haben ihm als einem unterm Strich wohl erfolgreichem Medienmanager einige Nachrufe gewidmet. Die Geschichte seiner Beteiligung an einer Raubgrabung in Palmyra und dem Schmuggel eines palmyrenischen Grabreliefs nach Deutschland wird nicht erwähnt. Dennoch ist das der Augenblick, daran zu erinnern, denn jetzt wäre der Zeitpunkt, zu dem seine Erben das Stück - sofern es nicht schon wieder längst auf den Markt gelangt ist - nach Syrien zurück geben sollten. In Syrien hat sich die Lage verändert und die Geste einer solchen Rückgabe würde eine positive Entwicklung dort auch unterstützen. 
 
Bereits 2010 forderte der Palmyra-Experte Prof. Andreas Schmidt-Colinet eine Rückgabe des Reliefs an den syrischen Staat als rechtmäßigem Eigentümer.. Nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs 2011 und der Verbrechen des Assad-Regimes war eine Rückgabe an diesen Staat aber nicht denkbar. Jetzt aber ist die Lage eine andere. Jetzt kann und muß das unrechtmäßig aus einem Grab entfernte und nach Deutschland geschmuggelte Relief zurück gegeben werden.


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Freitag, 23. Mai 2025

Syriens neue Machthaber, der Tourismus und Kulturpolitik

Die neeuen Machthaber in Syrien haben Interesse an Tourismus und bringen damit eine gewisse Aufmerksamkeit für das kulturelle Erbe. Kulturschaffende genießen derzeit gewisse Freiheiten, die Problematik der Raubgräber- und der Antikenhehlerei ist aber ungelöst. - Ein Beitrag von swr Kultur;



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Sonntag, 15. Dezember 2024

Syrische Altertumsbehörde berichtet von massiven Zerstörungen

Die Reaktionen zu den Vorgängen in Syrien schwanken zwischen Euphorie und Zweifel. In kürzester Zeit ist das Assad-Regime gefallen und die Rebellen des HTS haben die Macht übernommen. Aber noch scheint die Gefahr für das kulturelle Erbe des Landes nicht vorbei.

Die Internetseite des  syrischen Antikenverwaltung DGAM ist offline, zugleich teilt die Behörde jedoch über facebook eine besorgniserregende Nachricht. Demnach kooperiert die DGAM mit der Militärischen Operationsleitung und der Politischen Verwaltung, was sich auf die neuen Machthaber in Syrien beziehen dürfte. In Damaskus sei es in den letzten Tagen aufgrund fehlender archäologischer Überwachung zu Verstößen gegen die Bauaufsicht gekommen. Diese Verstöße und Überführungen nehmen erheblich zu und geben Anlass zur Sorge, dass dieses auch in den übrigen antiken Städten geschehen und  zu erheblichen Veränderungen in der historischen Struktur führen könnte. Die DGAM fordert deshalb die Anwohner und alle lokalen Einrichtungen, Institutionen und Organisationen auf,  mit allen Mitteln dazu beizutragen, diese Verstöße zu reduzieren, um das syrische Kulturerbe vor der Zerstörung zu bewahren.


Das Museum in Damaskus hat die Tage des Umschwungs bisher offenbar gut überstanden, obgleich am 8.12. im Museum ein Feuer - wohl aufgrund eines Defekts in der Elektrik - ausgebrochen war.

Die unsichere Situation im Land wir wohl ausgenutzt, um Schwarzbauten zu errichten. Abzuwarten bleibt, ob diese SItuation auch wie üblich die Plünderer auf den Plan ruft.


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Dienstag, 3. Dezember 2024

Aleppo wird erneut Kriegsschauplatz

Mehrere Jahre war Syrien auf Archaeologik kaum noch Thema. Der Bürgerkrieg war indes nie vorbei.
Jetzt flammt er wieder auf.
Ein wesentlicher Hintergrund dürfte der israelische Krieg gegen die Hisbollah im Libanon sein, der sich zwar aktuell in einem Waffenstillstand befindet, aber nicht die israelischen Angriffe auf Hisbollahstellungen invSyrien gestoppt hat.

