Ein Gastbeitrag von Raimund Karl
2) Worum es der Archäologie eigentlich geht, ist nicht der Fundgegenstand selbst, sondern dessen Kontext; und auch Funde im Oberboden haben einen Kontext. Ihre undokumentierte Entfernung aus diesem Kontext stellt daher eine archäologisch absolut unvertretbare Zerstörung wichtiger Informationen dar, die eine professionelle Archäologie erhalten und der wissenschaftlichen Auswertung zuführen würde. Daher ist eine (idealerweise absolute) facharchäologische Kontrolle über Metallsuche notwendig.
3) Metallsucher beschränken sich bei ihren Grabungsmaßnahmen oft nicht ausschließlich auf den Oberboden und zerstören daher oft (ob wissentlich oder unwissentlich) „ungestörte“ archäologische Befunde bzw. Stratifikationen. Dadurch geht noch mehr essentielle archäologische Information verloren, weshalb eine (totale) facharchäologische Kontrolle über solche Grabungsarbeiten notwendig ist.
4) Metallsucher sind oft nicht ausreichend kompetent, um gefundene Gegenstände sachgerecht zu bergen und dauerhaft zu konservieren. Diese Gegenstände gehen deshalb verloren, was zu verhindern ist, weil dadurch „Allgemeingut“ zerstört wird.
5) Archäologische Funde und ihre Kontexte sind am besten dadurch geschützt, dass sie unverändert in situ belassen werden. Jede Entfernung von Funden aus ihrer Fundlage ist daher schädlich und muss unter (absoluter) Kontrolle durch das Fach geschehen, insbesondere im Wald und auf der Wiese, wo sie nicht einmal durch die Landwirtschaft gefährdet werden, aber eigentlich auch sonst überall.
6) Von Metallsuchern aufgefundene Funde verschwinden zumeist in privaten Sammlungen und sind daher nicht der Öffentlichkeit zugänglich. Dies stellt den Entzug eines Allgemeingutes zum privaten Vergnügen Einzelner, also eine „private Aneignung“ von etwas was eigentlich allen gehört dar, und ist schon allein deshalb abzulehnen.
7) Nur öffentliche Sammlungen garantieren die langfristige Konservierung und öffentliche Zugänglichkeit von Fundgegenständen. Daher müssen oder sollten wenigstens alle archäologischen Funde öffentlichen Sammlungen einverleibt werden, damit sie „für immer“ allgemein zugänglich aufbewahrt und erhalten werden.
8) Herr von all dem muss „die Wissenschaft“ sein, weil diese der Öffentlichkeit dient indem sie die archäologischen Informationen, die im Feld gewonnen, ausarbeitet und dann der Öffentlichkeit wieder zur Verfügung stellt. Diese wissenschaftliche Auswertung ist auch deshalb nötig, weil nur dadurch sichergestellt werden kann dass der Öffentlichkeit nicht falsche Behauptungen als Wahrheit über die Vergangenheit verkauft und diese damit getäuscht wird: die Öffentlichkeit muss sich darauf verlassen können, dass das, was ihr dann erzählt wird, auch wirklich stimmt und nicht bloß irgendeine wilde Spekulation ist.
9) Archäologische Funde aus irgendwelchen anderen Gründen als wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn zu suchen ist schlecht, und sie aus wirtschaftlichem Profitinteresse zu suchen nicht nur schlecht sondern böse in einem moralischen Sinn. Wer aus der Zerstörung archäologischer Kulturgüter wirtschaftlichen Gewinn lukriert ist ein schlechter Mensch und hat daher überhaupt keine Rechte an Archäologie.
10) Metallsuche ist illegal und was verboten ist darf man halt nicht machen. Wer ein Problem damit hat, soll die Gesetzeslage ändern, aber bis das nicht passiert ist gilt was gilt.
Ich finde alle oder wenigstens die meisten diese
Argumente (wenn ich welche vergessen habe, bitte ergänzen, damit ich das
auch noch bedenken kann) aus archäologischer Sicht natürlich nicht
gänzlich unberechtigt oder sogar sehr richtig und berechtigt. Natürlich
brauchen wir kontextuelle Informationen, natürlich gibt es auch im
Oberboden Kontexte, natürlich sollen Funde und Befunde nicht zerstört,
sondern wissenschaftlich aufgearbeitet und der Öffentlichkeit zur
Verfügung gestellt werden, und natürlich sollte man sich an die
geltenden Gesetze halten und sie nicht übertreten. Alles keine Frage.
2) Siehe 1) Davon abgesehen ist es auch keineswegs so, dass der „Oberflächen- und Oberbodensurvey“ eine Maßnahme ist, die facharchäologisch sehr häufig durchgeführt wird und auch in einer öffentlich zugänglichen Publikation Verwertung findet, selbst wenn nicht das Baggerplanum der erste Schritt einer archäologischen Maßnahme im Feld ist. Auch mit diesem Argument ist es also in der Realität nicht weit her.
3) Siehe 1) Insbesondere ist hier eben auch anzuführen, dass die Ausgrabung von „ungestörten“ Befundschichten bei Rettungsgrabungen gang und gäbe ist, wenn nicht überhaupt „sampling-Strategien“ angewandt werden, bei denen bedeutende Prozentsätze (manchmal bis zu 90%) der „ungestörten“ Befunde überhaupt nicht ausgegraben werden, sondern der Zerstörung durch den Bagger überlassen werden. Auch totale facharchäologische Kontrolle gewährleistet also keineswegs die „vollständige“ Erhaltung von Befunden und Kontexten. Auch damit ist es also als Argument nicht weit her.
4) Als ob auf archäologischen Grabungen nicht oft auch un- oder schlecht ausgebildete Grabungsarbeiter auf diese Dinge losgelassen würden; und als ob wirklich jeder Fund der „sachgerecht“ geborgen wird dann im Depot oder Museum einer dauerhaften Konservierung zugeführt wird. Ich zitiere Michael Marius aus den Fundberichten aus Österreich 2011, 32) anlässlich einer Revision bereits konservierter Eisenfunde im zentralen Fundlager des BDA, in dem die meisten dort aufbewahrten Eisenfunde noch nicht einmal erstkonserviert sind: „Es stellte sich bald heraus, dass bereits restaurierte Eisenobjekte zum Teil gravierenden Schaden genommen haben“. Auch mit diesem Argument ist es also keineswegs so weit her wie wir normalerweise tun.
5) Das hätten wir gerne, dass Funde in situ am besten geschützt wären. Das war vielleicht in den 1920ern vor der Mechanisierung der Bau-, Land- und Forstwirtschaft und dem Einsatz chemischer Düngemittel so, heute kann man sich das hingegen abschminken. Gute Erhaltungsbedingungen für Funde und Befunde in situ gibt es natürlich mancherorts, aber selbst im Wald, in dem diese Bedingungen heute gut sind, kann morgen der tonnenschwere Harvester herumfuhrwerken, der nicht nur die Bäume am Strunk abschneidet, sondern diesen dann auch gleich samt Wurzeln aus dem Boden reißt. Die zurückbleibende Kraterlandschaft schaut aus wie unsere Horrorvisionen von Raubgrabungen, wie wir sie aus Kriegsgebieten wie dem Irak kennen. Und moderne Pflüge, wenn der Bauer gerne einmal tiefer pflügt, drehen den Boden locker bis 90 cm unter Humusoberkante um, einmal abgesehen dass Sticksoffdünger den Boden versäuern und somit das ihrige zum Verlust wenigstens der nicht aus Edelmetall bestehenden Funde beitragen. Ja, auf der grünen Wiese im Stadtpark, wo die stärkste Bodenstörung der Tulpen pflanzende Stadtgärtner verursacht, die er dann sparsam mit Substral düngt, da sind Funde und Befunde in situ gut geschützt. Überall anders ist dieses Argument allerdings nur sehr bedingt tragfähig, wenn nicht vollkommen falsch.
6) Ein paar Zahlen aus österreichischen Museen und staatlichen Funddepots: im Durchschnitt finden sich etwa 2-5% des vorhandenen Fundmaterials in musealen Schausammlungen, der Rest in weitgehend unzugänglichen Depots. Der Katalogisierungsstand dieser Depots übersteigt selten 50%, der Aufarbeitungsstand über die typologische Ansprache hinaus selten 10%, von vielen Funden weiß man nicht einmal, dass man sie hat, geschweige denn wo im Depot sie zu finden sind. Dokumentationsunterlagen dafür, die modernen Vorstellungen gerecht werden, gibt es nur bei einem Teil der Funde, ob diese den Fundgegenständen wieder zugeordnet werden können ist mehr Glückssache als sonst etwas. Wer schon einmal als Magister- oder Doktorarbeit ein Fundmaterial aus einem solchen Depot zu bearbeiten gehabt hat weiß, dass oft Teile der Unterlagen noch „beim Ausgräber“ sein sollen, der das aber leugnet, ganze Fundkisten nicht oder erst Monate nachdem man versprochen bekommen hat dass das jetzt „eh alles“ war auftauchen, manche „Gustostückerl“ verlegt wurden; und ganz davon abgesehen die Dokumentation nicht nur von Haus aus schwer mangelhaft war sondern auch voller offensichtlicher Fehler ist, geschweige denn dass sie noch nachvollziehbar wäre. In den Depots verschimmeln, korrodieren oder verfallen die Funde sonst wie, wenn sie nicht verlegt werden oder verloren gehen. Privatsammlungen sind da zwar auch nicht besser, aber dass sie wirklich so viel furchtbar schlechter wären, so ist es auch wieder nicht. Auch mit diesem Argument ist es alles andere als weit her.
7) Siehe 6), ich würde ja fast lachen wenn es nicht so traurig wäre. Das österreichische BDA kann nicht einmal sagen, wie viele Funde in seinem Depot jetzt wirklich liegen, sondern bloß „schätzen“. Zahllose Fundkisten stehen in anderen vergleichbaren Fundlagern – so zum Beispiel im Schloss Charlottenburg in Berlin – herum, ohne auch nur aus der Plastikumwicklung genommen worden zu sein, mit der sie umwickelt waren, als sie vom Stapler auf der Palette ins Depot geführt wurden. Langfristige Konservierung und öffentliche Zugänglichkeit? Dass ich nicht lache! Auch mit diesem Argument kann man also nicht wirklich Punkten.
8) Wer hat die Wissenschaft zu Gott gemacht? Ja, wir als Wissenschafter sind vielleicht „in ihrem Dienst“, aber „die Wissenschaft“ gibt es nicht anders denn als die Gemeinschaft der Wissenschafter, die sehr partikuläre und parteiliche Eigeninteressen vertreten. Zu sagen „das muss alles im Geist der Wissenschaft passieren“ bedeutet nichts anderes als „das muss so passieren wie wir es wollen, weil wir es so wollen, punktum“. Und in Anbetracht des wissenschaftlichen Aufarbeitungsstandes der meisten Sammlungen, mit dem es wirklich nicht weit her ist (wieder österreichisches BDA: laut internen Quellen sicher weniger als 5%, Tendenz seit langem sinkend, zuletzt auf Basis von publizierten Fund- und Auswertungsberichten von mir auf maximal 2,5% des Neuzugangs aus dem letzten Jahr zu dem Zahlen verfügbar sind geschätzt – weil genau lässt es sich natürlich nicht sagen, weil niemand, auch nicht das Amt selbst, weiß wie viel Material wirklich bei der Türe reingekommen ist), muss man sich wirklich fragen, ob die Wissenschaft wirklich der Herr ist, oder nicht unsere Depots nur eine andere Form von Mülldeponie. Auch mit diesem Argument ist es also keineswegs weit her, sofern man es überhaupt als Argument und nicht nur als verschleierte Wunschvorstellung der Allmacht und des Alleineigentums an „unseren Quellen“ betrachten will.
9) Auch das verwechselt unsere Eigeninteressen als Wissenschafter mit allgemeingesellschaftlichen Interessen. Dafür ignorieren wir durchaus nicht unwesentliche Menschenrechte wie das Recht auf Eigentum, das Recht auf Erwerb eines Lebensunterhalts, etc. Wir können gerne der Meinung sein dass „das Recht der Allgemeinheit“ dass Informationen über die Vergangenheit nicht mutwillig zerstört werden (das übrigens wenigstens bisher noch kein Menschenrecht darstellt), und das eigentlich viel mehr unseren Wunsch ausdrückt dass alle archäologischen Informationen und Funde uns als Wissenschaftern immer auf Pfiff sofort griffbereit zur Verfügung stehen, während sich alle anderen gefälligst davon fernhalten sollen, wichtig ist, aber das berechtigt uns nicht dazu so zu tun als ob an sich völlig berechtigte Interessen an Eigentum und Erwerb von Lebensunterhalt (lies: Profit machen) schlecht oder gar moralisch verwerflich sind. Vor allem nicht, weil wir ja schließlich (wenigstens wenn wir Glück haben) auch unseren Lebensunterhalt mit der Zerstörung archäologischer Kulturgüter erwirtschaften, oft sogar auch ganz direkt Profit daraus schlagen, wenn wir sie – im Auftrag der Bauwirtschaft und im Namen ihrer „Rettung“ – bei Rettungsgrabungen zur Zerstörung durch den Bagger freigeben. Wir sollten uns also davor hüten hier große Reden gegen den Profit zu schwingen, weil die, die am meisten wirtschaftlich von der Zerstörung archäologischer Kulturgüter profitieren, sind wir selbst. Auch mit diesem Argument ist es also nicht weit her, wenn man nicht auf die eigenen Lebenslügen hereinfällt.
10) Bleibt, dass es uns manchmal gelungen ist, aus den vorherigen 9 Gründen die Metallsuche gesetzlich verbieten zu lassen (und wo uns das nicht gelungen ist tun wir einfach so, als ob es trotzdem verboten oder wenigstens ein noch nicht „ganz“ verbotenes „Kulturdenkmalsverbrechen“ wäre, als Hobby der Metallsuche nachzugehen). Aber das ist natürlich auch kein gutes Argument gegen die Metallsuche, weil es ist bloß Ausdruck der asymmetrischen Machtverhältnisse, die wir dazu genützt haben, unsere Interessen zu privilegieren und die ebenso berechtigten Interessen anderer Leute zu kriminalisieren und diese oft sogar rechtwidrig zu diskriminieren.
Vorliegender Blogpost basiert auf einem Beitrag in der facebook-Gruppe Reform der Sondengänger-Gesetzeslage/Diskussion, die Archäologen und Sondengänger zusammenführt. Bislang findet die Diskussion dort überraschend sachlich statt. Ein langer und sehr grundsätzlicher Beitrag von Raimund Karl sei hier der leichteren Auffindbarkeit wegen als Blogpost eingestellt. Ich danke Raimund Karl, für die Bereitschaft, seinen Text zur Verfügung zu stellen.
Nachtrag 13.11.2016
Die erhoffte Fachdiskussion ist - wohl nicht zuletzt aufgrund des polemischen Stils des Beitrags - nur bedingt zustande gekommen, stattdessen wurde er als Pro-Argument in der Sondler-Szene vielfach zitiert. Darum nun einige Klarstellungen unter
RS
Hi allerseits,
nachdem sich hier ja erfreulicher Weise auch eine ganze Reihe von
Archäologen an der Diskussion beteiligt, möchte ich hier etwas zur
Diskussion stellen, was mich schon seit langem beschäftigt, das sich
aber in „normalen“ archäologischen Gruppendiskussionen (wie z.B. bei
Tagungen) normalerweise nicht sinnvoll diskutieren lässt, oder
bestenfalls nur sehr schwer. Das Thema, um das es mir geht, sind die
„facharchäologischen Argumente gegen die Metallsuche durch Laien“. Diese
lassen sich recht einfach zusammenfassen und sind ja auch in diversen
Diskussionsbeiträgen hier immer wieder zu lesen, ich erlaube mir dennoch
hier ihre kurze Zusammenfassung:
1) Die archäologische
Wissenschaft braucht von jedem Bodenfund die Informationen zu Lage,
Kontext und Fundumständen, die bei Metallsuchen durch Laien oft nicht
aufgezeichnet werden und daher verloren gehen, wenn man Metallsuche
durch Laien (wenigstens ohne strenge Auflagen) erlaubt.
2) Worum es der Archäologie eigentlich geht, ist nicht der Fundgegenstand selbst, sondern dessen Kontext; und auch Funde im Oberboden haben einen Kontext. Ihre undokumentierte Entfernung aus diesem Kontext stellt daher eine archäologisch absolut unvertretbare Zerstörung wichtiger Informationen dar, die eine professionelle Archäologie erhalten und der wissenschaftlichen Auswertung zuführen würde. Daher ist eine (idealerweise absolute) facharchäologische Kontrolle über Metallsuche notwendig.
3) Metallsucher beschränken sich bei ihren Grabungsmaßnahmen oft nicht ausschließlich auf den Oberboden und zerstören daher oft (ob wissentlich oder unwissentlich) „ungestörte“ archäologische Befunde bzw. Stratifikationen. Dadurch geht noch mehr essentielle archäologische Information verloren, weshalb eine (totale) facharchäologische Kontrolle über solche Grabungsarbeiten notwendig ist.
4) Metallsucher sind oft nicht ausreichend kompetent, um gefundene Gegenstände sachgerecht zu bergen und dauerhaft zu konservieren. Diese Gegenstände gehen deshalb verloren, was zu verhindern ist, weil dadurch „Allgemeingut“ zerstört wird.
5) Archäologische Funde und ihre Kontexte sind am besten dadurch geschützt, dass sie unverändert in situ belassen werden. Jede Entfernung von Funden aus ihrer Fundlage ist daher schädlich und muss unter (absoluter) Kontrolle durch das Fach geschehen, insbesondere im Wald und auf der Wiese, wo sie nicht einmal durch die Landwirtschaft gefährdet werden, aber eigentlich auch sonst überall.
6) Von Metallsuchern aufgefundene Funde verschwinden zumeist in privaten Sammlungen und sind daher nicht der Öffentlichkeit zugänglich. Dies stellt den Entzug eines Allgemeingutes zum privaten Vergnügen Einzelner, also eine „private Aneignung“ von etwas was eigentlich allen gehört dar, und ist schon allein deshalb abzulehnen.
7) Nur öffentliche Sammlungen garantieren die langfristige Konservierung und öffentliche Zugänglichkeit von Fundgegenständen. Daher müssen oder sollten wenigstens alle archäologischen Funde öffentlichen Sammlungen einverleibt werden, damit sie „für immer“ allgemein zugänglich aufbewahrt und erhalten werden.
8) Herr von all dem muss „die Wissenschaft“ sein, weil diese der Öffentlichkeit dient indem sie die archäologischen Informationen, die im Feld gewonnen, ausarbeitet und dann der Öffentlichkeit wieder zur Verfügung stellt. Diese wissenschaftliche Auswertung ist auch deshalb nötig, weil nur dadurch sichergestellt werden kann dass der Öffentlichkeit nicht falsche Behauptungen als Wahrheit über die Vergangenheit verkauft und diese damit getäuscht wird: die Öffentlichkeit muss sich darauf verlassen können, dass das, was ihr dann erzählt wird, auch wirklich stimmt und nicht bloß irgendeine wilde Spekulation ist.
9) Archäologische Funde aus irgendwelchen anderen Gründen als wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn zu suchen ist schlecht, und sie aus wirtschaftlichem Profitinteresse zu suchen nicht nur schlecht sondern böse in einem moralischen Sinn. Wer aus der Zerstörung archäologischer Kulturgüter wirtschaftlichen Gewinn lukriert ist ein schlechter Mensch und hat daher überhaupt keine Rechte an Archäologie.
10) Metallsuche ist illegal und was verboten ist darf man halt nicht machen. Wer ein Problem damit hat, soll die Gesetzeslage ändern, aber bis das nicht passiert ist gilt was gilt.
(Foto: R. Schreg) |
Dennoch scheinen mir alle diese Argumente in der Metallsucherdiskussion
höchst scheinheilig und nicht wirklich gerechtfertigt, weil ihnen ein
idealisiertes Bild der archäologischen Wissenschaft und vor allem der
praktischen Denkmalpflege im Feld unterliegt, das der Realität in Feld,
Museums- oder Denkmalamtsdepot und Forschungsstelle / Universität
keineswegs entspricht. Gehen wir die Argumente kurz unter
Berücksichtigung der Realität und nicht der „idealen Archäologie“
unserer feuchten Wunschträume durch:
1) Bei Rettungs- wie bei
Forschungsgrabungen wird der Oberboden und auch „ungestörte“
befundführende Schichten oft genug mit dem Bagger abgeschoben, ohne auch
nur ordentlich durchsucht zu werden, geschweige denn dass die genaue
Lage, Kontext und Fundumstände jedes Bodenfundes genau dokumentiert
werden würde. Ja, wir dokumentieren vielleicht in vielen Kontexten mehr
als der durchschnittliche Metallsucher, aber auch bei weitem nicht
alles; und oft gerade jene Bodenschichten ganz besonders nicht, in denen
Metallsucher die meisten „ihrer“ Funde machen. Worüber regen wir uns
also auf, wenn die Metallsucher die Funde, die wir sowieso industriell
zerstören, ausklauben wollen? Das gleiche gilt für Argument 2), 3), 4)
und wenigstens teilweise auch für 5). Mit allen diesen Argumenten ist es
also in der Realität nicht weit her.
2) Siehe 1) Davon abgesehen ist es auch keineswegs so, dass der „Oberflächen- und Oberbodensurvey“ eine Maßnahme ist, die facharchäologisch sehr häufig durchgeführt wird und auch in einer öffentlich zugänglichen Publikation Verwertung findet, selbst wenn nicht das Baggerplanum der erste Schritt einer archäologischen Maßnahme im Feld ist. Auch mit diesem Argument ist es also in der Realität nicht weit her.
3) Siehe 1) Insbesondere ist hier eben auch anzuführen, dass die Ausgrabung von „ungestörten“ Befundschichten bei Rettungsgrabungen gang und gäbe ist, wenn nicht überhaupt „sampling-Strategien“ angewandt werden, bei denen bedeutende Prozentsätze (manchmal bis zu 90%) der „ungestörten“ Befunde überhaupt nicht ausgegraben werden, sondern der Zerstörung durch den Bagger überlassen werden. Auch totale facharchäologische Kontrolle gewährleistet also keineswegs die „vollständige“ Erhaltung von Befunden und Kontexten. Auch damit ist es also als Argument nicht weit her.
4) Als ob auf archäologischen Grabungen nicht oft auch un- oder schlecht ausgebildete Grabungsarbeiter auf diese Dinge losgelassen würden; und als ob wirklich jeder Fund der „sachgerecht“ geborgen wird dann im Depot oder Museum einer dauerhaften Konservierung zugeführt wird. Ich zitiere Michael Marius aus den Fundberichten aus Österreich 2011, 32) anlässlich einer Revision bereits konservierter Eisenfunde im zentralen Fundlager des BDA, in dem die meisten dort aufbewahrten Eisenfunde noch nicht einmal erstkonserviert sind: „Es stellte sich bald heraus, dass bereits restaurierte Eisenobjekte zum Teil gravierenden Schaden genommen haben“. Auch mit diesem Argument ist es also keineswegs so weit her wie wir normalerweise tun.
5) Das hätten wir gerne, dass Funde in situ am besten geschützt wären. Das war vielleicht in den 1920ern vor der Mechanisierung der Bau-, Land- und Forstwirtschaft und dem Einsatz chemischer Düngemittel so, heute kann man sich das hingegen abschminken. Gute Erhaltungsbedingungen für Funde und Befunde in situ gibt es natürlich mancherorts, aber selbst im Wald, in dem diese Bedingungen heute gut sind, kann morgen der tonnenschwere Harvester herumfuhrwerken, der nicht nur die Bäume am Strunk abschneidet, sondern diesen dann auch gleich samt Wurzeln aus dem Boden reißt. Die zurückbleibende Kraterlandschaft schaut aus wie unsere Horrorvisionen von Raubgrabungen, wie wir sie aus Kriegsgebieten wie dem Irak kennen. Und moderne Pflüge, wenn der Bauer gerne einmal tiefer pflügt, drehen den Boden locker bis 90 cm unter Humusoberkante um, einmal abgesehen dass Sticksoffdünger den Boden versäuern und somit das ihrige zum Verlust wenigstens der nicht aus Edelmetall bestehenden Funde beitragen. Ja, auf der grünen Wiese im Stadtpark, wo die stärkste Bodenstörung der Tulpen pflanzende Stadtgärtner verursacht, die er dann sparsam mit Substral düngt, da sind Funde und Befunde in situ gut geschützt. Überall anders ist dieses Argument allerdings nur sehr bedingt tragfähig, wenn nicht vollkommen falsch.
6) Ein paar Zahlen aus österreichischen Museen und staatlichen Funddepots: im Durchschnitt finden sich etwa 2-5% des vorhandenen Fundmaterials in musealen Schausammlungen, der Rest in weitgehend unzugänglichen Depots. Der Katalogisierungsstand dieser Depots übersteigt selten 50%, der Aufarbeitungsstand über die typologische Ansprache hinaus selten 10%, von vielen Funden weiß man nicht einmal, dass man sie hat, geschweige denn wo im Depot sie zu finden sind. Dokumentationsunterlagen dafür, die modernen Vorstellungen gerecht werden, gibt es nur bei einem Teil der Funde, ob diese den Fundgegenständen wieder zugeordnet werden können ist mehr Glückssache als sonst etwas. Wer schon einmal als Magister- oder Doktorarbeit ein Fundmaterial aus einem solchen Depot zu bearbeiten gehabt hat weiß, dass oft Teile der Unterlagen noch „beim Ausgräber“ sein sollen, der das aber leugnet, ganze Fundkisten nicht oder erst Monate nachdem man versprochen bekommen hat dass das jetzt „eh alles“ war auftauchen, manche „Gustostückerl“ verlegt wurden; und ganz davon abgesehen die Dokumentation nicht nur von Haus aus schwer mangelhaft war sondern auch voller offensichtlicher Fehler ist, geschweige denn dass sie noch nachvollziehbar wäre. In den Depots verschimmeln, korrodieren oder verfallen die Funde sonst wie, wenn sie nicht verlegt werden oder verloren gehen. Privatsammlungen sind da zwar auch nicht besser, aber dass sie wirklich so viel furchtbar schlechter wären, so ist es auch wieder nicht. Auch mit diesem Argument ist es alles andere als weit her.
7) Siehe 6), ich würde ja fast lachen wenn es nicht so traurig wäre. Das österreichische BDA kann nicht einmal sagen, wie viele Funde in seinem Depot jetzt wirklich liegen, sondern bloß „schätzen“. Zahllose Fundkisten stehen in anderen vergleichbaren Fundlagern – so zum Beispiel im Schloss Charlottenburg in Berlin – herum, ohne auch nur aus der Plastikumwicklung genommen worden zu sein, mit der sie umwickelt waren, als sie vom Stapler auf der Palette ins Depot geführt wurden. Langfristige Konservierung und öffentliche Zugänglichkeit? Dass ich nicht lache! Auch mit diesem Argument kann man also nicht wirklich Punkten.
8) Wer hat die Wissenschaft zu Gott gemacht? Ja, wir als Wissenschafter sind vielleicht „in ihrem Dienst“, aber „die Wissenschaft“ gibt es nicht anders denn als die Gemeinschaft der Wissenschafter, die sehr partikuläre und parteiliche Eigeninteressen vertreten. Zu sagen „das muss alles im Geist der Wissenschaft passieren“ bedeutet nichts anderes als „das muss so passieren wie wir es wollen, weil wir es so wollen, punktum“. Und in Anbetracht des wissenschaftlichen Aufarbeitungsstandes der meisten Sammlungen, mit dem es wirklich nicht weit her ist (wieder österreichisches BDA: laut internen Quellen sicher weniger als 5%, Tendenz seit langem sinkend, zuletzt auf Basis von publizierten Fund- und Auswertungsberichten von mir auf maximal 2,5% des Neuzugangs aus dem letzten Jahr zu dem Zahlen verfügbar sind geschätzt – weil genau lässt es sich natürlich nicht sagen, weil niemand, auch nicht das Amt selbst, weiß wie viel Material wirklich bei der Türe reingekommen ist), muss man sich wirklich fragen, ob die Wissenschaft wirklich der Herr ist, oder nicht unsere Depots nur eine andere Form von Mülldeponie. Auch mit diesem Argument ist es also keineswegs weit her, sofern man es überhaupt als Argument und nicht nur als verschleierte Wunschvorstellung der Allmacht und des Alleineigentums an „unseren Quellen“ betrachten will.
9) Auch das verwechselt unsere Eigeninteressen als Wissenschafter mit allgemeingesellschaftlichen Interessen. Dafür ignorieren wir durchaus nicht unwesentliche Menschenrechte wie das Recht auf Eigentum, das Recht auf Erwerb eines Lebensunterhalts, etc. Wir können gerne der Meinung sein dass „das Recht der Allgemeinheit“ dass Informationen über die Vergangenheit nicht mutwillig zerstört werden (das übrigens wenigstens bisher noch kein Menschenrecht darstellt), und das eigentlich viel mehr unseren Wunsch ausdrückt dass alle archäologischen Informationen und Funde uns als Wissenschaftern immer auf Pfiff sofort griffbereit zur Verfügung stehen, während sich alle anderen gefälligst davon fernhalten sollen, wichtig ist, aber das berechtigt uns nicht dazu so zu tun als ob an sich völlig berechtigte Interessen an Eigentum und Erwerb von Lebensunterhalt (lies: Profit machen) schlecht oder gar moralisch verwerflich sind. Vor allem nicht, weil wir ja schließlich (wenigstens wenn wir Glück haben) auch unseren Lebensunterhalt mit der Zerstörung archäologischer Kulturgüter erwirtschaften, oft sogar auch ganz direkt Profit daraus schlagen, wenn wir sie – im Auftrag der Bauwirtschaft und im Namen ihrer „Rettung“ – bei Rettungsgrabungen zur Zerstörung durch den Bagger freigeben. Wir sollten uns also davor hüten hier große Reden gegen den Profit zu schwingen, weil die, die am meisten wirtschaftlich von der Zerstörung archäologischer Kulturgüter profitieren, sind wir selbst. Auch mit diesem Argument ist es also nicht weit her, wenn man nicht auf die eigenen Lebenslügen hereinfällt.
10) Bleibt, dass es uns manchmal gelungen ist, aus den vorherigen 9 Gründen die Metallsuche gesetzlich verbieten zu lassen (und wo uns das nicht gelungen ist tun wir einfach so, als ob es trotzdem verboten oder wenigstens ein noch nicht „ganz“ verbotenes „Kulturdenkmalsverbrechen“ wäre, als Hobby der Metallsuche nachzugehen). Aber das ist natürlich auch kein gutes Argument gegen die Metallsuche, weil es ist bloß Ausdruck der asymmetrischen Machtverhältnisse, die wir dazu genützt haben, unsere Interessen zu privilegieren und die ebenso berechtigten Interessen anderer Leute zu kriminalisieren und diese oft sogar rechtwidrig zu diskriminieren.
Was bleibt also von unserer moralischen oder
sonstigen Überlegenheit, wenn man nicht von einem Idealbild der
archäologischen Wissenschaft als stets erfolgreichem „Hüter des
verlorenen Schatzes“ ausgeht, sondern die oftmals sehr bittere
Wirklichkeit anschaut? Eigentlich verdammt wenig! Und was bleibt von den
stets gegen die Metallsuche durch Laien ins Feld geführten
„archäologischen“ Argumenten? Praktisch nichts.
Nichts von dem
Gesagten soll heißen, dass ich persönlich für eine völlige Freigabe der
Metallsuche für Jeden auf jeder Stelle, die ihm beliebt, eintrete: ich
bin auch für sinnvolle Beschränkungen. Aber wir sollten uns – als
Fachgemeinschaft – erstens einmal überlegen, was wirklich sinnvolle
Beschränkungen sind; und zweitens andere und bessere und vor allem der
Realität entsprechendere Argumente zur Begründung dieser Beschränkungen
suchen. Weil derzeit schaut es für mich eher so aus, als ob wir den
Splitter im Auge der anderen verurteilen, während wir den Balken in
unserem eigenen geflissentlich ignorieren; bzw. laut über den Dreck vor
den Türen anderer schimpfen um von dem viel größeren Dreckshaufen vor
unserer eigenen Tür abzulenken.
Und ich denke, das liegt daran,
dass wir uns zahlreichen unangenehmen Tatsachen über unsere eigene
Praxis nicht stellen wollen, bzw. uns nicht mit der noch viel
unangenehmeren Frage beschäftigen wollen dass unsere fachliche Ideologie
– und es ist eine Ideologie, die wie jede andere keinen universellen
Wahrheitscharakter beanspruchen kann, sondern Ausdruck bestimmter
partikulärer und parteilicher Interessen ist – einen „totalen“
Denkmalschutz verlangt, der – wenn er denn tatsächlich umgesetzt werden
würde – das moderne Leben vollständig unmöglich machen würde; und der
daher niemals umgesetzt werden wird, ja gar nicht umgesetzt werden darf,
wenn auch wir die Annehmlichkeiten des modernen Lebens weiter genießen
wollen. Wenn wir einen realistisch möglichen Denkmalschutz wollen
würden, müssten wir einen Haufen fachliche heilige Kühe schlachten, vom
unermesslich hohen wissenschaftlichen Wert jedes einzelnen Fundes
angefangen über dass wir nicht alles „für alle Zukunft“ aufheben müssen
bis hin dazu, dass wir in der Wissenschaft „die Wahrheit“ finden und
diese nur dadurch finden können, dass wir auf Basis vollständiger
Datensammlung induktive Schlüsse ziehen.
Und in der Praxis tun
wir das gezwungenermaßen sowieso, weil uns auch gar nichts anderes übrig
bleibt, weil uns Politik, Wirtschaft und Gesellschaft etwas pfeifen
würden, wenn wir den "totalen Denkmalschutz" den unsere Ideologie uns
gebietet tatsächlich umsetzten würden. Der einzige Bereich, der uns
bleibt, in dem wir unsere Wunschträume von "totalen Denkmalschutz"
ausleben können ist in unserem Fach selbst, wo das eh überhaupt kein
Problem ist, und gegenüber "gesellschaftlichen Randgruppen", die weniger
Macht haben als wir (die wir wenigstens staatlich verankerte Strukturen
wie Denkmalämter haben, die Leuten die z.B. mit der Sonde gehen und die
bisher noch keine ordentliche Lobby zu bilden geschafft haben nicht
haben). Und noch dazu erlaubt uns die dichotomische Einteilung in "gute
Archäologen" und "böse Metallsucher" uns irgendjemand moralisch und
kompetenzmäßig überlegen zu fühlen und dadurch unsere fachliche
Identität zu stärken: wir sind die "Guten", die "im Interesse der
Allgemeinheit" heroisch, edel und unbedankt "die Schätze der
Vergangenheit" retten und sie dann "zum Nutzen der Allgemeinheit" dieser
in schön und leicht verdaulich aufbereiteter Form wieder "schenken".
Sich in dieser Rolle zu gefallen ist sowohl angenehmer als auch leichter
als sich Gedanken darüber machen zu müssen, welche Dinge wir erhalten
und welche wir wegwerfen müssen, wo unsere Grenzen (sowohl der
Erkenntnis als auch der Befugnisse) liegen; und dass auch andere
Menschen nicht nur Rechte haben, sondern auch andere Interessen haben
dürfen als wir und, nicht anders als Nachbars Kinder zu Jugendzeiten,
auch mit "unserem" Spielzeug in "unserer" Sandkiste auf dem kommunalen
Kinderspielplatz spielen dürfen.
Raimund Karl ist Professor of Archaeology and Heritage an der Prifysgol Bangor
University in Nordwales.
176 Kommentare:
Entscheidend wird sein, welche Schlüsse aus all diesen Erkenntnissen gezogen werden und ob und wer hier sinnvolle Schlüsse zu ziehen überhaupt in der Lage ist bzw. diese dann auch umsetzen kann. Ich vermute, dass die Mehrheit längst ihre persönlichen Umsetzungen und Schlüsse daraus lebt und weiter leben wird. Die fortschreitende Diskussion darum erscheint mir zunehmend sinnlos.
Was ist dann Ihre Lösung? Nicht mehr diskutieren, sondern sich über alle Argumente hinwegsetzen, einfach drauf los sondeln und mutwillig Denkmäler zerstören?
Die Begründung zu Punkt 9 ist eine absolute Frechheit.
"Archäologen verdienen ihr Geld mit "Zerstörung von Kulturgut", also dürfen auch "private Sammler" mit Artefakten Geld verdienen".
