Montag, 27. Februar 2017

Archäologie ist überflüssig? Wissenschaft in den USA - politische Bevormundung, Schikane, Finanzstreichung und Abwicklung

Die neue US-Regierung hat schon in ihren ersten Woche die Wissenschaften ins Visier genommen  und als erste Maßnahme den staatsbediensteten Wissenschaftlern einen Maulkorb verpasst. Andere Einrichtungen sollen geschlossen oder finanziell auf ein Minimum gekürzt werden.

Kulturwissenschaften auf der Streichliste

Der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses des amerikanischen Kongresses, der republikanische Kongressabgeordnete Lamar Smith, der Klimawandel leugnet und kein Verständnis für die kulturelle Dimension und die Arbeitsweisen im Wissenschaftsbetrieb hat, hält eine öffentliche Finanzierung der Geisteswissenschaften und speziell der Archäologie für unangebracht.
When NSF is only able to fund one out of every five proposals submitted by scientists, why did it award $225,000 to study animal photos in National Geographic or $920,000 to study textile-making in Iceland during the Viking era? Why did studying tourism in northern Norway warrant $275,000 of limited federal funds?
These grants and hundreds like them might be worthwhile projects, but how are they in the national interest and how can they justify taxpayer dollars? The federal government should not fund this type of research at the expense of other potentially ground-breaking science.

(Kongressabgeordneter Lamar Smith [Texas], chairman des Science, Space, and Technology Committee)
Smith war schon früher mit Äußerungen aufgefallen, die archäologischer Forschung ihre Berechtigung abgesprochen haben. (vergl. Archaeologik 9.10.2011). Dabei hat er auch versucht, sich in wissenschaftliche Entscheidungsprozesse einzumischen und die Wissenschaftsfreiheit zu untergraben. Mit den aktuellen Machtverhältnissen in den USA steht zu erwarten, dass er künftig mit mehr Nachdruck und mehr Flurschaden agieren wird.
Deutlich wird aber auch, dass die Kultur- und Geisteswissenschaften bzw. in den USA die Anthropology bisher zu wenig ihre gesellschaftliche Rolle definiert haben.


Bahn frei für Umwelt- und Kulturzerstörung

In erster Linie geht es hier darum, Umweltschutzinteressen zurück zu drängen und den Profit aus Umweltzerstörung zu maximieren.

Trump-Anhänger überbieten sich mit aberwitzigen Gesetzesvorstößen, die jede Umweltethik vergessen und Profit an oberste Stelle setzen:

Standing Rock

Die Auseinandersetzung um die North Dakota Pipeline hat sich im Februar zugespitzt, nachdem Trump - der angeblich selbst Aktien der beteiligten Unternehmen hält - den Weiterbau angeordnet hat. Das Protestcamp wurde von Polizeitruppen geräumt. Den Ausgangspunkt hatte der Protest, der sich vor allem gegen das Risiko einer Verschmutzung des Trinkwassers für das Indianerreservat richtet, in der Zerstörung indianischer heiliger Stätten.

Ein Ansatzpunkt des Widerstandes ist nun der Versuch, den beteiigten Unternehmen den Geldhahn zuzudrehen. New York will seine Aktienbeteiligung aufgeben und in Deutschland gibt es Proteste gegen die Investitionen der BayernLB, die inzwischen offenbar erfolgreich waren.
siehe auch

    Chaco Canyon

    Nahe dem  Chaco Culture National Historical Park (UNESCO Welterbe http://whc.unesco.org/en/list/353) im amerikanischen Südwesten soll Fracking ansetzen. Hier gab es schon vor längerer Zeit Proteste, da man hier nicht nur Umwelt-Schäden, sondern auch eine Zerstörung des kulturellen Erbes befürchten muss. 
    Der Verkauf von Bundes-Land an private Eigentümer bedeutet in den USA auch, dass dort befindliche archäologische Fundstellen ihren Schutz verlieren, da denkmalpflegerische Auflagen nur bei öffentlichem Land vorgesehen sind.

