Mittwoch, 23. November 2022

Kulturgutraub: Manching erst ohne Netz und dann ohne Goldmünzen

Im Kelten-Römer-Museum Manching wurde der berühmte Goldschatz gestohlen.


Ein Sabotageakt an Glasfaserkabeln der Telekom in der Nacht von Montag auf Dienstag hat offenbar - neben 13000 Haushalten - auch die Alarmleitung zur Polizei unterbrochen. Am frühen Dienstagmorgen wurde dann in das Museum eingebrochen und alle 483 Goldmünzen mit einem Gewicht von etwa 4 kg wurden geraubt.


Der Hortfund war 1999 bei Ausgrabungen im Oppidum von Manching gefunden worden. Die Fundsituation zwischen dem Hafen und einem Sitz der Nobilität, lässt einen Zusammenhang mit dem von der Oberschicht kontrollierten Fernhandel erahnen.


Depotfund von Manching von 1999
(Kelten-Römer-Museum, Foto: Chrisi1964 [CC BY SA 4.0] via WikimediaCommons [beschnitten])




Links


Literaturhinweis






Freitag, 18. November 2022

Russland plünderte Museen in Cherson

St. Katherinenkathedrale in Cherson
(Foto: Nataliya Shestakova [CC BY SA 4.0] via WikimediaCommons)

Das inzwischen ausgeräumte Potemkin-Grab
(Foto: Ионова Тамара [CC BY SA 4.0] via WikimediaCommons)

 

Es sind jedoch nicht nur Zerstörung und Plünderung, die den Museen in der Ukraine zusetzen.  Unter anderem richtet die fehlende Stromversorgung Schäden an:

interner Link

Blogposts auf Archaeologik zu Putins Krieg gegen die Ukraine

Dienstag, 15. November 2022

Fachkräftemangel in der Archäologie

Die privatwirtschaftliche Archäologie ist in Deutschland in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. 2021 ist die Zahl der Mitarbeite*innen in der kommerziellen Archäologie um über 10% gewachsen. Für 2021 planen die Firmen weitere Einstellungen mit einer weiteren Steigerung um 14% (Siegmund7 Scherzler 2022).

Die Entwicklung der Grabungsfirmen im Jahr 2021 war durchaus sehr heterogen, doch gab es insgesamt im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzplus von um 12,5 %. Dabei ist nicht nur die Zahl der Mitarbeiter*innen in den Grabungsfirmen angestiegen, sondern es hat sich auch der Anteil der unbefristeten, sozialversicherten Arbeitsverträge deutlich erhöht, während die weniger stabilen Beschäftigungsmodelle rückläufig waren.

 

% 2021

% 2020

% 2019

Unbefristet sozialvers.
angest. Mitarbeiter

80 %

67 %

71 %

Saisonkräfte

8 %

13 %

15 %

Mitarbeiter auf Werkvertragsbasis

0 %

4 %

1 %

Freie Mitarbeiter

2 %

7 %

2 %

Studentische Helfer

10 %

9 %

11 %

Tab. Anzahl der Beschäftigungsarten 2021 in Grabungsfirmen (nach Siegmund/ Scherzler 2022, Abb. 2)


Diesen Zahlen liegen die Umfrageergebnisse der DGUF-Befragung zugrunde (Siegmund/ Scherzler 2022), die auch erhoben haben, welche Stellen die Grabngsfirmen im laufenden Jahr besetzen wollen. Demnach werden gesucht:

  • 4 % Verwaltungskräfte,
  • 13 % Hilfskräfte/Grabungshelfer
  • 33 % Facharbeiter,
  • 22 % (Grabungs-) Techniker/ techn. Mitarbeiter,
  • 28 % Grabungsleiter/wiss. Mitarbeiter
  • 0 % Projektleiter und -koordinatoren.

Insgesamt geht es um eine grobe Größenordnung von 200 Stellen. Nach den Erhebungen von Siegmeund, ebenfalls in den Archäologischen Informationen haben 2021 demgegenüber 169 Studierende ihr Studium mit einem Bachelor- oder Mastergrad abgeschlossen.