Nein, keineswegs. Mir fehlt in diesem Gastbeitrag die klare Haltung Pro Denkmalschutz. Er ist geeignet, das Kind mit dem Bade aus zu schütten. Ich lehne unkontrolliertes Sondeln ab. Es spricht aber nichts dagegen bedrohte und überplante Flächen für geschulte Sondengänger frei zu geben. Das wird in Baden Württemberg nun auch schon praktiziert und andere Bundesländer gingen voran.Nur frage ich mich, wie auch im Gastbeitrag beschrieben, wer dieses Mehr an Funden und Bodendenkmalen denn bearbeiten soll, wenn das die bestehende und entsprechend schwach mit Mitteln aus gestattete Denkmalpflege jetzt schon nicht schafft? Wer will das wachsende Heer der unbezahlten Vasallen koordinieren und kontrollieren? Eine Ausweitung ist unbezahlbar, die Unterlassung unverzeihlich. Haben Sie da vielleicht eine Lösung? Es gibt genug Wege dem Denkmalschutz dienlich zu sein, mehr als sich an dieser endlosen Diskussion auf zu reiben. Den idealen Weg gibt es nicht, es sei denn man nimmt Geld in die Hand. Aber wo soll das her kommen? Man sollte das Mögliche tun, nicht das, was idealerweise wünschenswert wäre. Die Denkmalpflege verfährt seit Bestehen nicht anders. .
Meine Haltung ist selbstverständlich Pro Denkmalschutz. Die Frage ist nur, was Pro Denkmalschutz bedeutet. Ich zum Beispiel finde unkontrollierte Metallsuche auf den meisten (nicht besonders als Denkmale geschützten) Bodenflächen nicht besonders problematisch. Das ist Pro Denkmalschutz, die archäologische "Kontrollwut", die derzeit im deutschen Sprachraum die Regel ist, ist hingegen meiner Meinung nach extrem Anti-Denkmalschutz, weil dadurch viel mehr Schaden angerichtet als verhindert wird.
Meiner Meinung nach wäre die vernünftigste und am stärksten Pro-Denkmalschutz gerichtete Lösung eine, die die folgenden drei Elemente enthält, die alle dem Zweck dienen, die Fund-, Befund- und Kontextdokumentation und die Meldung von Entdeckungen zu fördern:
1) "Detektorschein" für allgemeine Nachsuchen, spezielle Nachforschungsbewilligungspflicht nur für Nachsuchen auf besonders geschützten Flächen ("Grabungsschutzgebieten"). Dies steht in exakter Analoge zu Führerscheinpflicht für "normale" Fahrten und besonderer Bewilligungspflicht für Fahrten mit besonderem Gefährdungspotential für tatsächlich schutzwürdige öffentliche Interessen (z.B. Gefahrenguttransporte). Der "normale" Führerschein hat den Zweck dafür zu sorgen, dass jeder, der ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, zuvor ausreichend ausgebildet wurde, damit man davon ausgehen kann, dass er unter allen normalen Umständen dieses Fahrzeug auch einigermaßen "sicher" handhaben kann; soll heißen, in einer Weise dass durch seine Handhabung des Fahrzeugs die Rechte Dritter (wie das Recht auf Leben, das Recht auf Erhaltung des Eigentums etc.) nicht unverhältnismäßig gefährdet werden.
Das lässt sich praktisch 1:1 auf den archäologischen Denkmalschutz übertragen. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, dass archäologische Quellen möglichst gut und vollständig erhalten bleiben. Ein "Detektorschein" würde dem Zweck dienen, dafür zu sorgen, dass jeder, der Suchen geht, zuvor entsprechend ausgebildet wurde um archäologische Quellen (und zwar eben nicht nur Funde, sondern auch Befunde und Kontexte) ausreichend zu erkennen und ausreichend dokumentieren zu können, um deren Erhaltung als Quellen nicht unverhältnismäßig zu gefährden. Will hingegen jemand auf Flächen suchen, auf denen eine solche Suche zu einer besonderen Gefährdung eines ebenso besonderen Erhaltungsinteresses an bereits bekanntermaßen besonders wichtigen archäologischen Quellen führen würde, bedarf jede Suche nach archäologischen Quellen einer besonderen Bewilligung, eben einer NFG.
2) Allgemeine Dokumentationspflicht archäologischer Quellen samt Dokumentationskopieüberlassungspflicht. Bestimmte Standards werden vorgegeben, wer archäologische Quellen findet (aus welchem Grund auch immer) hat diese einzuhalten bzw. für deren Einhaltung zu sorgen (gegebenenfalls durch Beiziehung professioneller Archäologen, wenn er sich nicht ausreichend sicher ist, dass er die Standards selbst einhalten kann). Eine Kopie der Dokumentation ist dem zuständigen Denkmalamt zu überlassen (das gleich auch die Qualität prüfen kann). Für echte Zufallsfinder kann man als Standard ja "Fundstelle sichern und professionellen Archäologen beiziehen" vorschreiben, so wie bei der ersten Hilfe für den nicht entsprechend ausgebildeten, zufällig dazukommenden Ersthelfer ja auch "Unfallstelle absichern und Rettung rufen" als ausreichende Hilfeleistung gilt.
3) Staatliches bzw. öffentliches Vorkaufsrecht für "wichtige" Funde (und gegebenenfalls Originaldokumentationsunterlagen) zum wahren Wert dieser Funde, gegebenenfalls modifiziert durch die Qualität der mit dem Objekt verbundenen wissenschaftlichen Fund-, Befund- und Kontextdokumentation (die sowieso den wahren Wert des Fundes steigert). Weil das motiviert Finder, vor allem bei besonders wichtigen Funden, zu einer besonderen Sorgfältigkeit bei Dokumentation und Bergung (d.h. motiviert idealerweise den Finder zum Beiziehen von professionellen Archäologen bevor er mit einer Ausgrabung beginnt).
Diese drei Maßnahmen weit sinnvoller als die Mehrheit der derzeit im deutschen Sprachraum gewählten Lösungen, und alle Seiten würden meiner Meinung nach weitgehend das bekommen, was sie wirklich wollen...
Falsch, das ist nicht die Begründung zu Punkt 9. Die Begründung zu Punkt 9 ist dass auch wir Archöologen unser Geld mehrheitlich durch die Zerstörung von Kulturgut verdienen (selbst wenn wir Befunde dokumentieren, zerstören wir sie, d.h. wenn man nicht auf den Euphemismus "Erhaltung durch Dokumentation" reinfallen will, dann ist der Beruf des Feldarchäologen der eines professionellen Kulturgutvernichters - und nein, Erhaltung durch Dokumentation erhält nicht alle Informationen, die im originalen Befund enthalten waren) und daher nicht allzu laut gegen andere Leute wettern sollten, die eventuell auch mit der Zerstörung von Kulturgut Geld verdienen wollen. Wer im Glashaus sitzt soll nicht mit Steinen um sich werfen, das ist mein Argument zu Punkt 9.
So, nun werde ich hier alle meine Kommentare (leider als Serie, da ich die während der Zugfahrten schreibe) ablegen und später komplett auf Facebook hochladen.
Herr Professor Karl, nachdem ich ihren Kommentar ausgedruckt, an meine Metallwand aufgehängt und mühevoll
gelesen / analysiert habe, komme ich zu dem Schluss, das Sie, wodurch auch immer, in Ihrem Berufsleben wohl
frustriert worden sind und es auch noch Aktuelle sind.
Es ist zwar von Ihnen richtig, wenn Sie der Meinung sind, das in der Archäologie nicht alles rund läuft und daher
sehr viele Probleme dringend anzupacken sind. Ich finde das auch von Ihnen fast löblich, wenn Sie als ein
studierter Archäologe diese Probleme für eine Diskussion hier in der Gruppe klar benennen und sich nicht hinter
einem Schreibtisch verstecken.
Aber was mich an Ihnen stört, sogar gewaltig, ist die Tatsache, das Sie die von Ihnen genannten Probleme, die
ohne Zweifle aufgetreten sind und mitunter noch irgendwo auftreten, als Normalität in der Archäologie darstellen.
Das ist schlichtweg Falsch und Sie tun damit all Ihren Kollegen, Grabungstechniker, Archäologiestudenten,
ehrenamtliche Denkmalpfleger, allen Mitarbeiten in Instituten, Landesämter, Magazine und selbst den geschichtsinteressierten Sondengängern, die ehrenamtlich für den Denkmalschutz arbeiten, gewaltig Unrecht. Es verwundert mich daher nicht, das Sie von deren Seite kaum noch irgendwelche Kommentare / Antworten erhalten.
Warum ich zu dieser Meinung gekommen bin, möchte ich nun gerne näher erläutern.
1)
Aus eigener Erfahrung, aber auch durch Nachfragen bei mir bekannten Grabungsleiter aus dem gesamten
Bundesgebiet (Deutschland) läuft eine Grabung, wo ein Bagger eingesetzt wird folgendermaßen ab:
1.1 Die Fläche wird oberflächig optisch nach Funden und möglichen Befunden abgesucht.
1.2 Die Fläche wird mit Metallsuchgeräten abgesucht, wenn Möglich durch ehrenamtliche Sondengänger.
1.3 Funde werden aufgenommen und dokumentiert.
1.4 Es wird eine Entscheidung getroffen, ob nun ein Bagger eingesetzt werden soll, oder / und man eher zu einer
Schaufel greifen sollte.
1.5 Wird der Bagger eingesetzt, da nach Meinung des Grabungsleiter / -Team der eigentliche Horizont weiter tiefer
liegen würde, oder mangels Zeit und Größe von der Fläche eine Grabung mit der Schaufel nicht möglich ist, dann
erhält der Baggerführer vorher eine Einweisung, auf was er während seine Tätigkeit zu beachten hat. In einer
Sendung, gesendet vom NDR (Datum leider vergessen), hatte eine Baggerführer begeistert über seine
Tätigkeit bei Grabungen berichtet. Wenn Möglich werden daher bei Grabungen immer erfahrene Baggerführer
eingesetzt, die regelrecht zu Experten für Baggereinsätzen auf Grabungen geworden sind.
1.6 Während der Baggerführer vorsichtig kleine Bereiche abschiebt, beobachten ständig Archäologen, Studenten,
Grabungstechniker oder andere erfahrenen Personen diese Tätigkeit und stoppen den Baggerführer sofort, wenn
Ihnen dabei irgendetwas verdächtiges aufgefallen ist. Erfolgt ein Fund / Befund oder sonstige unerklärliche
Bodenveränderungen, dann werden die Schritte 1.1 bis 1.4 wiederholt.
Von einer „industriellen“ Zerstörung von Funden kann daher keine Rede sein. Erstaunlich ist sogar, und das sollten
eigentlich auch Sie wissen, das ein erfahrener Baggerführer mit dem Bagger feine Grabungsarbeiten durchführen
kann. Er könnte sogar empfindliche Keramik (ich wollte das selber sehen, da ich das für einen Scherz gehalten
habe) aus dem Boden heben und ordentlich neben der Grabungsstelle ohne Beschädigung (!) auf der Wiese
abstellen. Zur Beruhigung, es war natürlich reproduzierte Keramik, da solche (möglichen) Aktionen der
Grabungsleiter natürlich nicht geduldet hatte. ;-)
-- Fortsetzung folgt --
Vorbehalte gegenüber Sondengängern (oder den sog. Heimathirschen) konnte ich bislang auch nur unter akademischer Arroganz ablegen. Die Argumente sind allesamt relevant und gut beobachtet. Archäologen sind gut beraten, den Enthusiasmus und das Wissen der Nichtwissenschaftler vor Ort zu nutzen, denn die Grabungsleiter lernen nach ihrem Uniabschluß in der Regel nichts mehr dazu. Sollte also ein 'Metallzeitler' auf eine Steinzeitgrabung geraten, dann steht er da wie ein Ochs vorm Berg. Er kann das zwar technisch bewältigen, aber mehr ist nicht zu erwarten.
Nur kurz dazu: Der Staat wird sich diese Funde nicht leisten können und was es zu schützen galt, wird Kunstsammlern die sich das leisten können gefallen. Tolle Lösung. Klingt sehr englisch diese Lösung mit der bekannten Problematik. Wo ist da der Schutz? Das hört sich nach Wettbewerb in der Fläche, einem freien Markt und wirklich nach Profit an, aber den räumen Sie ja ohnehin ein. Ich bin fassungslos. Sind Sie sicher, dass Sie den richtigen Beruf gewählt haben?
Da weiß man nicht mehr, wo man hier anfangen soll. Ihre Vergleiche sind einfach frech. Für Verletzte gibt es Rettungskräfte und Rettungsleitstellen, die Tag und Nacht im Einsatz sind / Wie übrigens das Heer der Sondengänger auch) Mutieren dann die Denkmalämter auch zu Rettungsleitstellen und stehen Tag und Nach im Dienst? Das Geld für die Rettungsarchäologen , sollten Sie den Hobbysuchern überhaupt hinterher kommen, würde ich anderweitig investieren. Vielleicht mal Magazine damit aufräumen oder die Rückstände von Restaurierung und Publikation aufarbeiten und die Hunderte von Ehrenamtlich Beauftragten würden sich vielleicht auch mal wenigstens über ein paar Fundtüten oder Benzingeld freuen. Die Flächen die nicht geschützt sind, sind nicht problematisch? Warum sind sie geschützt denn problematischer? Wo ist denn da der Unterschied? Wenn ein Bodendenkmal erst neu erkannt wird, ist der Spaten doch genau so drin wie in einem geschützten Bereich. Aber ach ja, dann kommt ja die staatliche Schutztruppe, ich vergaß.
Lieber Herr Ballack,
danke für das einleitende ad hominem, das macht solche Diskussionen so viel sinnvoller und sachlicher. Ich erlaube mir in diesem Beitrag auf hobbypsychologische Beurteilungen Ihrer Befindlichkeit zu verzichten, weil das meiner Meinung nach nichts zur Diskussion beitragen kann.
Zu Ihrem Kommentar dass die Durchführung von Baggerarbeiten in Deutschland nach den von Ihnen dargestellten Regeln mit regelhaft und systematisch durchgeführter Vordurchsuchung abgeschobener Flächen mit Metallsuchgeräten, wenn möglich durch ehrenamtiche Mitarbeiter, stattfindet die folgende Antwort:
1) Ich habe auch mit zahlreichen deutschen Archäologen gesprochen, aus allen deutschen Ländern inklusive Österreich. Das von Ihnen vorgeschriebene Verfahren ist laut Angaben der überwiegenden Mehrheit meiner Gesprächspartner nicht die Regel, sondern die Ausnahme. In einigen Ländern - aber keineswegs in allen, nicht einmal in der Mehrheit - wird zunehmend versucht eine solche Vorab-Metallsuche durchzuführen, das funktioniert aber selbst in den dabei erfolgreichsten Ländern noch keineswegs immer, in denen die sich ehrenamtlicher Beteiligung von Metallsuchern weitgehen verschließen gar nicht. Das zeigt sich übrigens auch in den Kommentaren auf FB von den beiden Archäologinnen, die dort versucht haben inhaltlich auf den entspechenden Thread zu antworten. Nicht einmal der Kollege aus SH behauptet, dass das wirklich flächendeckend funktioniert, sondern nur dass man "versucht" das möglichst flächendeckend umzusetzen. Auch meine Gespräche mit diversen Kolleginnen vom Bayrischen Landesamt, inklusive der Verantwortlichen für das vorbildliche bayerische "Archäologie und Ehrenamt"-Projekt haben unumwunden zugegeben, dass Kollaborationsprojekte nicht flächendenckend funktionieren, einmal abgesehen davon dass das bayerische LDA weiterhin in der Frage der Einbindung von Sondengängern sehr skeptisch ist - und Bayern ist auch ein "Vorzeigemodell" für Ehrenamtlichenbeteiligung.
2) Von einem solchen Vorgehen ist auch in den Grabungsrichtlinien des Verbands der deutschen Landesarchäologen - auch in den aktuellen regional angepassten Fassungen, die ich so bei rascher Durchsicht gesehen habe - nicht als normales Vorgehen beschrieben, geschweige denn empfohlen oder verbindlich vorgeschrieben. Eine Voruntersuchung der für den Baggerabschub vorgesehenen Flächen durch Metallsuchgeräte - ob jetzt vom Grabungsteam selbst oder von ehrenamtlich zuarbeitenden Metallsuchern - wird nicht einmal erwähnt. Nachdem diese Richtlinien (gegebenenfalls in ihren jeweils lokal geringfügig erweiterten Versionen) in der Regel die verbindlichen Durchführungsbestimmungen darstellen ist unwahrscheinlich, dass regelhaft auch komerziell arbeitende Grabungsfirmen Maßnahmen bei Rettungsgrabungen durchführen, die deutlich über die Richtlinienvorgaben hinausgehen. Diese Ansicht entspricht auch im wesentlichen dem Meinungsbild, das sich aus meinen Gesprächen mit deutschen Archäologen zeigt: in der Regel passiert das nicht.
3) Die Beobachtung des Baggerabschubs ist natürlich die Regel, ich habe auch als langjähriger Mitarbeiter - auch auf Grabungen des österreichischen Bundesdenkmalamts - oftmals Bagger beim Abschub beobachtet. Ich weiß auch wie gut manche Baggerfahrer sind, die es schaffen, bronzezeitliche Urnen nahezu beschädigungsfrei mit der Baggerschaufel freizulegen, nachdem sie sie beim Abzug durch die Veränderung des Bodenwiderstandes erkannt und daher nicht glatt mit der Baggerschaufel durchgeschnitten haben. Aber gerade weil ich selbst schon oft den Baggerabschub beobachtet habe, weiß ich auch aus eigener Erfahrung sehr gut, dass erstens nicht jeder Baggerfahrer, den man bekommt, ein solcher Experte ist und selbst die Experten nur jede dritte Urne die die "erwischen" so freiliegen können; und weiß noch viel besser, dass unzählige Kleinfunde, die im Oberboden vorkommen, dabei nicht entdeckt werden und demenstprechend auf undokumentiert auf dem Abraumhaufen landen. Wenn man nachher Sondengänger drüber gehen lässt, stellt man in der Regel fest, dass beim Baggerabschub gerade einmal - wenn man Glück hatte - einer von 10 Metallfunden "entdeckt" wurde, wenn nicht das Verhältnis noch weit schlimmer ist. Und selbst die die dabei entdeckt wurden werden in der Regel von der Baggerschaufel geklaubt, nicht mehr in situ dokumentiert.
4) Selbst wenn man davon ausgehen wollen würde, dass tatsächlich inzwischen regelhaft auf allen Grabungen in allen deutschen Ländern so vorgegangen wird, wie sie es beschreiben, insbesondere unter Einschluss von Schritten 1.2 und 1.3 ihrer Darstellung, dann passiert das maximal seit zwei bis drei Jahren. Das Argument, das ich kritisiert habe, existiert hingegen seit wenigstens 40 Jahren, und in der überwiegenden Mehrheit dieser 40 Jahre traf es definitiv nicht zu. Sollte also die deutsche Archäologie tatsächlich ihre Grabungsstandards so deutlich erhöht haben, wie Sie das behaupten (die österreichische hat es definitiv noch nicht, und manche MitarbeiterInnen mancher deutscher Landesämter wussten noch vor wenigen Wochen auch nichts davon), war das Argument immer noch den Großteil seiner Existenzzeit falsch und scheinheilig, und bis sich das ändert wird noch einiges Wasser die Donau und den Rhein runterfließen müssen. Und bis das in der öffentlichen Wahrnehmung ankommt wird noch mehr Wasser diese beiden Flüsse runterfließen müssen...
5) Selbst wenn das in Deutschland inzwischen regelhafte Grabungsvorbereitungsmethode wäre, weder in Österreich noch in weiten Teilen des Rests der europäischen Archäologie trifft das was Sie sagen zu. Dennoch wird auch in der österreichischen und der europäischen Archäologie das gleiche Argument verwendet. Selbst wenn das Argument in Deutschland nicht scheinheilig sein sollte, im Rest der europäischen Archäologie ist es das immer noch.
Aber wie gesagt, auch in Deutschland ist ein weitgehend undokumentierter Abschub des Oberbodens samt industrieller Zerstörung der überwiegenden Mehrheit der darin enthaltenen Kleinfunde die Regel. Weil das, von dem Sie behaupten, dass es die Regel ist, weder der publizierten Evidenz samt den verbindlichen Richtlinien der zuständigen Ämter zu entnehmen ist, noch aus Gesprächen mit Fachkollegen und Grabungsleitern als Regel hervorgeht. Wenn überhaupt werden solche Vorgehensweisen selbst bei Fachtagungen - auch der Denkmalämter - sowohl zu methodischen Vorgehensweisen als auch zur Lösung der "Raubgräberproblematik" - noch immer als experimentelle "Pilotprojkete" vorgestellt, um zu zeigen, dass damit unerwartete Erfolge erzielt werden können; und wo dann regelhaft wenigstens die Hlfte des archäologischen Publikums diverse Einwände von wegen der Vertrauenswürdigkeit der Ehrenamtlichen erhebt.
Es tut mir leid, dass sie "an mir" stört, dass ich diese Probleme anspreche. Tatsächlich sind sie leider um ein vielfaches weiter verbreitet, als Sie das glauben. Und ich tue mit meiner Kritik nicht meinen Kollegen Unrecht, weil meine Kritik sich nicht darauf bezieht, dass sie diese Sachen nicht tun, und auch nicht darauf bezieht, dass dadurch zahllose Kleinfunde zerstört werden; sondern sich darauf bezieht dass in Anbetracht der Tatsache, dass unsere eigenen Praktiken eben keinesfalls alle Funde im Oberboden, ja nicht einmal bloß eine Minderheit davon, tatsächlich dreidimensional dokumentieren und bergen und aus diesen wichtige Erkenntnisse ziehen; und daher unsere Argumente dass andere - wie eben Metallsucher - diese nicht unkonkrtolliert suchen und bergen dürfen weil sie diese Funde und die Befunde und Kontexte in denen diese sich befinden undokumentiert zerstören. Meine Kritik zielt also nicht auf die fachliche Praxis, sondern auf die Doppelbödigkeit des fachlichen Arguments gegen die Metallsucher.
Sie ist keine Kritik an unseren KollegInnen im Feld, sondern an KollegInnen wie Ihnen, die versuchen mit unbrauchbaren und leicht durchschaubar falschen Argumenten ein ausschließliches Eigentumsrecht der Archäologie und Archäologen an archäologischen Funden, Befunden und Kontexten zu argumentieren, und die damit sinnvolle Lösungen, die einen effektiveren Denkmalschutz ermöglichen würden, aus Gründen von ideologischen Vorurteilen, Selbstgefälligkeit, akademischer Arroganz und schnödem Eigennutz torpedieren.
Ja, ich bin sicher, dass ich den richtigen Beruf gewählt habe. Und übigens nicht nur ich. Aber trotzdem, danke auch Ihnen für das ad hominem, weil da diskutiert es sich doch gleich viel sachlicher.
Und warum sollte sich der Staat die Funde nicht leisten können, die es zu schützen galt? Nehmen wir den "keltischen Waffenfund" vom Förker Lass Riegel in Kärnten: den hat damals ein Metallsucher illegal ausgegraben und natürlich weit unter seinem wahren Wert am Kunstmarkt verkauft. Auf dem hat dann das RGZM die Funde angekauft, restauriert, und schließlich um etwa das 100-fache des Preises, um den der Metallsucher die Funde ursprünglich am Kunstmarkt verkauft hatte, ans Land Kärnten zurück verkauft. Das Geld war offensichtlich da, weil es politisch gewollt war diesen "tollen Fund" wieder zurückzukaufen.
Und weil Sie England gesagt haben: dort leistet sich die Krone auch den Luxus, die Schatzfunde, die wirklich "von nationaler Bedeutung" sind, tatsächlich zum wahren Wert "anzukaufen" (bzw. als "Finderlohn" unter dem dort geltenden kleinen Schatzregal auszuzahlen); und andere Schatzfunde von regionaler Bedeutung werden in der Regel von örtlichen öffentlichen Museen angekauft, wenn sie von regionaler Bedeutung sind, die dafür auch gelegentlich eine Fundraising.Kampagne machen, bei der interessierte Bürgerinnen freiwillig spenden und dadurch teilweise Millionenberträge zusammenkommen.
Davon abgesehen: Denkmalschutz kann, darf und muss auch was kosten dürfen. Dass sich ein superreiches Land wie Deutschland nicht leisten können soll, jährlich ein paar Millionen Euro dafür springen zu lassen wissenschaftlich wirklich wichtige Funde anzukaufen, kann mir niemand einreden. Es will es vielleicht nicht, aber das ist eben eine Frage der Prioritätensetzung...
Schön, dass Sie genau das gleiche, wenn auch unnötig langatmiger formuliert, sagen...Lesen Sie sich doch bitte nochmal meinen und Ihren Absatz durch.
Desweiteren lassen Sie völlig außer acht, dass wir Archäologen keine privaten (Ich horte gerne tolle Funde bei mir zu Hause) noch subsistenziellen (Für mich ist Artefakt x = x Euro) Beweggründe beim Auffinden von Funden und Befunden hegen. Ich fühle mich in diesem Punkt überhaupt nicht in einem Glashaus. Und wenn sich ein Archäologe dort freiwillig (Sie durch ihren Punkt 9) hineinbegibt, ist das ziemlich leichtsinnig, weil es den schwarzen Schafen (illegale Sondler) ziemlich viel Aufwind und Bestätigung gibt.
Die archäologische Denkmalpflege der Länder funktioniert jetzt schon als "Rettungskräfte" im archäologischen Denkmalschutz bei Zufallsfunden: macht jemand zufällig einen archäologischen Fund und verständigt - wie er es überall im deutschen Sprachraum laut Gesetz tun muss - das jeweils zuständige Denkmalamt, dann hat dieses eine gewisse Frist um sich das Ding anzuschauen und es entweder "archäologisch zu retten" oder es "zur Zerstörung freizugeben". Das würde sich unter der von mir vorgeschlagenen Lösung um nichts ändern, außer dass es vielleicht zu mehr "Rettungseinsätzen" käme, wenn die Metallsucher, die jetzt heimlich, still und leise ihre Funde ausgraben, egal ob das gescheit ist oder nicht, die archäologischen "Rettungskräfte" rufen würden, wenn sie etwas finden wo die Beiziehung dieser "Rettungskräfte" auch archäologisch sinnvoll wäre. So zu tun, als ob es diese "anderen Grabungen", egal ob wir sie jetzt "illegal" nennen oder nicht, nicht gäbe, ist nicht mehr as Selbstbetrug: Archäologie wird dadurch zerstört, und dass wir nicht wissen dass das passiert bis es zu spät ist bedeutet nicht dass diese Archäologie geschützt wird, sondern nur dass wir uns nicht den Kopf darüber zerbrechen wollen und müssen.
Dann sollteman also bei einem Verletzten keine Ersthilfe mehr leisten?
Irgendwas ist da schräg. Ich weiß nicht, ob Sie an ihre eigenen Argumente wirklich glauben, oder ob Sie nur als Querdenker ihrer Lust an der Provokation frönen. Der eigene Schlamperladen ist doch kein Argument, den Schaden noch größer zu machen, da brauchts doch keine Helfer.
Was Kai-Erik Ballak sich für archäologische Ausgrabungen erträumt it sicherlich der absolute und so gut wie nie umzusetzende idealzustand... Aber was passiert denn tagtäglich auf hunderten Baustellen die nicht archäologich begleitet werden???
Zum Kommentar von: Anonym Mittwoch, 1. Oktober 2014 15:01:00 MESZ
Ich denke Prof. Karl geht es mehr um die kritische Auseinandersetzung der Problematik.Heilige Kühe möchte er nicht schlachten... wohl aber mit stupieden Vorurteilen und Vorverurteilungen aufräumen. Der Gewinner wird letztendlich die Archäologie sein.
Wenn Sie sich in diesem Punkt als Archäologe nicht im Glashaus fühlen, dann sind sie entweder überhaupt nicht auf Grabungen tätig oder fallen auf einen Selbstbetrug herein. Wenn ersteres, gut, das gilt dann für Sie; aber nicht für die meisten anderen Archäologen, weil die graben wenigstens gelegentlich gegen Bezahlung. Und nahezu jeder Archäologe den ich kenne will mit seinem Beruf Geld verdienen, gräbt also, wenn er gräbt, auch aus wirtschaftlichen Profitinteresse. Dafür spielt es keine Rolle, dass er nicht Funde bei sich zu Hause hortet (was keine moralische Leistung ist, weil er ja Lohn dafür erhält diese Dinge zu finden, die Sachen die er findet also zweifelsfrei im Eigentum seines Dienstgebers stehen, der ihn als professionellen Schatzsucher beschäftigt) oder dem einzelnen Artefakt einen subsistenzökonomischen Wert (Artefakt X = y Euro) zuweist. Er weist vielmehr den subsistenzökonomischen Wert der Zeit zu, die er dafür verwendet um archäologische Kulturgüter zu zerstören (1 Stunde Grabungsarbeit = y Euro). Aber natürlich haben auch professionelle Archäologen normalerweise susistenzielle Beweggründe beim Auffinden von Funden und Befunden. Wäre dem nicht so, müsste die Mehrheit von uns auf ihr Gehalt dankend verzichten.
Zu leugnen, dass wir durchaus Archäologie auch deshalb betreiben, weil wir damit unseren Lebensunterhalt verdienen, ist der falsche Weg; umso falscher, wenn man diese Lebenslüge selbst glaubt und sich anderen moralisch überlegen fühlt, weil man sich ja "für das Allgemeinwohl opfert" indem man "auf Funde verzichtet", die einem noch viel weniger gehören als dem durchschnittlichen Metallsucher. Metallsucher sind nämlich als Außenstehende, die nicht auf die fachliche Lebenslüge hereingefallen sind, durchaus imstande zu erkennen dass wir Geld für die Zerstörung von archäologischen Kulturgütern bekommen. Und fühen sich dann - vor allem wenn sie selbst Artefakte auch nicht aus subsistenziellen Gründen suchen - doppelt beleidigt wenn ihnen jemand der selbst ein fettes Monatsdehalt für die professionelle Zerstörung von archäologischen Kulturgut kassiert dann vom hohen moralischen Ross herab vorwirft, dass sie die aus "niederen" Profitmotiven Archäologie zerstörenden "Verbrecher" sind.
So lange wir darüber nicht ehrlicher zu uns selbst sind, wird sich keine Lösung für die "Metallsucherproblematik" finden lassen, die irgendwelche Erfolgsaussichten hat, weil sich Metallsucher - und das völlig berechtigt - von uns verarscht fühlen, wenn wir ihnen solche Argumente auftischen.
Es geht nicht um den eigenen Schlamperladen. Es geht darum, dass Argumente, die darauf abzielen zu begründen warum manche Menschen gewisse Handlungen nicht setzen dürfen, nicht an einem idealen Wunschzustand des eigenen wohl aufgeräumten Ladens gemessen werden dürfen, wenn der eigene Laden in Wirklichkeit ein Schlamperladen ist und auch nicht ernsthaft versucht wird, diesen eigenen Schlamperladen aufzuräumen, sondern man selbst mit diversesten Ausreden halt mehr schlecht als recht vor sich hin wurschtelt. Weil das ist Messen mit zweierlei Maß, mit dem Idealmaß, das nur für die Anderen gilt, und mit dem weit bescheideneren Realmaß, das nur für uns selbst gilt. Und von diesem zweierlei Maß hängt dann nämlich auch die Definition ab, was "Schaden" ist. Und der Schaden, den wir anrichten mag oftmals weit größer sein als der den Metallsucher anrichten, wenn wir denn nur mit gleichem Maß messen würden. Und das hat Konsequenzen dafür, was man den Metalsuchern berechtigt verbieten darf und was nicht, wenn man "in öffentlichem Auftrag" - und daher unter Geltung des Gleichheitsgrundsatzes - Entscheidungen darüber trifft welcher Schaden in öffentlichem Interesse zu vermeiden ist und welcher entstehen darf. Hat man nur die derzeitigen Argumente zur Verfügung, um ihnen ihre Tätigkeiten verbieten zu wollen, dann diskrimiert man sie unberechtigter Weise, und das ist ein weit größeres Problem als ob sie ein Metallfunde aus dem Boden reissen oder nicht - weil es die Legitimität unserer Disziplin untergräbt, wenn wir aus disziplinärem Eigennutzen eine bestimmte Gesellschaftsgruppe systematisch diskriminieren.
Darum fände ich es wichtig, wenn wir uns selbst gegenüber ehrlicher wären und sinnvolle Argumente zu einer Beschränkung der Metallsuche finden würden, für die wir nicht die Handlungen der Metallsucher und unsere eigenen Handlungen mit zweierlei Maß messen müssen. Aber dafür muss man erst einmal demonstrieren,dass uns warm unsere derzeitigen Argumente falsch sind, weil leider viele Archäologen das nicht verstanden haben.
...@ Vorredner. Ist doch nebensächlich. Was nicht passt, wird passend gemacht. Das wird hier nicht anders laufen. Die Gegendarstellungen der Ansichten von Herrn Prof. Karl im Netz zeigen, dass er vermutlich ganz gut damit leben kann.
Funde von derartiger Bedeutung ankaufen zu müssen ist das völlig falsche Signal. Archäologen sind keine Schatzsucher. Deutschland sucht den Superschatz...aber erst nach Einführung der Volkssonde!... dann mal Los, Weihnachten ist nicht mehr weit.
Die Argumente gegen den unkontrollierten Einsatz von Metallsuchgeräten muss man nicht suchen und auch nicht erfinden. Viele der Argumente laufen ins Leere, da haben Sie schon recht. Für mich entsteht aber der Eindruck, sie seien damit zu relativieren und zu entschuldigen. Das finde ich nicht.
"Die Archäologie" wird Prof. Karl nicht meinen. Denn die zerstört ja die primären Quellen. Es wäre schön, wenn die hier gewinnen würden. Ein mehr an Zerstörung durch Frontsoldaten mit "Ersthelferausbildung" soll das gewährleisten? Da fehlt mir die Logik. Es geht doch um jedes einzelne Denkmal als Ort und als Quelle. Auf überplanten Flächen, in Feldern und Wäldern und es ist nun mal der Fluch an der Sache, dass nicht alles was möglich ist, auch gut ist. Dass theoretisch jeder die Möglichkeit hat mit der Sonde los zu ziehen braucht eine Beschränkung. Was Anderes als ein Verbot fällt mir da nicht ein. Auch eine Führerscheinpflicht hindert Viele nicht daran, auch ohne eine Fahrerlaubnis zu fahren, auch besoffen und zu schnell und alle drei Dinge am Altenheim vorbei. Das ist mir schon klar. Dasselbe gilt auch für die Sonde. Ist ja schön, wenn Herr Professor Karl einen solchen Schein voraussetzt. Die Masse, die nicht im Traum daran denkt ihre Erkenntnisse im Gelände mit irgendjemand zu teilen, wird das auch mit all den vorgeschlagenen Konstrukten vermutlich nicht ändern.
Was sie als Archäologe den Metallsuchern verbieten wollen und was nicht ist mir relativ egal. Ich bin weder das eine noch das Andere. Vielleicht habe ich einfach ein Ideal im Kopf, das man nicht umsetzen kann, aber ohne ein Ziel nützt alles nichts, auch nicht, wenn man das Tempo beschleunigt. Mehr Zerstörung nutzt dem Ziel nicht.
Es gibt doch geltende, internationale Übereinkommen.
http://www.landesarchaeologen.de/internationale-konventionen/
Da saugt sich doch niemand was aus den Fingern, nur um die armen Sondler zu ärgern, weil Ihnen kein vernünftiges Argument einfällt, um die Oberhoheit nicht zu verlieren. Es muss eine internationale, oberhoheitliche Aufgabe bleiben das Kulturgut zu schützen und die, die damit beauftragt sind, da bitte ich darum, dass das mit dem entsprechenden fachlichen Hintergrund geschieht oder gar nicht. Wir leben nicht in einer direkten Demokratie. Wenn jeder nach Gutdünken verfährt, oder weil ihm Argumente nicht einleuchten, hat das mit unserer Form von Demokratie gar nichts mehr zu tun. Das Lustprinzip als Motor ist bei kindlichen Verhaltensweisen an gemessen. Wegen dieser Problematik unsere Staatsform zu hinterfragen mag man dann auch noch tun, auch das wird getan, weil das Bedürfnis ausschließlich Metalle aus dem Boden zu holen fast schon Züge aufweist, die ein Alkoholiker zeigt, dem man die Flasche weg nimmt. Diese ureigensten Motive wird vermutlich kein Gesetz erreichen.