Überraschend sind nun die dschihadistischen Rebellen, die sich über die Jahre unter türkischem Schutz in der Region Idlib halten konnten, nach Aleppo vorgestoßen und haben die Stadt weitgehend eingenommen. In Deutschland kam es unter syrischen Flüchtlingenob der Nachrichten aus Aleppo zu spontanen Feiern, die in den Social Media sofort zur Hetze gegen syrische Flüchtlinge genutzt werden. In den Jahren relativer Ruhe - so jedenfalls in der Außensicht - haben sich teilweise neue Koalitionen ergeben, so dass es schwer fällt, die jetzigen Rebellen in ihren Zielen einzuschätzen. Nach 13 Jahren Bürgerkrieg sind die Aufständischen natürlich nicht mehr die friedlich demonstrierenden Bürger des Arabischen Frühlings. Auch hier haben Radikalisierungen statt gefunden. Dominierend in der aktuellen Rebellenkoalition ist die Hayat Tahrir al-Sham (engl. Transkribierung, abgek. HTS), die sich aus einem Al-Qaida-Ableger entwickelt haben. Inzwischen geben sie sich moderat, werden aber von vielen Staaten als Terror-Organisation eingestuft.

Die Rebellen der HTS erhalten in Aleppo nun wohl auch Unterstützung von kurdischen Kräften, die im Norden mit der Türkei im Krieg stehen, während die HTS angeblich von der Türkei unterstützt würden. Rußland als Verbündeter des Assad-Regimes bomardiert nun Aleppo und Idlib, wo jeweils Krankenhäuser angegriffen worden sein sollen. In den 4 Tagen der Rebellenoffensive sol es über 500 Tote gegeben haben.

 

erneute Gefahr für Aleppos Kulturerbe

Inzwischen  finden sich in den Social Media erste Berichte aus Aleppo, die zeigen, dass es bislang keine neuen Schäden am Museum und der Zitadelle (von der Bilder mit den Fahnen Syriens und Palästina durchs Netz gehen) gibt.

Nach dieser Quelle - Adnan Almohamad, der jüngst zu den Zerstörungen archäologischen Kulturerbes in Syrien auch wissenschaftlich publiziert hat (Almohamad 2022) ,gibt es eine Zusicherung der "für die Befreiung Aleppos verantwortlichen militärischen Einsatzleitun"g zum Schutz archäologischer und historischer Stätten - verbunden mit dem Link zu einem TikTok-Video auf TwiX, das einen Reporter vor und im Museum zeigt.

Inzwischen bombardieren russische Luftstreitkräfte wieder Aleppo, aber auch Idlib. 

 

Ist Aleppos Kulturerbe nun gesichert?

Aleppo wurde 2016 mit Hilfe russischer Luftangriffe vom Assad-Regime zurückerobert. Zahlreiche Kulturdenkmale waren in diesen und vorausgehenden Kämpfen zerstört worden. Viele Objekte des Nationalmuseums in Aleppo waren jedoch rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden, so dass es im National,useum zu keinen größern Verlusten kam.  2019 konnte das Nationalmuseum teilweise wieder eröffnet werden. 
Anfang 2023 traf jedoch das große Erdbeben im ostanatolischen Graben auch die Region Aleppo. Es kam zu Schäden an der bereits im Krieg stark geschädigten Zitadelle sowie in der Stadt. Der Bau des Nationalmuseums hielt dem Erdbeben stand und wurde danach für viele Museumsarbeiter zum sicheren Ausweichquartier. Dennoch wurde das Gebäude so geschädigt, dass seine Standfestigkeit im Falle eines weiteren Bebens nicht mehr gegeben war. Daraus wurde der Plan entwickelt, das Gebäude erdbebensicher zu machen und auch als Zufluchstmöglichkeit für die Bevölkerung zu konzipieren. Nach einigen Reparaturen an zerbrochenen Fenstern und der Beseitigung der Trümmer wurden die Pläne mit Unterstützung der Universität Florenz und der syrischen Altertumsbehörde DGAM ausgearbeitet und seit Oktober 2023 umgesetzt (Pucci 2024).

Seit 2017 haben mehrere internationale NGOs und Stiftungen  Restaurierungs- und Rehabilitationsprojekte am kulturellen Erbe der Stadt geplant und teilweise auch durchgeführt.  Es wurden Tagungen veranstaltet, Bücher geschrieben, WebGIS mit Informationen erarbeitet, aber auch Gebäude restauriert. Diese Arbeiten sind noch im Gange, wie beispielsweise der facebook-Auftritt des Syrian Heritage Archive Project zeigt. Dahinter steht untere anderem das Projekt Stunde Null: “Post Conflict Recovery of Urban Cultural Heritage in the Middle East: The Case of the Old City of Aleppo”, das, getragen vom Deutschen Archäologischen Institut mit dem Museum für Islamische Kunst in Berlin, historische Daten und Dokumente zu den Baudenkmalen der Altstadt und des Viertels Suwayqat Ali sammelt.
Im Gefolge der Zerstörungen in Palmyra wurde die Digitalisierung der Kulturgüter stark propagiert und so entstand auch ein Virtuales Museum Aleppo.
Naben nationalen syrischen Initiativen, die teilweise wegen ihrer fehlenden Bürgerbeteiligung kritisiert worden waren, gab es Projekte u.a. auch von derm Aga Khan Trust for Culture und der UNDP oder der Gerda-Henkel-Stiftung.
 