    Pueblo Bonito im Chaco Culture National Historical Park
    (Foto: Arian Zwegers [CC BY 2.0] via Wikimedia Commons)


    Das neue Nationaldenkmal Bears Ears

    Am 28.12.2016 hat Präsident Obama Bears Ears in Utah nach dem Antiquities Act zum Nationaldenkmal erklärt.  Bears Ears ist nicht nur eine eindrucksvolle Naturlandschaft, sondern auch eine Region mit zahlreichen archäologischen Denkmälern der Anasazi. Die republikanische Regierung von Utah widersetzt sich der Erklärung von Bears Ears zum Nationaldenkmal und hat Präsident Trump aufgefordert, die Erklärung zu widerrufen. Dafür gibt es keinen Präzedenzfall und die Rechtmäßigkeit eines solchen Schrittes ist fraglich.  Eine in Utah seit 20 Jahren abgehaltene "outdoor"-Messe wird nun von Unternehmen, boykottiert, die sich einen Staat sichen wollen, der den Umweltschutz höher einstufe.

    Anasazi-Fundstelle "House on Fire Ruin" im upper Mule Canyon, Teil des neuen Bears Ears Nationaldenkmals
    (Foto:  snowpeak   [CC BY 2.0] via  Wikimedia Commons)
    Der  republikanische Vorsitzende des Aufsichtsauschusses des US-Kongresses Jason Chaffetz lässt nun einen Tweet untersuchen, den Parkranger in Utah gepostet hatten. In dem Tweet hatte der offizielle Account des Bryce Canyon National Park.am 29.12.2016 das Nationaldenkmal Bears Ears willkommen geheißen, das die Obama-Regierung am Tag zuvor zum Nationaldenkmal erklärt hatte. In dem Tweet hatte es geheißen, dass man dem Monument schon lange einen Platz freigehalten hätte. Das nimmt Chaffetz zum Anlass, offiziell untersuchen zu lassen, wer diesen Tweet veranlasst hat, da er nahe lege, dass der Nationalpark schon zuvor von der Entscheidung gewusst hätte. Chaffetz Kommission wird derzeit dafür kritisiert, ihrer Verpflichtung zur Untersuchung der Russland-Kontakte und möglicher Interessenskonflikte der Trump-Administration nicht nachzukommen. Die Untersuchung gegen den Nationalpark ist daher kaum als Ungeschicklichkeit einzustufen, sondern dürfte wohl eher einfach dazu dienen, die Ranger zu schikanieren.

     

    Resistance Movement

    National Park Ranger Resist
    (Graphik: MercenaryGraphics [CC BY SA ND NC 3.0] via
    MercenaryGraphics.deviantart.com)
    Die Untersuchung gegen die Parkranger in Utah könnte eine Reaktion darauf sein, dass gerade die Parkranger die Wissenschaften gegen die neue Trump-Regierung mobilisiert haben.
    Neben der NASA waren die Nationalparkverwaltungen von dem Maulkorb-Erlaß der neuen Regierung für Wissenschaftler unmittelbar betroffen. Mit der Unterbindung einer freien Kommunikation der Wissenschaftler sollen offenbar Informationen über Klimawandel, Angelegenheiten des Umweltschutzes  oder etwa den Bears Ears-Fall monopolisiert werden. Zahlreiche einzelne Nationalparks haben inzwischen alternative oder "rouge" Kanäle in den Social Media - vor allem auf Twitter -, in denen sie demonstrativ wissenschaftliche Fakten posten. Organisationen wie die NASA sind ihnen rasch gefolgt. Aus Angst um ihre Jobs haben sich die Staatsbediensteten inzwischen von den Rouge-Accounts zurückezogen, die sie unabhängigen Aktivisten anvertaut haben. Die Accounts betonen, dass sie nicht aus Steuermitteln bezahlt würden.
    eine Liste:


      1 Kommentar:

      Jan hat gesagt…

      Mal sehen, wann sie auf die Idee kommen, dass Archäologie kostendeckend arbeiten und vor allem Gold finden soll.