Ich sehe den Versuch offen und ehrlich und damit glaubwürdiger erscheinen zu wollen. So eine Art Verlassen des Elfenbeinturmes, was er persönlich gerne machen darf. Die Unzulänglichkeiten des Denkmalschutzes und die Grenzen der Landesarchäologie sind aber doch kein Geheimnis. Wie denkmalpflegerische Verfahren und Abwägungen laufen eigentlich auch und nun soll man flächendeckend nicht überplante Flächen systematisch in diesen Wettlauf in großem Maße ein beziehen. Personell, zeitlich, aus Kostengründen ein absoluter Wahnsinn.Wenn die Denkmalpflege ihren Aufgaben nicht nachkommen kann, muss der Hebel anderswo angesetzt werden, aber nicht durch eine weitere Überlastung der Überlasteten. Dann überlassen wir den Sondlern auch noch die Restaurierung und Publikation und das Chaos ist perfekt. METALL wird überbewertet. Eine gesunde Prospektion sieht anders aus. Oberflächen und Baugrubenschnitte liefern in der Regel wesentlich mehr und bessere Hinweise in allen Zeitabschnitten. Aber Scherben auflesen und Aschehorizonte suchen zeitigt nicht die Ergebnisse, die unsere Schatzsucher ins Gelände zieht. Schauen sie doch mal in die einschlägigen Foren. 99% dessen, was die Wissenschaft ausmacht ist nun mal nicht vitrinentauglich und lässt sich deshalb auch schwer vermitteln.
Bis jetzt habe ich gemäß dem Titel noch keine schlagenden Fachargumente gegen die Metallsonde von Herrn Professor gehört und warte immer noch darauf, wenn sie denn endlich kommen. Welche nicht geeignet sein sollen haben wir genug diskutiert, da wird er wohl dabei bleiben. Hätte gerne wirkliche Fachargumente gehört, oder gibt es gar keine aus seiner Sicht? Alle dürfen es, müssen vorher aber sich Kenntnisse aneignen ist doch sehr seltsam. In der weiteren Konsequenz müssten es dann ja doch "kleine Fachleute" machen. Ein Vorgang, der mir irgendwie bekannt vorkommt und glaube ich im Prinzip schon lange erkannt und praktiziert wurde. Nur nannte man diese Leute bisher Archäologen. Bezweifle stark, dass ein aufwendiges Prozedere und Ausbildung auf Bereitschaft stoßen wird. Der Rülzheimer Schatzsondler übt wohl zur Zeit das Einmessen und macht dabei eine Figur, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass Leute seines Schlages in Zukunft mit GPS und Klemmbrett in einer Stunde einen, statt dreißig Fundpunkte abarbeiten.
Der deutliche und nicht diskutierbare Schutz der primären Quellen, über deren Einhaltung internationale Übereinkünfte bestehen und dem Denkmalschutzgesetze der Länder Rechnung tragen bedeutet vor allem Verantwortung. Wie in jedem Betrieb wird diese nach unten durch gereicht, delegiert... Wo sie dann letztlich liegt würde ich bei dem Konstrukt von Herrn Professor Karl gerne wissen. Auch steht letztlich jeder Referatsleiter in der Verantwortung, wenn er hier Verantwortung weiter gibt. Nie kann ein Einzelner alles kontrollieren, trägt aber die übergeordnete Verantwortung. Ich fürchte, dass im Gelände nicht mehr viel davon, quasi unten von dem ankommt, was man sinnvoller Weise in sehr einfachen Worten international fest gelegt hat. Wenn es überall klemmt, habe ich Bauchweh, wenn die durchaus nette und sehr kompetente Putzfrau das Telefon abnimmt und Entscheidungen trifft.
Und mehr ad hominems, wie schön. Beim Gespräch als auch bei meinem Argument geht es nicht um Ersthilfe bei Verletzten, es geht um archäologischen Kulturgüterschutz. Wie bereits oben gesagt: für reine Zufallsfinder genügt als Dokumentations-Mindeststandard "Fund melden um Archäologen beizuziehen".
Und weshalb soll Funde ankaufen das falsche Signal sein? In vielen Ländern der Welt ist das derzeit auch die Regel, und "Schatzsuche" um vom Staat Funde abgekauft zu bekommen dennoch nicht ein Brotberuf für irgendwen - vor allem wenn der Staat nur die wirklich wissenschaftlichen wichtigen Funde ankauft.
Davon abgesehen sind staatliche Schatzregale wenigstens ebenso falsche Signale, weil es gerade bei diesen um den Fundgegenstand und eben nicht um Dokumentation von Befunden und Kontexten geht.
Die von mir vorgeschlagene Lösung - eine Dokumentationspflicht statt einem Schatzregal - geht weg vom "Schatz" als gesetzlich definiertem Ziel des archäologischen Kulturgüterschutzes; und zwar genau aus dem Grund um ein anderes Signal zu setzen. Denn so lange es ein archäologisches Schatzregal gibt sind wir Archäologen genau das, was wir nicht sein wollen: Schatzsucher.
Wenn wir hingegen zweifelsfrei klar machen, dass es die Dokumentation ist, die wir wollen, nicht die "Schatzfunde", und der Staat sich nur jene "Schätze" kauft die er - aus welche Grund auch immer, wohl primär museal-ausstellerischen und eben nicht "archäologischen" Gründen - auch tatsächlich seinem Eigentum einverleiben will, dann wird vielleicht endlich die fatale Verbindung zwischen Archäologie und "Schätzen" aufgebrochen. Und dann können wir vielleicht endlich in der Sache weiterkommen.
In Anbetracht des zunehmenden und kontinuierlichen Ansteigens der Anzahl der Metallsucher über die vergangenen etwa 50 Jahre trotz zunehmender "Verbotsversuche" durch zunehmende Gesetzesverschärfungen muss man meiner Meinung nach endlich damit anfangen, sich Wege zu überlegen, die eine wirksame(re) Kontrolle der Metallsuche ermöglichen. Weil derzeit gibt es de facto überhaupt keine solche Kontrolle, weil die Argumente die wir gegen eine unkontrollierte Metallsuche bisher vorgebracht haben offenbar nicht überzeugen können - und das ist kein Wunder, weil sie eben nicht mit der durch Metallsucher selbst beobachtbare Realität übereinstimmen.
Will man Leute davon überzeugen, dass das was sie tun wollen falsch ist, dann braucht man Argumente die überzeugen. Die bisherigen Argumente, die wir matraartig vorbringen, überzeugen offensichtlich nicht. Daher muss man neue und bessere Argumente finden - und dass ist, worum es mir eigentlich geht.
Aber dazu müssen wir damit aufhören weiter so zu tun, als ob "unsere Argumente" ohnehin "richtig" wären und nur "die Metallsucher" zu "blöd" sind um sie zu verstehen oder zu "böse" um ihre Richtigkeit akzeptieren zu wollen; sondern müssen akzeptieren dass das was wir bisher argumentiert haben nicht überzeugen kann, weil die von uns verwendeten Argumente falsch sind.
Erst wenn man als Fach kapiert, dass wir neue und bessere Argumente brauchen, und das Fach ernsthaft versucht Argumente zu finden, die nicht unmittelbar an der Realität scheitern müssen, werden wir eine Aussicht haben hier weiterzukommen.
Natürlich gibt es internationale Abkommen, aber die sagen zur relevanten Frage alles mögliche, und wie man sie auslegt ist noch eine ganz andere Frage. Allgemeine Metallsuchverbote sieht übrigens keine dieser internationalen Konventionen vor.
Und es hat auch niemand - ich am wenigsten - gesagt, dass der Kulturgüterschutz nicht eine hoheitliche Aufgabe sein soll - obwohl es auch ein geltendes internationales Übereinkommen gibt, das von Faro, das Bürgerbeteiligung im Kulturgüterschutz, spezifischer bei der Identifikation, Erforschung, Interpretation, dem Schutz, der Erhaltung und der Präsentation von Kulturerbe als Bürgerrecht festschreibt. Deutschland hat das noch nicht unterzeichnet, aber Österreich hat es, und es ist zu erwarten dass eine Unterzeichnung auch durch Deutschland nur eine Frage der Zeit ist. Das heisst die Vorstellung, dass der Kulturgüterschutz eine Aufgabe von ausschließlich hoheitlich beschäftigten Fachleuten ist, wenigstens auf europäischer Ebene nicht haltbar ist. Kulturgüterschutz durch Ausschluß von Bürgern ist veraltet; und zwar nicht nur weil das ein europäisches Übereinkommen sagt, sondern weil zahllose Fakten zeigen dass Kulturgüterschutz ohne Bürgerbeteiligung nicht nur niemals ordentlich funktioniert. Und dass wusste übrigens schon Georg Dehio, der "Vater" der moderen deutschsprachigen Denkmalpflehe, nachzulesen in seiner berühmten Festrede zum Kaisergeburtstag.
Und niemand hinterfragt aufgrund eines Lustprinzips als Motor kindlichen Verhaltens unsere Staatsform. Ich hinterfrage die Sinnhaftigkeit der Argumente gegen die Metallsuche, die von der Archäologie bisher in erster Linie mit dem Zweck vorgebracht wurden die Metallsuche möglichst zu verbieten, aus den oben genannten Gründen.
Eine solche Kritik führt sicher ncht zum Untergang des Abendlandes, sondern dient dem Zweck unnütze Argumente auszuscheiden, damit man die Thematik auf Basis vernünftiger Argumente diskutieren kann, um nach Möglichkeit eine bessere Lösung der Problematik zu finden als gegenseitiges Beschimpfen von Archäologen und Metallsuchern.
Mich würden solche schlagenden Argumente von meinen Fachkollegen interessieren. Welche Argumente ich selbst für und wider die Verwendung von Metallsuchgeräten sehe weiß ich nämlich schon, und habe mich dazu auch schon merfach geäußert. Das Problem ist, dass ich keine guten fachlichen Argumente für ein generelles Metallsuchverbot sehen kann.
Ich sehe gute fachliche Gründe für diverse Beschränkungen der Metallsuche, zum Beispiel einer Beschränkung der Metallsuche auf Fundstellen, deren unveränderte Erhaltung aufgrund ihrer tatsächlichen oder mutmaßlichen wissenschaftlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Hier ist der gute fachliche Grund gegen die uneingeschränkte Metallsuche auf solchen Flächen der, das konkrete wissenschaftliche Gründe vorliegen, die es besonders wahrscheinlich machen, dass mittels der auf dieser Fundstelle vorhandenen archäologischen Quellen wichtige wissenschaftliche Forschungsfragen beantwortet werden können; und das aufgrund ihrer bereits erfolgten Beurteilung als wichtiges Quellenmaterial davon auszugehen ist, dass vor einer allfälligen Zerstörung dieser Fundstelle eine nach bester fachlicher Praxis durchgeführte wissenschaftliche Untersuchung durchgeführt werden wird.
Ähnliches gilt in Bezug auf die von mir vorgeschlagene Dokumentationspflicht für entdeckte archäologische Quellen: auch das ist ja eine Bschränkung der Metallsuche, weil der Metallsucher eben wenn er nicht dokumentiert durchaus dafür bestraft werde sollte. Der gute fachliche Grund für eine Dokumentationspflicht ist, dass die Befund- und Kontextinformationen, die bei der Entfernung von Funden aus dem Boden verloren gehen, wenn sie nicht dokumentiert werden; die archäologische Wissenschaft aber eben genau diese Befund- und Kontextinformationen für ihre wissenschaftlichen Schlussfolgerungen weit mehr braucht als die Fundgegenstände selbst. Auf die Fundeobjekte selbst, vor allem die Oberbodenfunde, können wir archäologisch tatsächlich (wenigstens teilweise, wenn nicht sogar weitgehend) verzichten, auf die Informationen über ihre Existenz und wo sie unter welchen Umständen aufgefunden wurden hingegen nicht. Daraus folgt, dass man Mittel und Wege braucht, um jene, die archäologische Funde suchen und finden (wollen), ausreichend dazu ausbildet, dass sie wenn sie Funde suchen und finden die Befunde und Kontexte in denen sie die Funde finden ausreichend genau dokumentieren können; und diese Personen auch dazu motiviert, dass sie tatsächlich Dokumentieren und ihre Doku auch den archäologischen Behörden überlassen.
Die Ausbildung dazu muss übrigens nicht besonders lange sein, es müssen eben nicht aus Laien "professionelle Archäologen" werden, sondern es reicht einige recht einfache Regeln zu beachten, die man in wenigsten Stunden erfolgreich vermitteln kann. Wie eben das Beispiel mit dem Führerschein auch zu zeigen versucht hat: um Autofahren zu dürfen muss man nicht so lange trainieren wie jemand, der in der Formel 1 mitfahren möchte, aber gewisse Grundkenntnisse braucht man schon, die sich recht rasch und einfach vermitteln lassen.
Der Schutz primärer Geschichtsquellen ist durchaus diskutierbar. Nicht jedes Haus steht unter Denkmalschutz, obwohl zweifelsfrei jedes Haus eine primäre materielle Geschichtsquelle ist. Nicht jeder handschriftliche Text, den ein beliebiger Mensch schreibt, obwohl aller Wahrscheinlichkeit nach eine einzigartige Geschichtsquelle, wird vor Zerstörung oder Veränderung durch Laien geschützt. Gleichermaßen ist nicht jeder Bodenfund und nicht jeder Bodenbefund eine unbedingt denkmalschützenswerte primäre Geschichtsquelle, obwohl selbstverständlich jeder Bodenfund und -befund eine primäre Geschichtsquelle ist.
Schutz für ALLE primären Geschichtsquellen ist etwas, was tatsächlich nicht diskutierbar ist: weil auch mein Essen ist eine primäre materielle Geschichtsquelle, und wenn ich sie daher aus Gründen des Kulturgüterschutzes nicht verändern oder zerstören darf werde ich verhungern, und übrigens alle anderen Menschen auch, weil dann niemand mehr irgendeine zubereitete Speise essen darf. Totaler Quellenschutz geht nicht, man muss - wenn menschliches Leben möglich bleiben soll - Abstriche machen; sei es dass man manche Dinge, die auch primäre Geschichtsquellen sind, aus dem Kulturgüterschutz ausschließt weil sie nicht wichtig genug sind um erhalten zu werden, oder indem man sagt dass man Sachen die so wichtig sind, dass sie unter den Kulturgüterschutz fallen, in eine eigene Schutzliste aufnimmt. Eine staatliche und übrigens auch staatsbürgerliche Verantwortung zum Schutz von primären Quellen bezieht sich nur auf solche, die so wichtig sind, dass sie unter die "schutzwürdigen" Objekte fallen.
Und hier gilt auch wieder für archäologische Primärquellen: nicht alle davon sind wichtig genug, um Schutz vor Zerstörung zu brauchen; und wichtig genug um in den Aufgabenbereich der staatlichen Verwaltung des Kulturgüterschutzes zu fallen. Die Verantwortung für diese archäologischen Primärquellen, die nicht wichtig genug sind, dass man sie tatsächlich ihrer besonderen Bedeutung wegen möglichst unverändert erhalten muss, kann und muss die staatliche Verwaltung den Bürgern überlassen.
Staatlicher Kulturgüterschutz kann nur in der den vorhandenen Ressourcen entsprechenden Beschränkung funktionieren, reisst der staatliche Kulturgüterschutz zu viel Verantwortung an sich oder bekommt zu viel Verantwortung übertragen ist das Resultat nicht etwa ein besserer, sondern ein schlechterer Kulturgüterschutz. Das hat schon 1905 Georg Dehio verstanden gehabt, als er darüber geschrieben hat dass wirklich effektiver Kulturgüterschutz nur "durch das Volk" möglich ist und dass man letztendlich die Entscheidung was geschehen soll wenn Vrgangenheit und Gegenwart in Konflikt miteinander geraten den Bürgern überlassen muss. Wenigstens in Österreich hat das inzwischen sogar die Politik verstanden - siehe dazu die Ausführugen in der Regierungsvorlage zum aktuellen Denkmalschutzgesetz.
Die einzigen die das nicht verstanden zu haben scheinen sind wir Archäologen selbst, oder wir wollen es nicht akzeptieren. Für uns scheint jede Scherbe heilig zu sein, eine primäre Quelle die niemand außer uns berühre darf. Das wirkt mir mehr nach Fetischismus als nach Wissenschaft...
Es geht um jedes Denkmal. Die Frage ist aber, was ein Denkmal ist. Klar ist jedenfalls dass nicht jede archäologische Primärquelle - nach fachlicher Definition "materielle Hinterlassenschaften der Vergangenheit", also auch ihr Haus, mein Mobiltelefon und unser aller Essen, weil alle diese Dinge jeweils "in der Vergangenheit" erzeugt wurden (wie auch immer kurz diese zurückliegen mag) - ein Denkmal sein kann, weil das jedes menschliche Leben unmöglich machen würde.
Natürlich ist nicht alles, was möglich ist, auch gut, und ich habe auch nicht gegen Beschränkungen argumentiert. Wogegen ich argumentiere sind sinnlose Beschränkungen, die auf falschen Argumenten beruhen. Ein generelles Fahrverbot für alle außer ein paar "Profifahrer" zu erlassen, die mehrere Jahre dafür studieren müssen um eine Fahrerlaubnis zu erhalten, die dann ihrerseits für jede einzelne Fahrt extra erteilt werden muss, erscheint keine vernünftige Beschränkung als Reaktion darauf, dass trotz Führerscheinpflicht manche Leute ohne Fahrerlaubnis und auch besoffen und zu schnell fahren. Ebensowenig erscheint mir ein allgemeines Metallsuchverbot wie eine vernünftige Beschränkung, wenn die Wahrscheinlickeit Funde, Befunde oder Kontexte zu finden, die so wichtig sind, dass wir sie wirklich nur durch Vollprofis "retten" lassen können, verschwindend gering ist. Ein Suchverbot auf Flächen von denen wir wissen, dass sie aller Wahrscheinlichkeit wichtige Funde, Befunde und Kontexte enthalten halte ich durchaus für sinnvoll und auch für sachlic begründbar, ein allgemeines Suchverbot hingegen für kontraproduktiv - weil es nämlich die Masse davon abhält, ihre Erkenntnisse im Gelände mit der Wissenschaft zu teilen, selbst wenn die Masse dazu wenigstens grundsätzlich bereit wäre oder wenigstens mit ein paar "Zuckerln" recht leicht dazu motivierbar wäre.
Die Frage ist nicht ob Beschränkung notwendig ist, sondern welche Beschränkungen sinnvoll sind.
Es ist doch nicht überraschend, dass alle Systeme, in denen Menschen arbeiten auch alle dem Menschen eigenen Schwächen, persönlichen, auch niedrigen Motive vorhanden sein müssen, genauso wie strukturelle Probleme auftauchen, für die der Einzelne nicht unbedingt persönlich verantwortlich gemacht werden kann. Man kann es als menschliche Größe verstehen, einem un zulänglichen System nicht zu Diensten zu sein oder aber zu bleiben und nach Kräften und aufrichtig an Veränderungen zu arbeiten.Ich erwarte, dass kein System perfekt sein kann, weil der Mensch aus recht krummem Holz ist. In der katholischen Kirche arbeiten bekanntlich auch Menschen und keine Heiligen. Das kann in der Landesarchäologie doch nicht anders sein, ohne die Verhältnisse genauer zu kennen. Was aber nicht in meinen Kopf will ist, dass wir es im 21. Jh. ohne größere Not und ohne in wirklich existenziellen Krisen zu stecken nicht schaffen, das wirkungsvoll zu schützen, was unsere Vorfahren in der Erde hinterlassen haben. Wir haben das alles nur ein mal. Ohne wissenschaftliche Erfassung und Interpretation und auch entsprechende Archivierung ist es für immer verloren. Unwiederbringlich. Die Methoden und Analysen zu Beginn der systematischen Archäologie waren sicher verheerend. Teilweise erfassen Nachgrabungen noch Vieles, was dereinst übersehen, nicht erkannt wurde. Viele Fragen bleiben für immer offen. Die wissenschaftlichen Möglichkeiten von heute, sind sicherlich in den Augen von Morgen reine Zerstörungen, weil der Fortschritt in der Analytik, auch der technische, in der Zukunft sehr viel bessere Methoden zur Verfügung haben wird. Deshalb ist es wichtig auf diese Methoden von Morgen zu warten,wo es möglich ist und die Belege ungestört im Boden zu lassen, möglichst minimalinvasive Eingriffe zu zu lassen. Zerstörungsfreie Prospektionen vor zu ziehen, (z.B. Bodenradar, Geomagnetik...) Aus Bereichen wie dem Pflughorizont wirklich nur das ein zu messen und auf zu nehmen was der Zerstörung anheim fällt. Feld und Wald sind keine Tresore. Da greifen einige Argumente, die Herr Prof. Karl anführt. Die Frage ist nur, wie wir es schaffen, dass diese Bergungen auch den Weg in unser Landesarchiv finden, dass es irgendwann auch zur großen Synthese noch zur Verfügung stehen wird. Ohne wissenschaftliche Standards ein zu halten,- und dazu gehört eine Ausbildung - geht das nicht. Doch sind solche Gedanken angesichts der jetzigen Möglichkeiten Luxus. Mehr als dem Bagger wenigstens einen Schritt voraus zu sein, schaffen unsere Landesarachäologen nicht.(Und dann reisen die Leute noch ein Leben lang der Arbeit hinterher und ich weiß gar nicht wie man da einen Hausstand gründen soll) Da nicht zu resignieren und trotzdem diesen Beruf aus zu üben ist eine Aufgabe, vor der ich den Hut ziehe. Reich, entschuldigen Sie, wenn mich der Ausdruck "Profit" an dieser Stelle maßlos ärgert, reich wird dabei keiner, am allerwenigsten die Ehrenamtlich Beauftragten und ähnlich im Ehrenamt stehenden, denen man in diesem Zusammenhang die Ehre abschneidet. Das ist einfach unanständig. Hier ergänzen Menschen - ohne Profit - und mit höchst ehrbaren Motiven die öffentlichen Defizite. Die sollten am Pranger stehen. Setzen Sie sich mit ihrem Namen dafür ein, dass der großen Aufgabe der Stellenwert zu kommt, den sie verdient. Die Sonde wird das Problem sicher nicht lösen, sondern vergrößern.
Hallo Herr Professor Karl,
Ihren Dank für das einleitende ad hominem kann ich nicht annehmen, da ich
nur meine Meinung wiedergeben habe, und nachdem ich mir die Antwort von
Ihnen, die übrigens mal wieder sehr lang geworden ist, durchgelesen habe,
bleibe ich auch weiterhin bei meiner Meinung.
Nun ja, nicht ganz. Nachdem Sie mir einiges unterstellt haben, ohne das ich
meinen Kommentar überhaupt beenden konnte, ich erlaube mir das einfach
mal Ihren Kommentar hier als Zitat zu wiederholen: „... sondern an KollegInnen wie Ihnen, die versuchen mit unbrauchbaren und leicht durchschaubar falschen Argumenten ein ausschließliches Eigentumsrecht der Archäologie und Archäologen an archäologischen Funden, Befunden und Kontexten zu argumentieren, und die damit sinnvolle Lösungen, die einen effektiveren Denkmalschutz ermöglichen würden, aus Gründen von ideologischen Vorurteilen, Selbstgefälligkeit, akademischer Arroganz und schnödem Eigennutz torpedieren.“, bin ich nicht nur davon überzeugt, das
Sie wirklich durch Ihrem Beruf frustriert sind, sonder auch überheblich und
frech sind!
Wie ich in meinem vorherigen Kommentar schon geschrieben habe, gibt es
in der Archäologie (übrigens auch in anderen Wissenschaftsbereichen) viele
aktuelle Probleme, die unbedingt gelöst werden müssen.
(1)
Nachdem ich viele Archäologen befragt habe, und selber bei einigen
Grabungen dabei war, auch in allen Bundesländer sowie in Skandinavien nur
nicht in Österreich, haben Sie nun ebenfalls viele Archäologen befragt und
sind zu einem anderen Ergebnis gekommen. Verwundert mich aber nicht, da die Archäologie, wie ich schon angemerkt habe, tatsächlich viele Probleme
hat. Aber Ihre Behauptung, das keine Metallsuchgeräte eingesetzt werden,
wenn keine Sondengänger vorhanden sind, ist schlichtweg falsch. Wenn
keine Metallsuchgeräte eingesetzt werden, dann nur aus einem Grund, es
sind keine vorhanden und das wäre zu recht ein Skandal. Aber eine Grabung
ohne Metallsuchgeräte ist mir noch nicht untergekommen. Und meine
Mehrheit an befragten Archäologen, Grabungstechniker, Studenten und
ehrenamtliche Denkmalpfleger / Sondengänger halten das von mir
beschriebene Verfahren für die Regel und keine Ausnahme.
Die Archäologen, die Sie befragt haben, sollten daher schnellstens ihre
Grabungsmethode überdenken und ebenfalls nach diesem Verfahren
arbeiten. Da Sie ja die Archäologie verbessern wollen, haben Sie da doch
die perfekte Gelegenheit erhalten, Überzeugungsarbeit zu leisten. Viel Erfolg
dabei!
(1.5)
Aufgrund meiner Interesse an die skandinavische Eisenzeit bin ich mehr in
die skandinavische Archäologie involviert und dort trifft das zu.
Sie behaupten, das es in Deutschland an der Regel wäre, das durch den
Abschub von dem Oberboden Kleinfunde zerstört, oder zumindest
undokumentiert aus dem situ gerissen werden. Ich behaupte aufgrund
meiner Gespräche mit Archäologen und Landesämter sowie aus eigener
Erfahrung, das es nicht die Regel ist.
Und da, wo man dieses Problem hat, sollte man deren Ursache finden und
beseitigen.
Zum Abschluss noch etwas persönliches. Es muss Ihnen nicht leid tun, wenn
Sie Probleme ansprechen, das habe ich Ihnen ja schon geschrieben.
Das stört mich auch nicht, aber diese Verallgemeinerung, als ob es in der
Archäologie den letzten vierzig Jahren keine Verbesserung gegeben hatte,
das stört mich gewaltig, da Sie damit die Wirklichkeit komplett verzehren.
Und, ich wiederhole mich da gerne, Sie tun alle Personen, die in der
Archäologie etwas verbessert haben und noch werden, Unrecht.
Wenn also eine kleine Kirchengemeinde der Ansicht ist, ihr karolingische Kirche (Baulast dei der Gemeinde) sei zu klein und sie will sie zugunsten einer größeren, neuen, modernen Kirche abreißen, entscheidet 2014 das Volk, die sich als Eigentümer versteht? Das wäre ja nun auch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ich weiß nicht, ob sich der Aufruf sich mit seinem Namen dafür einzusetzen, dass dem Kulturgüterschutz ein höherer Stellenwert zugewiesen wird, auch mich bezieht, aber falls dem so ist brauchen Sie sich keine Sorge zu machen, ich setze mich seit Jahren intensiv auf allen mir zugänglichen Ebenen in wenigstens drei europäischen Staaten genau dafür ein. Dennoch, die bestehenden Probleme werden sich dadurch, dass dem Kulturgüterschutz ein höherer Stellenwert zugewiesen wird, auch nicht lösen lassen, weil ein totaler Kulturgüterschutz einfach niemals möglich sein wird, weil er immer in gewissem Rahmen mit dem modernen Leben in Konflikt geraten wird und in diesem das moderne Leben gewinnen wird, ja gewinnen muss.
Die Vorstellung, dass man einfach alles im Boden lässt bis es gefährdet ist und alles was nicht mehr im Boden ist zentral aufhebt und möglichst auf zukünftig bessere wissenschaftliche Methoden wartet, klingt zwar sehr reizvoll, ist aber verfehlt und zu kurz gedacht. Denn vieles vom Verlust und Verfall entsteht im Boden und/oder im Depot, weil Verfallsprozesse immer und überall ablaufen. Es ist also nicht nur mit einem stetigen Zuwachs der Qualität wissenschaftlicher Methoden zu rechnen, sondern auch mit einem stetigen Verlust archäologischer Informationen im Boden und Depot. Und auch mit den besten wissenschaftlichen Methoden lässt sich Information nicht wiedergewinnen, die bereits verloren ist. Daher darf man eben keineswegs als Regel auf "zukünftige Methoden" warten, sondern muss den bekannten stetigen Informationsverlust mit dem zu erwartenden unbekannten zukünftigen Informationsgewinn durch unbekannte bessere Methoden gegeneinander abwägen. Nicht zuletzt deshalb gräbt man Fundstellen nach Möglichkeit aus, bevor der Bagger durch sie durchfährt.
Aber das gleiche Prinzip gilt sonst auch überall: ist der Schaden an archäologischen Informationen dadurch, dass man heute in einer konkreten archäologischen Situation nicht interveniert, größer als der erwartbare Gewinn zusätzlicher Informationen durch zukünftige bessere archäologische Methoden, dann sollte man nach Möglichkeit heute intervenieren. Geht der Bauer mit seinem Feld jedes Jahr so um, dass er beim Pflügen 5 Zentimeter tiefer als im Vorjahr in den Boden eindringt, dann kann man gut abschätzen, dass in 20 Jahren ein Meter archäologische Stratifikation verloren gehen wird, die keine noch so guten zukünftigen Untersuchungsmethoden wiederbringen werden können. Man müsste diese also jetzt untersuchen, wenn man nicht will, dass die in ihr enthaltenen Informationen vollständig verloren gehen.
Schafft es die professionelle Archäologie nicht, diesen Schaden zu verhindern oder durch Dokumentation des Verlustes wenigstens zu mitigieren, dann muss man das erstens auch offen zugeben und zweitens sich eventuell überlegen, ob nicht andere Personen - wie Metallsucher - dazu animiert werden können, den dadurch entstehenden Schaden an archäologischen Informationen so stark als möglich zu minimieren. Zum Beispiel auf unserem fiktiven Acker, auf dem der Bauer jedes Jahr 5 cm Stratifikation wegpflügt, wenigstens die ausgepflügten Fundgegenstände zu retten und ihre Lage und Fundumstände mit simplen Mitteln zu dokumentieren und uns die Dokumentation nach Möglichkeit zu überlassen, statt Stratifikation, Fundkontexte und Funde gleichermaßen der langsamen aber stetigen Zerstörung durch die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche zu überlassen. Die Sonde löst in diesem Fall Probleme statt sie zu vergrößern.
Bei einem "Gesamtüberblick" über die Situation stellt sich bei einer solchen abwägenden Betrachtung dann eben die Frage: ist archäologieschädigendes Verhalten 1 (z.B. professionelle archäologische Ausgrabung) insgesamt nützlicher oder schädlicher als archäologieschädigendes Verhalten 2 (z.B. unsystematische Metallsuche) und dieses nützlicher oder schädlicher als archäologieschädigendes Verhalten 3 (z.B. Baumaßnahmen, Land- und Forstwirtschaft) und archäologieschädigendes Verhalten 4 (z.B. nichts gegen natürliche Erosion und natürlichen Zerfall archäologischer Informationen zu unternehmen). Und bei einer solchen Gesamtbeurteilung ist (auch nur sehr schleissig) doumentierte Metallsuche ziemlich weit oben auf der Liste der Maßnahmen, die weit mehr Nutzen erzeugen als Schaden anrichten.
Darum ist die Sonde, wenn man Metallsucher erfolgreich zur Meldung ihrer Funde samt deren Fundumständen motivieren kann, definitiv Teil der Problemlösung; und alle Handungen die eine Meldewilligkeit von Metallsuchern senken - wie generelle Suchverbote - Teil des Problems, und nicht der Lösung.
Mit den Argumenten von Prof. Karl wäre die Politik fein heraus. Sie würde eine Menge Geld sparen mit dem einfachen Schluss, das als unbedingt erhaltenswert ein zu stufende am vorhandenen Geld zu messen, Privatsammlungen wie Lesefunde nicht als Denkmale ein zu stufen und es wäre eine große Last von den Schultern genommen. Einmal der ganze Laienschrott und die schwierigen Heimathirsche gleich noch dazu. NRW hat das längst erkannt und nimmt bei Bedarf so eine Hintertüre, die offen steht. Scheinbar regt das niemand wirklich auf. Alle die den Denkmalschutz wichtiger nehmen als es ihm nach Ihrer Meinung zusteht, sind sicherlich nicht alle Fetischisten. Und eine Scherbe kommt aus einem Kontext und ist damit Denkmal, wenigstens nach den Gesetzen, die ich kenne. Und machen Sie sich mal keine Sorgen. Sondengänger werden Ihnen das Essen nicht weg nehmen. Noch liegt es nicht unter der Erde und ist mit Sonden nicht zu finden.
Ihr Essen ist ein Fall für Historiker, nicht für Archäologen. Das muss nicht vergraben werden um es archäologisch auf zu arbeiten. Machen Sie ein Foto davon, wenn Sie es für wichtig halten, legen sie das Rezept bei und gut.
Der Laie steht in keinem Arbeitsvertrag. Da greift keine Qualitässicherung und auch kein Arbeitsrecht. Welches Recht regelt denn diesen "Vertrag", den Sie zwischen den Denkmalpflege und dem Sondengänger hier installieren wollen; oder soll auf so etwas verzichtet werden. Der Sondler setzt hier durch sein Equipment privates Geld ein und hat keinerlei Absicherung, außer die von Ihnen angedachte Gewissheit bestraft zu werden, wenn er etwas unterlässt. Eine allgemeine Loyalitätspflicht ? in welchem gesetzlichen Rahmen soll denn so etwas stattfinden. Und wie ist der Sondler im Gelände z.B. gegen Unfall versichert oder Schäden, die er unwissentlich anrichtet?
Notwendigkeit für irgendwelche Verträge sehe ich keine - wozu sollte man unter meinem Modell Verträge brauchen? Das ganze lässt sich - ebenso wie jetzt Fundmeldepflichten, Schatzregale und Suchverbote - durch die Denkmalschutzgesetze regeln. Der Metallsucher, der versichert sein will, wenn er sucht, soll sich selbst versichern, es ist ja er, der suchen will. Und bestraft kann er nur werden, wenn er nicht ordentlich dokumentiert, was er findet - wobei für ihn immer die Alternative besteht, professionelle Archäologen beizuziehen, wenn er sich nicht sicher ist ob er das auch ausreichend gut kann, dann macht er auch nichts falsch und kann auch nicht bestraft werden, bleibt aber immer noch der (dann rechtmäßige) Finder. Wo ist also das Problem?
Bezüglich der karolingischen Kirche: wenn sie unter Denkmalschutz steht, dann nein. Wenn sie nicht unter Denkmalschutz steht darf man sie abreissen, auch heute schon. Mein Vorschlag ändert daran gar nichts. Ebenso wie man jedes andere Gebäude abreissen darf, das nicht unter Denkmalschutz steht, obwohl es auch eine materielle Hinterlassenschaft der Vergangenheit ist. Eventuell haben Denkmalschutzbehörden eine Parteienstellung im Baubewilligungsverfahren, das dem Abriss vorausgeht, und können in diesem das Gebäude noch unter Denkmalschutz stellen oder sonstige Maßnahmen verlangen - und bei einer karolingischen Kirche werden sie das hoffentlich auch. Um festzustellen, ob etwas ein erhaltenswertes Denkmal ist, gibt es eben Feststellungsverfahren, die die Bedeutung des Denkmals und das daraus erwachsende öffentliche Interesse an seiner Erhaltung gegen andere öffentliche Interessen abwägen, nicht zuletzt auch gegen das Interesse einer Kirchengemeinde, seine Kirche modern nutzen zu können. Darum haben viele Denkmalschutzgesetze übrigens sogar besondere Ausnahmen für Gebäude mit religiösem Verwendungszweck.
Und was mein Essen betrifft, des ist kein Fall für Historiker, denn Historiker beschäftigen sich in der Regel nicht mit materiellen Hinterlassenschaften der Vergangenheit, sondern primär mit schriftlichen, sekundär mit Bild- und Tonquellen.
Archäologische Quellen sind nicht nur Objekte, die unter der Erde liegen und ausgegraben werden müssen. Studienobjekt der Archäologie sind alle materiellen Hinterlassenschaften der Vergangenheit, bis in die Neuzeit, und zwar auch wenn sie sich niemals unter der Erdoberfläche befunden haben und niemals ausgegraben werden mussten. Nach unserer fachlichen Eigendefinition ist damit Ihr und mein Essen eine archäologische Quelle.
Davon aber ganz abgesehen war der Punkt, den ich machte, der dass keineswegs alle Primärquellen der historischen Wissenschaften automatisch auch Denkmale sind. Es gibt viel mehr historische und archäologische Quellen als es Denkmale geben kann und darf. Die Gründe dafür sind mannigfaltig, der wichtigste ist allerdings, dass wenn alle von Menschen geschaffenen Objekte Denkmale wären, die nicht verändert oder zerstört werden dürfen, das Leben auf diesem Planeten unmöglich würde.
