Die Wikinger schaffen heute unter Skandinaviern eine Phantasy-Identität als heidnische Indigene, die an die Ideologie der Neo-Rechten erinnert, die für sich in Anspruch nehmen, keinem Rassismus zu frönen, sondern verschiedene Identitäten und Ethnien zu respektieren, sich selbst aber dennoch von ihrem Blut her dennoch für irgendetwas Besseres halten - sich aber zugleich als unterdrückte Opfer von wem auch immer (wobei hier dann vielfach Antisemitismus oder Islamfeindlichkeit ins Spiel kommt) sehen.
Wikingerschlacht in Wolin, 2017 (Foto: Jakub T. Jankiewicz, CC BY SA4.0, via WikimediaCommons) |
Der Artikel in fluter geht nicht darauf ein, welche Rolle die Archäologie dabei spielt, aber das thematisierte Midgardsblot-Festival ist nicht allein ein Heavy-Metal-Festival, sondern auch ein Wikingerfestival, das seit 2015 regelmäßig (nur während Corona online) vom Midgards Vikingcentre in Borre ausgerichtet wird.
Das bei fluter angesprochene Forschungsprojekt „Back to
Blood“, 2020 bis Mitte 2024 finanziert vom Norwegischen Forschungsrat (NFR) an den Universität Linköping und Stavanger analysiert die
Konsequenzen, die sich daraus ergeben, dass kulturelle
Akteure die Nachfrage nach Wikingern und der nordischen Vergangenheit
decken. Die Hypothese von „Back to
Blood“ ist es, "dass der Bezug zur
nordischen Vergangenheit in aktuellen Kulturproduktionen und spirituellen Strömungen mit den Sorgen der Menschen um Nachhaltigkeit,
Identität und Staatsbürgerschaft verbunden sind. Solche kulturelle und spirituelle Produkte sind
beispielsweise Fernsehserien, Filme, digitale Spiele, Musik, Festivals
und Wikingermärkte sowie neue Formen der Verbreitung und Nutzung der
nordischen Vergangenheit im Museums-, Schul- und Tourismusbereich."
Die Rolle der Archäologie wird/wurde in dem Projekt anscheinend aber nur im Hinblick auf die Frage der Bedeutung traditionellen Handwerks für die Vermittlungsarbeit in archäologischen Museen ein. Interessant wäre m.E. genauer zu untersuchen, welche Forschungsarbeiten und welche Museumspräsentationen im Reenactment wie herangezogen werden. Welche wissenschaftlichen Aussagen werden gemacht, wie werden sie in der Öffentlichkeit aufgegriffen. Werden Onjekte selektiert oder bevorzugt? Wenn ja, welche? Wo kommen die Bedeutungszuschreibungen her?
Daran schließt sich für die Archäologie eine wichtige ethische Frage an: Dürfen archäologischen Museen oder andere Institutionen solche Strömungen, die ihnen ja durchaus Publikum und Aufmerksamkeit bringen können, unterstützen?
Meine Antwort: Nein!
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