Die Projekte sind noch nicht abgeschlossen, da droht Aleppo die nächste Katastrophe. Diese Gefahr verdeutlicht aber auch, wie unrealistisch digitale Sicherungen sind.Sie helfen in keiner Weise gegen den Verlust des Kulturerbes als historischer Quelle, die man mit Bauforschung oder Grabungen fragestellungsorientiert wissenschaftlich untersuchen könnte. Digitalisierung von Kulturerbe verspricht allenfalls, dass man der bewussten Zerstörung von Kulturgut politisch etwas entgegen zu halten hat - allerdings nur, wenn es den Angreifern um historisches Vergessen oder Geschichtskorrektur geht (Beispie Putin in Bezug auf ukrainiches Kulturgut),  nicht, wenn sie damit Terror verbreiten oder politische Statements setzen wollen (Beispiel Daesh/ IS).

Literatur

  • Almohamad 2022: Adnan Almohamad; The Destruction of Cultural Heritage in Syria: The Case of Shash Hamdan Tomb 1 in the Upper Euphrates, 1995–2020. Journal of Eastern Mediterranean Archaeology and Heritage Studies 2022; 10/1, 2022, 49–73. -  doi: https://doi.org/10.5325/jeasmedarcherstu.10.1.0049  - leider kein OA
  • Pucci 2024: M. Pucci, National Museum of Aleppo. In: M. Loda/ P. Abenante (Hrsg.) Cultural Heritage and Development in Fragile Contexts. Research for Development (Cham 2024) . - https://doi.org/10.1007/978-3-031-54816-1_12

Donnerstag, 21. November 2024

Palmyra wird erneut Kriegsschauplatz

Bei einem israelischen Angriff auf die syrische Stadt Palmyra sind nach syrischen Angaben 36 Menschen getötet worden, nach anderen Quellen gar 41 Menschen. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete zudem, dass bei dem Angriff mehr als 50 Menschen verletzt worden seien. Unter den Toten seien laut SANA Kämpfer proiranischer Milizen gewesen, meldeten die Aktivisten der Beobachtungsstelle. Die israelische Luftwaffe habe drei Ziele im Industriegebiet in der Oasenstadt angegriffen. Die getroffenen Gebäude seien stark beschädigt worden. 

Zuvor hatte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien hingegen berichtet, dass die Schläge Ziele in der Nähe des historischen Teils der Stadt getroffen hätten.




Palmyra 1993
(Foto M. Scholz)

Palmyra in der zentralsyrischen Wüste zählt zum Weltkulturerbe der Unesco und war bereits im syrischen Bürgerkrieg  Schauplatz schwerer Kampfhandlungen. . 2015 nahm die r Terrororganisation Islamischer Staat (Daesh) den Ort ein und zerstörte dort  gezielt Kulturdenkmäler der antiken Stadt, bevor sie 2017 aus Palmyra vertrieben wurde. Zerstörung und Schutz des Kulturerbe wurden wichtige Propagandabotschaften von Seiten des IS wie von Seiten Russlands.

Seit kurzem führt die israelische Luftwaffe auch Angriffe auf Baalbek im Libanon, ebenfalls UNESCO Weltkulturerbe, durch Seit dem letzten Blog hierzu auf Archaeologik kam es zu weiteren Angriffen. Bislang ist nichts von Schäden in den Ruinengelände selbst bekannt geworden.



Links


Samstag, 9. November 2024

Die Ruinen von Baalbek - Welterbe im palästinensisch-israelischen Krieg

Am 28.10.2023 forderte Israel die Bewohner von Baalbek im Nordosten des Libanon auf, die Stadt wegen bevorstehender Angriffe gegen die Hisbollah zu verlassen.

Baalbek ist bekannt wegen der gut erhaltenen römischen Tempel, die zum UNESCO-Weltkulturerbe rechnen: https://whc.unesco.org/en/list/294/

Bacchus-Tempel in Baalbek
(Foto: Lodo, CC BY SA 2.0 via WikimediaCommons)


Viel wurde in den deutschen Medien Ende Oktober über die bevorstehenden israelischen Angriffspläne berichtet. U.a.:

Und die Perspektive von Aljazeera, die der Stadtgeschichte relativ weiten Raum gibt:

Bereits fast zwei Wochen zuvor veröffentlichte ICOMOS ein Statement:

Wenig ist in den deutschen Medien nun über Opfer und Schäden der tatsächlich erfolgten Luftangriffe zu lesen.  Im September wurden bereits einige Ziele wenige Kilometer nördlich der Stadt angegriffen.