Die Politik kennt dieses Argument schon lange, und verwendet es auch schon lange. Wie gesagt ist zum Beispiel die Regierungsvorlage zum österreichischen Denkmalschutzgesetz in dieser Beziehung ganz eindeutig: sie sagt ganz exlizit dass die wichtigste Aufgabe des Bundesdenkmalamtes die wissenschaftlich begründete Auswahl derjenigen Denkmale ist, deren Erhaltung aus wissenschaftlichen Gründen unerlässlich und aus administrativer Sicht bewältigbar ist. Letzteres heisst nichts anderes als: für deren Erhaltung ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen. Und die Politik hat mit diesem Argument auch völlig recht: wer mit unzureichenden Ressourcen alles zu erhalten versucht erhält im Endeffekt gar nichts, weil die nach dem Gießkannenprinzip verteilten Ressourcen in jedem Einzelfall zu wenig sind um die Erhaltung des jeweils betroffenen Objekts zu erlauben. Das Kulturgüterschutz stets eine Auswahl dessen ist, das so wichtig ist dass es unbedingt erhalten werden muss und auch erhalten werden kann, ist eines der grundlegendsten Prinzipien im Kulturgüterschutz, und wer das nicht versteht richtet mehr Schaden an als er nutzt.
Wenn sie glauben, dass der Denkmalschutz so wichtig ist, dass alle Scherben erhalten werden müssen, weil sie einen Kontext haben, dann definieren sie erst einmal den Denkmalbegriff für uns: was ist Ihrer Meinung nach ein Denkmal? Alles was einen Kontext hat? Den haben auch die Kartoffeln, die der Bauer anpflanzt, um sie später ernten zu können. Sind diese Kartoffeln dann auch Denkmale? Weil natürlich sind sie nicht dort gewachsen, wo der Bauer sie einpflanzt, sonst müsste er sie nicht erst einpflanzen.
Wer glaubt, dass jede Scherbe so wichtig ist, dass sie unbedingt erhalten werden muss, hat weder Archäologie noch Denkmalschutz verstanden. Wenn sie wollen ist er kein Fetischist, sodern nur nicht ausreichend ausgebildet, um zu begreifen, dass das was er vorschlägt unmöglich umsetzbar und auch wissenschaftlich gar nicht sinnvoll ist.
Und ich mache mir keine Sorgen, dass mir Metallsucher mein Essen wegnehmen. Und ich mache mir auch keine Sorgen, dass Fanatiker, die glauben dass "alle Denkmale geschützt werden müssen", mir mein Essen wegnehmen werden, weil letztere mein Essen gar nicht interessiert, weil sie das ja nicht für ein Denkmal halten. Was ausschließlich daran liegt, dass solche Fanatiker den Denkmalbegriff stets ad hoc definieren, also als "Denkmal" alles das betrachten, was sie interessiert, während sie alles andere nicht als Denkmal betrachten. Solche ad hoc-Bestimmungen aus dem Bauch heraus kann man aber nicht als Grundlage eines rechtsstaatlich begründeten Denkmalschutzes hernehmen, weil rechtsstaatliche Verwaltungsentscheidungen nicht darauf beruhen können, dass ein Anonymus der am 5.10.2014 um 8:28 MEZ irgendwas gepostet hat, etwas für ein Denkmal hält oder nicht. Rechtsstaatliche Verwaltungsentscheidungen müssen transparent und nachvollziehbar sein, sonst verletzen sie das Staatswillkürverbot. Und da liegt das eigentliche Problem...
Lieber Herr Ballack,
tja, da werden wir uns wohl drauf einigen müssen, dass wir uns nicht einigen können, ob meine Erfahrungen oder Ihre Erfahrungen die Regel sind. Und meine Erfahrung ist leider auch, dass ich auch viele Grabungen kenne, auf denen kein Metallsuchgerät vorhanden ist.
Und ich kann sie beruhigen, ich habe schon lange gefordert, dass die Schritte, von denen sie behaupten, dass sie die "Regel" in der deutschsprachigen Archäologie sind, insbesondere die systematische Verwendung von Metallsuchgeräten vor uns auf Grabungen, auch tatsächlich Standard werden. Auch in meinem publizierten Schriftgut können sie das nachlesen. Dafür bin ich übrigens auch schon von KollegInnen angefeindet worden, nicht weil sie das schon tun was ich in der Beziehung verlangt habe, sondern weil man ja kein Metallsuchgerät auf die Grabung lassen darf und die Idee überhaupt eine Schnapsidee ist, weil sie auch ohne Metallsuchgerät alles wichtige finden und das nur noch mehr Zeit und Geld kostet, wenn man das auch noch machen soll.
Und nochmals, ich kritisiere in meinem Argument, auf das sie geantwortet haben, keinen unserer KollegInnen dass sie das nicht tun, was Sie als Regel darstellen. Ich kritisiere unsere Kolleginnen für die Diskrepanz zwischen den verwendeten Argumenten und dem, was meine Wahrnehmung der Tatsachen auf vielen Grabungen ist. Und ich tue damit sicher niemandem Unrecht, der seine Standards auf ein höheres Niveau als das ich leider durchschnittlich beobachten muss angehoben hat.
Sie hingegen scheinen sich darauf festlegen zu wollen dass - obwohl sie zugeben, dass es in der Archäologie eine ganze Latte von Problemen gibt - die Probleme die ich sehe gar nicht mehr vorkommen. Dieses Argument - das vom vereinzelten faulen Apfel, der schon lange die Ausnahme ist - kenne ich leider nur allzu gut, weil ich es in all den Jahren in denen ich irgendwelche Mängel in der Archäologie und Denkmalpflege kritisiert habe, so oft gehört habe, dass ich es nicht mehr hören und glauben kann. Es ist das Argument derer, die nicht wollen, dass sich irgendetwas am Status Quo ändert, weil alles als der derzeituge Status Quo nur schlechter sein kann als dieser. Die Struktur dieses Arguments ist immer die gleiche: erstens ist das gar nicht so wie Du das siehst, Raimund, und zweitens selbst wenn es so wäre dass Du so etwas gesehen hast, dann war das eine auergewöhnliche Ausnahme, während es überall wo Du nicht warst ganz anders ist, und außerdem bist Du nur (setze nach Belieben ad hominems ein, wie "neidig", "frustriert", "ein Querulant", "rachsüchtig", "böswillig", etc.; jedenfalls irgendwas was impliziert dass mit mir als Person irgendetwas nicht stimmt, nicht nur mit meinen Argumenten).
Ich versuche die archäologische und denkmalpflegerische Praxis seit vielen Jahren aktiv zu verbessern, und ich denke dass ich mir auch den einen oder anderen kleineren Erfolg auf die Fahnen schreiben kann. Alle meine Versuche solche Verbesserungen zu erreichen waren bislang mit genau solchen Gegenargumenten wie sie von Ihnen kommen konfrontiert. Mag sein, dass Sie nicht dagegenargumentieren, weil Sie nicht wollen, dass sich etwas ändern könnte, was ihnen nicht gefällt, aber ich habe in der Beziehung keine besonders hohen Erwartungen.
Ja, das wäre eine wirkliche Kosteneindämmung, aber nur auf der einen Seite. auf der anderen Seite entstehen durch die Bearbeitung der Fundmengen Kosten, die dazu führen werden, dass das Zeuch nicht im Boden, sondern im Magazin vergammelt. Das wird doch jetzt schon ein geräumt, ja massiv angeprangert - und die Sonden arbeiten noch gar nicht zu. Das tiefe Pflügen stimmt so auch nicht überall.Das ist bis auf den Spargelanbau eher rückläufig. Gegen ein Einbinden von Sonden auf überplanten Flächen spricht aber aus meiner Sicht nichts, wenn schon gegraben werden muss, dann rictig, da sind Landsämter aber weiter, als dies Herr Karl beschreibt, überhaupt wird da pauschaliert, wo es passt und ins Detail gegangen, damit es auch wieder passt. Habe auch den Eindruck, als ginge es mehr um das Wortgefecht, die Debatte, als um die Sache selbst. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie etwa die angeblich Baden Württembergischen "hardliner" tatsächlich Realisten sind, und um der Sache wegen die Sonde zulassen und auch schon vor Änderung zugelassen haben. Sogar Ehrenamtlaich Beauftragten war es immer schon möglich Notbergungen und kleine Grabungen durch zu führen - aus Pragmatismus, auch gegen die engstirnig nachgesagte schwäbische Kehrwoche. Sind halt Cleverle.
Selbst in städtischen Siedlungsbereichen (z.B. Ulmer Innenstadt, Isny, Konstanz...) bei denen man eigentlich von großflächig gestörten Verhälltissen ausgehen müsste ( denkt man nur an die völlig zerbombten Städte) liegen selbst zwischen Bombentrichtern intakte Straten, noch erfassbare, bandkeramische Siedlungen mitten im Stadtgebiet( Köln) Es ist doch sicher nicht ihre These, dass dort ohne Untersuchung sofort gebaut werden kann. Die Landwirtschaft macht Fortschritte, und zwar dahingehend, dass sie als der Archäologie zuträglicher wird. Das immer noch herumgeisternde "Tiefpflügen" findet in meinem Dunstkreis schon seit Jahrzehnten nicht mehr statt. Hier muss wieder ein längst überholter Einzelumstand als Argument herhalten, den es so gar nicht mehr gibt. Teilweise wird die Folgesaat zwischen den stehengebliebenen (!) Strünken des Mais vor genommen. Sammler finden selbst auf Siedlungen deswegen kaum mehr etwas auf den Oberflächen und werden das bestätigen können. Die Bodenstrukturen werden geschont, und damit auch alles was dort sonst noch liegt. Hier ist eine anders begründete Vernunft bereits auf dem Vormarsch, nämlich die des Schutzes unserer Lebensgrundlagen, die den Denkmalen sehr gut bekommt. 5 Felder in meinem Beobachtungsbereich, kommen so nicht mehr wirklich unter den Pflug und Dünger ist hier im Bioanbau bereits ein Fremdwort. Unsere Wälder werden gegen die Übersäuerung vom Hubschrauber aus behandelt. Es geht darum, der Vernunft auf breiter Ebene Bahn zu brechen und davon profitieren sekundär auch die Bodendenkmale - dasselbe gilt für die Bauwut. Die Haltung und das Ziel müssen stimmen. Wenn Scherbensammler Fetischisten sind, darf man hier die Hysterie dagegen halten. Die Landschaft der Metalle wegen wie einen Schweizer Käse zu durchlöchern ist unvernünftig. Wir hinterlassen immer mehr Fragmente unserer Zivilisationsentwicklung und unseren Kindern nur auf dem Papier. Welterbestätten bestehen nicht aus Papier. Wir brauchen sie als Ort, möglichst intakt und vollständig. In einer Baumschule (!) auf der Blaubeurer Alb liegt ein Relief einer neolithischen Haldenlandschaft (Rohmateriallagerstätte/Hornstein) o f f e n , so, als hätten Sie die Steinzeitleute gerade erst verlassen. Dass hier keine rezenten Krater entstanden sind liegt sicher auch daran, dass das Gezähe der Pingen nicht aus Metall bestand. Die Zerstörungen, die Herr Professor Karl zur Begründung pro Metallsonde anprangert, stimmen punktuell, aber nicht in der gesamten Fläche. Natürlich muss man schneller sein als der Bagger. Dass hier von Fall zu Fall Entscheidungen zu treffen sind beschreibt Herr Prof. Karl sehr überzeugend, aber das gilt auch für den Einsatz der Sonde, die nicht überall und systematisch und grundsätzlich und regelhaft erforderlich ist. Wenn es denn der Antrieb aller Sondengänger wäre in erster Linie dem Denkmalschutz zu dienen, wäre ja alles in bester Ordnung. Daran mag ich aber nicht glauben.
Wenn "invasive Prospektion" zum forcierten Volkssport werden soll, dann muss auch offen damit um gegangen werden, dass man hier ganz bewusst Kollateralschäden in Kauf nimmt. Ich bezweifle, dass die Summe unter dem Strich dann besser aussieht, weil zwar ein Mehr entstehen wird: ein Mehr an Funden, ein Mehr an Fundstellen, aber auch ein Mehr an unbewältigten Aufgaben und ein nicht zu unterschätzendes Mehr an nicht zu bewältigender Kontrolle. Der Kollateralschaden hat für die Befürworter den Vorteil, dass es zwar augenfällig mehr erfasste Funde geben wird, die Schäden und trotzdem nicht gemeldeten Funde kann dagegen keiner zählen. Die haben wir jetzt schon. Es ist eine Gewissensentscheidung und eine Frage, ob wir damit der Sache mehr schaden als nutzen und damit eine Frage der Verantwortung. Die Crux ist, dass Beides richtig ist. Mit Verantwortung können Beide Lager argumentieren.
In diesem Falle also Abriss des karolingischen Baus, weil er den heutigen Ansprüchen nicht mehr genügt. Verstehe ich. Das Volk will es und das moderne Leben hat Vorrang. Das moderne Leben soll natürlich gewinnen, Da werden Sie wieder pauschal und verlassen den Einzelfall, den wir doch im Fokus halten sollten.
Bayern hat kein Schatzregal. Sind Sie ernsthaft der Meinung, dort seien die Verhältnisse vorbildlich?
Das Problem ist, dass der Sondler im Gelände nach Gutdünken entscheiden muss. Sicherheit hat er da keine. Auch im Zweifelsfalle nicht vor einer Strafverfolgung. Fasche Entscheidungen fallen bei Ihrem Modell dann wohl unter Kollateralschaden.
zu 1 :Dann hat also nicht das Volk entschieden, sondern jemand anders. Schade.
Zu 2: Foto+Rezept= Schrift und 'Bildquelle. Ist sicherer wegen der Wiedererkennbarkeit.
Ich danke für das Gespräch. Hat meine unzureichenden Vorstellungen von Archäologie und vor allem meinen bisher naiven Denkmalbegriff doch sehr erweitert.
Warum genau sollen wir den Einzelfall im Fokus helten? Viele Dinge muss man auf generalsierender Ebene diskutieren, damit die Diskussion überhaupt einen Sinn ergibt.
Aber von mir aus, bleiben wir bei Ihrer karolingischen Kirche. Welche konkrete Kirche ist das? Und weshalb steht sie nicht unter Denkmalschutz? Oder steht sie unter Denkmalschutz? Wenn Sie nicht unter Denkmalschutz steht weiss wohl Ihr Denkmalamt nicht von der Existenz dieser Kirche, weil sonst wäre sie wohl schon unter Denkmalschutz gestellt worden. Dann sollten Sie Ihr Denkmalamt raschestmöglich davon informieren, dass sie eine karolingische Kirche kennen, die noch nicht unter Denkmalschutz steht.
Aber all das ist eine weitgehend nutzlose Diskussion, weil erstens Ihr Einzelfall wohl fiktiv ist und Sie zweitens übersehen, dass Sie in einem Rechtsstaat leben, in dem rechtliche Regeln nicht nur von "anderen", sondern von allen inklusive der staatlichen Verwaltung eingehalten werden müssen.
Rechtlich gesehen ist die Tatsache, dass etwas alt ist, grundsätzlich einmal egal. Rechtlich relevant ist diese Tatsache eventuell in einem Unterschutzstellungsverfahren oder möglicherweise auch in einem Baubewilligungsverfahren, in denen eine Überprüfung der historischen oder sonstigen relevanten Bedeutung des Objektes vorgenommen wird. Hat diese Überprüfung nicht stattgefunden oder ist zum Ergebnis gekommen, dass trotz des Alters die Bedeutung des betroffenen Objekts nicht ausreichend hoch ist, um seine Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen sein zu lassen, dann hat der Staat - und das inkludiert die staatliche Denkmalpflege - kein Recht die Eigentümerwillkür des rechtmäßigen Eigentümers des Objektes in irgendeiner Weise einzuschränken. Und selbst wenn ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des betreffenden Objektes festgestellt wurde, mag der Eigentümer oder andere Personen mit anderen rechtlichen Interessen am Objekt immer noch andere berechtigte Interessen haben, die - wenn sie gegen das öffentliche Erhaltungsinteresse abgewogen werden - das öffentliche Erhaltungsinteresse überwiegen und daher dem Eigentümer die Veränderung oder Zerstörung des in seinem Eigentum stehenden Denkmals erlauben.
Das mag uns als Denkmalschützer nicht recht sein, aber das ist wie ein Rechtsstaat funktioniert. Der Denkmalschutz ist weder das einzige noch in jedem Fall das bedeutendste berechtigte Interesse in Bezug auf Kulturgüter. Und das bedeutet dass - unter manchen Umständen - auch karolingische Kirchen abgerissen werden können, sogar wenn sie zuvor unter Denkmalschutz standen.
Die Fundmengen sind ein Problem, das in den letzten Jahren innerfachlich intensiver zu diskutieren begonnen wird. Heute habe ich übrigens beim Deutschen Archäologenkongress in Berlin auf Einladung der AG Museum einen Vortrag zu genau diesem Thema in der von der AG Museum veranstalteten Sektion zu diesem Thema gehalten. Das Problem der Selektion gilt hier genauso wie bei den Denkmalen im Feld: man braucht, ja darf nicht alle Funde in die staatlichen Sammlungen aufnehmen, weil sie dort dann viel zu oft nur verkommen und auch gar keiner wissenschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Einen Artikel zu dem Thema, der im Band zur "Massendinghaltung"-Tagung in Berlin 2013 erscheinen wird, findet sich auf meinem Profil bei Academia.edu. Und ja, Selektion bedeutet Dinge nicht in Sammlungen aufzunehmen, und auch Dinge aus Sammlungen auszuscheiden, die man nicht mehr braucht. Das ist etwas, was - auch dem allgemeinen Tenor der heutigen Sektion zu folge - in Deutschland und Österreich noch völlig unterentwicket ist, aber dringend entwickelt werden muss, weil manche Museen und auch staatlichen Depots inzwischen die Aufnahme neuer Funkomplexe verweigern, weil sie einfach gar keinen Platz mehr frei haben, nicht einmal mehr Notlagerraum.
Nicht zuletzt darum schlage ich im von mir vorgeschlagenen Modell vor, statt einem Schatzregal eine Dokumentationspflicht einzuführen: die Archäologie braucht nicht unbedingt alle Fundgegenstände, die Informationen über Funde und damit in Verbindung stehende Befunde und Kontexte hingegen weit mehr. Und für wirklich wichtige Funde - und was wirklich wichtig ist ist eine Frage einer archäologischen Beurteilung - sollte es eben ein Vorkaufsrecht des Staates geben. Unter diesen Umständen ist die "Zuarbeit" durch Metallsucher kein besonderes Problem: nimmt man generell weniger Funde in die staatlichen Sammlungen auf und überhaupt nur jene von Metallsuchern, deren Bedeutung so hoch ist dass ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung besteht, dann hat man am Ende weniger Sammlungszuwachs als derzeit und kann daher eventuell mehr der vorhandenen, nie ausreichenden Ressourcen in die Erhaltung dessen was man aufhebt investieren, in bessere Lagerungsbedingungen, etc.
Und mein Argument ist auch nicht, dass überall tiefgepflügt wird und die Land- und Forstwirtschaft überall gleich stark Schäden anrichtet. Mein Argument ist, dass die in der Archäologie so beliebte Vorstellung dass Funde im Boden immer besser aufgehoben sind als wenn sie geborgen werden nicht immer und überall stimmt, und zwar weder auf dem Feld noch im Wald. Die Generalisierung dass die Erhaltung in situ immer zu bevorzugen ist, ist eine falsche Generalisierung; die richtige Generalisierung ist dass zwischen Vor- und Nachteilen der Erhaltung in situ und Vor- und Nachteilen verschiedener Bergungsarten - gegebenenfalls im Einzelfall - abgewogen werden muss.
Und ich kann mir viel vorstellen: auch in Österreich, wo bis vor kurzem noch die allgemeine Fachmeinung war "Metallsucher sind alle böse" hatte und hat so gut wie jeder Archäologe einen "guten Metallsucher", den er mehr oder minder pragmatisch behandelt und auch mal in seinem Auftrag irgendwas absuchen lässt. Das Problem mit solchen Lösungen, wo individuell und großteils heimlich "gute Metallsucher" geduldet werden, während alle anderen verdammt und (vor-)verurteilt werden ist, dass es gegen alle Grundlagen der Rechtsstaatlichkeit verstößt: es ist Nepotismus der schlimmsten Sorte und - wo es mit amtlicher Duldung ohne entsprechende transparente Verfahren die alle Bürger gleich behandeln funktioniert - meiner Meinung nach wenigstens grenzwertig zum Amtsmissbrauch. Ämter dürfen nicht nach ihrem Gutdünken willkürlich zwischen Bürgern unterscheiden, weil das verstößt sowohl gegen das Diskriminierungs- als auch gegen das Willkürverbot.
Bitte: ich habe nie behauptet dass die Dinge, die ich anführe, wie Pflügen, gegebenenfalls auch Tiefpflügen, und Düngung auf jeder Fläche passieren und jeder Wald dauernd vom Harvester geschägert wird. Aber Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten, dass nirgendmehr gepflügt und gedüngt wird, dass Harvester nirgendwo mehr zum Einsatz kommen und dass Denkmale überall geichermaßen in situ am besten erhalten werden. Bei aller Umkehr zu mehr ökologischer Vernunft an manchen Orten ist es immer noch so, und argumentierbarerweise zunehmend so, dass in der Land- und Forstwirtschaft zunehmende mit schwerem Gerät und aggressiveren Mitteln gearbeitet wird. Dass ihr lokaler Biobauer das vielleicht nicht tut ist schön, aber es passiert immer noch auf zahllosen Flächen, wenn nicht zunehmend auf mehr Flächen.
Und ich habe auch nicht gesagt, dass der Einsatz von Metallsonden überall und systematisch erlaubt sein sollte; ganz im Gegenteil, wenn Sie sich die Mühe geben nachzulesen was ich geschrieben habe würden Sie sehen, dass ich durchaus für Beschränkungen bin - neuerlich: die Frage ist nicht ob es Beschränkungen geben soll, die Frage ist, welche Beschränkungen sinnvoll sind. Es ist eine Frage der Abwägung von vermutlichem Schaden und vermutlichem Nutzen.
Meiner Meinung nach - und übrigens keineswegs nur meiner Meinung nach - sind die derzeitigen Beschränkungen großteils nicht sinnvoll sondern kontraproduktiv, soll heißen: führen zu bzw. verursachen mittelbar weit mehr Schaden als Nutzen.
Man kann und muss meiner Meinung nach durchaus darüber diskutieren, wie man den Einsatz von Metallsonden sinnvoll beschränken kann. Sinnvolle Verbote können durchaus auch große Flächen ausschließen, z.B. ganze Waldgebiete in denen man sicher sein kann dass nicht demnächst der Harvester herumfuhrwerkt und andere "archäologische Landschaftsschutzzonen". Aber Flächen, auf denen man weder aufgrund bereits vorliegender Hinweise besondere Bodendenkmale vermutet noch ein Auftreten solcher besonders wahrscheinlich erscheint braucht es keine Verbote. Auch hier gilt es eine vernünftige archäologische Bewertung vozunehmen statt so zu tun als ob alle Flächen gleichermaßen wichtig, auf allen Flächen Funde und Befunde im Boden gleichermaßen gut geschützt und alle Funde von allen Flächen unbedingt in staatliche Sammlungen einverleibt werden müssten.
Und woran irgendjemand von uns glauben will muss unbeachtlich bleiben: es geht nicht darum, woran wir glauben, es geht u eine vernünftige Beurteilung von Fakten.
Der wesentliche Punkt ist, dass wir die "Kollateralschäden" jetzt schon haben, aber keinen der Vorteile der schon derzeit stattfindenden, aber nicht zu Meldungen führenden "invasiven Prospektion", die auch bereits ein Volkssport ist. Und übrigens ein Volkssport, der in Ländern mit sehr restriktiven Gesetzen gegen diesen Volkssport - soweit sich das aus kolportierten Zahlen ableiten ist - ebenso populär ist wie in Ländern, in denen die Gesetzeslage weit liberaler ist. Schauen Sie sich die "besten" Schätzwerte an, die wir für die Anzahl der Metallsucher in verschiedenen Ländern haben. Für Polen zum Beispiel habe ich beim EAC-Kongress in Paris 2012 von den polnischen Kollegen den Schätzwert 60.000 gehört; in Deutschland liegt der Schätzwert wohl irgendwo zwischen 40-80.000, in Österreich habe ich sehr konservativ auf zwischen 2-3.000 geschätzt, wobei andere Kollegen eher von 6-10.000 reden. Das sind alles Länder mit sehr restriktiven bzw. restriktiv ausgelegten Bestimmungen. Für England - mit einem sehr liberalen Gesetz - liegen die Schätzungen zwischen 15.000-60.000. Hochgerechnet auf die jeweiligen Bevölkerungszahlen sind das jeweils ungefähr gleich viele Metallsucher. Die Gesetzeslage scheint also auf die Zahl der aktiven Metallsucher wenig bis keine Auswirkung zu haben.
Wo die Gesetzeslage hingegen eine sehr bedeutende Auswirkung zu haben scheint ist die Anzahl der Meldeereignisse (ein Meldeereignis ist eine Fundmeldung von einer Fundstelle, egal wie viele Einzelobjekte gemeldet werden). In Österreich waren das zuletzt etwa 100 pro Jahr (vor 25 Jahren unter liberalerer Gesetzeslage waren es noch etwas 400 Fundmeldeereignisse pro Jahr), in England und Wales etwa 50.000 Fundmeldeereignisse. Umgerechnet auf die Bevölkerungszahlen in beiden Ländern sind das in England und Wales etwa 75 Mal so viele Fundmeldeereignisse wie in Österreich.
Bei weitgehend gleichem "Kollateralschaden" ist also der aus dem Volkssport "invasive Prospektion" entstehende Nutzen in einem Fall etwa 75 Mal höher als im anderen. Ich bin daher der Ansicht, dass wir der Sache durch die restriktivere Lösungen jedenfalls um ein großes Vielfaches mehr schaden als durch die liberalere Lösung.
Hallo Herr Professor Karl,
eigentlich erwarte ich von meinen Diskussionsteilnehmern, das sie in meinen
Kommentaren nichts hineininterpretieren oder etwas dazudichten, sondern
sich meine Kommentare gründlich durchlesen und dann evtl. als das
verstehen, was ich damit ausdrücken wollte. Und falls sie es nicht verstanden
haben, dann zumindest den Anstand besitzen sollten, um mal nachzufragen,
wie ich das gemeint habe.
Entweder ist das bei Ihnen aufgrund einer Übermüdung geschuldet, oder Sie
sind mittlerweile so sehr frustriert, das Sie überall Windmühlen sehen. Auch
da, wo keine (mehr) sind. Oder Sie sind einfach nur ein frecher Professor, der
sich gerne über Andere, die nicht gleicher Meinung sind, erhebt.
Aber davon lasse ich mich nicht schrecken, dafür habe ich schon zu viele
von Ihnen hinter mich im Staub gelassen.
Bevor Sie sich nun fragen, wie ich zu dieser Meinung gekommen bin, gebe ich
Ihnen hier gerne eine Antwort, auch wenn ich eigentlich schon ins Bett
gehöre, da ich hier völlig übermüdet vor meinem Laptop sitze.
Wo habe ich hier in diesem Blog Ihnen geschrieben, das die Probleme, die
Sie hier genannt haben, nicht mehr vorkommen würden? Sie mögen das wohl
so gedeutet haben, ist aber falsch!
Ich selber habe schon einige Kämpfe gegen deutsche Archäologen (darunter
auch ein ganz Bekannter) geführt, wenn mir gegenüber Probleme bekannt
geworden sind. Es gab und es gibt noch eine Menge von Problemen, deren
Ursachen aber so weit gefächert sind, das man die nicht alle auf ein Mal, mit
einem Zauberstab lösen kann, sondern nur Step-by-Step.
Und es tat sich da in den letzten Jahren einiges, zumindest in den Bereichen,
wo ich Einblicke gewinnen konnte und durfte. Die Aufnahme
http://flic.kr/p/6MW88L , die ich weiter oben schon mal verlinkt habe, zeigt eine
Grabungssituation, die ich schon in einigen Bundesländern und Skandinavien
beobachtet habe. Akzeptieren Sie das doch bitte, auch wenn vorkommt,
das Metallsuchgeräte immer noch nicht bei sämtlichen Grabungen verwendet
werden, aber da schrieb ich Ihnen ja schon:
Zitat von mir: "Die Archäologen, die Sie befragt haben, sollten daher
schnellstens ihre Grabungsmethode überdenken und ebenfalls nach diesem
Verfahren arbeiten. Da Sie ja die Archäologie verbessern wollen, haben Sie
da doch die perfekte Gelegenheit erhalten, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Viel Erfolg dabei!"
Und nun Gute Nacht!
Danke. Sie haben ihr eigenes Argument, das Volk solle letztlich entscheiden ad absurdum geführt. Mehr sollte es nicht sein. So einfach ist diese pauschale Aussage für sich nämlich nicht, wie sie schön ausführen. Fiktiv ist die Kirche keineswegs. Da herrschte nämlich Unverständnis über die Denkmalpflege und solange "das Volk" nicht versteht worum es geht, entscheidet es nach Gutdünken, wie der Sondler im Gelände. Ihre Argumenttationskonstrukte verstehe ich im Übrigen auch nicht. Wie soll das "einfache Volk" jetzt noch was verstehen was Archäologie und Denkmalschutz im Kern ist? Ihre Beiträge haben mir jedenfalls bisher nicht zu mehr Verständnis verholfen. "Das Volk" bekam übrigens einen schlechten Kompromiss, und versteht immer noch nicht, was die Denkmalpflege da eigentlich wollte.
Zu 1: natürlich hat das Volk entschieden - nämlich z.B. dass bei Objekten, die nicht unter Denkmalschutz gestellt wurden, der Staat nicht in die Eigentümerwillkür eingreifen darf; und dass bei Objekten, die unter Denkmalschutz stehen, die Willkür des Eigentümers eines seine Eigentümerinteressen überwiegenden öffentlichen Erhaltungsinteresses wegen aufbestimmte Weise beschränkt werden darf. Die Einzelentscheidung welches Objekt dem Denkmalschutz untersteht und welches nicht trifft dann die staatliche Verwaltung, ob mit oder ohne Konsultation der Bevölkerung (mit wäre besser) und ob Effektiv oder Ineffektiv. Was mit Objekten geschieht die nicht unter Denkmalschutz stehen passiert entscheidet hingegen das Volk in Form des jeweiligen rechtmäßigen Eigentümers des Objekts. auch wenn es sich dabei um eine fiktive karolingische Kirche handeln sollte.
Und zu 2: Das mag schon sein dass Foto und Rezept eine sicherere Wiedererkennbarkeit ermöglichen, aber ob irgendjemand Arsen ins Essen gemischt hat lässt sich mit Foto und Rezept nicht mehr beantworten.
Aber wie dem auch sei, mit Foto + Rezept akzeptieren Sie - ganz wie ich das auch argumentiere - dass nicht eine jede materielle Hinterlassenschaft der Vergangenheit, obwohl sie eine archäologische Primärquelle ist, ein erhaltenswertes Denkmal ist. Wenn Foto und Rezept besser für die Dokumentation meines Essens sind und daher ausreichen, warum ist nicht die historische Quelle über die Schlacht von sonstwo aus den napoleonischen Kriegen besser und damit ausreichend für die Dokumentation dieser Schlacht als die archäologischen Hinterlassenschaften, die davon im Feld zurückgeblieben sind, die mittelalterliche Urkunde über die Besitzungen von Herrn X in Y besser als eine archäologische Untersuchung der müden Reste des gennnten Guts, etc. Und der Gedanke lässt sich selbstverständlich in die Prähistorie weiterspinnen, wo man fragen muss: braucht man wirklich alle Funde der 50. linearbandkeramischen Siedlung aus der Region X, die exakt genauso ausschauen wie die der 49 vorhergehenden, oder reicht nicht die Dokumentation bei der Grabung? Muss man von den hunderten, wenn nicht tausenden latènezeitlichen Gehöften in Region Y wirklich alle als Bodendenkmal vor der Zerstörung bewahren, oder genügt es nicht etwa sich die 10 besterhaltenen, die man kennt, auszusuchen und unter Denkmalschutz zu stellen, um die ausreichende Erhaltung latènezeitlicher Einzelhöfe aus Region Y zu gewährleisten?
Alle diese Fragen sind Fragen der Selektion, der altertumswissenschaftlichen im Sinne einer fachlichen Quellenauswahl; und der denkmalpflegerischen im Sinne einer Auswahl aufgrund ihrer Bedeutung als zu erhaltende Bodendenkmale. Und diese Selektion ist aus verschiedenen Gründen wichtig, nicht zuletzt aus dem Grund dass man nicht alles für immer aufheben kann.
Danke für die untermauernden Zahlen meiner kurzen Ausführung. Sie haben auch richtig erkannt, dass sich der Sondler, der nicht im Traum daran denkt seine Erkenntnisse zu teilen sich von keinerlei Gesetzgebung beeindrucken lässt. Auch nicht von Ihrem Konstrukt. Ein Beweis, dass Verbote hier nicht greifen stimmt auch nur bedingt. Eine Verfolgung wird in den seltensten Fällen gemacht, die Konsequenzen bleiben in der Regel aus Da das alle wissen, leben viele mit dem zusätzlichen Kick etwas Verbotenes zu tun. Dass hier Verbote bestehen, wissen die Wenigsten, die Sondlerkollegen in den Foren tun das Ihrige dazu, dass hier allenfalls Kavaliersdelikte anstehen., zumal die Sondler oft offen mit ihrer Sonde umgehen, schnell Erlaubnis von Eigentümern haben, oft richtig gute Vertrauensverhältnisse, oft sogar in Allianzen gegen die verhasste Denkmalpflege, die sich einbildet, sie könne Vorschriften über das eigen Grundstück machen. Diese Schieflage gilt es ebenso an zu gehen.
Tut mir leid wenn ich im zentralen Punkt dieser Antwort widersprechen muss: meine Argumentation hat nichts mit einer Mängelargumentation zu tun, die den derzeitigen Zustand zum unveränderlichen"Normzustand" erklärt. Meine Argumentation ist vielmehr, dass unser derzeitiger "Normzustand" unsere bisher gegen die (unbeschränkte) Metallsuche durch Laien vorgebrachten Argumente unterminiert, weil hier offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen wird. Und ich habe argumentiert dass, so lange wir nicht bessere Argumente finden, mit der wir - eventuell andere und sinnvollere - Beschränkungen der Metallsuche als die die wir bisher propagieren und (weitgehend erfolglos) umzusetzen versuchen, eine intelektuell, ethisch und praktisch unhaltbare Position vertreten, die weder uns noch sonst irgendjemandem etwas nützt, am wenigstens der Archäologie selbst.
Und auch wenn es natürlich stimmt, dass Archäologen lernen sollten sich besser gegenüber Politik und Gesellschaft zu verkaufen um mehr Geld für unser Fach und unsere denkmalpflegerischen Aufgaben zu erhalten ist die Vorstellung, dass wir durch noch so gutes Lobbying jemals genug Geld bekommen würden, um alle Aufgaben die wir erfüllen wollen und unserer eigenen Ansicht nach sollten wirklich erfüllen zu können, hochgradig blauäugig. Es wird niemals genug Mittel für einen "totalen" Denkmalschutz und eine Archäologie die ihre Archive nicht nur zu 100% inventarisiert, sondern auch zu 100% wissenschaftlich auf alle möglichen Arten untersucht, ausgewertet und öffentlich zugänglich gemacht hat geben, weil das würde weitgehend unbegrenzte Geld- und Personalmittel erforderlich machen.
Als Lösungsvorschlag allein zu fordern "wir müssen effektiver Lobbying betreiben" ist daher wenig nützlich, ganz besonders nicht kurzfristig, aber auch langfristig nur von bedingtem Nutzen: es kann bestenfalls einen Teil der bestehenden strukturellen Probleme lösen. Um auch nur irgendeine Aussicht zu haben, den archäologischen Denkmalschutz über die staatliche Ressourcenbeschränkung hinauszuheben ist es, andere - kreative - Lösungsmöglichkeite zu finden. Dazu kann und muss man an vielen Schrauben des Denkmalschutzes drehen, nicht nur mehr Geld bekommen.
Und noch eins dazu: Lobbying funktioniert nicht dadurch, dass man zu Politikern und anderen Entscheidungsträgern geht und denen sagt "das was wir wollen ist wichtig"; sondern nur dadurch dass man ihnen deutlich zeigen kann, warum es entweder für sie selbst und/oder für die Allgemeinheit und am Besten für beide wichtig ist was wir wollen. Ich weiß das, weil ich nicht nur als Politikersohn unter lauter Politikern aufgewachsen bin sondern seit langem Entscheidungsträger auf diversen Ebenen in diversen Einrichtungen "berate" - lies "Lobbying betreibe" - von Regierungsmitgliedern abwärts.