Es zeichnet sich hier ein Fachkräftemangel ab, der sich indes nicht in der Lohnentwicklung wiederspiegelt. Siegmund/ Scherzler 2022 urteilen im Vergleich der Löhne 2019 und 2021: 

"Für wesentliche Mitarbeitergruppen stiegen die Löhne im Vergleich zur Gesamtentwicklung in Deutschland zu gering. Wenn es die Branche in einer Phase steten und starken Wachstums nicht schafft, sukzessive auf ein angemessenes Lohnniveau zu klettern, wird es ihr sehr schwerfallen, die offenbar benötigten zusätzlichen Fachkräfte zu gewinnen resp. sich zu erhalten." (Siegmund/ Scherzler 2022, [S. 5 im early view])

Die gegenwärtige Krisensituation mit anthropogenen Umweltveränderungen, Coronafolgen, populistisch-nationalistischen Strömungen, Krieg, Energiekrise, Inflation und vielfältigem Fachkräftemangel macht es generell schwer, Zukunftsprognosen abzugeben. Aktuell scheint die Situation für Absolvent*innen aber günstig, einen Einstieg in die privatwirtschaftliche Archäologie zu finden. Wie hier die weiteren Aufstiegsmöglichkeiten aussehen, ist zunächst eine andere Frage. Bei der Lohnentwicklung haben die höher qualifizierten Stellen (Grabungstechniker und Grabungsleiter) in den Grabungsfirmen eher schlechter abgeschnitten als die Grabungshelfer und Facharbeiter.

Tatsächlich scheint das zu einer Beobachtung zu passen, die in diesem Semester zumindest in der Bamberger Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit zu machen ist.  Aus dem Kontakt mit Studierenden weiss ich, dass einige die Gelegenheit nutzen, Grabungserfahrung zu sammeln und dafür die Fortsetzung des Studiums nach dem BA-Abschluss zurückstellen bzw. das Studium nur in Teilzeit betreiben.

 

Literatur

  • Siegmund/ Scherzler 2022: F. Siegmund/ D. Scherzler, Zu geringes Lohnwachstum trotz Arbeitskräftemangels und zweistelliger Wachstumsraten bei Umsatz und Mitarbeitern – DGUF-Monitoring-Report privatwirtschaftliche Archäologie 2021. Archäologische Informationen 45, 2022, Early View, online publiziert 6. Juni 2022. [PDF]
  • Siegmund 2022: F. Siegmund, Die Studierenden- und Absolventenzahlen in den Fächern Ur- und Frühgeschichte sowie Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit im Jahr 2021. Archäologische Informationen 45, 2922, Early View, online publiziert 14. Juni 2022. [PDF]

 


Samstag, 5. November 2022

Archäologische Sammlung Sigmaringen - verkauft.

Die archäologischen Funde der Fürstlich-Hohenzollerische Sammlung sind seit langem nicht mehr in der Forschung und in der Öffentlichkeit richtig präsent. Dabei waren sie einmal wichtige Grundlage der sich entwickelnden Archäologie (Lindenschmit 1860).

Jetzt kauft das Land die Sammlung des Fürstenhauses für 2 Mio € für das Landesmuseum Württemberg.

 

Damit wird immerhin die Archäologische Sammlung nicht so zerfleddert, wie die Hofbibliothek, die das Fürstenhaus in den letzten Jahren auf den Markt geworfen hat  oder die Kunstsammlung, die die Fürsten schon in der Weltwirtschaftskrise vor gut einem Jahrhundert verkauft haben. Immerhin, wundert man sich, wie diese Objekte in der Revolution überhaupt in Privatbesitz verblieben sein konnten. Die Sache ist freilich etwas anders gelagert als bei dem übrigen Hohenzollern-Erbe.

 

 Links

Literatur

  • L. Lindenschmit, Die vaterländischen Alterthümer der Fürstlich Hohenzoller'schen Sammlungen zu Sigmaringen (Mainz 1860). - urn:nbn:de:bvb:12-bsb10002066-3

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Dienstag, 1. November 2022

CfP - Ruralia-Konferenz XV, 2023 in Frederikstad - „Bauernhandel und Märkte. Soziale und wirtschaftliche Interaktion im ländlichen Raum des Mittelalters und der frühen Neuzeit“

Ländliche Märkte und Versammlungsorte waren für die sozialen Kontakte und die Versorgung der Bevölkerung von großer Bedeutung. Sie sind uns heute aber meist kaum noch bewusst - einerseits weil wir Märkte als wesentliches Element der Stadt begreifen und andererseits weil die Quellenlage im ländlichen Raum bei weitem nicht so gut ist, wie bei den großen städtischen Märkten, die Händler und Kunden über große Distanzen anzogen. 
 
Regelmäßige Bauernmärkte aber auch Jahrmärkte waren sicherlich wesentlich für die Verbreitung von Innovationen und Ideen. Sie waren wichtige Vooraussetzung für die Ausbildung angepasster Landnutzungssysteme mit besonderen Produkten, lokaler Gesellschaften mit den ihnen eigenen kulturellen Normen, Gedanken und Identitäten - und oft spezifischer materieller Kultur. 
Märkte und informelle Handelsplätze waren Teile und Knotenpunkte von regionalen Wirtschafts- und Sozialsystemen, die nicht nur Handel und Tausch einen Ort gaben, sondern auch Handwerkern und Bauern einen Absatzmarkt für agrraische und nichtagrarische Produkte erschlossen. In vielen ländlichen Gebieten gab es eine umfangreiche, wenn auch oft im Nebenerwerb erfolgende nicht-agrarische Produktion. Aber auch die regionalen Eliten dürften in die Märkte eingebunden gewesen sein, als Kunden, aber auch als Organisatoren und politische Profiteure. Die lokalen Märkte waren sicher auch wichtige Begegnungsorte mit Gelegenheit zum Tratschen, Tanzen, Trinken und Protzen und mithin wichtig für das soziale Leben der Menschen und Familien. 
 