Bildmaterial verschiedener Agenturen (AFP,  ZUMAPress) zeigt nun massive Zerstörungen nur wenig von den Ruinen der römischen Thermen am Südwestrand des Denkmälerkomplexes entfernt. Die Zerstörungen betreffen den Bereich des berühmten, 1874 errichteten  Hotels Palmyra, eines der ältesten Hotels des Libanon, in dem neben dem deutschen Kaiser auch Nina Simone übernachtete (Spiegel 2016).  Seine Geschichte gilt als ein Abbild der Geschichte des modernen Libanon mit direktem Bezug zu dessen älterem Erbe.



In einem Artikel von 2012  hatten die Autoren die Risiken für das UNESCO- Kulturerbe in Baalbek diskutiert und neben dem Erdbebenrisiko und dem - teils durch Altrestaurierungen begünstigten - Zerfall der Ruinen auch bewaffnete Konflikte und den Toursimus als Risikofaktoren benannt (Smars u.a. 2012). Damals wurde als dringende Maßnahme eine genauer Dokumentation der Ruinen gefordert. Ob das inzwischen in Angriff genommen oder gar erledigt werden konnte, entzieht sich meiner Kenntnis. Immerhin kann hier auf ein schon seit 2001 laufendes Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts verwiesen werden. Dabei ist auch eine 3D-Rekonstruktion des Tempelkomplexes entstanden. Zwischen 2016 und 2018 wurde ein vom Auswärtigen Amt finanziertes und vom DAI und dessen libanesischen Partner durchgeführtes Konservierungs- und Präsentationsprojekt durchgeführt, das größere Teile der archäologischen Stätten abdeckte (van Ess/ Abdul Massih 2021).

Die Prominenz von Baalbek führt den drohenden Kulturgutverlust auch im aktuellen palästinenisch-israelischen Krieg vor Augen. Dabei wurden im südlichen Libanon aber auch im Gazastreifen nach einigen Angaben  in den Social Media zahlreiche Moscheen, Schreine, Kirchen und historische Burgen zerstört, ohne dass dies im Augenblick genauer dokumentiert oder verifizierbar erscheint. Genannt werden u.a. die Kreuzfahrerburg Toron/Qalʿat Tibnīn.
 
 

 Literaturhinweise

  • Margarete van Ess/ Jeanine Abdul Massih, The Challenges Facing the World Heritage Site of Baalbek and the Importance of the Involvement of the German Archaeological Institute – German Expedition.  ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 79, 2021, 69-77. DOI: https://doi.org/10.11588/ih.2021.1.87251
  • S.E. Paturel, Baalbek-Heliopolis, the Bekaa, and Berytus from 100 BCE to 400 CE, (Leiden 2019)  194-246. - https://doi.org/10.1163/9789004400733_010  
  • P.I. Smars. A. Seif, M. Santana, Defining the structural risk at the archaeological site of Baalbek. Tangible Risks, Intangible Opportunities: Long-term Risk Preparedness and Responses for Threats to Cultural Heritage (2012) 115-124. - https://smars.yuntech.edu.tw/papers/beijing2012.pdf

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Donnerstag, 24. Oktober 2024

Die Kunstretter

 Der Deutschlandfunk hält einen sechsteiligen Podcast zum Schicksaldes Kulturguts inder Ukraine bereit.

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Einführungen  

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Blogposts auf Archaeologik zu Putins Krieg gegen die Ukraine

 

Freitag, 13. September 2024

Noch ein Krieg: Sudan

Seit April 2023 ist der Sudan in einen Bürgerkrieg versunken. Insbesondere in der Hauptstadt Khartum –kämpfen die regulären  Sudanesischen Streitkräfte (SAF) und di ehemals verbündetene Rapid Support Forces (RSF) um Macht und Einfluß. Dabei wurde die einstige Millionenstadt Khartum weitgehend zerstört und entvölkert. Zehntausende Tote, 9 Millionen Binnenflüchtlinge und 17 Millionen vom Hungertode bedrohte Menschen sind die Folge.
 
Europa und die "westliche" Welt haben grade andere "Probleme" mit Rußland/Ukraine, Israel/Palästina, Klimakrise und Antidemokraten, so dass für den Sudan keine Aufmerksamkeit mehr übrig bleibt.
 