Ene Methode, Politiker erfolgreich im Sinne "der Sache" zu beraten ist ihnen zeigen zu können, dass es dabei um für Sie signifikante Zahlen von Wählerstimmen geht. Je mehr an sich unbeteiligte Bürger sich für eine Sache einsetzen, Politikern Briefe schreiben, Petitionswebseiten unterschreiben, und Handlungen setzen die Experten in einem bestimmten Gebiet unterstützen, desto eher kann man Politiker als Experte davon überzeugen dass das nicht nur für einen selbst als Experten, sondern auch tatsächlich für "die Allgemeinheit" und damit auch für ihn selbst als von Wählerstimmen abhängiger Mensch auf einem Schleudersessel wichtig ist. Und die Leute, die sich für uns am meisten als "Multiplikatoren" unserer Lobbying-Versuche anbieten sind nun einmal, so unbequem das sein mag, die Metallsucher und Antikensammler, weil diese ein aktives Interesse an den Sachen haben, die auch uns wichtig sind.
Auch daher ist es höchst kontraproduktiv, möglichst viele davon auszugrenzen und als "Raungräber" zu verdammen. Sinnvoller ist es, sie einzubinden und aufgrund des dadurch gezeigten aktiven Bürgerinteresses an Archäologie und mit ihrer aktiver Unterstützung zu Politikern zu gehen und zu sagen "80.000 deutsche Metallsucher wollen dass wir mehr Archäologen haben, die sich besser um die Archäologie kümmern können". Eine Lobby kann man sich nur schaffen in dem man Allianzen auch und besonders mit Gruppierungen schließt, die einem nicht besonders gefallen, aber mit denen man gewisse Interessen teilt - auch wenn man dafür mit ihnen dann Kompromisse schließen muss, was manche Dinge betrifft die einem am Herzen liegen.
Das erreicht man aber nicht, indem man fachliche Ideale von anderen einfordert, während man sie selbst nicht einhalten kann, und sich dann darauf auszureden versucht dass man eh wollen und können würde wenn man nur genug Ressourcen hätte. Dieses Spiel funktioniert nicht mit Metallsuchern, und auch nicht mit Politikern und anderen Entscheidungsträgern.
Und davon abgesehen gibt es heutzutage für die Archäologie viel mehr Geld als noch vor wenigen Jahren: die europäische Archäologie setzt heute - auf Basis der Zahlen aus den 21 europäischen Ländern, die an der DISCO-Studie teilgenommen haben - jedenfalls deutlich über eine Milliarde Euro im Jahr um (weil schon in den 21 teilnehmenden Ländern mehr als 1 Milliarde € umgesetzt wird). Vor 20 Jahren wäre diese Zahl noch völlig unvorstellbar gewesen. Die Anzahl beschäftigter Archäologen hat sich seit 1990 jedenfalls vervielfacht. Und das hat keineswegs dazu geführt, dass die Situation deutlich besser wurde, sondern ganz im Gegenteil haben sich viele Probleme dadurch erst noch viel deutlicher verschärft. Lösungen sind auch daher nicht nur nach "mehr Geld" zu schreien, sondern die zur Verfügung stehenden Ressourcen auch besser einzusetzen, soweit das möglich ist. Und zu diesen Ressourcen gehören übrigens auch Bürger, die Archäologie im Feld einsammeln wollen und das auch tun, egal ob es uns passt oder nicht.
Was sie da als Nepotismus geißeln, oder sogar mit Amtsmisssbrauch in Verbindung bringen ist mindestens genauso verallgemeinernd ungerechtfertigt. Ohne diesen in ihren Augen Nepotismus würde es den Schritt in Baden Württemberg nicht geben. Im übrigen haben nicht die Archäologen diesen ersten Schritt gemacht, sondern die Sondengänger. Die Höhle des Löwen wurde nicht in friedvoller Absicht verlassen, sondern sie wurde von "Gesetzesbrechern" wenn sie so wollen betreten. Was entstehen muss ist vor allem Vertrauen auf der einen wie auf der anderen Seite. Wo dieses zarte Pflänzchen gedeihen konnte, geißeln Sie den Umstand Nepotismus. Darf man so sehen, die weiteren Schritte, die sich daraus entwickelt haben und noch entwickeln werden aber dann auch und werden eines Tages dann resümiert. Ich sage noch einmal es geht in erster Linie um Verantwortung die die Vetterln natürlich einhalten mussten.Vertrauen schaffen können Sie nicht mit Regeln und Gesetzen, Loyalität nicht erzwingen. Daher auch meine Frage nach der rechtlichen Einbindung. Ich kenne inzwischen einige Sondengänger und glauben Sie mir - da habe ich mehr Bauchweh als Hoffnung, dass das gut geht. Noch gilt Zuversicht, ohne Antonym aber auch nur unvollständig, wenn nicht fahrlässig.
Stets findet Überraschung statt, wo man es nicht erwartet hat.
Die Schäden, die wir jetzt haben sind eindeutige Rechtsbrüche und Ordnungswidrigkeiten und das unterscheidet sich von Kollateralschäden, wie ich sie verstehe bzw. hier gemeint habe und das schließt alles ein, was dann entsteht, auch wenn es nicht so gewollt war, um auf ihr ab gezieltes Ergebnis zu kommen, die gemeldete Fundfrequenz/ Dokumentationsmenge zu erhöhen. Masse mit "ausreichend" Klasse, nicht erster Klasse.
Es gibt keine Argumente, die wirkungsvoll genug sind. Das glaube ich tief und fest, weil es zwischen Sondlern und Forschern habituelle Unterschiede gibt, die sich nicht auflösen lassen und dozieren lassen sich solche Argumente auch nicht, weil der Mensch dann immer noch behandelt wird, als hätte er Defizite. Was ein Mensch nicht in sich hat, geht auch nicht von außen hinein. Wer etwas will, findet Wege, wer etwas nicht will, findet Gründe. Ohne Verbote geht gar nichts.
Nach diesem Irrgarten wohl vielleicht ein Teilbereich von Absurdistan?
Jein, auch wenn nach den mir bisher zur Verfügung stehenden Informationen die Situation in Bayern wenigstens bedingt besser zu sein scheint als im Rest Deutschlands. Allerdings nur "kein Schatzregal" zu haben allein genügt nicht, es braucht eben mehr als das, wie zum Beispiel eine Dokumentationspflicht und natürlich auch eine halbwegs vernünftige Laienbetreuung, wie sie das britische PAS bietet (wobei es in England und Wales ein kleines Schatzregal gibt, aber eben mit Finderlohn in Höhe des wahren Wertes bei Schatzfunden - es sich dabei also in Wirklichkeit um ein staatliches Vorkaufsrecht unter anderem Namen handelt).
Das Problem ist nur dass Verbote in diesem Bereich offensichtlich nichts nützen. Und selbst wenn es keine Argumente gibt, mit denen man alle überzeugen kann, gibt es doch manche Argumente mit denen man mehr überzeugen kann als mit anderen Argumenten; und zwar auch ohne Menschen zu behandeln als ob sie Defizite hätten. Und habituelle Muster sind auch nicht unveränderlich, sondern Menschen können sich einen anderen Habitus aneignen und tun das oft auch, vor allem wenn sie durch gute Argumente dazu überzeugt werden.
Und davon abgesehen sage ich auch nicht, dass man nur mit Argumenten arbeiten soll: bessere Argumente sind ein Teil der von mir vorgeschlagenen Strategie, aber zusätzlich dazu schage ich auch vor, jenen, die sich nicht durch Argumente überzeugen lassen, Motivationen zu bieten, die sie dazu motivieren können, ihren derzeitigen Habitus wenigstens teilweise zu ändern.
Gehen wir einmal im Sinne eines Gedankenexperiments davon aus, dass ein gewisser Anteil der Metallsucher die Metallsuche deshalb betreibt, weil sie - wie wir das immer gerne unterstellen - durch finanzielle Profitmotive getrieben werden. Das ist übrigens eine grobe Vereinfachung, weil die meisten seriösen Untersuchungen zur Thematik zeigen, dass nahezu alle Metallsucher von zahlreichen verschiedenen Motiven zur Metallsuche bewegt werden, aber für ein Gedankenexperiment können wir das darauf vereinfachen, dass manche nur aus Profitzecken suchen. Leute, die aus diesem Motiv suchen, werden durch die derzeitigen Lösungen (Verbote und Ausgrenzung) dazu motiviert, Funde zu unterschlagen um sie am Schwarzmarkt in finanziellen Profit umwanden zu können und Befunde und Kontexte möglichst nicht zu dokumentieren, damit wenn sie mit ihren Funden erwischt werden möglichst nicht nachgewiesen werden kann, dass sie diese illegal ausgegraben haben. Erlaubt man solchen Leuten hingegen, ihre Funde unter der Voraussetzung dass sie ihren Fundkontext ordentich dokumentiert und diese Dokumentation auch den zuständigen Ämtern zur Verfügung gestellt haben zu behalten, damit sie diese dann am legalen Antikenmarkt in Profit umwandeln können (mit wesentlich höheren Gewinnspannen als am Schwarzmarkt), werden sie zum Dokumentieren der Kontexte ihrer Funde motiviert. Weil die Dokumentation macht sie nicht nur zum legalen Eigentümer der Objekte, sondern sie steigert auch ihre Gewinnspanne.
Eine Dokumentationspflicht ist selbstverständlich auch ein Verbot: ein Verbot Funde auszugraben ohne deren Kontext einem festgesetzen Standard entsprechend zu dokumentieren. Aber sie ist ein Verbot, das sinnvoller ist als das derzeitige Totalverbot, weil Letzteres eine starke Motivation erzeugt alle Informationen zu Funden (inklusive diese selbst) zu unterschlagen, während das von mir vorgeschlagene Verbot eine starke Motivation erzeugt Informationen zu Funden (inklsuive zu deren Kontexten) aufzuzeichnen und zu melden.
Natürlich hat der Metallsucher Sicherheit: wenn es klare Standards gibt, wie ein Fund und sein Kontext zu dokumentieren sind, muss er sich bloß an diese Standards halten und hat genaso viel Sicherheit wie der professionelle Archäologe, der sich ebenso an diese Standards halten muss. Und der Maximalschaden, der dem Metallsucher entstehen kann, wenn er die Dokumentationsstandards schwerwiegend verletzt ist, dass ihm der Detektorschein entzogen wird und er eventuell eine Verwaltungsstrafe bekommt, so wie wenn er mit dem Auto zu schnell gefahren ist. Nur steht dem Metallsucher im Gelände im Gegensatz zum Autofahrer der selbst entscheiden muss ob er zu schnell fährt oder nicht die Möglichkeit zur Verfügung, professionelle Archäologen beizuziehen, wenn er sich nicht ganz sicher ist, ob er den im konkreten Fall notwendigen Dokumentationsstandard erreichen kann. Aber auch im Fall, dass er Archäologen beizieht, bleibt er der Finder, d.h. durch das Beiziehen der Archäologen entsteht ihm im Zweifelsfall auch kein Schaden, sondern nur zusätzliche Sicherheit dass er nichts falsch machen kann.
Muss der Metallsucher im Gelände eine Entscheidung treffen, wie er mit dem Fund umgeht, welche Dokumentationsstandards notwendig sind um nichts falsch zu machen, und ob er selbst diese Standards erreichen kann? Ja natürlich. Aber eine solche Entscheidung kann man wohl einem halbwegs "Detektorscheinkurs"-gebildeten Metallsucher durchaus zumuten. Oder trifft Ihrer Ansicht nach den Metallsucher, der übers Feld geht, keinerlei Verantwortlichkeit für sein eigenes Handeln und kann man ihm gar keine Entscheidungen zumuten?
Und weshalb habe ich mein Argument das Volk solle letztendlich entscheiden ad absurdum geführt? Ich kann Ihnen da leider nicht folgen. Und von welcher konkreten Kirche reden Sie?
Und davon abgesehen muss in einer Demokratie der Souverän nicht verstehen, was er entscheidet. In einer Demokratie haben die Ungebildeten genauso das Recht bei Entscheidungen mitzuwirken und diese gegebenenfalls auch zu treffen wie die Gebildeten. Wenn die Entscheidung dann nach Gutdünken fällt, dann ist das eben so. Das freut mich nicht, aber was mich freut oder nicht freut ist unwichtig.
Wenn sie dagegen sind, dass auch Ungebildete Mitentscheidungsrechte haben, was schwebt ihnen als Alternative vor? Wer soll dann entscheiden? Sie? Oder wer?
Nur damit ich das richtig verstehe: Sie befürworten also, dass Ämter, also Teile der staatlichen Hoheitsverwaltung, durch ihre Amtsführung grundlegende Menschen- und verfassungsgesetzlich garantierte Bürgerrechte brechen um ein Vertrauensverhältnis mit einigen bevorzugt behandelten Einzelpersonen aufzubauen?
Lieber Herr Ballack,
bei Kommunkationen ist es immer so, dass es weniger darauf ankommt was der Sender einer Nachricht meint als darauf was der Empfänger versteht. Und der Empfänger ist immer gezwungen, den Sinn der Botschaft des Senders zu interpretieren, weil der Sinn codiert ist und der Empfänger diesen Sinncode jedenfalls entschlüsseln muss und damit leicht zu einem anderen Sinn als dem intendierten gelangen kann, und zwar ohne jede bäse Absicht.
Ich glaubte jedenfalls verstanden zu haben, was sie in ihrer ursprünglichen Replik auf meine Kritik an der Diskrepanz zwischen der archäologischen Argumentation gegen Metallsucher und des fachlichen Handelns meinten: dass mein diese Diskussion auslösendes Argument falsch sei, weil ich fälschlich glauben würde, dass das von ihnen beschriebene "Regelvorgehen" beim Baggerabschub des Oberbodens auf archäologischen Ausgrabungen die Ausnahme und nicht die Regel sei. Sie hingegen wüssten aus eigener Erfahrung dass das normale Vorgehen bei Grabungen in Deutschland die von Ihnen genannten sechs Schitte umfasst. Die Probleme, die ich geschildert hätte, würden zwar - und ich zitiere wörtlich - "mitunter noch irgendwo auftreten", aber, und das impliziert ihre Formulierung für mich, wären jedenfalls inzwischen nur noch selten auftretende Mängel.
Es ist natürlich durchaus möglich, dass ich das falsch verstanden habe und das was Sie gemeint haben, als sie meinen Ausführungen widersprachen, nur war, dass es nicht mehr so schlimm wie früher ist, sondern inzwischen auch Beispiele für besseres Vorgehen beim Baggerabschub des Oberbodens auf manchen, vieleicht sogar einem bedeutenden Anteil von Grabungen vorkommen.Was weiß ich, von den tausenden jedes Jahr in Deutschland stattfindenden Grabungen vielleicht ein paar Hundert, vielleicht sogar nahezu die Hälfte das von ihnen vorgestellte Verfahren verwenden, während der Rest - vielleicht etwas, vielleicht deutlich über die Hälfte aller Grabungen - es nicht verwendet.
Sollten Sie Letzteres gemeint haben, entschuldige ich mich, dass ich Sie falsch verstanden habe, führe in diesem Fall aber zur Erklärung meines diesfalls tatsächlich gegebenen Missverständnisses Ihrer Position an, dass dann ihre Ausführungen nicht als Gegendarstellung zu meinem den Ausgangspunkt dieser Diskussion bildenden Argument funktionieren. Weil wenn sie Letzteres gemeint haben bleibt mein Argument natürlich vollinhaltlich aufrecht: es gibt viele "professionelle" archäologische Ausgrabungen in Deutschland, auf denen industrielle Fundvernichtung durch Baggerabschub des Oberbodens ohne sachgerechte Durchsuchung desselben betrieben wird; weshalb ein Argument dass Metallsuche durch Laien schlecht ist, weil die Archäologie eine dreidimensionale Dokumentation jedes Fundes in seinem Kontext benötigt und das durch Metallsucher nicht gewährleistet werden kann und daher archäologische Feldforschungsmaßnahmen auf professionelle Archäologen beschränkt sein müssen, in anbetracht der fachlichen Praktiken falsch und scheinheilig ist, weil eben auch die Durchführung archäologischer Feldforschungsmaßnahmen durch professionelle Archäologen die systematische dreidimensionale Dokumentation jedes Fundes in seinem Kontext nicht gewährleistet.
In diesem Fall ist zwar ihre Behauptung nicht eine der Sorte, dass die von mir beschriebenen Probleme nur "vereinzelte faule Äpfel" darstellen, aber ihre "Gegendarstellung" kein Argument gegen meines, sondern nur ein Verweis darauf dass meine Darstellung vielleicht in manchen Belangen etwas überzeichnet ist. Darauf dass meine einleitende Argumentation vereinfachend überzeichnet ist, darauf können wir uns gerne einigen, aber ich habe den obigen Beitrag schließlich auch nicht als mein wissenschaftliches Hauptwerk verfasst, in dem ich auf hunderten von Seiten detailliert die Situation analysiere und dabei sowohl bestehende Mängel als auch in jüngerer Zeit langsam aufkommende Behebungen dieser Mängel gegeneinander abwäge, sondern ich habe einen (ohnehin für dieses Medium schon überlangen) Facebook-Beitrag verfasst, in dem ich gezwungenermaßen grob vereinfacht habe.
Nein, das haben Sie nicht richtig verstanden, das habe ich nicht gemeint. Der Fokus liegt auf der Verantwortung und dem damit verbundenen Vertrauen, das erst entstehen muss, um die Verantwortung an Dritte, Fremde weiter geben zu können. Meine Frage nach der rechtlichen Einbindung müsste Ihnen zeigen, dass es mir sehr darauf ankommt Gesetze ein zu halten und nichts zu verändern ohne die gesetzlichen Grundlagen erst dafür zu schaffen.. Ich beschrieb die Frage nach Verantwortung anhand der "schwäbischen Initialzündung" deren weiterer Verlauf in hohem Maße dem Wunsch nach Veränderung und Einbindung ebenso wie der Forderung nach einem rechtlich sauberen Weg entspricht. Sie wollen das Rad lieber neue erfinden, weil Ihnen die Reifengröße nicht schmeckt? Nach zu lesen auf der homepage des LDA Stuttgart. Hier jetzt Einzelpersonen bevorzugt zu behandeln steht meines Wissens nicht in der homepage. Da steht, ohne jetzt nochmal genauer nachgeschaut zu haben sinngemäß so etwas wie: "Wir laden (a l l e ) ein,...." Die Türen zur Mitarbeit, die sie haben wollen stehen schon lange offen. Wenn Ihnen das nicht schnell und weit genug geht, liegt das vielleicht an Ihrer Ungeduld.
Bei Ihren Argumentationsketten fängt alles beim Urknall an oder endet beim jüngsten Gericht. So lässt sich alles begründen oder verwerfen. Wenn die fortschreitende Erderwärmung nicht eingedämmt wird, brauchen wir gar nichts mehr schützen und aufheben, weil das eines Tages keiner mehr braucht oder wissen muss. Oder alles fällt in ein schwarzes Loch und die wahren Argumente liefern uns die Astronomen.Weder Zeugnisse vom Ursprung der Menschheit bis hin zu ihrem Essen. Letzte Wahrheiten predigen gerne auch Vertreter der Religionen. Es ist sicherlich möglich, Eskimos Kühlschränke zu verkaufen, weil die z.B. eines Tages, schreitet die globale Erwärmung fort, ein begehrtes und damit wohl teures Gut sein werden, dass man besser jetzt schon vorsorgen sollte, aber solche Diskussionen fördern mit Sicherheit nicht das Verständnis für die Belange der Archäologie und dem Kulturgüterschutz in einem überschaubaren Rahmen für die jeweils nächste und übernächste Generation. Die Entscheidung etwas weg zu schmeißen kennt jeder, der Zeug auf dem Dachboden lagert. Man braucht es erst, wenn es weg geschmissen ist.
Dass es - vor allem in den letzten paar Jahren - diverse Verbesserungen gegeben hat habe ich nie bestritten. Ich bezweifle dennoch, dass diese sich bereits ausreichend durchgesetzt haben um als Standard angesehen werden zu können - weil wäre dem so hätten wohl hoffentlich die deutschen Landesarchäologen inzwischen ihre Grabungsrichtlinien (die als normierte Standardbeschreibung angesehen werden können) entsprechend angepasst. Ich bezweifle auch nicht, dass sie solche besseren Methoden im Feld im Einsatz beobachten konnten und auch in ihrer eigenen Arbeit zur Anwendung bringen. Ich mache das auch: ich habe zum Beispiel seit Mitte der 1990er auf keinen meiner Grabungen mehr einen Bagger zum Oberbodenabschub zum Einsatz gebracht, sondern stets manuell abtiefen lassen, samt entsprechender Durchsuchung und im Fundfall sachgemäßer Dokumentation jedes angetroffenen Fundes. Aber dass ich das so machen lasse auf meinen kleinen Forschungsgrabungen bedeutet nicht dass das von mir verwendete Vorgehen fachlicher Standard ist, und auch nicht, dass dieses Vorgehen auf Rettungsgrabungen sinnvoll ist, wo tatsächlich aufgrund der äußeren Umstände des Vorhabens andere Standards (die weniger akribisches Vorgehen erlauben) sinnvoll sind.
Und als Abschlussbemerkung: dafür dass Sie mir vorwerfen ich würde Ihre Kommentare nicht gründlich genug durchlesen lesen Sie meine überraschend wenig gründlich durch.
Ad Anonym vom 7.10.2014 7:30 MEZ: Ob sich Metallsucher von meinem Konstrukt beeindrucken lassen würden weiß ich nicht, aber die Frage ist weniger ob sie sich beeindrucken lassen, sondern mehr die ob die Art der - gesetzlichen oder sonstigen - Regelung verhaltenssteuernd wirken kann, weil sie Metallsucher zu bestimmten Handlungen motiviert. Ich denke - und zwar auf Basis von Evidenzen wie der Tatsache dass manche Regelungsysteme wie z.B. das britische PAS oder die dänische Lösung andere Auswirkungen haben als z.B. die bisherigen deutschsprachigen Regelungen - dass Regelungen durchaus eine verhaltenssteuernde Wirkung entfalten können. Diese Wirkung ist zwar sicherlich nicht eine 100%, aber eine, die durchaus nicht zu vernachlässigen ist, weil sie bedeutende Anteile der Metallsucher dazu motivieren kann ihr Verhalten in einer bestimmten, vorhersagbaren Weise zu verändern. Das ganze folgt dem Prinzip der Nudge-Theorie der Verhaltenspsychologie.
Kann man damit die erreichen, die unbedingt Gesetze brechen wollen weil sie einen Kick daraus bekommen? Vermutlich nein. Aber ich sehe nicht, dass die Mehrheit der Metallsucher ihrem Hobby nachgeht, weil es den "Reiz des Verbotenen" hat. Wenn überhaupt ist das vielleicht ein zusätzlicher Motivationsfaktor für manche davon, aber die Hauptmotivation ist es wohl nur für sehr wenige.
Und dass es die "Schieflage", dass die Denkmalpflege oft bei Eigentümern verhasst ist, ebenso anzugehen gilt, da stimme ich Ihnen völlig zu. Aber das setzt auch eine Analyse voraus, weshalb die Denkmalpflege bei manchen Leuten so "verhasst" ist; und setzt voraus dass man von Seiten der Denkmalpflege dann auch Maßnahmen setzt, die geeignet sind diesen Hass abzubauen.
Ad Anonym vom 7.10.2014 14:41 MEZ: Ob die Schäden, die wir jetzt haben, tatsächlich - wenigstens in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle - eindeutige Rechtsbrüche und Ordnungswidrigkeiten sind, ist durchaus diskutierbar. In Österreich habe ich gerade gezeigt, dass die Auslegung des DMSG durch das BDA, das alle Metallsuchen durch Laien als Rechtsbrüche und Ordnungswidrigkeiten betrachtet, in der vom Amt propagierten Form mit Sicherheit nicht haltbar ist und eine gute Chance besteht dass in Österreich die Metallsuche - und zwar auch mit dem Zweck der Entdeckung und Untersuchung von Bodendenkmalen - außer auf durch Verordnung oder Bescheid denkmalgeschützten Flächen vollkommen legal ist. Ähnliches könnte - weil die gesetzlichen Bestimmungen jeweils grundlegend nicht unähnlich zu denen des österreichischen DMSG formuliert sind - auch in vielen deutschen Ländern gelten, auch wenn die Denkmalämter das anders sehen oder wenigstens so tun als ob sie das anders sehen würden.
Aber unbeachtlich dessen, ja, natürlich muss man auch gewisse Kollateralschäde im von Ihnen definierten Sinn von Masse mit "ausreichend" Klasse und nicht mit erster Klasse in Kauf nehmen. Aber auch das tut man jetzt schon, und sei es nur weil die Archäologie durch die äußeren Umstände dazu gezwungen wird. Der Kern meines diese Diskussion ausgelöst habenden Argumentes ist ja eben genau der, dass die Archäologie ihre eigenen theoretischen Ansprüche (die "erste Klasse") in der Praxis der Feldforschung nicht einmal annähernd erreicht. Das soll aber keineswegs heissen, dass die Archäologie ihre praktische Feldforschung in der Regel nicht mit "ausreichender" Klasse betreibt: die bei Rettungsgrabungen gewonnenen Informationen sind vielleicht nicht immer ganz so gut und detailliert wie die, die bei einer in Geld schwimmenden, in aller Ruhe durchgeführt werden könnenden Forschungsgrabung gewonnen werden, aber in der Regel sind sie für vernünftige archäologische Auswertungen trotzdem gut genug. Kollateralschäden in Ihrem Sinn passieren im Feld dauernd, und werden auch vom Fach ungeniert in Kauf genommen, soweit es unsere eigene Arbeit betrifft. Darum argumentiere ich ja auch, dass man nicht anderen vorschreiben kann, dass sie keinen (Kollateral-) Schaden erzeugen dürfen, während wir ihn systematisch in Kauf nehmen.
Ich habe gar nichts zu entscheiden. Und es interessiert wie Sie zurecht sagen, nicht, was ein Anonymus postet. Aber solange ich mein Maul füttere, sagt es halt was ich denke. Vielleicht denkt über diese Beiträge ja jemand nach, der das kann oder zumindest zu einer sinnvollen Lösung beitragen kann und klüger ist als wir alle zusammen. Vom Ergebnis lasse ich mich gerne überzeugen und habe auch kein Problem damit dann zu sagen, gut dass ich nicht entschieden habe, weil ich hatte Unrecht. Vielleicht denkt das in der Kirchengemeinde ja auch schon jemand. Die Gemeinde hat keinen eigenen Pfarrer mehr,und wird nach künftigen Stellenplänen auch keinen mehr bekommen, die langjährigen Nägel in den Kirchenbänken sind tot und die zunehmende Leere in dem als Folge einer Entscheidung neuen Haus hat vielleicht doch den ein oder Anderen - für das nunmehr halb zerstörte Denkmal zu spät - bekehrt. Auf solche Belege könnte ich persönlich verzichten.
Ah, danke für diese Erklärung, die hilft schon einmal.
Was ich allerdings nicht ganz verstehe (auch nachdem ich mir die Webseite des LDA durchgelesen habe) ist, weshalb Prospektionen mit Metallsuchgeräten ausschließlich nur auf bereits überplanten Flächen erfolgt, selbst wenn der Metallsucher die vorgesehene Schulung erhalten hat. Die auf der Webseite des LDA angegebene Begründung, das unsachgemäße Bergen von Funden führe zum Verlust von Kontexten kann im Fall geschulter Metallsucher wohl nicht zutreffen, weil diese ja in der Schulung sachgemäße Bergung erlernt haben und auch auf im Auftrag des LDA auf gewissen Flächen zur Fundbergung eingesetzt werden, ihre Fähigkeit zur sachgerechten Bergung also nicht in Frage stehen kann (weil sonst dürfte das LDA sie ja ohl kaum zu dieser Tätigkeit einsetzen, oder?). Weshalb kann also selbst der geschulte Metallsucher als Privatperson nicht eine Nachforschungsgenehmigung auf einer nicht unter Denkmalschutz stehenden / ein Grabungsschutzgebiet darstellenden Fläche erhalten, die er durch Metallsondenprospektion wissenschaftlich erforschen will? Wenn er nicht eine NFG für Flächen beantragen kann, die nicht geschützt sind, aber auch nicht überplant sind, die er aber durch eine Metallsondenprospektion erforschen will, wie ist das mit der Forschungsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG vereinbar? Und wie ist diese Bschränkung selbst für geschulte Metallsucher mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, wenn professionelle Archäologen eine Bewilligung für Forschunsggrabungen erhalten können?
Oder kann der Metallsucher doch eine seinen Forschungsinteressen entsprechende NFG erhalten und wenn ja, warum wird das auf der Webseite des LDA dann nicht erwähnt sondern davon gesprochen, dass Metallsondenprospektionen ausschließlich auf überplanten Flächen erfolgen?
Und meine Argumentationsketten fangen weder beim Urknall an noch enden sie beim jüngsten Gericht. Als Wissenschafter neige ich aber dazu, mit meinen Argumentationsketten nicht an der Oberfläche zu verbleiben, sondern zur Substanz der Fragestellung vorzudringen zu versuchen. Und diese Fragestellung war für mich im konkreten Fall: sind die Argumente, die die archäologische Wissenschaft in der Regel gegen die Metallsuche durch Laien ins Feld führt in Anbetracht der professionellen archäologischen Feldforschungspraxis gerechtfertigt oder sind sie es nicht. Meine Antwort darauf ist und bleibt in Angesicht der bisher hier und anderswo vorgebrachten - oder vielmehr eigentlich großteils nicht vorgebrachten - Gegenargumente zu meiner Argumentationskette, dass die bisher durch die Archäologie vorgebrachten Argumente gegen die Metallsuche in Anbetracht unserer fachlichen Praxis nicht haltbar sind. Meine Argumentation scheint mir - auch wenn ich mich hier gerne von Gegenteil belehren lasse, falls dies der Fall sein sollte - auch in BW zuzutreffen, dass nämlich die archäologische Praxis häufig weit hinter die theoretische Idealvorstellung abfällt.
Aber noch einmal: ich lasse mich gerne belehren, wenn meine Argumentation in BW nicht zutreffen sollte. Wenn in BW in der überwiegenden Mehrheit der Fälle alle Metallfunde im Oberboden bei archäologischen Forschungs- und Rettungsgrabungen sachgemäß dokumentiert und nicht oft einfach mit dem Bagger abgeschoben werden, nahezu alle Funde in den Depots in ausgezeichnetem Erhaltungszustand und eindeutig einer sachgemäßen Dokumentaton zuordenbar sind und der wissenschaftliche Auswertungsstand der staatlichen Sammlungen irgendwo über 80-90% liegen sollte (wenigstens des Bestandes, der vor mehr als 5 Jahren ins Archiv aufgenommen wurde), wäre mir das sehr recht und würde mich sehr freuen.
Hallo Herr Professor Karl,
damit ich Sie wirklich verstehe, habe ich da noch eine Frage.
Nehmen wir einfach mal an, das zu 60% der Grabungen, wo ein Bagger
eingesetzt wird, so abläuft wie ich es beschrieben habe und bei denn
restlichen 40% leider immer noch durch die "industrielle Fundvernichtung
durch Baggerabschub des Oberbodens ohne sachgerechte Durchsuchung"
erfolgen.
Und sagen wir mal, das die Argumentation daher tatsächlich falsch wäre, und
Sie hätten recht. Nur was aber, bedeutet das dann genau für die Sondengänger?
So weit sind wir doch gar nicht auseinander. Sie betreiben Haarspaltereien, wo sie gar nicht notwendig sind. Die Rahmenbedingungen sind für meine Begriffe weitestgehend durchdacht.
Sie drängen dagegen in eine Richtung, die mich an das Ende der DDR erinnert nach dem Motto: Wir heben die Kontrolle auf, um die Kontrolle nicht ganz zu verlieren.
BW sehe ich so:
Metallsondenprospektion muss Teil der archäologischen Untersuchung sein und im Auftrag und in der Verantwortung der Denkmalstelle stehen und bleiben. 2. kommen überplante Flächen in Frage. Dies stellen die Landesarchäologen fest und erteilen einen schriftlichen Auftrag als Legitimation, ist also an eine Person gebunden, die geschult ist (Ausweis) Ausweis und Auftrag sind im Gelände mit zu führen. Das Einverständnis des Grundstückseigentümers muss außerdem vorliegen. Das hat den Vorteil, dass der Sondengänger nicht mit Unsicherheiten und Entscheidungen allein gelassen ist. Sie machen schon wieder den zweiten Schritt mit dem ersten. Ein zweiter Schritt ist meines Wissens vor gesehen und sinnvoll und dürfte auch Ihnen gefallen. Lassen Sie den Leuten doch ein Bisschen Zeit. Nach Schulung und Praxis im Felde ist es sinnvoll, dass der ehrenamtliche Mitarbeiter nun auch selber Flächen vorschlagen kann. Das Prozedere ist im Prinzip das gleiche: Abklärung Genehmigung des Eigentümers, Auftrag. Warum brauchen wir mit aller Gewalt großflächige, pauschale Lösungen, weil es in jedem Falle um einen Einzelfall mit seinen ganz individuellen Lösungsstrategien gehen muss. Man kann überplante Flächen auch um akut gefährdete Flächen erweitern. Sie selbst räumen ja ein, dass eine akute Gefährdung im Einzelfall vorliegen kann, aber auch unbegründet sein kann. Auf diesem Feld ja, weil, auf diesem nicht, weil...Der pauschale Schuh passt nicht immer. Ein geschulter und erfahrener Mitarbeiterstamm darf sich doch auch entwickeln.Selbst archäologische (Grabungs-) Lösungen laufen nicht nach Schema F, Im Einzelfall ist die Sonde gerechtfertigt oder nicht. Minimieren wir Fehler, in dem wir die Prüfung vor den Einsatz setzen. Genau das scheint mir hier vor zu gehen. Da werden auch Leute zwangsweise miteinander reden müssen und das Wort eines erfahrenen "Heimatforschers oder Ehrenamtlichen oder Geländebegehers" wird da sein Gewicht finden.
Reden sie den Schaden ohne Kontrolle doch nicht immer pauschal klein. Ob und wie der entsteht können Sie doch gar nicht wissen, wenn sie das nicht am konkreten Bodendenkmal messen. Das LDA richtet sich zurecht gegen die Sondengänger, die nicht in dieses Prozedere ein bezogen sind, oder sich dieser Kontrolle entziehen. Hier ist die geschätzte Unbekannte ( auch da argumentieren sie nicht mit Fakten) an Sondengängern indiskutabel. Die werden auch keine Dokumentationen liefern.
Aber, dazu müssen die Rahmenbedingungen stimmen und entsprechende Referate ausschließlich dieses Arbeitsfeld bedienen und entsprechend personell aus gestattet sein. Die Möglichkeiten hierfür halte ich noch für nicht ausreichend. Wenn die Einsätze schon im Vorfeld klar besprochen sind, konkrete Aufträge für konkrete Flächen bestehen, fällt die Verantwortung und die Gefahr falsch oder überfordert im Gelände Entscheidungen zu treffen oder treffen zu müssen weitgehend weg oder ist doch deutlich minimiert. Die Hinzuziehung, die sie selbst für gut heißen, hat quasi schon weitgehend im Vorfeld statt gefunden. Die Praxis sieht aber bisher nicht so aus, ist erst auf dem Weg. In zwei von drei Fällen die zu meiner Schulung gehörten, waren die Flächen schon ab geschoben und Prospektionen fanden zwischen den Plana der laufenden Grabung statt. So sollte es nicht laufen.
Zitat erster Beitrag: (erster Satz) " Entscheidend wird sein, welche Schlüsse aus all diesen Erkenntnissen gezogen werden und ob und wer hier sinnvolle Schlüsse zu ziehen überhaupt in der Lage ist bzw. diese dann auch umsetzen kann." Das ist auch jetzt noch mein Stand der Dinge, an denen auch diese Diskussion wieder mal nichts geändert hat.
Außerdem, dies vergaß ich noch, passt das außerordentlich gut in die choice architecture, die mit dem kleinen Anstoß arbeitet. Die Option hier legal mit machen zu dürfen, oder als "Gesetzesbrecher" da zu stehen ist durchaus eine Gewichtung von Optionen, die Anreize schafft. Das ist bereits in den Foren bemerkbar. ,
und noch: Möglich, dass die im Moment Verantwortlichen da viel weiter gehen würden, werten wir das als ersten Schritt in die vielleicht richtige Richtung, aber Systeme neigen dazu sich selbst zu erhalten und eine Veränderung bedeutet auch Widerstände in den eigenen Reihen.