Die Archäologie ländlicher Räume hat diese Strukturen zumindest in Mitteleuropa bislang wenig thematisiert und deshalb soll die nächste Ruralia-Tagung diese Thematik aufgreifen und methodische Ansätze aber auch Ergebnisse aus verschiedenen europäischen Landschaften zusammen tragen. 
 
 
Neuhof an der Zenn: Marktmauer
(Foto R. Schreg, 2022)


 

Ruralia XV in Frederikstad 

Die Tagung soll vom 4. bis 10. September 2023 in Fredrikstad / Norwegen stattfinden. Zusätzlich zu den Vorträgen werden eine ganztägige und eine halbtägige Exkursion sowie eine optionale zweitägige Exkursion zu Orten in Südostnorwegen und Ostschweden angeboten. Die Tagung wird gemeinsam organisiert von Marie Ødegaard, Kjetil Loftsgarden, Catarina Karlsson, Mark Gardiner und Claudia Theune. Unterstützt wird die Tagung durch das Museum of Cultural History, Jernkontoret und die Norwegian Archaeological Society. 
 

In Erinnerung an Frode Iversen

Großen Anteil an der Entwicklung der Tagungsidee hat Frode Iversen, zuletzt Professor an der Universität Oslo. Er ist vor wenigen Wochen nach langer Krankheit verstorben.  Er wird uns als geschätzter Kollege und großartiger Mensch, der Norwegen in Ruralia für viele Jahre vertreten hat, in Erinnerung bleiben. Mit seinen Forschungen zu Versammlungsplätzen in der Nordseeregion  wird er auch jetzt noch - und hoffentlich auch mit Hilfe unserer Ruralia-Tagung - in die Zukunft der Forschung wirken. 
 

Tagungsbeiträge gesucht!

Das Organisationsteam hat nun einen Call for Papers gestartet. Gesucht werden Vorträge von voraussichtlich 20 min Dauer, in begrenztem Ausmaß auch Posterbeiträge. Sie sollen später im Konferenzband nach einem Review auch publiziert werden.

Insbesondere folgende Themen und Fragen sollen behandelt werden:
  • Die Lokalisierung ländlicher Märkte und Versammlungsplätze anhand archäologischer und historischer Quellen, Ortsnamen etc.
  • Was wurde an den Standorten gehandelt?
  • Wie und von wem wurden die ländlichen Markt- und Versammlungsstätten organisiert?
  • Welche wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge lassen sich an Marktstandorten feststellen?
  • Können wir lokalen, regionalen, überregionalen oder gar globalen Austausch ausmachen?
  • Wie haben der Handel und die Bewegung der Menschen zu Märkten die ländliche Landschaft geprägt?
  • Was waren die nicht-wirtschaftlichen Aspekte der Begegnungs- und Marktplätze?
  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hatten solche Stätten auf regionaler und überregionaler Ebene?
Ausdrücklich geht es nicht speziell um die städtischen Märkte, die - insbesondere in den Regionen mit größerere Städtedichte - gleichwohl als Teil des Wirtschaftssystems gesehen werden müssen.


Organisatorisches 

Die Konferenzsprache ist Englisch.
Die Tagungsgebühren mit Unterkunft und Verpflegung liegen bei 650€, dazu kommen die Reisekosten. Ruralia möchte aber auch Nachwuchswissenschaftler:innen zur Teilnahme gewinnen und bietet ggf. finanzielle Unterstützung an. 
Das Organisationsteam ist zu erreichen unter ruralia2023@gmail.com

Frist für die Anmeldung mit Abstracts ist der 31.1.2023.

Weitere Informationen:

Internal Links

 

RURALIA - European Association for Medieval and Post-Medieval Rural Archaeology

RURALIA ist eine internationale Vereinigung für die Archäologie mittelalterlicher (und neuzeitlicher) Siedlungslandschaften und des ländlichen Lebens. Es bietet eine europaweite Plattform für den wissenschaftlichen Austausch über aktuelle Probleme der ländlichen Archäologie, um vergleichende und interdisziplinäre Studien zu stärken. Die Konferenz umfasst die Zeit vom frühen Mittelalter bis zur frühen Neuzeit. Die Konferenzsprache ist Englisch.