Und wie fast immer gerät das Kulturerbe in den Konflikt. In de letzten Wochen häuften sich Berichte über Plünderungen und nun warnt offiziell auch die UNESCO.
Ein Teil der Zerstörung von Kulturgut ist schlicht Kollateralschaden, doch plündern insbesondere die RSF gezielt kulturelle und staatsliche Institutionen, Sie erklären, Sudans Geschichte müsse neu geschrieben werden, da es sie nicht repräsentiere. Im Hintergrund stehen Spannungen, die auf die britische Kolonialzeit zurück reichen (Berridge 2023).
Der Sudan verfügt über ein reiches kulturelles Erbe, das nicht nur als Ausläufer Oberägyptens verstanden werden sollte. Leider gibt es bei ICOM jedoch noch keine Rote Liste für den Sudan.
 
Statue eines Nubischen Königs im Sudan, 1.Jh. n.Chr.
(Foto: Steve Evan, CC BY SA 2.0 via WikimediaCommons)



 
 

Literatur

  • Berridge 2023. W. Berridge, Western Sudanese Marginalization, Coups in Khartoum and the Structural Legacies of Colonial Military Divide and Rule, 1924-Present. Journal of Eastern African Studies 17/4: 535–56. - doi:10.1080/17531055.2023.2280933 .

 

Links

Bilder aus dem Nationalmuseum:

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Sonntag, 4. August 2024

Russische Geschichtsfantasy in Chersonesos: UNESCO-Welterbetitel muss aberkannt werden

Dass die russische Besetzung der Krim nichts Gutes für die archäologischen Befunde in Chersonesos zu bedeuten hat, war abzusehen. Bereits kurz nach der Besetzung der Krim brachte Putin die Fundstelle unter direkte Kontrolle des Kulturministeriums in Moskau. Bei einem Besuch 2015 ergriff er die Initiative für "den größten Museumskomplex in Russland als ein spirituelles und pädagogisches Zentrum in der Nähe des antiken Chersones, das der Geschichte der russischen Orthodoxie und des Weltchristentums gewidmet ist.„ 2017 sprach Vladimir Putin von „der Notwendigkeit, Chersones zu einem gesamtrussischen historischen Zentrum zu entwickeln, das mit der Bildung der russischen Nation und eines einheitlichen russischen Staates verbunden ist“ (http://фондмояистория.рф/o-fonde/). “Eine breite öffentliche Darstellung von Chersones als nationalem, sakralem Zentrum Russlands wird es ermöglichen, im internationalen Informationsbereich ein klares und eindeutiges Verständnis für die grundlegende Bedeutung der Krim als historische Taufstätte und unveräußerlichem Teil des russischen Staates zu schaffen”.

   Vladimir-Kathedrale inmitten der antiken Fundstelle
von Chersonessos 
(Foto: R.Schreg/RGZM, 2007)
Im Juli 2024 vermeldet die Stiftung, dass der 2022 begonnene Bau der Anlagen in New Resos abgeschlossen werde. Auf 24 ha befinden sich nun Gebäude und Bauwerke mit einer Gesamtfläche von 40.000 m², die ein einzigartiges Garten- und Parkensemble bilden, so sei neben dem antiken Chersonesos eine echte byzantinische Stadt entstanden, die Besucher mit ihrer Größe und Schönheit beeindrucke. Zu der Anlage gehören drei Museen, nämlich das Museum des Christentums, das Museum für Antike und Byzanz sowie das Museum der Krim und Neurussland. Zum Komplex gehören weiterhin ein “Tempelpark”, ein modernes Amphitheater mit 1200 Plätzen für historische Aufführungen, Rekonstruktionen von Schlachten und Gladiatorenkämpfen sowie Aufführungen von Werken antiker und moderner Autoren. Geplant sind "Massenveranstaltungen mit theatralischen Prozessionen und Karneval”. Der Schwerpunkt der Darstellung soll hier auf den letzten Jahrhunderten liegen, weil sich herausgestellt habe, "dass die Geschichte der Halbinsel untrennbar mit unserem Land verbunden war." Im Mittelpunkt soll hier ein Markt stehen, dessen Beschreibung auf den Seiten von my history, stark nach einem historischen Trödelmarkt klingt (http://фондмояистория.рф/novosti/muzejno-xramovyij-kompleks-%C2%ABnovyij-xersones%C2%BB.html)..

Ein Post der russischen Botschaft in Südafrika auf TwiX zeigt einige Bilder der Anlage.



Eine russische Nachrichtensendung von HTC Sevastopol auf youtube vermittelt weitere Eindrücke:
Auf youtube steht auch erste Touristen-Video:s
Im April 2024 kündigte Putin zudem die Eröffnung eines Jugendbildungszentrums in Chersonesos an. Es soll noch dieses Jahr in Betrieb gehen. Der Bau wird von "Spezialisten des militärisch-industriellen Komplexes des russischen Verteidigungsministeriums errichtet” (http://фондмояистория.рф/novosti/kopiya-v-obrazovatelnom-czentre-mashuk-rasskazali-o-proektax-fonda.html).