Zit.:..."dass Regelungen durchaus eine verhaltenssteuernde Wirkung entfalten können. Diese Wirkung ist zwar sicherlich nicht eine 100%, aber eine, die durchaus nicht zu vernachlässigen ist, weil sie bedeutende Anteile der Metallsucher dazu motivieren kann ihr Verhalten in einer bestimmten, vorhersagbaren Weise zu verändern. Das ganze folgt dem Prinzip der Nudge-Theorie der Verhaltenspsychologie.
Genau das geschieht nach meiner Meinung in Baden Württemberg, das interessierte Sondengänger dazu einlädt, an wissenschaftlichen Prospektionen teil zu nehmen. Es werden sich ( wohl vielleicht auch nicht zu 100%) doch Sondenbesitzer melden, die die Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden wollen und bisher vergeblich suchen. Das wären dann meine "bedeutenden Anteile"Die Chance ist deshalb groß, an jene heran zu kommen und ein zu binden, denen ein legaler Weg bisher verschlossen war. Für ein Land der hardliner, deren Einstellung man bisher in Kreisen von Landesarchäologen als nicht zukunftsfähig ein geschätzt hat, doch ein Schritt in die richtige Richtung. Es wird in der Struktur der Denkmalpflege Ländersache bleiben denke ich und auch die Struktur in BW wird gerade mal wieder um gebaut. Schauen wir doch mal, was dabei heraus kommt.
Zit.: "...wie ist das mit der Forschungsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG vereinbar? Und wie ist diese Bschränkung selbst für geschulte Metallsucher mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, wenn professionelle Archäologen eine Bewilligung für Forschunsggrabungen erhalten können? "
Sie wissen sehr genau, dass diese allgemeine Forschungsfreiheit durch jeweilige Gesetze ihre Einschränkungen in den jeweiligen Bereichen hat und entsprechend geregelt ist. Da geht nicht in jedem bereich, dass Alle Alles machen können. Es erübrigt sich eigentlich, dazu ein Beispiel an zu führen. Die Schulung der Sondengänger vermittelt höchst ein geschränkte Kompetenzen. Eine Krankenschwester hat aus gutem Grunde keine Entscheidungskompetenzen bei einer OP. Ein erfahrener Arzt ist aber gut beraten, auf Einwände einer erfahrenen Schwester hören. Der Doktortitel ist nicht alles, aber hier liegt die Verantwortung. Sicherlich ist eine Einzelfundbergung keine OP am offenen Herzen, mehr als eine Einzelfundbergung darf es aber auch nicht sein und die Zahl der Einzelfundberger muss kontrollierbar und bewältigbar bleiben. Natürlich gibt es da draußen Ressourcen ( Heimathirsche, Kenner vor Ort, die im Einzelfall ausgebildeten Archäologen überlegen sein können, aber genau die gilt es zu erreichen und ein- zu binden. Wie schon gesagt Klasse, statt Masse. Kein Mensch hat gesagt dass da alle einfach gestrickt sind. ) Ich weiß, dass das als Arroganz ausgelegt wird. Jeder, der am Ende nicht draufzahlen will, konsultiert einen Fachmann, wer Geld sparen will oder muss, zahlt am Ende drauf. Theoretisch kann also aus meiner Sicht wirklich jeder eine Grabungsgenehmigung erhalten, auch Lieschen Müller, die Frage ist nur, ob das klug ist, und es muss abgewogen werden, ob eine Grabung überhaupt opportun ist, und zwar in jedem einzelnen Fall neu.
Lieber Herr Ballack,
wenn man davon ausgeht dass die "traditionelle" archäologische Argumentation gegen Metallsuche durch Laien falsch ist, weil die archäologische Realität der archäologischen Idealvorstellung nicht entspricht (egal wie das genaue Verhältnis zwischen z.B. ordentlich und nicht ordentlich dokumentiertem Oberbodenabschub ist) bedeutet das für Metallsucher erst einmal - wenigstens unmittelbar - nur sehr wenig; außer dass bisher bestehende Verbote mit falschen Argumenten begründet wurden. Das kann mittelbar die Folge haben, dass eine Anfechtung dieser Verbote aussichtsreicher wird, also dass man vor Gericht eher eine Aufhebung dieser Verbote erreichen kann.
Wofür es hingegen unmittelbare und maßgebliche Folgen haben sollte ist für Denken und Verhalten der Facharchäologie: ist unser bisheriges Argument nicht haltbar muss man entweder ein neues, besseres Argument dafür finden, warum man weiterhin so vorgehen soll wie man es bisher getan hat; oder man muss sein Verhalten ändern; oder eine Kombination aus beidem. Denn wissentlich auf Basis eines falschen Arguments bestimmte, Dritte unbegründet exkludierende Handlungen zu setzen ist wissenschaftlich und sozial unethisch und daher zu unterlassen.
Und wenn Sie nachlesen, was ich in meinem ursprünglichen Post zur Thematik gesagt habe werden Sie bemerken, dass es genau das ist, was ich angesprochen habe: unser Argument ist falsch, wir müssen also unsere Position neu überdenken und entweder bessere Argumente finden oder unser Verhalten ändern. In weiterer Folge von mir in der Diskussion gemachte Vorschläge, wie wir eventuell unser Denken und Handeln ändern könnten, um dieser Erkenntnis und den daraus folgenden Handlungsnotwendigkeiten Rechnung zu tragen, sind meine Vorschläge, wie wir Fachleute auf diese Erkenntnis reagieren könnten und vielleicht sollten. Das hätte dann natürlich mittelbar auch Folgen für Metallsucher.
Aber ganz grundsätzlich ging es mir bei meinem diese Diskussion auslösenden Argument weniger um die Metallsucher als um uns selbst und unser Fach, weil ich bin nicht Metallsucher, sondern archäologischer Wissenschafter. Daher betreffen und beschäftigen mich in erster Linie fachliche Theorie, Praxis, Argumentationen und vor allem auch deren Ethik: worum es mir geht ist, dass WIR uns richtig verhalten, und zwar nicht nur im Bereich der Grabungstechnik, sondern auch überall dort wo unsere fachlichen Interessen auf die Interessen anderer Bevölkerungsgruppen treffen.
Nun, man kann eben sehr geteilter Meinung sein, inwiefern solche Maßnahmen weit genug gehen. Und man kann auch sehr geteilter Meinung sein, wie weit man ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Bodendenkmälern ausdehnen kann und wie breit sich der Begriff Bodendenkmal fassen lässt, damit sich noch ein halbwegs Gewicht habendes öffentliches Interesse an seiner Erhaltung postulieren lässt. Und bedenken Sie bitte: jedes staatliche Eingreifen in bürgerliche Freiheiten darf nur dann erfolgen, wenn ein gewichtiges öffentliches Interesse besteht, dass den staatlichen Eingriff rechtfertigt.
Hier spielt eben mein oben geführtes Argument eine bedeutende Rolle: die archäologische Praxis zeigt nicht zuletzt das Ausmaß des öffentlichen Interesses, das an der Erhaltung von gewissen Bodendenkmälern - wie zum Beispiel Kleinfunden im Oberboden - besteht. Und dieses ist in der Regel gering, wenn nicht sogar verschwindend gering, und zwar nicht nur bei der Ausgrabung, sondern durch den ganzen archäologischen Prozess hindurch.
Die Frage, die sich für mich daraus ergibt ist die: kann man in Anbetracht der Tatsache, dass diesen Fundgegenständen und ihren Kontexten nur ein minimales archäologisches Interesse zukommt, das wissenschaftliche Interesse aber wiederum ein potentiell bestehendes öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung begründet, vom bestehen eines ausreichend starken öffentlichen Interesses in diesem Bereich ausgehen, dass ein staatliches Eingreifen in bürgerliche Freiheiten gerechtfertigt ist.
Und die Antwort darauf ist, wenigstens meiner Meinung nach, wenigstens unter den derzeitigen Umständen, ein klares Nein: es besteht kein ausreichendes öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung. Daher hat der Staat - und damit auch dessen Ämter - sich in diesen Bereich an sich nicht einzumischen, so sehr es die Fachbeamten in den dafür zuständigen Ämtern auch wollen würden. Will man eine staatliche Steuerung bürgerlichen Handelns in diesem Bereich erzielen, muss man meiner Ansicht nach andere Mittel dafür verwenden, die sich eben auch begründen lassen müssen. Und zwar anders als mit der Behauptung "Metallsondenprospektion muss Verantwortung der Denkmalstelle sein", weil das ist kein Argument, sondern ein autoritär-dogmatisch verkündeter Wunsch.
Und was die choice arcitecture betrifft: da liegt eben das Problem. Natürlich beeinflussen auch die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen die choice architecture, aber eben in einer ganz bestimmten und nicht sachdienlichen Weise, wie schon mehrfach ausgeführt: man versucht mit den bestehenden Verboten die Entscheidung zu beeinflussen, ob jemand mit dem Metallsuchgerät sucht oder nicht (und das hat auch eine gewisse generalpräventive Wirkung, wenngleich auch diese Wirkung sehr beschränkt ist, wenn die deren Verhaten beeinflusst werden soll die Beschränkung nicht als gerecht empfinden, siehe dazu die Ausführungen von Tylor zur Frage warum sich Menschen an Gesetze halten). Und soweit man derzeit Zahlen hat scheinen die zu zeigen, dass die - intendierte - präventive Wirkung der derzeitigen Verbote minimal ist. Dafür entfalten diese Verbote dann eine starke - nicht intendierte - verhaltenssteuernde Wirkung auf jene, die trotzdem suchen: nachdem die Suche an sich verboten ist, muss der, der trotz des Verbots sucht, alles was mit seiner Suche in Verbindung steht möglichst geheim halten um sonstiger Strafe zu entgehen.
Das was ich vorgeschlagen habe setzt hingegen nicht auf der Ebene der Generalprävention an, sondern zielt auf die Steuerung des Verhaltens bei der Suche. Dadurch, dass man eben - wenn man meinem Vorschlag folgen würde - nicht das Verhalten "Metallsuche" an sich unter Strafe stellt, sondern bestimmte Arten von Metallsuchverhalten belohnt und andere Arten von Metallsuchverhalten bestraft, würde man Verhaltensmuster anders beeinflussen als durch den Versuch der Generalprävention. Und das wäre wenigstens meiner Meinung nach viel sinnvoller, wel wie die Wirklichkeit zeigt funktioniert hier die Generalprävention nur sehr, sehr schlecht, während Metallsucherverhalten anders zu steuern versuchende Systeme soweit sich das für mich erkennen lässt weit besser zu funktionieren scheinen.
Für jemanden wie mich, der weder Abitur hat, demnach auch kein Hochschulstudium absolvieren konnte, kommt man da leicht ins Trudeln und mir vermitteln Sie mit Ihrer Ansicht und Wertung der Konventionen von La Valetta/Malta dass sie eigentlich so wenig Auswirkung auf den Schutz der Denkmale haben, wie die jeweiligen Denkmalschutzgesetze. Ich hatte den Schutz der primären Quellen immer als prioritär verstanden. Entschuldigen Sie, wenn ich das, was dann unterm Strich herauskommt nicht verstehen will. Dann sind diese Gesetze das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind, genau so wenig wie das, was ich unter Denkmalschutz wenigstens bisher verstanden habe. Wie schwierig alles in der Ausführung/Durchführung z.B. von Unterschutzstellungsverfahren ist, zeigt sich für mich u.a. darin, dass es schon möglich ist, Bodendenkmalmanagement an einigen Universitäten in Form eines Aufbaustudiums zu erlernen. Das hat wohl meist seinen Schwerpunkt im Bereich Denkmalpflege. Wohl nicht als universitäres Studienfach, wird aber wohl zurecht als von Wissenschaftlern betrieben für notwendig erachtet. Liebe Archäologen, nehmt das Volk, das letztlich entscheiden soll bitte mit auf Euren Wegen, am besten mit Worten, die wir verstehen und die Sondenlöcher im Wald notfalls als Kulturgüterschutz verstehen und nicht bei jedem Loch im Gelände die Polizei rufen! Bei so vielen Protagonisten mit den jeweils sicher gut begründeten Forderungen ist es kein Wunder, dass sich mittlerweile jeder hier seine eigene Wahrheit schafft und nach ihr handelt, notfalls auch gegen bestehende Gesetze.
Zum Thema Forschungsfreiheit: Ja natürlich ist mir bewusst, dass die Forschungsfreiheit eingeschränkt werden kann. Aber, und das ist mein Punkt, die Einschränkung muss sachlich begründet und so gering sein wie nur möglich ist, weil die Forschungsfreiheit ein zentrales schutzwürdiges öffentliches Interesse darstellt, dass nur zum Schutz anderer ähnlich wichtiger öffentlicher Interessen beschränkt werden darf.
Wenn man geschulte Sondengänger einsetzen kann, um auf überplanten Flächen Bergungen durchzuführen, dann braucht es eine sehr gute Argumentation weshalb diese nicht auch auf nicht überplanten Flächen suchen dürfen. Da brauchen wir nicht Krankenschwestern und Ärzte dafür strapazieren und was die tun dürfen oder nicht, sondern wir können ganz problemlos im Bereich der Archäologie selbst bleiben, um zu beurteilen, ob durch die Nachsuchen auf diesen unterschiedlichen Bodenflächen schutzwürdige öffentliche Interessen maßgeblich anders betroffen werden. Werden sie das, dann ist eine Unterscheidung zulässig, werden sie es nicht, dann nicht. Und ich vermag keine relevante öffentliche Schutzinteressen betreffende Unterscheidung zwischen der überplanten und der nicht überplanten, aber auch nicht unter Denkmalschutz stehenden Fläche zu erkennen: in beiden Fällen liegt kein konkretes öffentliches Erhaltungsinteresse an irgendwelchen sich auf betroffenen Flächen befindlichen Objekten vor. Wäre dem nämlich anders, hätten die Flächen unter Denkmalschutz gestellt werden oder wenigstens als Grabungsschutzgebiet ausgewiesen werden müssen. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung von "wichtigen Geschichtsquellen" lässt sich eben nicht beliebig auf "alles was es geben könnte" ausdehnen; das wäre unverhältnismäßig. Und nachdem sich in dieser Beziehung auch keine Sonderstellung der Archäologie argumentieren lässt, gibt es keinen Unterschied der es erlaubt zwischen den Handlungen in einer Weise zu unterscheiden, die es gestattet in einem Fall dem ausgebildeten Metallsucher die Handlung zu erlauben und sie ihm im anderen Fall zu untersagen.
Gleiches gilt in Bezug auf die Unterscheidung zum professionellen Archäologen: der zur Bergung von Oberflächenfunden ausgebildete Metallsucher hat offensichtlich die Kompetenz dazu erworben, sonst dürfte ihn das Landesamt nirgendwo für diese Aufgabe einsetzen. Der professionelle Archäologe hingegen hat die Kompetenz dazu erworben, auch stärker in Befunde und Kontexte eingreifende archäologische Maßnahmen durchzuführen, wobei bei professionellen Archäologen keine Unterscheidung getroffen wird, ob sie diese Maßnahmen auf überplanten oder nicht überplanten Flächen durchführen: beide Fälle werden bei professionellen Archäologen rechtlich gleich behandelt. Werden sie aber bei professionellen Archäologen rechtlich gleich behandelt, müssen sie auch bei Metallsuchern rechtlich gleich behandelt werden.
Auch die Vorstellung, dass die Zahl er Einzelfundbergungen kontrollierbar bleiben muss, ist völlig verfehlt: dies setzt ein schwerwiegendes öffentliches Interesse an einer solchen Kontrolle voraus. Dieses öffentliche Interesse scheint mir jedoch überhaupt nicht gegeben zu sein, vielmehr ist dieses Interesse bestenfalls ein postuliertes, aber nicht entsprechend solide argumentiertes Interesse einer unter ganz bestimmten epistemologischen Voraussetzungen agierenden archäologischen Wissenschaft bzw. bestimmter Fachvertreter dieser Wissenschaft, wobei diese epistemologischen Voraussetzungen selbst innerhalb der archäologischen Wissenschaft nicht unumstritten sind, und das drückt es noch freundlich aus.
Genau das muss man sich eben meiner Meinung nach innerhalb der Archäologie ganz dringend und gut überlegen und diskutieren: was tun wir da überhaupt, warum und wie tun wir es, was brauchen wir dafür, was können wir leisten, und welche Ressourcen haben wir dafür? Das fehlt derzeit fast völlig, und dementsprechend inadäquat sind die "Lösungen", die wir gefunden haben, die allesamt weit mehr unseren Wunschträumen als unseren Realitäten entsprechen.
Die Missstände in der Landesarchäologie werden im deutschen Sprachraum die Fachkollegen nicht so ohne Weiteres öffentlich in den Mund nehmen.
Warum von den Fachkollegen in Deutschland hier nichts kommt, verstehe ich gut. Jeder Hund weiß, dass es unklug ist, in die Hand zu beißen die ihn füttert. Das System erhält sich, seine Befürworter und Sponsoren um seiner Existenz willen ( ars gratia artis. )
Nun denn, Herr Professor Karl hält sich gerade in Berlin auf, daher habe ich
nun die Gelegenheit, in aller Ruhe weitere Kommentare zu schreiben.
2)
Siehe mein Kommentar 1.1 bis 1.6.
Interessanterweise findet man in den Veröffentlichungen häufig den Hinweis,
das es sich bei dem Fund um einen Oberflächenfund handelt. Selbst wenn
dieser Hinweis in den Veröffentlichungen fehlt, was leider tatsächlich keine
Seltenheit ist (vermutlich geht der Verfasser davon aus, das diese kleine
Information dem Leser nicht interessiert), findet man zumindest in dem
Grabungstagebuch diese Information und ist daher für die spätere
Auswertung nicht verloren.
3)
Siehe mein Kommentar 1.1 bis 1.6.
Woher haben Sie die 90%? Es ist zwar richtig, das bei Rettungsgrabungen
häufig die "Sampling-Strategie" angewendet wird, wenn aufgrund von
politischen Entscheidungen die Grabungszeit unverhältnismäßig sehr kurz
gehalten werden muss. Da aber jede Rettungsgrabung nicht gleich sondern
immer anders ablaufen kann, darf man nicht einfach davon ausgehen, das
90% der "ungestörten" Befunde undokumentiert zerstört werden, bzw. Funde
unentdeckt bleiben. Zusätzlich sollte man auch nicht außer Acht lassen, das
aufgrund der angestiegenen Anzahl von Rettungsgrabungen, an neuen und
verbesserten Grabungsmethoden gearbeitet wurde und noch weiterhin wird.
Viele Grabungsunternehmen, bzw. Archäologen / Grabungstechniker haben
sich darin spezialisiert, wodurch der Verlust von Befunde und Funden weiter
verringert werden konnte. Und man darf auch davon ausgehen, das die
Verluste aufgrund der gesammelten Grabungserfahrungen, sich in naher
Zukunft noch weiter verringern lassen.
Da man vorher nicht wissen kann, wie die Rettungsgrabung ablaufen wird,
und wie viel tatsächlich am Ende in Prozenten an Befunde undokumentiert
zerstört worden sind, sei es nun 10%, 40%, 60% oder 90% (?), kann das
schwer als Argument für die Freigabe der Bauflächen für Sondengänger herhalten. Und selbst wenn tatsächlich leider nur 10% an Befunde vor der
Zerstörung dokumentiert werden konnte, sind das immer noch 10% mehr, als
bei einem Sondengänger.
4)
Ja es ist richtig, was Sie da schreiben, das auf Grabungen auch
"unausgebildete" Grabungsmitarbeiter arbeiten, es ist sogar fast die Regel!
Ein Skandal? Nein, nicht wirklich.
Eine Grabung ist, oder sollte es zumindest, wenn dafür die Zeit vorhanden ist,
auch ein Lehrbetrieb. Grabungstechniker und Archäologiestudenten müssen
neben der Grabungstheorie (die einem vorher vermittelt wurde) auch die
Gelegenheit dazu erhalten, die vorher gelernten Techniken aus der Theorie eben durch die Teilnahme an einer Grabung in die Praxis umzusetzen.
Sie werden auch nicht einfach auf irgendwelche "Dinge" losgelassen, sondern
dabei durch erfahrene Grabungsteilnehmer begleitet.
Neben dem Lehrbetrieb werden evtl. auch Langzeitarbeitslose eingesetzt,
wenn für die Grabungen zu wenig Personal vorhanden ist. Nur werden sie
eher für die groben Arbeiten eingesetzt, quasi übernehmen sie die Arbeit von
einem Bagger. Aber auch ihnen werden vorher die theoretischen
Grabungsgrundlagen vermittelt und während der Arbeit von erfahrenen
Grabungsteilnehmern begleitet. Es wäre schön, wenn in Zukunft mehr
Langzeitarbeitslose zu Grabungstechniker umgeschult werden könnten, da
viele mit Begeisterung bei den Grabungen dabei waren und auch am Ende
erstaunliche Fähigkeiten bessaßen. Aber leider ist das von mir und vielen
ehemaligen Grabungsteilnehmer ein Wunschdenken, da eben aufgrund der
Sparpolitik kaum freie und gut bezahlte Arbeitsplätze vorhanden sind.
Und die Sondengänger? Nun, die Grabungen, wo eben auch Sondengänger
mitarbeiten dürfen (übrigens nicht nur mit dem Metalldetektor, sondern auch
mit der Schaufel oder Kelle), hat zugenommen. Unter den Sondengänger
findet man nicht nur elende Raubgräber, sondern auch viele archäologisch-
bzw. geschichtsbegeisterte Personen, die gerne mal auf einer Grabung
dabei wären. Zum Glück ändert sich bei vielen Archäologen, wenn zum Teil
auch langsam, die negative Einstellung gegenüber den Sondengängern.
Dadurch sind die aktiven Detektorengruppen in den Landesämter, wie zum
Beispiel in Schleswig-Holstein, erst möglich geworden und deren Verluste
wäre für die Archäologie ein großer Schaden, da deren Mitarbeit mittlerweile
unersetzlich geworden ist. Natürlich lässt sich diese Zusammenarbeit,
Sondengänger und Archäologen, weiter verbessern und ist daher für alle eine
Verpflichtung daran aktiv zu arbeiten.
Und wenn nun doch unausgebildete Personen auf Grabungen ohne
Beaufsichtigung aufgrund von Geld- und Personalmangel losgelassen werden
und evtl. auch schon wurden? Ist zwar ein sehr ärgerlicher Skandal und sollte
auch in der Öffentlichkeit gerügt werden, aber der Schaden an sich wird
sicherlich in Prozenten viel geringer ausfallen, als wenn die Grabungsstelle
vorher durch illegale Sondengänger ausgeplündert worden ist. Daher kann ich
darin auch keine Argumentation für die unkontrollierte Sondengängerei
erkennen.
4.2)
Zum Thema Magazinierung von Funden könnte ich jetzt tausende von Seiten
schreiben. Es ist auch hier von Ihnen richtig, das viele Probleme vorhanden
sind. Ich selber habe mich vor ca. zwei Wochen darüber sehr geärgert, das
ein Fundobjekt, das ich mir genauer ansehen wollte, zurzeit unauffindbar
ist?! Auch das Problem von Fundobjekten, die in dem Magazin verfallen, ist
mir nicht unbekannt. Warum das so ist, werde ich vielleicht in einem späteren
Beitrag gerne näher erläutern.
Aber sind dadurch nun die Funde tatsächlich bei einem Sondengänger besser
aufgehoben als in einem staatlichen Magazin?
Vielleicht, wenn er die einem Restaurator zugeführt hat und für eine optimale
Magazinierung Sorge trägt. Wird das von dem Sondengänger garantiert,
selbstverständlich durch Unterlagen, die das auch bestätigen, dann sollte man
tatsächlich darüber in der Archäologie / Denkmalpflege nachdenken, ob das
nicht ein sinnvoller Umgang mit den Denkmälern für die Zukunft wäre.
Diese Idee ist aber neu, kommt auch nicht von mir, sondern wurde auch
schon innerhalb von der DGUF besprochen und in Öffentlichkeit veröffentlicht.
Aber zurzeit sieht es doch eher danach aus, das trotz zahlreicher vorhandene
Probleme, die Erhaltungswahrscheinlichkeit eines Objektes in einem Magazin
um einiges, wenn nicht sogar deutlich höher liegt, als in der Vitrine eines
Sondengängers. Dazu kommt leider auch noch, das viele Fundobjekte nach
dem Tod des Sondengängers dann von den Angehörigen samt, falls
vorhanden, Dokumentation einfach in die "Tonne" geworfen wird.
5)
In der Tat haben sich die Bodenverhältnisse im Laufe der Zeit verändert.
Und ja, nicht alle Fundobjekte sind heutzutage in dem Bodenarchiv vor dem
Verfall bestens geschützt. Aber das waren sie ja vorher auch schon nicht,
nicht mal schon vor den 1920ern. Denn wie Sie schon angedeutet haben,
gute Erhaltungsbedingungen sind von Ort zu Ort unterschiedlich vorhanden.
Die Oberflächenfunde auf einem Acker ist kein modernes Phänomen, die
gab es schon immer, und wenn man in den alten Unterlagen sucht, findet
man gelegentlich interessante oder witzige Berichte über Ackerfunde aus den
letzten Jahrhunderten, wie zum Beispiel ein grausiger Knochenfund im
19. Jahrhundert auf einem Acker.
Nebenbei möchte ich an dieser Stelle unbedingt anmerken, da in der
Diskussion über die Mitarbeit von Sondengänger in der Denkmalpflege, das
gerne übersehen wird, das lange bevor es die Sondengänger gab,
ehrenamtliche geschichtsinteressierte Bürger die Äcker nach
Oberflächenfunden abgesucht und die Fundstellen aufwendig in mühevoller
Arbeit in Karten, worauf der Acker in Planquadrate eingeteilt worden war
(GPS stand zu dieser Zeit noch nicht zur Verfügung), eingetragen haben.
Diese ehrenamtlich tätigen Mitmenschen, die ihre Freizeit für die Geschichte
investieren, sollte man in der gesamten Diskussion nicht vernachlässigen, nur
weil sie nicht mit einem Metalldetektor unterwegs sind, auch wenn einige
Sondengänger davon nichts wissen wollen.
Aber nun zurück, zu dem was Sie geschrieben haben. Wenn wir uns absolut
sicher sind, das ein Objekt im situ letztendlich der Vernichtung preisgegeben
ist, sei es durch die Landwirtschaft oder sonstige Einwirkungen durch was
auch immer, dann könnte man darüber diskutieren, ob man die Sondengänger
unkontrolliert auf solche Flächen nach Objekten suchen und ausbuddeln
lässt. Nur der Harken dabei ist: wir wissen das vorher nicht.
Selbst auf Äcker, wo man befürchtet hatte, das die Funde aufgrund exzessiver
Bewirtschaftung zerstört oder zumindest schwer geschädigt sein müssten,
wurden (zur Überraschung sämtlicher Grabungsteilnehmer) sämtliche Funde
sowie Befunde in situ in einem hervorragenden Zustand aufgefunden.
Und ja, schon morgen kann ein tonnenschwerer Harvester ein Bodendenkmal
irgendwo in Deutschland unerkannt vernichten, aber wo wird das passieren,
wenn überhaupt?
Bei dem aktuellen "Hortfund von Rülzheim", der von einem oder mehreren
illegalen Sondengänger aus dem Waldboden gebuddelt worden ist, wurde der
Boden nicht vorher von einem Harvester durchgewühlt und der Einsatz war
auch nicht für die nächsten Jahre geplant.
Aber in der Tat sorgt der dramatisch vermehrte Einsatz von Harvester in den
Wäldern für neue erhebliche Probleme für den Denkmalschutz, das unbedingt
Beachtung finden sollte. Da der Einsatz aber vermutlich schwere ökologische
Langzeitschäden verursacht, könnte sich das Problem aufgrund von
ökologischen und ökonomischen Interessen seitens der Waldbesitzer von
alleine lösen. Zumindest ist das meine Hoffnung.
6)
Es ist für mich sehr erschreckend, wenn in den letzten Jahren sich vermutlich
die Situation in den Magazinen in Österreich nicht wesentlich verbessert hat.
Ich kann das aber nicht beurteilen, da ich mich nicht mit Österreich
beschäftige, und nehme das daher einfach Mal von Ihnen ungeprüft zur
Kenntnis. Wobei es mir ehrlich gesagt schwerfällt das zu glauben, das in
österreichische Magazine nur ca. 50% aller Funde katalogisiert sind.
Es kann vielleicht in einem Magazin vorkommen, das dort (warum auch
immer) zahlreiche Fundobjekte zur Hälfte nicht katalogisiert worden sind,
aber doch nicht Mehrheitlich in österreichische Magazine?!
Hier in Deutschland hat sich dafür einiges getan. Zwar befinden sich auch hier
die meisten Fundobjekte nicht in einem Museum, sondern in einem Magazin.
Aber das hat auch triftige Gründe (*1) und sollten daher nicht negativ
betrachtet werden. Auch die Katalogisierung scheint hier wohl eindeutig
besser zu sein, als in Österreich. Ich habe bisher kein Magazin angetroffen,
wo über 30% an unkatalogisierte Fundobjekte gefunden worden sind.
Natürlich gibt es auch hier "Überraschungsfunde", wobei darunter sich auch
viele Fundobjekte befanden, die aufgrund von "Kriegseinwirkung" durch die
Verluste der Dokumente "verloren" gegangen sind. Ordentliche geführte
Kataloge sind nicht nur ein Segen, sondern zugleich auch ein Fluch für die verantwortlichen Personen, da erst dadurch auch Fundverluste / Fundverlegungen auffallen können, die es leider gegeben hat aber immer
mehr weniger werden.
Bei all der zum Teil berechtigten Kritik darf man nicht aus den Augen verlieren, das der heutige Zustand bei einigen Magazinen entweder Größenteils
Altlasten aus der Vergangenheit sind, wo man der Magazinierung noch keinen hohen Stellenwert innerhalb der Archäologie zugesprochen hat, oder mangels
Verständnis seitens der verantwortlichen Politik durch Einsparungen an
Infrastruktur und Personal vernachlässigt worden sind.
Wobei das Problem mit dem lieben Geld leider immer noch sehr aktuell ist,
und vermutlich aufgrund zahlreicher Wirtschaftskrisen wieder weiter ansteigen
wird.
Nichtsdestotrotz hat sich die Situation in den meisten Bundesländer
verbessert. Ich selber habe die Einweihungen von neuen modernen Magazine
erlebt und auch die Einführung von verbesserten Katalogisierungssystemen.
Dank modernste Technik (Großregallagersysteme, QR-Code, 3D-Scanner,
3D-Drucker etc.), die wir heutzutage zur Verfügung haben, hat sich schon
vieles in den Magazinen der Landesämter verbessert und wenn die Politik
weiterhin mitspielt, wird sich da noch mehr tun.
Und wie sieht es mit den Privatsammlungen der Sondengänger aus?
Nun, dazu schrieb ich ja schon etwas --> 4.2.
Wobei ich dort vergessen habe zu erwähnen, das in sehr vielen Vitrinen die
Funde aufgrund ungeeignete Restaurierungsmethoden nicht nur weiterhin von
einem Verfall bedroht sind, sondern in einigen bedauerlichen Fällen dieser
Vorgang sogar beschleunigt worden ist.
Da liegt die Absurdität doch offen:
Zit: "Wenn sie dagegen sind, dass auch Ungebildete Mitentscheidungsrechte haben, was schwebt ihnen als Alternative vor? Wer soll dann entscheiden? Sie? Oder wer?"
Eigentlich müsste ich als Sondler -, wäre ich denn einer- sagen, jawoll ja, ich!
Sie gestehen zu, dass der Ungebildete, der Kirchgänger, der ein modernes Haus will nach Gutdünken, der Hobbysondler an der Sonde im Felde entscheiden darf, soll muss... und weträgt die Verantwortung ? Ist dann ja wohl auf irgend einer schrägen Strecke ihrer Argumentationskette verloren gegangen. Ihre Zirkelschlüsse gehen nirgendwo sinnvoll auf. Ich will und kann dieses freie Gutdünken mit der Sonde im Felde nicht akzeptieren. Dieses Hin und Her von Interessen und Rechten ist doch der Boden, auf dem der Denkmalschutz fußt, damit nicht alles zwischen verschiedenen Interessen untergeht. Wenn die Schutzrechte nicht greifen oder nicht weit genug greifen, dann liegt hier die Baustelle und ich denke langsam es ist die eigentliche und wichtigere.
Danke, dass Sie uns die Augen öffnen, um zu erkennen, dass hier unter mindestens genauso verlogenen Argumenten ehrenamtlich Arbeitende mit einem falschen Bild von ihrer Landesarchäologie ausgegangen sein müssen. Es bestünde immerhin der ausweg, die Anklage gegen die Archäologie in der Schublade von Narzismus oder Egomanie eines Selbstdarstellers verschwinden und unbeachtet zu lassen. Der Stoff ist aber auch geeignet, seine ehrenamtliche Arbeit zu hinterfragen bzw. ganz in Frage zu stellen, denn hier stinkt es nach der Entwertung von Lebensleistungen, auch bei Professionellen Archäologen, die man wohl aus reinem Selbstschutz einstellen muss. Darüber wird sicher jemand nachdenken. Ich zumindest investiere und mache keinen Profit. Positiv: Wird billiger, wenn hier bei vielen der Sinn abhanden kommt. Tolle Leistung.
Man kann das Modell von Prof Karl noch bedeutend optimieren, indem man Fundprämien für gewisse Kategorien auslobt und den freien Markt für Funde öffnet, die nicht von wissenschaftlicher Relevanz sind ( so ne Art Unbedenklichkeitsbescheinigung bzw. Verzichterklärung im Namen des Volkes) (positiver Sondenkuckuck) Der Anreiz mit der Sonde ins Feld zu ziehen ist mir zu halbherzig. Konkurrenz belebt das Geschäft und vielleicht werden die Preise für die Sonden dann auch mal fallen. Die wirken auf mich wie ab gesprochen. Da geht noch was.
Lieber Kai-Erik Ballack,
danke für die ausführliche Antwort auf meine Argumente. Und vor allem danke dafür, dass Ihre Ausführungen mein Argument im Grunde genommen bestätigen. Ich werde nicht auf jeden einzelnen ihrer Punkte im Detail eingehen, weil das meiner Meinung nach wenig Sinn hat, sondern nur allgemein Antworten.
Die mangelnde Sinnhaftigkeit einer detaillierten Antwort begründet sich hauptsächlich dadurch, dass Sie meine Kritikpunkte grundsätzlich als richtig anzusehen scheinen, nur der Ansicht sind, dass in keinem Fall die von mir kritisierte Situation tatsächlich „so schlimm“ ist, wie ich das angeblich dargestellt habe (was ich meiner Meinung nach nicht habe, aber darüber können wir mangels solider Evidenzen ewig diskutieren). Es ist nämlich – wie auch schon in unserer Diskussion hier ausgeführt – für das von mir geführte Argument weitgehend irrelevant ob nun der Oberbodenabschub mit dem Bagger auf 25, 50 oder 75% aller Grabungen ohne vorherige Durchsuchung mit dem Metallsuchgerät erfolgt; auf archäologischen Rettungsgrabungen „sampling-strategien“ zur Anwendung kommen bei denen 10, 25, 50, 75 oder gar 90% aller vorhandenen, noch ungestörten Befunde unterhalb des Oberbodens weitgehend bis vollständig undokumentiert zur Zerstörung freigegeben werden; oder ob in den Depots öffentlicher Einrichtungen nur 10, 25, oder gar über 50% der gelagerten Funde nicht ordentlich katalogisiert sind; noch ob nun nur 1%, doch 2,5% oder sogar 5 oder 10% aller in diesen Einrichtungen deponierten Funde und Befunde wissenschaftlich ausgewertet wurden; und es sogar das eine oder andere Museum geben mag, dass seit 100 Jahren fast keine Neuzugänge mehr hat und wo daher der Katalogisierungsstand bei nahezu 100% und der wissenschaftliche Auswertungsstand um die 50% oder sogar darüber liegt (und ja, diese gibt es auch, sogar in Österreich). Denn nichts davon ändert etwas an der Tatsache, dass die Begrenzung archäologischer Arbeiten auf – weitgehend bis vollständig ausschließlich – professionelle Archäologen nicht etwa die „vollständige sachgerechte Dokumentation aller wichtigen archäologischen Informationen und die Rettung aller archäologischen Funde vor der Zerstörung“ garantiert, wie wir das in unserer bisherigen Argumentation gegen die Metallsuche durch Laien regelhaft behauptet haben; sondern alle die Schäden, derentwegen wir bislang argumentiert haben dass Metallsuchen durch Laien generell verboten oder wenigstens einer allgemeinen archäologischen Bewilligungspflicht unterworfen werden müssten und diese nur unter weitgehend vollständiger archäologischer Kontrolle stattfinden dürften, auch – und oftmals aufgrund der durchschnittlich weit höheren Bodeneindringtiefe professioneller archäologischer Maßnahmen und der durch diese betroffenen, durchschnittlich weit größeren Bodenflächen deutlich stärker – durch archäologische Maßnahmen erzeugt werden, die mit entsprechender Bewilligung durch professionelle Archäologen durchgeführt werden.
Man kann jetzt natürlich gerne darüber diskutieren, wer mehr archäologische Schäden erzeugt, wir, „die professionellen Archäologen“ oder „die Metallsucher“. Aber eine Diskussion über das „wer macht mehr Schaden“ hat auf das von mir oben geführte Argument keine Auswirkungen, denn meine Kritik an der traditionellen archäologischen Argumentation gegen Metallsuche durch Laien ist ja genau die, dass wir die Metallsucher an einer archäologischen Idealvorstellung, nämlich der „perfekten archäologischen Erhaltung in situ oder durch Dokumentation“ messen, die wir in unserer tatsächlichen Praxis der professionellen Archäologie selbst nicht einmal annähernd erreichen. Meine Kritik bezieht sich darauf, dass wir in unseren bisherigen Argumenten gegen die Metallsuche durch Laien mit zweierlei Maß messen, nämlich einerseits dem „Idealmaß“, an dem wir die Handlungen der Metallsucher messen, und andererseits dem „Realmaß“, mit dem wir unsere eigenen Handlungen messen. Misst man hingegen beide Handlungen, die der Metallsucher und die unserer Praxis, mit dem gleichen Maß, dann liegen der von uns und der von Metallsuchern produzierte Schaden mitnichten so weit auseinander liegen, wie wir in unseren Argumenten tun.
Wie man damit praktisch umgeht ist eine Sache, zu der ich noch gleich kommen werde. Wie man im Sinne eines wissenschaftsethischen Verhaltens damit umgeht ist hingegen eine andere Sache: wissenschaftsethisch muss klar sein – und darum ging es mir hauptsächlich in meinem Argument – dass die Verwendung eines derart ungleichen Maßstabs zur Beurteilung des Verhaltens anderer und des eigenen Verhaltens und die Begründung von primär diese anderen betreffenden und vor allem nahezu ausschließlich diese anderen in ihren Freiheiten beschränkenden Ver- und Geboten mit einer solchen Bewertung mit zweierlei Maß vollkommen inakzeptabel ist. Es verstößt eine solche Argumentation gegen alle Grundlagen guter wissenschaftlicher Praxis und damit auch gegen die Grundlagen der wissenschaftlichen Ethik und diese Argumentation ist daher abzulehnen. Die angewandte Beurteilungsmethodik ist nicht nur grundfalsch, sie ist noch dazu eigennützig in einer Weise gewählt, um Eigeninteressen der Wissenschaft – scheinbar „wissenschaftlich objektiv“ – gegen die ebenfalls wenigstens grundsätzlich berechtigten Interessen anderer durchsetzen zu können. Argumentiert eine Wissenschaft als Fachgemeinschaft ihrer Vertreter in einer solchen Weise, verliert sie die Berechtigung sich noch als Wissenschaft betrachten zu dürfen: sie wird zum Advokaten der Interessen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe (die sich aus welchen Gründen auch immer fälschlicher Weise als „die Fachwissenschaft“ betrachtet), die eine vorgespiegelte Wissenschaftlichkeit dafür missbraucht um das durchzusetzen, was sie will; und zwar in erster Linie Privilegien für ihre eigenen Angehörigen. Damit macht man die Wissenschaft kaputt; und zwar weit mehr als wenn man teilweise ihre Quellen zerstört.
Aus dieser wissenschaftsethischen Erkenntnis ergibt sich eine Zwangsfolge, wenn man seine Wissenschaftlichkeit nicht am Altar der Fachinteressensvertretung opfern möchte (und nur um das klarzustellen, ich möchte das nicht, weil ich mich primär der Wissenschaftlichkeit und nicht den Fachinteressen verpflichtet fühle): man muss die bisherige Argumentation aufgeben, weil diese bisherige Argumentation, streng wissenschaftlich beurteilt, falsch ist.
Das bewirkt nun, neuerlich als Zwangsfolge, die Notwendigkeit, etwas zu ändern; und damit kommen wir in den Bereich der praktischen Konsequenzen. Ändern kann man entweder etwas an der Argumentation, oder etwas an den aus dieser Argumentation abgeleiteten Folgen (z.B. der bisher durch diese Argumentation begründeten gesetzlichen Regeln und praktischen Durchführungsbestimmungen), oder an beidem. Dazu muss man zuerst einmal über die Argumentation nachdenken; und zwar – um neuerlich wissenschaftlich zu bleiben – auf Basis der Wirklichkeit, die wir wahrnehmen können. Und dann muss man darüber nachdenken, welche Folgen sich aus der neuen Argumentation ableiten lassen können; und zwar – um auch hier wissenschaftlich zu bleiben – neuerlich unter Berücksichtigung der wahrgenommenen Wirklichkeit.
Und wenn Sie meinen ursprünglichen Text genau gelesen hätten, statt sich unheimlich darüber aufzuregen, dass ich es in meiner bodenlosen Frechheit wage zu sagen dass in der Archäologie nicht alles so zugeht wie wir das gerne hätten und sich daraus Konsequenzen für unsere Argumentation ergeben müssen; und statt zu versuchen zur Rettung der archäologischen Ehre gegen meine Argumente damit anzureiten dass Sie sagen dass es zwar bis zu einem gewissen Grad stimmt was ich sage aber es nicht immer und überall wirklich so grottenschlecht in der Archäologie zugeht wie ich es (an sich eh nicht) behauptet haben soll; dann hätten Sie vielleicht bemerkt, dass es genau das ist, was ich sage: unser bisheriges Argument ist in Anbetracht der wahrnehmbaren Wirklichkeit falsch und wir sollten uns daher bessere Argumente ausdenken, wenn wir Beschränkungen der Metallsuche durch Laien begründen wollen. Und wenn Sie vielleicht noch genauer gelesen hätten, was ich geschrieben habe, dann hätten Sie auch gesehen, dass ich keineswegs für eine vollständige, unkontrollierte Freigabe der Metallsuche durch Laien eintrete; sondern ganz im Gegenteil gesagt habe, dass ich auch für eine Beschränkung der Metallsuche durch Laien bin.
Das einzige, wogegen ich in meinem Argument eingetreten bin, ist diese Beschränkungen der Metallsuche durch Laien auf ein Argument zu stützen, das wissenschaftlich unhaltbar ist; und zwar nicht zuletzt aus dem Grund, dass dieses Argument – und die aus ihm abgeleiteten Handlungskonsequenzen – unseren eigentlichen fachlichen Interessen mehr schadet als nutzt; das Argument also nicht nur wissenschaftlich falsch ist, sondern auch praktisch schädlich ist, eben weil es die Realität völlig ignoriert und stattdessen mit einer Wunschvorstellung und ideologischen Dogmata operiert.
Statt sich mit diesem fundamentalen Problem zu beschäftigen haben Sie jetzt viel Ihrer – und auch etwas von meiner – Zeit darauf verschwendet, das bisherige Argument dadurch zu „retten“ zu versuchen, dass Sie argumentieren dass meine Realitätswahrnehmung zwar im Grunde genommen stimmt aber – um es etwas salopp auszudrücken – etwas zu pessimistisch ist und daher Ihre Gefühle verletzt und die mancher unserer Fachkollegen auch verletzen könnte. So sehr ich die Mühe schätze, die Sie in diesen Versuch gesteckt haben und wohl auch weiter stecken werden, es ist vergebene Liebesmüh, weil damit kommen wir nicht weiter.
Neuerlich, um das ganz klar auszudrücken, damit auch kein Zweifel bestehen kann, was ich meine: ich will auch, dass die Metallsuche durch Laien gewissen Beschränkungen unterworfen wird. Ich bin auch dagegen, dass die Metallsuche durch Laien zur Gänze und völlig uneingeschränkt freigegeben wird. Unsere Anliegen unterscheiden sich in dieser Beziehung also überhaupt nicht. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich allerdings der Ansicht, dass man zur Begründung solcher Beschränkungen bessere Argumente braucht als das, das wir bisher verwendet haben, und dass wir eventuell – aus den besseren Argumenten folgend – andere Beschränkungen bräuchten als wir sie derzeit haben, weil andere Beschränkungen vermutlich weit realitätsnäher und damit auch viel sinnvoller wären.
Wie diese besseren Argumente und sinnvolleren Lösungen aussehen sollten soll und muss diskutiert werden. Darum habe ich auch in meiner ursprünglichen Argumentation zum Thema genau darum gebeten: welche realitätsnäheren Argumente können wir tatsächlich ins Feld führen, um Beschränkungen der Metallsuche durch Laien nachvollziehbar zu argumentieren? Welche Tatsachen müssen wir bei der Formulierung solcher besseren Argumente und der daraus folgenden Beschränkungsmöglichkeiten der Metallsuche durch Laien bedenken? Und natürlich auch: was halten Metallsucher als primär betroffene von solchen alternativen Argumenten und den daraus folgenden Beschränkungsmöglichkeiten? Lassen sich diese besser mit ihrer Realitätswahrnehmung vereinen und mit ihren Interessen vereinbaren als die bisherigen Beschränkungen, oder würde dadurch nur eine ohnehin schon schlechte Situation weiter verschlechtert, und wenn Letzteres, warum?
Darum ging und geht es mir. Habe ich selbst eine Meinung, was bessere Argumente sein könnten und welche sinnvolleren Lösungen sich daraus ergeben würden? Natürlich! Aber darum geht es mir akut nicht besonders; weil was ich glaube und auf welche Fakten ich diesen Glauben stütze, das weiß ich schon. Ich würde gerne von anderen Archäologen hören, welche alternativen Argumentationsmöglichkeiten sie sehen, die bessere Argumente gegen eine unbeschränkte Metallsuche durch Laien sein könnten. Zentral ist dabei das Wort ALTERNATIV: es soll nicht um eine „Ehrenrettung“ der Archäologie und ihres bisherigen Arguments gegen die Metallsuche durch Laien gehen, sondern darum, andere und eventuell bessere Argumente zu finden.
Daher die Frage, damit Sie Ihre Zeit vielleicht sinnvoller verwenden können: fallen Ihnen alternative Argumente gegen die unbeschränkte Metallsuche durch Laien ein? Neue Argumente, die auch unter den derzeit gegebenen Realitäten eine Beschränkung der Metallsuche durch Laien rechtfertigen können, ohne dass wir mit zweierlei Maß messen müssen? Also Argumente die haltbar und nachvollziehbar sind?
Und übrigens, noch ein Kommentar zum Thema "Geldmangel" in der Archäologie: inwieweit es den gibt, vor allem im Vergleich zu früher, scheint mir alles andere als sicher. Betrachten wir einmal die jüngsten Zahlen zum Jahresumsatz der Archäologie in Deutschland und Österreich, die sich aus den Discovering the Archaeologists of Europe-Berichten der beiden Länder hochrechnen lassen.
Ich gehe jetzt nicht auf die Details dieser Hochrechnung ein, weil das zu kompliziert wäre, aber kurz gesagt beruht diese auf einer Hochrechnung aus der Zahl der Beschäftigten, deren Durchschnittsgehältern, und den dazu geschätzten Lohnnebenkosten und Sachmitteln. Daraus lassen sich grobe Umsatzzahlen schätzen, bei denen es - nachdem sie sehr hoch ausfallen - egal ist, ob die sich ergebenden Schätzwerte um ein paar Millionen €, in Deutschland sogar ein paar 10 Millionen € daneben liegen.
Nimmt man also die Zahlen der DISCO-Studien her und rechnet daraus den Jahresumsatz der deutschen und österreichischen Archäologie hoch, dann kommt man in etwa auf die folgenden Zahlen:
In Deutschland dürfte der Jahresumsatz der Archäologie 2013 geschätzt irgendwo im Bereich zwischen € 360 Millionen und € 0,5 Milliarden gelegen haben. Diese große Schwankungsbreite liegt vor allem an der großen Schwankungsbreite, die die deutsche DISCO-Studie für die Zahl archäologischer MitarbeiterInnen angibt (zwischen 4.700 und 7.000 in Deutschland bezahlt beschäftigte ArchäologInnen).
In Österreich dürften es 2013 etwa € 55 Millionen gewesen sein.
Umsatzzahlen, auch nur geschätzte, von früher gibt es soweit ich weiß zwar keine, aber ich kann sagen, was es ungefähr vor 25 Jahren, als ich in Wien zu studieren begann, nach Auskunft meiner damaligen Lehrenden an Archäologenposten in Österreich gab. Das waren etwa 100 Stellen, was etwa 1/10 dessen ist, was es heute in Österreich an Archäologenstellen gibt. Daraus lässt sich ganz grob schätzen, dass - in heutigen Werten gerechnet - der Jahresumsatz der österreichischen Archäologie irgendwo um das Jahr 1988 bei etwa € 5,5 Millionen lag. Ich nehme an, dass es in Deutschland nicht wesentlich anders war, man also grob davon ausgehen kann, dass vor etwa 25 Jahren so etwa ein Zehntel der heute existierenden archäologischen Arbeitsplätze existiert haben und daher auch der Jahresumsatz der Archäologie damals etwa ein Zehntel des heutigen Jahresumsatzes war. Vergleichbare Anstiege lassen sich übrigens auch in anderen Ländern dokumentieren, aus denen tatsächlich historische Daten zu archäologischen Arbeitsplätzen über mehrere Jahrzehnte hinweg vorliegen, z.B. Großbritannien.
Jetzt kann man natürlich lange darüber streiten ob es damals 1/10 oder nur 1/5 des heutigen Jahresumsatzes gab, aber das wären schon wieder weitgehend unwichtige Details. Der relevante Punkt ist, dass heute viel mehr Geld für Archäologie ausgegeben wird als noch vor einem Vierteljahrhundert. Es ist also keineswegs so, dass wir in Zeiten von Mittelkürzungen leben, ganz im Gegenteil leben wir in Zeiten von einem gewaltigen Mittelzuwachs.
Das Problem ist also nicht, dass wir von „den Anderen“ (dem Staat und den Staatsbürgern) zunehmend weniger Geld für die Erledigung unserer Arbeit zur Verfügung gestellt bekommen würden; sondern vielmehr, dass sich die Verteilung der Mittel innerhalb der Archäologie massiv verschoben hat. Und daran sind zwar nicht nur wir Schuld, aber wir sind wenigstens mit Schuld daran.
Weil vor noch etwa 25 Jahren waren die Mittel, die die Archäologie bekommen hat, halbwegs gleichmäßig auf Datengewinnung, Datenerhaltung und Datenauswertung verteilt. Das war natürlich schon damals bis zu einem gewissen Grad ein Problem, weil die Datenerhaltung und –auswertung mittel- und langfristig viel höhere Kosten verursachen als die Datengewinnung. Die Datengewinnung – die archäologische Landesaufnahme und Ausgrabungen – sind zwar kurzfristig recht kostenintensiv, aber stellen „einmalige“ kurzfristige Aufgaben dar, während Erhaltung und Auswertung langfristige Daueraufgaben sind, die daher Dauerkosten verursachen und somit langfristig weit teurer sind als die Datengewinnung.
Die Mittelzuwächse der letzten 25 Jahre sind nun aber praktisch zu 100% in die Finanzierung zusätzlicher Datengewinnung gegangen – vor allem in die Durchführung von Rettungsgrabungen – während wir tatsächlich im Bereich der Datenerhaltung und –auswertung mit meistens stagnierenden, wenn nicht langsam schrumpfenden Mitteln konfrontiert sind. Wenn überhaupt bekommt man in diesen Bereichen neuerlich einmalige größere Beträge zur Anschaffung eines neuen Depotgebäudes, also zur Datenlagerung, aber nicht zusätzliche laufende Sach- und schon gar keine zusätzlichen Personalmittel, mit denen man sich vermehrt um die Datenerhaltung und –auswertung kümmern könnte. Resultat davon ist, dass wir mehr und mehr Daten gewinnen, aber mit diesen immer weniger tun können, weil man uns zur Datengewinnung Geld in großen Mengen nachwirft aber am eigentlich langfristig teureren Ende spart.
Das liegt nun natürlich nicht nur an uns, aber auch an uns. Ursache dafür ist in erster Linie die Veränderung des Finanzierungsmodells von archäologischer Forschung, weg von einer weitgehend bis vollständigen staatlichen Finanzierung hin zu einer weitgehenden privaten Finanzierung durch das Verursacherprinzip, kombiniert mit einer neoliberalen politischen Steuerung hin zu einer marktwirtschaftlichen Organisation aller Lebensbereiche. Das alles ist aber in der Archäologie wieder ganz maßgeblich durch unsere fachliche Prioritätensetzung beeinflusst; und da liegt unsere Mitschuld an der derzeitigen Misere.
Weil wann und wo immer wir es können, argumentieren wir, dass wir „alles“, was eine archäologische Quelle sein könnte, unbedingt erhalten müssen, wenn schon nicht in situ, dann doch wenigstens durch Dokumentation. Und dabei konzentrieren wir uns immer – besonders aber in unserer Außenwirkung – auf den Teil unserer Tätigkeit, den die Öffentlichkeit ohnehin schon mit uns klischeehaft verbindet: die „Rettung“ von „Schätzen“ im Feld, sei es nun durch Ausgrabung oder andere Methoden. Dass man dann eigentlich ein vielfaches von dem, was wir für die „Rettung“ der „Schätze“ im Feld ausgeben, in deren langfristige Erhaltung und vor allem deren wissenschaftliche Auswertung stecken müsste, fällt hingegen so gut wie immer unter den Tisch. Und unsere Gesetze und Durchführungsbestimmungen bestätigen und verstärken dieses Bild nur noch: in denen ist von Ausgrabungen, Schatzfunden und mit diesen in Beziehung stehenden Beschränkungen, Auflagen und Vorschriften die Rede, praktisch nie hingegen von Dokumentation, langfristiger Erhaltung und wissenschaftlicher Auswertung (letztere findet gelegentlich in Nebensätzen zu den Rechten von Denkmalämtern „Schatz“-Funde zur wissenschaftlichen Bearbeitung anzufordern Erwähnung, aber damit sind wir schon wieder bei den Funden und nicht bei Befunden, Kontexten und deren Dokumentation).
Hinzu kommt, dass man den Privaten, vor allem der Bauwirtschaft, durchaus recht leicht erklären kann, warum sie für die Entsorgung archäologischer Bodenstörungen auf Baustellen zahlen müssen, weil das müssen sie auch für die Entsorgung beliebiger anderer Bodenstörungen und –verunreinigungen. Und für die Bauwirtschaft sind archäologische Quellen primär einmal nicht mehr als zu entsorgende Verunreinigungen. Man kann ihnen hingegen nur sehr schwer erklären, warum sie dann für die langfristige Lagerung, Erhaltung und wissenschaftliche Auswertung dieser Verunreinigungen zahlen sollten; weil schließlich will die Wissenschaft diese Sachen erhalten und erforschen, und nicht der Bauunternehmer. Der Bauunternehmer will bauen können, und dazu braucht er einen „sauberen“ Untergrund. Dafür zu zahlen, dass er diesen „sauberen“ Untergrund bekommt, ist für ihn durchaus in Ordnung. Aber dafür zu zahlen zu müssen, damit sich ein paar Nerds mit dem Dreck den er entsorgen hat lassen auf alle Zeit spielen können, das ist für ihn nicht in Ordnung: wenn die Wissenschafter das wollen, dann sollen sie selber dafür zahlen.
Und für die gesamte Dauer meiner bisherigen akademischen Laufbahn haben wir als Fach dankend das Geld genommen, das wir für die Entsorgung von Archäologie – heute hauptsächlich von der Bauwirtschaft – bekommen, aber uns viel zu wenig Gedanken darüber gemacht, was wir mit all den Daten machen wollen, die wir da sammeln; und wie wir diese zunehmenden Datenmengen langfristig erhalten sollen, damit irgendwann einmal in tausend Jahren irgendwer dann irgendwelche Erkenntnisse daraus gewinnen kann (als ob in 1000 Jahren alle diese Daten noch vorhanden und zeitgemäß wären). Datensammeln ist in der Archäologie daher inzwischen weitgehend zum Selbstzweck geworden: wir sammeln Daten, weil es im Gesetz steht dass wir Daten sammeln dürfen und uns jemand dafür bezahlen muss, aber kaum mehr zur Beantwortung irgendwelcher wissenschaftlicher Fragen (außer vielleicht: wie alt ist diese Fundstelle und welche „Kulturen“ haben sie benutzt?). Weil um die Beantwortung irgendwelcher wissenschaftlicher Fragen sollen sich scheinbar zukünftige Generationen von Wissenschaftern kümmern, die dann mit besseren Methoden mehr herausfinden können als wir.
Und weil wir es weitgehend verabsäumt haben, uns überhaupt einmal zu überlegen wofür wir diese Daten jetzt sammeln – außer für unspezifische zukünftige Forschungen von Forschergenerationen, die noch nicht einmal geboren wurden – können wir auch weder der Politik noch irgendjemand anderem vernünftig vermitteln, dass in erster Linie Investitionen in die langfristige Erhaltung und wissenschaftliche Auswertung der gewonnenen Daten getätigt werden müssen, nicht in die Datengewinnung.
Auch hier wäre also ein Umdenken dringend nötig; und das mag erforderlich machen, dass wir strategisch auswählen, worauf wir im Bereich der Datengewinnung verzichten können, damit uns mehr Mittel für die Datenerhaltung und –auswertung über bleiben. Vielleicht wäre es klüger, jedem Bauprojekt einen fixen Anteil der Investitionskosten als Archäologieabgabe vorzuschreiben und dann nicht jede Fundstelle die bei Bauarbeiten angetroffen wird auszugraben, sondern nur einen kleinen Anteil aller dieser Fundstellen zu erforschen und die Funde und Dokumentationen von diesen dann tatsächlich langfristig finanziert erhalten und wissenschaftlich auswerten zu können und den Rest jedem, der das will, zur selbstständigen Ausgrabung vor oder Zerstörung bei den Bauarbeiten (ob nun mit oder ohne Metallsuchegerät) freizugeben.
In Börslingen auf der Schwäbischen Alb gibt es eine vom Neanderthaler erschlossene Rohmaterialquelle, die im freien, bewirtschafteten Feld liegt. Sie steht im Kontext der Höhlen vom Lonetal. Die intakten ( !) Befunde liegen nur ca. 30 cm tief. Ungestört. Der Bauer pflügt nur ca. 15cm tief, weil im Fundhorizont Steine liegen, die er nicht im Ackerhorizont haben will. Der Spaten eines Sondengehrs dürfte in der Regel diesen Horizont durchschlagen. Muss ich jetzt das Bergen von Bleigeschossen als Kulturgüterschutz verstehen und dafür notfalls Löcher im Planung akzeptieren? Militariasammler werden sagen ja, Urgeschichtler sicherlich nicht. Dass überall Pflügen die große Erosion verursacht ist ein Märchen, das wir statt eines anderen auch nicht brauchen.
Den Kollateralschaden, den ein vor sich hinrostendes Stück Eisenin der Erde nimmt halte ich persönlich für akzeptabler, als es zu bergen, nicht wissen wo hin damit, als den ganzen Kontext auf zu geben. ,
Sie sagen an anderer Stelle, der Staat habe genug Geld für die Sondenfunde. Nehmen sie sie doch und räumen damit den Schlamperladen auf, und das Argument greift nicht mehr. Das sind doch mal Ziele, für die es sich lohnt sich ein zu setzen.
Fragen Sie mal die Sucher im Raum von Braunkohletagebau. Da könnte man alle Landesarchäologen zu einer fortwährenden Schwerpunktgrabung hinzu ziehen und es wäre immer noch Vieles verloren. Da sind auch 700 Jahre alte Kirchen (Leipzig) kein Thema. Weg damit.
Ich kann in Vielen, was Herr Prof. Karl anführt keine Polemik erkennen, sondern teils (überspitzte) Wahrheiten, die sich brutal anhören, doch ohne provokante Darstellung wohl wieder untergehen und gar nichts bewegen. Ich will ein Beispiel von gestern Abend geben, das zeigt, dass es keinen Königsweg aus diesem Dilemma zu geben scheint.
Die Zeitungen titelten mit: Keltischer Münzschatz auf der Alb. Archäologen rätseln über die Bedeutung des Funds bei Merklingen..." Abgesehen davon, dass ein Schatz in der Schlagzeile die Menschen mehr anzieht als Befundzeichnungen, sollte der Artikel zu einer Informationsveranstaltung für die Bürger vor Ort locken. Die Presse war natürlich ebenso vom örtlichen Geschichts- und Brauchtumsverein geladen. Die Leute wollten natürlich in erster Linie den Schatz sehen und hörten erst eine Stunde lang die ermüdenden Ausführungen des Referenten, des Grabungsleiters vom Projekt ICE-Trasse zu. Zur Pause gingen viele Zuhörer schon nach Hause. Das schicke ich deshalb voraus, weil es dem Referenten nach meiner Meinung nicht gelungen ist, während dieser Stunde den Anwohnern der Grabung bzw. den Grundstücksbesitzern zu vermitteln, was Archäologie will und warum der große Aufwand gerechtfertigt sein soll. Die Gespräche, die in der Pause geführt wurden, lasse ich mal besser weg. Warum in der Grabungskampagne ein Bagger zerstört wurde und einen Artikel über einen frustrierten Bauern, dessen Ernte weggebaggert wurde an dieser Stelle auch.
Fortsetzung
Das Thema ist ja die Sonde, die auf diesen Grabungen ebenfalls eingesetzt wurde. Nachdem man erklärt bekam, was "weiche" und was "harte Sondage" sei, erfuhr man auch, dass nach der Dokumentation das Ausräumen der Befunde kommt, die der Archäologe "Schlachten" nennt. Hier scheint die Schlachtung der Objekte aber weitgehend schon durch den Bagger durchgeführt worden zu sein, was die teilweise im oberen Drittel gestörten Gräber, Urnen usw. im Bild eindrucksvoll belegten. Einzelfunde wie Perlen, so erfuhren die Zuhörer seien dem aufmerksamen Auge des Baggerfahrers zu verdanken. Der Münzschatz schließlich war ein Fund der gemacht wurde, als der Bagger mit seiner harten "Prospektion" schon fertig war. Es war wohl ein Hortfund, da es im zerstörten Gelände noch möglich war eine Scherbe mit einer anhaftenden Münze zu finden. Ergebnis waren 43 keltische Münzen ohne ihren Befund in einer Grabung, die Archäologen fabriziert hatten. Hätte ein in die Denkmalpflege eingebundener Sondengänger dieselbe "Schlachtung" fabriziert? Ein Schelm, wer jetzt an den Barbarenschatz von Rülzheim denkt, der ohne Befunde wertlos sein soll und wo kein Bagger zum Einsatz kam. Da Archäologen vor Ort hier ganze Arbeit geleistet haben, sind sie über Kritik doch sicher erhaben. In der Presse liest sich heute, dass die Bedeutung und Einordnung des Fundes deswegen schwierig sei, weil drumherum außer der Keramikscherbe nichts entdeckt wurde. Keine Behausung, geschweige denn eine Siedlung. Wenn man so will, haben hier die "archäologischen, also professionellen harten Prospektionsmethoden" für jene "hellvetische Einöde"erst hergestellt, wonach die keltischen Stämme am Übergang des 2. zum 1. Jahrhunderts vor Christus das Gebiet zwischen Donau und Main verlassen haben? Zu einer Erhellung der Geschichte der Kelten auf der Alb hat diese Vorgehensweise jedenfalls (noch) nicht geführt und der Grabungsleiter sagte passend, das sei alles nicht so einfach und gebe neue Rätsel auf. Warum, so fragt man sich, hat man an dieser Stelle im Vorfeld auf die Metallsonde, die Bestandteil der Prospektionsmethoden war, verzichtet? Erst der Bagger, dann die Vernunft? Die Münzen wurden in einem Areal von einigen hundert Quadratmetern mit Sonden geortet und ein Zusammenhang wäre ohne Baggereinsatz sicher besser zu beobachten gewesen, als lediglich Einflüsse von Bodenerosion und Landwirtschaft vorlagen.
Ebenso eindrucksvoll dagegen, dass ohne Sondeneinsatz es nicht möglich gewesen wäre, eine römische Straße anhand verlorener Schuhnägel nach zu weisen - das war wohl im Vorfeld eruiert worden.
Was Archäologie letztlich ist und was sie will? Darüber sind die, die es vorher gar nicht wussten wohl kaum schlauer geworden.
Die Verantwortung für Entscheidungen über ihr Schicksal liegt bei nicht denkmalgeschützten Sachen - ob es Häuser oder Funde im Felde sind - bei deren Eigentümer oder dem der Handlungen setzt, die diese Sachen betreffen. Bei denkmalgeschützten Sachen kommt zusätzlich eine Mitverantwortung des jeweils zuständigen Denkmalamtes hinzu, weil ein öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Sachen besteht.
Eine Verantwortung zur Erhaltung von nicht (denkmal-) geschützten Sachen besteht nicht, ob Ihnen das nun gefallen mag oder nicht. Und sie besteht in erster Linie deshalb nicht, weil bezüglich nicht (denkmal-) geschützter Sachen, also Sachen an deren Erhaltung KEIN öffentliches Interesse besteht, die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen - sei es nun der Eigentümer der Sache oder einer anderen Person, die berechtigte (rechtliche oder andere) Interessen an dieser Sache hat - das wichtigere im öffentlichen Interesse zu schützende Gut ist als die Sache selbst.
Da nutzt es auch nichts zu sagen, dass sie nicht akzeptieren wollen und können, dass daraus auch folgt, dass der Einzelne in bestimmten Bereichen - eben solchen in denen kein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Sachen besteht - die Denkmalschutzrechte nicht greifen. Wenn Ihnen diese Rechte nicht weit genug greifen, dann müssen Sie sachliche Argumente finden, die den Anwendungsbereich der Denkmalschutzrechte auszudehnen erlauben. "Ich kann und will das nicht akzeptieren" ist dabei kein sachliches Argument, sondern Sie müssen ein Argument finden, das zu zeigen vermag warum eine Sache so wichtig ist, dass ihre Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dieses Erhaltungsinteresse andere berechtigte Freiheitsrechte des Einzelnen überwiegen.
Und wenn diese vom Neanderthaler erschlossene Rohmaterialquelle wissenschaftlich so wichtig ist, dass sie Erhalten werde sollte, dann sollte sie unter Denkmalschutz gestellt oder zum Grabungsschutzgebiet erklärt werden. Dann ist diese Stelle geschützt und es darf auch nach meinem Vorschlag niemand mehr dort ohne NFG suchen oder sonstige Maßnahmen setzen, die dieses Denkmal mit Veränderung bedrohen könnten.
Lesen Sie Sich bitte durch was ich vorschlage: ich sage nicht "jeder soll überall nach belieben suchen dürfen". Ich sage es soll sinnvolle Beschränkungen geben. Eine solche sinnvolle Beschränkung ist sicherlich die - und die ist auch in meinem Modell drinnen - dass bekannte Denkmale, deren Erhaltung tatsächlich wichtig ist, nicht ohne Bewilligung umgegraben werden dürfen, egal ob durch Metallsucher, Archäologen oder wen sonst auch immer.
Wogegen ich mich ausspreche sind generelle Suchverbote, weil wenn Suchen überall gleichermaßen verboten ist, dann macht es für den "illegalen" Metallsucher nicht den mindesten Unterschied ob er auf dem tatsächlich aufgrund seiner bekannten besonderen wissenschaftlichen Bedeutung geschützten Bondendenkmal Löcher gräbt, oder drei Wiesen weiter, wo nach unserem besten derzeitigen Wissen gar nichts von bsonderer wissenschaftlicher Bedeutung vorhanden ist. Darf er hingegen auf der Wiese wo wir bisher keine Hinweise darauf haben dass es dort irgendwelche wissenschaftlich wichtigen Dinge gibt legal der Metallsuche nachgehen; nicht hingegen auf dem aufgrund seiner besonderen wissenschaftlichen Bedeutung geschützten Bodendenkmal, dann macht es für den Metallsucher einen Unterschied auf welcher der beiden Flächen er sucht, weil dann sucht er auf der einen (wo er vermutlich nur wenig oder gar keinen Schaden anrichten wird) legal, auf der anderen (wo er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Schaden anrichten wird) illegal, mit den sich daraus ergebenden unterschiedlichen Folgen wenn er "erwischt" wird.
Der sich daraus ergebende verhaltenssteuernde Effekt - selbst wenn er nur gering ist - führt zu einem besseren Schutz dessen, von dem wir bereits wissen dass es wichtig ist es möglichst gut zu schützen. Und darum muss es letztendlich gehen: die Sachen möglichst gut zu schützen, die bekanntermaßen wichtig sind.
In meiner naiven Art wollte ich beschreiben, dass die auf der Oberfläche liegenden Scherben, Artefakte...zum Denkmal darunter gehören, und sinnvoller weise in der Fläche ein gemessen werden. Die Kartoffeln vom Bauern nicht. Die liest ja keiner ab, weil er die Kartoffelernte 2014 dokumentieren will. Aber sie gehen ja wissenschaftlich vor im Gegensatz zu mir. Ich muss zugeben, dass ich Ihrer Argumentation nicht folgen kann und nicht ausreichend aus gebildet, Feldbegehungen nicht sinnvoll, Bergung von Oberflächenfunden auch nicht, deshalb ist es besser, diese sinnlose Tätigkeit umgehend ein zu stellen. Ich gebe 30 Jahre Fanatismus und Fetischismus besser auf. Vielen Dank für die Aufklärung. Noch bin ich keine 60 und wende mich wohl besser sinnvolleren Dingen zu.
Zitat:
"Aber Flächen, auf denen man weder aufgrund bereits vorliegender Hinweise besondere Bodendenkmale vermutet noch ein Auftreten solcher besonders wahrscheinlich erscheint braucht es keine Verbote."
Und wer soll das entscheiden? Sie? Auf den großen Flächen der ICE-Neubaustrecke fanden die Überraschungen genau dort statt, wo keiner damit gerechnet hat. Man spricht öffentlich von "Glücksfällen" für die Archäologie, für die Siedlungsentwicklung mit denen niemand so gerechnet hat. Ich kann mich erinnern, dass bei einer Grabung an der ich beteiligt war ein langschmaler, durchlochter Dechsel im Kontext eines eisenzeitlichen Grabhügels zu Tage kam, in einer Gegend, die als absolut nelithikumfrei galt. Da fallen mir noch spontan 20 andere Beispiele ein. Welcher Nostradamus soll da in Zukunft weissagen?
Entscheiden wo bekanntermaßen besondere Bodendenkmale vermutet sollen und tun auch derzeit die Denkmalämter durch den Unterschutzstellungsprozess und die Ausweisung von Grabungsschutzgebieten.
Und natürlich kann es überraschender Weise auch anderswo wichtige Funde und Befunde geben, darum argumentiere ich eben für eine Dokumentationspflicht und Dokumentationsmeldepflicht: wird unerwarteter Weise (sprich: zufällig) etwas gefunden, das man als Bodendenkmal betrachten muss, dann soll es nach gewissen Standards dokumentiert werden. Das ist übrigens ganz parallel zu dem, was bei Bauarbeiten auch der Fall ist. In Ihrem Beispiel mit der ICE-Trasse wurde eben auch kein allgemeines Bauverbot erlassen, weil überall Bodendenkmale auftreten könnten, sondern die Baugenehmigung erteilt, weil auf der letztendlich bewilligten Trasse wohl keine solchen Bodendenkmale vorgekommen sind, deren Erhaltung wichtiger erschien als der Bau der ICE-Strecke mit dieser Trassenführung. Als diese unerwarteter Weise doch vorgekommen sind, hat man auch nicht die Trasse des ICE verändert um die zufällig entdeckten Bodendenkmale zu erhalten, sondern man hat sie entsprechend gewissen Standards dokumentiert.