Zur Umsetzung des Projektes wurde eine Stiftung "My History", mit Sitz in Moskau gegründet, die Wissenschaftler des Instituts für Archäologie und des Instituts für russische Geschichte der russischen Akademie der Wissenschaften sowie die Universität Moskau und andere akademische Institute einbindet.

Der neuen Stiftung my History wurden inzwischen viele weitere Geschichtsparks in Russland unterstellt in vier Regionen und insgesamt 24 Städten darunter auch Novgorod (http://фондмояистория.рф/proekty/rossiya-moya-istoriya/)

Aus Anlaß der Eröffnung des Parks im Probebetrieb am 30.7.2024 wurde der Park als Thema in den Medien aufgegriffen.
Die Bezeichnung des Putin'schen Geschichtsparks als Disneyland zieht sich durch fast alle Berichte. Disneyland ist zwar auch nicht Ideologie-frei, dient aber vorrangig der Unterhaltung und ist klar ein Ort der Phantasie. Neu-Cherson versucht jedoch, sein Publikum zu betrügen, indem es vorspiegelt, reales historisches Wissen zu vermitteln. Ein Blick auf die Fotos und Videos der Neubauten macht auf den ersten Blick klar, dass es hier nicht um archäologische Rekonstruktionen geht. Die gebauten Komplexe haben nichts mit den sehr viel kleineren ergrabenen Bauten der antiken Stadt und erst recht nicht mit der mittelalterlichen Stadt zu tun. So prunkvoll und edel war die Antike nicht - und sicher nicht zu Zeiten Vladimirs. Es geht hier nicht um Geschichtsvermittlung, sondern um Geschichtskonstruktion, die einen russischen Machtanspruch darstellen und legitimieren soll. Die Bauten erinnern mehr an neuzeitliche Herrschaftsarchitektur und Putins Prunkpalast als an byzantinische Bauten.

Die aktuellen Berichte suggerieren, dass das Gelände des Ruinengeländes der antiken Stadt durch den neuen Park überbaut und zerstört wurde. Das Zentrum des neuen Putinparks liegt jedoch südlich des antiken Stadtareals. Vor einigen Jahren befanden sich hier Militär-, Industrie- und Gewerbeflächen. In der Kartierung des UNESCO-Weltkulturerbes liegt das Areal außerhalb des eigentlichen Schutzgebietes, wohl aber in der Buffer-Zone, in die auch weit abseits gelegene Reste der antiken Flureinteilung der Halbinsel eingestuft worden sind.

 

Die antike Stadt Chersonesos westlich von Sevastopol
mit Eintrag der Flächen, die nach GoogleEarth seit 2014 umgestaltet wurden (Graphik R. Schreg)
 

 
Die Darstellung, eine “Überbauung in Chersones und dem archäologischen Park würde Präsident Putin richtige Geschichte durch Fake-Geschichte ersetzen.” (SRF) ist also nicht völlig zutreffend. Gleichwohl war das nun überbaute Gelände nicht frei von archäologischen Befunden. In der Antike lag hier vor der Befestigung die südliche Vorstadt. Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden hier eine große Nekropole entdeckt sowie ein Handerwerkerviertel der hellenistischen Zeit mit Töpfereibetrieben. Im Vorfeld der Park-Neubauten wurden 2020/21 in kürzester Zeit Notgrabungen durchgeführt, bei denen unter anderem ein Anten-Tempel des 4. Jh. v.Chr. ausgegraben wurde, dessen Fundamente nun in dem neuen Gelände konserviert sind (Erläuterungstafel erkennbar in Touristen-Video). 
Das Umfeld der antiken Stadt ist durch Militäranlagen im 19. und 20. Jahrhundert schon lange tief gestört; wie viele Befunde in dem betreffenden Areal vor den Baumaßnahmen erhalten waren, lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Allerdings sind die Ausgrabungen in Luftbildern bei Google Earth zu erkennen. Deutlich wird, dass sehr schnell und großflächig, aber in 4 x 4 m großen Grabungschnitten ausgegraben wurde, obwohl schon auf den Luftbildern zahlreiche Befunde der Vorstadtbebauung zu erkennen sind.
Angesichts der Zerstörung der Grabungsbefunde lässt sich hier durchaus von einer Ausradierung der realen Geschichte zugunsten einer Fake-Geschichte reden. Man kann gespannt sein, wie die Ausgrabungen publiziert werden. Angeblich liegen mehrere Millionen an Funden vor.  Eine seriöse Publikation wird ganz sicher und eindeutig belegen, dass Putins Rekonstruktionen völlige Fantasie sind. Ob die Publikation zensiert werden wird (oder sich die Kolleg*innen in Selbstzensur üben [müssen]), wird sich zeigen.

Grabungsflächen in der südlichen Vorstadt von Chersonesos
von Juni 2021 bis Juni 2022 nach Google Earth. 
Der Ausschnitt zeigt nur einen kleinen Teil der Grabungen
nahe des alten Zugangs zum Ruinengelände.



Nach ukrainischer Einschätzung handelt es sich jedenfalls um die “weltweit zerstörerischsten Aktivitäten an einer Stätte der antiken Archäologie. In den Jahren 2021–2023 wurden 85.000 Quadratmeter der Kulturschicht zerstört, etwa 4 Millionen Objekte und mehr als 1.500 archäologische Komplexe entfernt (nach Angaben der Besatzungsverwaltung).”
  • vgl. https://ciss.org.ua/en/map.html mit Zoom auf Chersonesos - Die Seite des Crimean Institute for Strategic Studie präsentiert eine Liste der Kulturgutzerstörungen inklusive aller Grabungen, die auf der Krim nach 2014 ohne Genehmigung der ukrainischen Behörden durchgeführt wurden. Die Beschreibungen wurden offenbar von Archäologen vorgenommen, bieten aber leider keine Quellen zu den Aussagen über die russischen Grabungen. Im Falle einiger Aussagen über die Höhensiedlung Mangup wurden offenbar die Publikationen in der Zeitschrift MAYET ausgewertet.

Zweifellos ist der Putinpark eine nicht zu rechtfertigende Zerstörung archäologischer Quellen. Wissenschaftliche Seriosität gebietet es, dem dort ptäsentierten Geschichtsbild (da ist auch mit Führungen oder seriösen Ausstellungen vor Ort nichts mehr zu retetn) vehement zu widersprechen - aber auch, dass auch ukrainische Propaganda nicht unbesehen wiederholt und verbreitet wird. Die Medienberichte blieben hier allesamt sehr unkritisch und folgen den Darstellungen der Interviewpartner, die überwiegend nicht als Wissenschaftler, sondern als Kriegsbeobachter und -kommentatoren agieren.

Anzumerken ist deshalb auch, dass bei der berechtigten Empörung auf ukrainischer Seite fragwürdige Eingriffe in die archäologische Stätte bereits vor der russischen Okkupation eingesetzt haben. Ein Vergleich der historischen Luftbilder auf Google Earth zeigt, dass bereits 2008 im Umfeld der modernen Vladimir-Kathedrale einige Gebäude in das Ruinengelände gebaut worden sind. Auch die Anlage eines Gartens und der Ausbau des Theaters ist bereits auf einem Luftbild des Jahres 2012 zu erkennen. Die Installationen im Theater scheinen nun indes größer und schwerer geworden zu sein.

GoogleEarth zeigt kein beruhigendes Bild, aber ein anderes als es in aktuellen Medienberichten wiederholt wird. Neu-Chersonesos ist ein Propagandaprojekt, das abermals die Bedeutung der Geschichtspolitik in Putins Herrschaftsdenken belegt. 

Putin als Plünderer der Antike im August 2011
(Foto: Kreml, CC BY 4.0 via WikimediaCommons)


 

Fazit: UNESCO-Welterbetitel muß aberkannt werden

Der Status als UNESCO-Welterbe muss Chersonesos aberkannt werden! Angesichts der Tatsache, dass die UNESCO dies schon bei geringeren Eingriffen getan hat, ist es zwingend geboten, dass die UNESCO in Moskau protestiert und den Welterbetitel auch entzieht. Putins-Propaganda-Geschichte darf nicht durch ein Welterbelabel aufgewertet werden.

 


weitere Links

interne Links

  • Beiträge auf Archaeologik zur Krim

 

Literaturhinweise

  • J.C. Carter (Hrsg.), Crimean Chersonesos: City, Chora, Museum, and Environs (Austin 2003)
 

Änderungsvermerk 17.8.2025: 
einige Typos korrigiert 

Dienstag, 30. April 2024

Gut, dass das nach 70 Jahren mal auffällt: Deutschland erfüllt Haager Konvention nicht

Entgegen der Verpflichtungen aus der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten der UNESCO von 1954, den die Bundesrepublik Deutschland 1967 in nationales Recht überführt hat, indem im Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz - ZSKG), § 25 Kulturgutschutz steht: "Die Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut richten sich nach dem Gesetz zu der Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (BGBl. 1967 II S. 1233), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. August 1971 (BGBl. II S. 1025)." Die Umsetzung fällt aber unter die Kulturhoheit der Länder. 

Wie sieht das praktisch aus?

Bamberg unter dem Schutz der Haager Konvention
(Foto R. Schreg)


Das offizielle Symbol der Haager Konvention ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich verbreitet, die Bundeswehr, die nach der Haager Konvention verpflichtet ist, "bereits in Friedenszeiten Dienststellen oder Fachpersonal bei ihren Streitkräften vorzusehen oder bereitzustellen, deren Aufgabe darin besteht, über die Respektierung des Kulturguts zu wachen und mit den für seine Sicherung verantwortlichen zivilen Behörden zusammenzuarbeiten“ verfügt indes über keinen Plan, was im Notfall tatsächlich zu schützen und zu tun wäre.

Drei Bundeswehroffiziere haben darum eine "Initiative zur Stärkung des Militärischen Kulturgutschutzes in der Bundeswehr" auf den Weg gebracht. Die betreffende Publikation steht online:

Das Urteil:

"Es lässt sich aufgrund dieser Erfahrungen und im Austausch mit Kulturgutschutzeinheiten anderer Nationen feststellen, dass die Bundesrepublik Deutschland in diesem Gebiet aktuell weitgehend nicht kooperations- und damit handlungsunfähig ist." (S. 9)

Es fehlt demnach an Fachpersonal und "ausreichenden Strukturen in der Armee, die tatsächlich den Umgang mit Kulturgütern beherrschen und ihre unterschiedlichen konservatorischen Anforderungen einzuschätzen vermögen".

Vorgeschlagen wird daher, dass "sowohl auf strategischer, operativer, taktischer, logistischer, personeller wie auch auf der Ebene des Nachrichtenwesens gerechte Prozesse in die Wege zu leiten [sind], um die Kompetenz der deutschen Streitkräfte in diesem völkerrechtlich verankerten Tätigkeitsbereich zu stärken und sie mit anderen Streitkräften kooperations- und handlungsfähig zumachen. ... Dabei gilt es, ein gesamtheitliches Rahmenkonzept zu entwickeln, welches von der einfachen Handreichung undTaschenkarte bis hin zu umfangreicheren Ergänzungen von Einsatzstrukturenreichen kann. (S. 10)". Die Autoren erhoffen sich durch eine Kooperation mit zivilen Stellen auch eine verbesserte Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft, wie auch positive Effekte für die Vermittlung der Belange von Denkmalpflege und Kultzurgüterschutz.

Diese Konzeption wurde am 10.04.2024 als Vorschlag im Rahmen des Kontinuierlichen Verbesserungsprogramm (KVP) der Bundeswehr dem Bundesministerium der Verteidigung  eingereicht.

 

Wie war das denn zu Zeiten des Kalten Kriegs organisiert?  Gab es da Pläne? Oder ist militärischer Kulturgüterschutz erst ein jüngeres Phänomen (von Monuments Men in WWII mal abgesehen)? Tatsächlich hat die US-Army auch erst vor wenigen Jahren eine Initiative zum Kulturgutschutz unternommen - wohl unter dem Eindruck des eigenen Versagens bei den Vorgängen um die Plünderung des Nationalmuseums in Bagdad. Hatte die Bundeswehr in Afghanstan eigentlich eine Ahnung, wo da schützenswerte Denkmäler stehen?


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Montag, 29. April 2024

Grabraub: Immerhin erregte es Aufsehen

Eine eigentlich banale Meldung zum kommenden 85. Geburtstag von Helmut Thoma in den Salzburger Nachrichten (nach APA Austra Presse Agentur):

 Nur ein Absatz ist bemerkenswert:

Helmut Thoma, Women's World Awards 2009
Helmut Thoma
(Foto Manfred Werner - Tsui
[CC-BY-SA-3.0
via Wikimedia Commons])
"In seiner Freizeit ging Thoma, der mit der buddhistischen Lebensphilosophie liebäugelte, u.a. gerne tauchen, sorgte aber speziell mit einem Aufenthalt in Syrien für Aufsehen. Noch weit vor der Jahrtausendwende erbeutete er mit einem Grabräuber zusammen einen Grababschluss, wie er viele Jahre später erzählte. "Er hat mich zu einem Höhlengrab in der antiken Wüstenstadt Palmyra geführt und meinte: 'Jetzt krabbeln wir da rein.' Da hatte ich schon ein bisschen Bedenken. Es war Nacht, und da waren Schlangen...", sagte er der "Welt"."

 Immerhin erregte es Aufsehen...

Mal sehen, ob zu Thomas 85. Geburtstag am 3. Mai die ungeheuerliche Geschichte nochmals aufegriffen wird.

Archäologen forderten eine Restitution an Syrien. Das war vor dem Bürgerkrieg und den Greueltaten des Assad-Regimes. Thoma reagierte offenbar nicht auf die Anragen.

Wo ist das geklaute Relief heute? Längst wieder im Kunsthandel?

 

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