Es geht nicht um Weissagungen, es geht darum, einen sinnvollen Denkmalschutz zu erreichen, bei dem archäologische Funde - wann, wo und unter welchen Umständen auch immer sie auftreten - entsprechend fachlich sinnvollen Standards dokumentiert werden und die Dokumentation der Wissenschaft zur Verfügung gestellt wird. Allgemeine Suchverbote und damit ein starker Motivator für jene die dennoch suchen Fundmeldungen möglichst zu unterlassen und möglichst keine Dokumentationen zu erzeugen die ihr unter allgemeinen Verboten straffälliges Verhalten nachweisbar machen verhindern zielmich effektiv das erwünschte Ergebnis. Mein Vorschlag hingegen erzeugt einen starken Motivator bei denen, die dann auf Flächen auf denen nicht mit besonderen Bodendenkmalen gerechnet wird auch suchen dürfen, Ihre Funde standardgemäß zu dokumentieren und Ihre Dokumentation auch den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen, also das erwünschte Ergebnis zu erzielen. Um die wahrscheinlichen Resultate der beiden verschiedenen Modelle vorherzusagen braucht man kein Nostradamus zu sein, sondern es gibt schon bekannte Beispiele, welche Modelle welche Effekte haben, und die zeigen eindeutig dass das von mir vorgeschlagene Lösungsmodell weit größere Aussichten hat den erwünschten Erfolg zu erzielen als das derzeit im deutschen Sprachraum gewählte Lösungsmodell.
Ich sage an anderer Stelle der Staat hätte genug Geld um die wissenschaftlich oder anders wirklich wichtigen Sondenfunde anzukaufen. Es geht nicht darum alle Funde anzukaufen oder auch nur aufzuheben; und zwar schon allein deshalb, weil wir jetzt schon viel zu viele Funde in Depots herumliegen haben, die niemand bearbeitet hat und die auch aller Wahrscheinlichkeit nach niemand jemals bearbeiten wird. Und der Staat hat nicht genug Geld, um alle die Archäologen zu zahlen, die nötig wären, den Schlamperladen so weit aufzuräumen, dass alle die Funde die wir derzeit schon haben bearbeitet werden. Wie schon mehrfach gesagt, der durchschnittliche wissenschaftliche Publikationsstand öffentlicher Funddepots ist soweit ich das beurteilen kann fast überall im deutschen Sprachraum (außer in Museen die seit Jahrzehnten nur noch sehr sehr geringen Fundzuwachs haben) im kleinen einstelligen Prozentbereich, wenn nicht sogar nur im Promillebereich. Der Schlamperladen lässt sich nur dadurch aufräumen, dass man - wie in allen anderen historischen Wissenschaften absolut üblich - nicht alle Quellen hortet, sondern nur die wichtigen Quellen sammelt, während alle unwichtigen der Willkür ihrer privaten Eigentümer überlassen bleiben oder - wenn sie keinen privaten Eigentümer haben - durch die für die Erhaltung der wichtigen Quellen verantwortlichen staatlichen Einrichtungen, seien es Archive oder andere Sammlungen, vernichtet werden.
Schauen Sie sich einmal die Sammlungs- und Entsammlungsstrategien von Staatsarchiven an: die heben keineswegs alles auf, sondern durchschnittlich gerade einmal etwa 5% dessen, was bei ihnen an möglichen Archivstücken eingeht, was bedeutet dass - weil manche besonders wichtigen Archivstücke wie Gesetzestexte, Staatsverträge, Parlamentsprotokolle etc. zu 100% aufgehoben werden müssen - viele Kategorie von Archivalien zu noch geringeren Sätzen als 5% archiviert werden. Archivalien und (bewegliche) Bodendenkmale unterscheiden durch nichts voneinander: auch Bodendenkmale können zu Kategorien gleichartiger Objekte zusammengefasst werden - archäologisch nennt man diese gewöhnlich Typen - von denen manche in tausendfachen Stückzahlen vorliegen und/oder wissenschaftlich generell als weitgehend bis völlig unwichtig betrachtet werden, während andere in sehr kleinen Stückzahlen vorliegen und/oder als wissenschaftlich besonders wertvoll erachtet werden. Von denen, die in Tausenden vorliegen und als wissenschaftlich weitgehend unwichtig erachtet werden, braucht man keineswegs alle aufzuheben, während man wissenschaftlich wirklich wichtige Unikate zu 100% aufheben sollte. Das gilt für Archivalien, und gilt gleichermaßen für Bodendenkmale: wissenschaftlich braucht man nicht nur nicht alle, alle aufzuheben versuchen ist sogar sowohl wissenschaftlich als auch konservatorisch schädlich, vor allem wenn einem nicht unbegrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen. Und Ressourcen sind immer begrenzt, und daher auch praktisch immer zu knapp um alles tun zu können was man vielleicht wollen würde. Daher muss man sinnvoll - d.h. auf Basis einer wissenschaftlich gut begründeten Strategie - auswählen, was man zu erhalten versucht und was man verwirft. Die Archäologie hat hier keineswegs eine Sonderstellung gegenüber anderen historischen und anthropologischen Wissenschaften, sondern ist in exakt derselben Lage wie alle diese anderen Wissenschaften, hat aber als einzige dieser Wissenschaften dramatisch dabei versagt wissenschaftlich gut begründete Selektionsstrategien zu entwickeln. Und das fällt uns derzeit auf den Kopf.
Ja, Sie können meiner Argumentation nicht folgen, weil Sie nicht realisieren, dass, wenn es uns in der Archäologie um die Dokumentation und Erforschung von materiellen Spuren menschlichen Kulturverhaltens geht, die Kartoffelanpflanzung des Bauern von vor ein paar Monaten von bronzezeitlichen Pflugspuren oder Scherben und anderen Artefakten nur durch einen Faktor unterscheiden, nämlich durch das jeweilige Alter der materiellen Spuren; und Sie unbewusst eine qualitative Unterscheidung zwischen "älteren" und vergleichsweise "jungen" materiellen Spuren vergangenen menschlichen Kulturverhaltens treffen, also (wenigstens) ein Selektionskriterium verwenden um zu bestimmen was "wissenschaftlich wichtig" und was "nicht wissenschaftlich wichtig" ist. Dieses Selektionskriterium wenden Sie willkürlich an, weil Sie es nicht explizit definiert haben; ja nicht einmal bewusst begriffen haben, dass Sie ein qualitatives Selektionskriterium verwenden, um zwischen materiellen Spuren vergangenen menschlichen Kulturschaffens die "wissenschaftlich unwichtig" und solchen die "wissenschaftlich wichtig" sind zu unterscheiden.
Das Problem mit dem willkürlich verwendeten Kriterium Alter, wie mit jedem anderen willkürlich verwendeten Kriterium auch, ist aber dass es auf keiner vernünftigen und wohl begründeten wissenschaftlichen Überlegung beruht, was wir wirklich für die Erforschung der Vergangenheit auf Basis der materiellen Spuren menschlichen Kulturschaffens brauchen und worauf wir verzichten können, ja eventuell sogar verzichten müssen, um unsere selbstgesteckten Ziele - die möglichst erfolgreiche Erforschung der Vergangenheit - erreichen zu können. Auf dieser Basis lässt sich aber auch keine vernünftige Entscheidung zwischen den materiellen Spuren des Kartoffelanbaus des Bauers vor ein paar Monaten und den bronzezeitlichen Pflugspuren treffen, sondern eben nur eine aus dem Bauch heraus erfolgende Willkürentscheidung - übrigens potentiell zum Schaden von Archäologen in 1000 Jahren - den stets bemühten zukünftigen Forschergenerationen - die eventuell gerne landwirtschaftliche Bebauungspraktiken des frühen 21. Jahrhunderts nach Christus erforschen wollen könnten.
Was es braucht sind eben explizite qualitative Selektionskriterien, die es gestatten eine bewusst und vernünftig getroffene Unterscheidung zwischen "wissenschaftlich wichtigen" und "wissenschaftlich unwichtigen" Funden udn Kontexten vorzunehmen. Dass Sie die Notwendigkeit solcher qualitativen Selektionskriterien prinzipiell akzeptieren zeigt die Tatsache dass Sie die Kartoffelernte 2014 nicht genauso dokumentieren wollen wie die Scherben und sonstigen Artefakte, die Sie als Teil der darunter liegenden Denkmale betrachten. Und Alter mag durchaus ein solches vernünftiges Selektionskriterium sein, aber es muss keineswegs das einzige sein. Die Anzahl bereits bekannter gleichartiger Stücke mag ebenso ein vernünftiges Selektionskriterium sein, die wissenschaftliche Aussagekaft des konkreten Stückes ein anderes, und viele andere Kriterien sind ebenfalls möglich.
Und ich habe mich nie dagegen ausgesprochen, dass man auch auf der Oberfläche liegende Scherben und andere Artefakte nicht dokumentieren sollte, ganz im Gegenteil, wenn Sie lesen würden, was ich hier geschrieben habe, dann werden Sie feststellen dass ich FÜR eine Dokumentationspflicht von (mögichen) Bodendenkmalen argumentiere. Aber es ist eben nicht unbedingt alles, was auf Feldern und unter diesen liegt unbedingt ein tatsächlich erhaltenswertes Bodendenkmal: Kartoffeln, obgleich in der Vergangenheit von Menschen vorsätzlich deponiert, sind das zu Beispiel nicht. Aber das Gleiche kann auch für viele andere Dinge, die man auf Feldern findet, darunter auch viele Scherben und andere Artefakte gelten, und gilt auch tatsächlich für viele davon: man muss sie nicht alle für immer aufheben.
Meine Argumente interessieren nicht. Aber rund 40 Einträge in die Denkmalliste sind Tatsachen, die ich geschaffen habe. Da war ich schneller. Diese Denkmäler diskutiert man so leicht nicht mehr weg. Wie man in Zukunft damit umgeht. liegt wieder nicht in meiner "Macht"
Wiese sehe ich nicht gleichermaßen wie Acker, Wiese ist eher genau so gut geschützt wie Wald und sollte in meinen Augen generell außen vor bleiben. Die Rohmaterialquelle lag bis vor wenigen Jahren unter einer Schafweide und war deshalb geschützt. Wiesenland wäre aus meiner Sicht, auch wenn die Metallsuche ausgeweitet wird tabu. Das Anlegen von Wiesen auf Bodendenkmalen gilt schon sehr lange als geeignete Schutzmaßnahme.
Sie überzeugen mich mehr und mehr darin, dass ich als ungebildeter Naivling für eine Tätigkeit in einem Hoheitsbereich vollkommen ungeeignet bin. Das gleiche gilt für meinen beschränkten Horizont für diese Diskussion. Das sollten Sie mit Ihren Fachkollegen weiter diskutieren um hier voran zu kommen. Vielen Dank für das Gespräch.
Sie haben an dieser Stelle doch sicherlich nicht unreflektiert das Beispiel Wiese und nicht Acker an geführt. Jetzt bin ich schon über das hin gehaltene Stöckchen gesprungen. Enttäuschen Sie mich nicht und liefern Sie bitte noch den nächsten Schachzug. Danke.
Zit.: "es besteht kein ausreichendes öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung. Daher hat der Staat - und damit auch dessen Ämter - sich in diesen Bereich an sich nicht einzumischen,"
Zit.:". Und zwar anders als mit der Behauptung "Metallsondenprospektion muss Verantwortung der Denkmalstelle sein", weil das ist kein Argument, sondern ein autoritär-dogmatisch verkündeter Wunsch."
Dann sind die internationalen Übereinkünfte falsch und unberechtigt bzw. verkennen, dass die Leute was ganz Anderes wollen?
Vermischen Sie da nicht Rechtliche Regelungen und die daraus folgenden Strukturen und Notwendigkeiten mit ihren eigenen Schlüssen?
Wenn selbst Archäologieprofessoren die weitgehende Sinnlosigkeit des eigenen Tuns postulieren, muss das doch spätestens jetzt die Frage aufwerfen, ob hier nicht in ganz großem Stil "L'art pour l'art betrieben wird. Kann mal jemand erklären warum wir diese Wissenschaft überhaupt brauchen? Dann kann man vielleicht auch alles Andere daran herunter brechen. Die Mehrheit der Bevölkerung braucht sie nämlich nicht, oder es ist ihr nicht bewusst, dass sie sie braucht. Denen fallen spontan andere, sehr viel vitalere Interessen ein, wenn es darum geht das Geld im Staat sinnvoller zu verteilen. Das Unverständnis und die Nichtnachvollziehbarkeit von Wissenschaftsinteressen sind es und damit auch die Schwerkraft bei Abwägungsprozessen, die die Waagschale nach unten ziehen.
http://www.ruhrnachrichten.de/staedte/muenster/48143-M%FCnster~/Weitreichende-Konsequenzen-Haushaltssperre-LWL-zieht-die-Notbremse;art993,2511891
Das bestehende System scheint mir mehr und mehr ein Auslaufmodell zu sein.
Nudge- Theorie. Sehr schöne, moderne Bezeichnungen für etwas, was man früher Manipulation nannte und eine andere Bezeichnung für einen Vorgang, den ich als "für dumm verkaufen" nenne. Wieder was gelernt.
Bei archäologischen Artefakten handelt es sich in aller Regel um Unikate, genauso wie bei Siedlungen oder Grabstellen. Selektion im Vorfeld - ohne Untersuchung - heißt Zerstörung ohne Dokument, ohne Beleg. Typen hin oder her. Kein Faustkeil gleicht dem anderen. Eine LBK-Siedlung zugunsten einer anderen zu zerstören ist nichts als Verfälschung der Quellen. Jeder Absammlung ist per se schon subjektiv durch unterschiedliche Motive geprägt. Das gilt auch für die Ausgrabung. Nur die ungestörte Quelle an sich bleibt objektiv. Wir dürfen uns doch nicht der Möglichkeiten zur objektiven Sicht auf die Dinge berauben und schon gar nicht der Zusammenhänge.
Da handelt der Gesetzgeber doch logisch. Da ich nicht alle Flächen als Schutzflächen ausweisen kann, muss ich, um potentielle noch nicht unter Schutz gestellte Denkmale vor Eingriffen dadurch schützen, dass nicht jeder Löcher machen kann wo er will. Und der Sondeneinsatz führt dazu, weil er diese Denkmale aufspürt. Und diese Leute wissen ganz genau wo sie suchen müssen. Die einschlägigen Foren veweisen auf die Quellen. Genaue Karten liefern die Veröffentlichungen der Denkmalpflege. Gegen die Sondengänger vorzu gehen, heißt gegen Leute vor zu gehen, die dem Denkmalschutz voraus sind. Das ist nicht schwer und geht ohne Nacht und Nebel. Der Spaten ist immer schneller als die Schutzmaßnahmen. Der Vorsprung ist es, der die Denkmalschützer verzweifeln lässt und zu strikten Verboten geführt hat und auch zu dem Gefühl von Überlegenheit.auf der Sondlerseite, das letztlich zum Einlenken auf Seiten der Denkmalschützer führte, die jetzt den Teufel mit dem Beelzebub austreiben müssen, weil sie sonst die Unterlegenen bleiben werden.
Die Denkmalpflege weiß, dass sie ohne Zuarbeit von Laien und Ehrenamtlich Beauftragten und wohl sicher zukünftig auch gezwungener Maßen durch Sondengeher nicht auskommt. Es geht um das Erkennen von Bodendenkmalen. Erst wenn sie erkannt sind, können die Flächen auch unter Schutz gestellt werden. Das Erkennen ist aber auch ein von den Schutzbehörden unabhängiges Hobby geworden und muss deshalb hereingeholt werden. Es ist ohne Dazutun der Schutzbehörden möglich, durch eine günstige, einfache und frei verkäufliche Technik. Man kann doch nicht das gesamte Land unter Schutz stellen, spätestens in unserem eigenen Garten möchten wir doch auch mitreden. Die Meldepflicht die hier Abhilfe schaffen soll, greift täglich an vielen Stellen ins Leere, ist aber logisch, aber keiner weiß, wie Rumpelstilzchen heißt. Das Instrumentarium, das dazu auch noch kostenlos arbeitet, hat die Denkmalpflege z.B. in Baden Württemberg schon, durch die Ehrenamtlich Beauftragten. Sie spüren vor Ort mit meist sehr guten Orts- und Geschichtskenntnissen, auch mit Kenntnissen der jüngeren Territorialgeschichte diese Denkmale auf- durch Prospektion wie Geländebegehungen und Baustellenbeobachtungen und sind meist die Fachleute vor Ort. Ihre Kenntnisse gehen mehr in die Breite und nicht immer in die wissenschaftliche Tiefe, aber sind in der Breite den Kenntnissen von Facharchäologen weit voraus. Gebt diesen Leuten zur Ergänzung Sonden. Im Moment müssen sie sie nach guter, alter Tradition selber kaufen, wie sie auch ihre Fundmeldungen, Fundtüten, Geodatenmessung usw. selbst finanzieren. Auch ihre Benzinrechnungen zahlen sie selbst. In dieses System wurde bislang kein nennenswertes Geld gesteckt und man meidet wohl auch aus Kostengründen Ausweise aus zu stellen, da damit eine Versicherung verbunden ist und verlässt sich darauf, dass die bewährten Leute auch so zu arbeiten. Mangel an Zeit hört man da oft, die dazu führt, dass die Leute nicht wirklich wert geschätzt werden, vielleicht auch, weil sie nicht immer angenehm zu händeln sind. Die Loyalität ist meist sehr weit gehend. und für die Reinvestition wie Anerkennung sorgen die Leute auch noch selber, indem sie Vereine und Museen gründen, sich selbst in das Licht der Öffentlichkeit spielen (Presse, blogs, Ausstellungen, engangierte Teilnahme an internet-Diskussionen und ähnliche Profilierungen) Diese Leute sind Säulen und Kapital der Denkmalpflege und gehen in kleinem Bürokratismus unter, Kümmert Euch um diese Leute, baut dieses System, vor allem im Hinblick auf die Betreuung aus und die Probleme sind gelöst.
Hallo Herr Professor Karl,
nachdem ich mir nun alle Beiträge von Ihnen durchgelesen habe, bin ich nun zu einem
Schluss gekommen, das wir uns in den Grundsätzen zwar einig sind, aber damit hört die
Einigkeit zwischen uns leider schon auf.
In meinen Augen sind Sie ein Träumer und kein Realist, der eine Perfektion in der Archäologie
sucht, sich erwünscht, die es niemals so geben werden kann. Bitte fassen Sie das nicht als
Beleidigung auf, das ist nicht in meinen Sinne. Ich selber habe häufig die Wunschvorstellung,
das die Archäologe eine 100% Perfektion erreichen würde, da dadurch für mich die
Arbeit mit der Archäologie erheblich vereinfachen würde.
Aber wir leben nun mal nicht in einer perfekten Welt. Daher beschützt die Polizei ihre Bürger
nicht nur, sondern dranglasiert sie. Daher retten Ärzte ihre Patienten nicht nur, sondern töten
sie. Daher bringen Piloten ihre Fluggäste nicht nur sicher an ihre Ziele, sondern stürzen
vorher ab. In einer perfekten Welt haben wir keine Arbeitslose, keine Diebe, keine Betrüger
und besonders keine Mörder.
Sie sagen, die Archäologie kann all die bisherigen gebrachten Argumente nicht gegen die
Sondengänger anbringen, da sie selber diese argumentierten Praktiken nicht immer
erreichen würden. Aber ist das gleich ein Grund zu sagen, daher dürfen wir diese Argumente
nicht mehr vorbringen und sollten neue, bessere Argumente suchen?
Was für "bessere" Argumente überhaupt? Wie soll das gehen, wenn ich sowieso eine
Perfektion von der Archäologie erwarte, die völlig unrealistisch ist?
Es macht doch keinen Sinn, alles komplett infrage zu stellen. Niemand stellt doch insgesamt
die Polizei infrage? Oder die Ärzte? Oder die Piloten? Oder sogar die Sondengänger, die
sich immer dagegen zurecht gewehrt haben, das man sie alle als Raubgräber bezeichnen
würde und komplett aus der ehrenamtlichen Denkmalpfleger heraushalten möchte. Auch sie
möchten nicht komplett infrage gestellt werden.
Eine Perfektion, wie Sie sich erwünschen, wäre auch dann nicht möglich, wenn man jeden
Archäologen sofort schon bei einem kleinsten Fehler entlassen und für immer aus der
Archäologie entfernen würde. Herr Professor Karl, selbst Sie werden sich in Ihrem bisherigen
Berufsleben sicherlich schon den einen oder anderen Fehler geleistet haben, aber soll das
dann ein Grund sein, Ihre Integrität komplett infrage zu stellen? Wohl kaum!
Einige Sondengänger, vermutlich eher die Sorte, die nicht mit der Archäologie
zusammenarbeiten möchte, bejubeln Sie gerade. Dabei sollten die nicht zu laut jubeln, da die
eine interessante Frage bisher nicht beachtet haben. Wenn die Argumente der Archäologie
gegen die Sondengängerei aufgrund des mangelnden Perfektionismus keine Gültigkeit haben
sollten, welche Argumente könnten dann für eine Sondengängerei sprechen, wenn die noch
unvollkommener ist, als die Archäologie? Genau, da kann es dann ebenfalls keine mehr
geben und das kann sicherlich nicht im Sinne der Sondengänger sein, die ehrenamtlich für
den Denkmalschutz arbeiten möchten.
Herr Professor Karl, auch wenn wir uns wohl zu diesem Thema in aller Ewigkeit streiten
werden, ist mir aufgrund des bisherigen Verhaltens von Ihnen (zuletzt in Berlin), zumindest
eines klar geworden. Die Archäologie hat in Ihnen einen wirklichen Streiter gefunden, der
sicherlich einiges von den schlechten Seiten an der Archäologie aufdecken und bekämpfen
wird. Alleine dafür können Sie sich meinen Respekt Ihnen gegenüber sicher sein. Und sollten
wir uns tatsächlich mal irgendwo treffen, erhalten Sie dafür als kleine Anerkennung von mir
eine Flasche Met aus Schleswig.
Entschuldigung, aber die Idee dass jeder archäologische Fund und jede Fundstelle ein Unikat ist missversteht den Unikat-Begriff bzw. legt ihn in so breiter Weise aus, dass er nicht mehr sinnvoll ist: auch jeder in industrieller Massenproduktion angefertigte Gegenstand oder jeder Gerichtsakt unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von jedem anderen gleichartigen Stück oder Akt (und sei es im Fall des industriellen Massenprodukts nur durch seine Nutzungsgeschichte und die damit verbundenen Abnutzungsspuren oder im Fall des Gerichtsaktes nur dadurch, dass die Beteiligten jedes einzelnen Falls in der Regel andere sind und/oder der Streitgegenstand sich verändert). Das macht das industrielle Massenprodukt ebensowenig in sinnvoller Weise zum Unikat wie den Gerichtsakt über einen alltäglichen rechtlichen Streitfall. Darum fasst man - nicht anders in der Archäologie - diese Sachen zu Klassen, Typen oder sonstwie bezeichneten Kategorien zusammen, die als so weit gleichartig zu betrachten sind, dass man den einen nahezu beliebig für den anderen ersetzen kann. Und zwar in der Regel auch wissenschaftlich.
Die Vorstellung, dass man alle archäologischen Funde und Fundstellen als Quellen erhalten muss, weil man sonst die Vergangenheit nicht mehr rekonstruieren kann, beruht auf einer völlig falschen Vorstellung davon, wie wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn funktioniert und zu welchem Zweck wir archäologische Erkenntnisse überhaupt zu gewinnen versuchen. Die dieser Vorstellung zugrunde liegende Idee ist die der neopositivistischen Erkenntnistheorie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die, kurz gesagt, fälschlich geglaubt hat, dass man auf wissenschaftlichem Weg durch Datenbeobachtung und synthetische Beobachtungsverbindung durch induktive Schlüsse positive Wahrheitserkenntnis gewinnen kann. Daher stammt auch die Vorstellung der Archäologie als "Puzzlespiel", bei der wir, wenn wir nur lange genug alle Teilchen sammeln, irgendwann einmal das "Gesamtbild" zusammensetzen werden können. Diese Erkenntnistheorie ist jedoch spätestens seit den 1930ern tot, und in der Archäologie konnte sie aus einem ganz grundsätzlichen logischen Problem niemals funktionieren. Weil wie David Hume schon 1740 völlig einwandfrei logisch nachgewiesen hat ist die Voraussetzung für einen induktiven logischen Beweis dass man tatsächlich alle theoretisch möglichen Beobachtungen gemacht hat, nicht nur alle praktisch möglichen, weil sonst die Induktion stets nur eine Teilinduktion bleibt, die keine logische Beweiskraft entfalten kann. Und nachdem in der Archäologie viele Quellen bereits ganz ohne modernes menschliches Zutun gänzlich vernichtet wurden, kann in der Archäologie eine Vollinduktion, der logische Beweiskraft zukäme, nicht funktionieren. Damit braucht man aber auch nicht alle "Puzzlesteine" aufheben, die sich noch finden lassen, weil uns dieser Erkenntnisweg ohnehin unzugänglich bleibt; sondern es reicht völlig jene Objekte und Befunde zu erhalten, deren Aussagekraft bei der Beantwortung signifikanter wissenschaftlicher Fragen hilft.
Die Frage ist meiner Meinung nach nicht die, ob die Erhaltungsbedingungen für Bodendenkmale in Wiese und Wald besser sind als am Acker - das ist fraglos der Fall - sondern ob an einem bestimmten Ort, gleichgültig ob in Feld, Wiese oder Wald, bekanntermaßen wichtige Bodendenkmale vorkommen oder nicht. Und das zentrale Wort ist bekanntermaßen. Bekanntermaßen wichtige Bodendenkmale sind selbstverständlich zu schützen, dafür gibt es auch die Instrumente der Unterschutzstellung und der Grabungsschutzgebiete. Unbekannte oder nicht ausreichend wichtige Bodendenkmale hingegen brauchen nicht geschützt werden, egal wo sie vorkommen. Grundlage des Denkmalschutzes muss meiner Ansicht nach - und übrigens nicht nur meiner, sondern in der Regel auch der Ansicht des Gesetzgebers nach - eine strategische, wissenschaftlich begründete Auswahl sein, welche (Boden-) Denkmale so wichtig sind, dass ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung besteht, und welche nicht so wichtig sind, dass ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung besteht. Und das Bestehen eines öffentlichen Erhaltungsinteresses setzt erstens die Kenntnis der Existenz des Denkmals voraus und zweitens eine wissenschaftliche Bewertung seiner wissenschaftlichen Wichtigkeit.
Das bedeutet natürlich nicht, dass man das, was man noch nicht kennt, nicht auch bis zu einem gewissen Grad schützen sollte, aber dieser Schutz muss anders geschehen als durch Suchverbote, neuerlich egal ob in Feld, Wiese oder Wald. Der Schutz des Unbekannten muss darauf abstellen, dass es bekannt wird, damit sich seine wissenschaftliche Bedeutung beurteilen lässt und damit in weiterer Folge die wichtigen Bestandteile des vormals Unbekannten im öffentlichen Interesse erhalten werden können. Dies lässt sich aber weit besser durch eine Dokumentationspflicht als durch ein Entdeckungsverbot erreichen.
Sie verkennen, was die internationalen Übereinkünfte in ihrer Gesamtheit aussagen. Alle internationalen Übereinkünfte lassen sich vielfältig interpretieren und werden von unterschiedlichen Staaten auch sehr unterschiedlich interpretiert. Großbritannien zum Beispiel hat die Prinzipien der Valetta-Konvention schon vor deren Einführung umgesetzt gehabt (man kann sogar argumentieren dass Valetta in erster Linie die britischen Regelungen auf den Rest Europas zu übertragen versucht hat), dennoch gibt es kein allgemeines Such- oder Grabungsverbot, sondern die Verbote, die sich aus Valetta ergeben, gelten ausschließlich für geschützte Denkmale. Ist eine Bodenfläche nicht als Denkmal geschützt, dann darf darauf jeder mit Einverständnis des Grundeigentümers der Metallsuche ebenso nachgehen wie archäologische Ausgrabungen machen, ganz ohne dass das die Denkmalbehörden irgendetwas angeht: denn die Denkmalbehörden sind eben nur für Denkmale zuständig, nicht für alles. Großbritannien ist sich sicher, dass es Valetta zu 100% erfüllt. Haben die Briten unrecht mit dieser Interpretation? Nein, Valetta lässt diese Interpretation vollinhaltlich zu, weil Valetta nicht von der "Totalerhaltung" aller archäologischen Quellen spricht, sondern nur von der Erhaltung wissenschaftlich wichtiger Quellen. Die Frage ist also, wie man wissenschaftliche Wichtigkeit bestimmt: sind alle Funde und Fundstellen gleich wichtig, oder gibt es wichtigere Funde und Fundstellen und unwichtigere?
Nein, es geht nicht um Manipulation, es geht um Verhaltenssteuerung. Alle gesetzlichen Regeln und sonstigen gesellschaftlichen Regeln zum sozial akzeptablen Verhalten zielen auf eine Verhaltenssteuerung ab, nämlich darauf die Staatsbürger dazu zu bewegen, sich zu zu verhalten, wie der Staat dies möchte. Wenn Sie das als Manipulation betrachten wollen steht ihnen das natürlich frei, aber dann ist alles Steuerungsverhalten Manipulation.
Und mit als "für dumm verkaufen" hat das schon überhaupt nichts zu tun: den Sinn dieser Verhaltenssteuerung kann man sehr gut erklären, und ich habe ihn auch zu erklären versucht. Die von mir vorgeschlagene Verhaltenssteuerung zielt darauf ab, alle Staatsbürger - aus welchem Grund auch immer sie archäologische Funde machen - dazu zu bewegen, diese zu dokumentieren und der archäologischen Wissenschaft die dokumentierten Informationen zur Verfügung zu stellen. Das hat den Sinn, dass das Wissen um diese Objekte nicht verloren geht, sondern der Allgemeinheit zu ihrem Nutzen erhalten bleibt, weil derzeit nur die professionelle Archäologie die Strukturen und Mittel zur Verfügung hat, eine solche Erhaltung halbwegs sicher und halbwegs langfristig zu ermöglichen.
Der, der Funde macht, wird also durch die von mir vorgeschlagene Verhaltenssteuerungsmaßnahme nicht "für dumm verkauft", sondern dazu motiviert das zu tun, was im Interesse der Allgemeinheit ist, ohne dadurch seine eigenen Interessen schädigen zu müssen.
Ich postuliere nicht eine (wie auch immer weitgehende) Sinnlosigkeit der archäologischen wissenschaftlichen Erforschung der Vergangenheit. Diese ist ganz im Gegenteil auch meiner Meinung nach enorm wichtig und auch für die Bevölkerung nicht nur höchst interessant, sondern erfüllt auch diverse grundsätzliche menschliche Bedürfnisse. Was ich kritisiere ist, dass manche unserer Praktiken sich verselbstständigt haben und daher teilweise (wenn auch nicht gänzlich) in ihrem Sinn verkehrt worden sind; und wir darob teilweise vergessen haben, unsere eigentlichen Aufgaben sinnvoll zu erfüllen.
Lieber Kollege Ballak,
erst Mal herzlichen Dank für die am Ende gestreuten Blumen, auf das Angebot der Flasche Met komme ich bei Gelegenheit gerne zurück, ich bin ja ohnehin des öfteren in Deutschland. Vielleicht ergibt sich ja bei einer der nächsten Verbandstagungen eine Möglichkeit dazu.
Nun aber zurück zu Ihren Argument in der letzten Reihe von Posts: Sie halten mich nun für einen Träumer, der die "100% perfekte Archäologie" möchte. So schmeichelhaft das in gewissem Sinn für mich auch sein mag (und ich fühle mich nicht beledigt dadurch, keine Sorge), aber das ist genau das Gegenteil meines Arguments. Was ich von Anfang dieser Diskussion an gesagt und argumentiert habe ist, dass die Archäologie nicht zu 100% perfekt ist und auch niemals zu 100% perfekt sein kann; und wir daher diese Tatsache der Imperfektion der Archäologie akzeptieren und unsere Argumentation entsprechend anpassen müssen. Es geht mir nicht darum, die Archäologie zu 100% perfekt zu machen, es geht mir darum, dass wir unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Archäologie niemals zu 100% perfekt sein kann versuchen, sie so weit als möglich zu verbessern. Und dazu gehört es natürlich auch, unsere Argumentation gegenüber Dritten (wie den Metallsuchern) zu verbessern.
Sie fragen, ob es notwendig ist neue und bessere Argumente im Zusammenhang mit der Metallsuche zu finden, wenn wir die von uns argumentativ gegen die Metallsuche durch Laien ins Feld geführten Standards in unserer eigenen Praxis nicht erreichen (können). Meiner Meinung nach ist die Antwort darauf ja, natürlich, denn wenn wir mit dem Argument dass die Metallsucher die notwendigen Standards nicht erreichen diesen die Metallsuche verbieten wollen, dann müssen wir bei konsequentem Beharren auf der Notwendigkeit des Erreichens dieser Standards ebensosehr darauf beharren, dass auch wir selbst nicht mehr archäologische Ausgrabungen durchführen dürfen, weil eben auch wir diese Standards nicht immer erreichen. Gerade weil auch wir "Fehler" machen - und zwar oft auch gravierende "Fehler"; und ich nehme mich auch von den gravierenden "Fehlern" selbst nicht aus - können und dürfen wir nicht auf diese Weise argumentieren, weil wir sonst eben den Splitter (oder auch Balken) im Auge der anderen kritisieren, den Splitter (oder auch Balken) in unserem eigenen hingegen ignorieren (oder wegzuerklären versuchen). Und damit wird man niemals etwas verbessern, weil wenn man die eigenen "Fehler" schönreden muss, um "den Anderen" aufgrund dieser "Fehler" das verbieten zu können, was man selbst tun will, dann verwendet man seine gesamte Energie darauf die eigenen "Fehler" zu kaschieren, statt zu versuchen nach Möglichkeit sowohl die eigenen als auch die "Fehler" der "Anderen" zu reduzieren bzw. Lösungsmöglichkeiten zu finden, die weniger "fehleranfällig" sind als die derzeit gewählten. Durch eine derartige doppelbödige Argumentation manövriert man sich argumentativ in eine Ecke, aus der man dann nicht mehr herauskommt, weil man zur "Verteidigung" der eigenen Position so tun muss, als ob die Ecke in der man ist der einzige Platz ist an dem man sein kann und will. Um aus der Ecke herauszukommen muss man eben seine Argumentation ändern, und dazu gehört als allererster Schritt dass man akezeptiert, dass man sich - mit besten Absichten, aber dennoch fälschlicher Weise - in eine Ecke manövriert hat.
Dadurch, dass man anerkennt, dass man sich in eine Ecke manövriert hat und bisher falsch argumentiert hat, dass man "Fehler" nicht nur in der eigenen Praxis sondern auch in der eigenen Argumentation gemacht hat; und dadurch dass man anerkennt dass man auch in der eigenen Praxis keinesfalls "perfekt" ist, ja gar nicht "perfekt" sein kann, stellt man weder die eigene Integrität noch die des einenen Faches in Frage, ganz im Gegenteil, man vergrößert seine Integrität. Der Mut zum Fehler als auch zum Eingestehen, dass man Fehler macht, ist kein Zeichen mangelnder Integrität, sondern ganz im Gegenteil ein Zeichen gegebener Integrität. Aber diese Integrität erfordert in weiterer Folge dann auch, dass man aus der Erkenntnis, dass man Fehler gemacht hat und immer Fehler machen wird, auch Folgen zieht und sein Verhalten dieser Erkenntnis anpasst; und nicht weiter so tut als ob das alles letztendlich egal wäre.
In letzter Instanz bedeutet das, dass man sich selbstverständlich auch selbst völlig in Frage stellen muss. "Question everything" ist das Grundprinzip der Wissenschaft, und dazu gehört selbstverständlich auch und sogar ganz besonders das Hinterfragen des eigenen Standpunkts und der Grundlagen dieses Standpunkts; ja sogar der eigenen Existenzberechtigung. Erfüllen wir unseren Zweck erfolgreich? Und wenn nein, was können wir Besser tun, um unseren Zweck (wieder) erfolgreich erfüllen zu können?
Eine der Konsequenzen, die man meiner Meinung nach im konkreten Fall - des fachlichen Umgangs mit und der rechtlichen Lösung der "Metallsucherproblematik" - aus der Erkenntnis, dass wir selbst die von uns von Metallsuchern geforderten Standards ebenfalls nicht erreichen, ja in der Praxis wenigstens derzeit aufgrund diverser innerer und äußerer Umstände auch gar nicht erreichen können, ziehen muss, ist die, dass wir uns überlegen müssen, welche Standards wir realistisch erreichen können und welche Standards zu erreichen wir realistisch von "Anderen" wie den Metallsuchern erwarten können. Darauf zielt z.B. das von mir vorgeschlagene Alternativmodell ab: dieses würde erlauben allgemeinverbindliche Standards zu definieren, die jeder gleichermaßen erreichen müsste, und die man auch realistisch definieren kann; also so, dass sie dem entsprechen, was wir - und "Andere" - auch praktisch erreichen können und was von uns wie von "Anderen" unter verschiedenen Umständen realistisch erwartet werden kann. Dazu muss man aber anderes argumentieren als bisher.
Zum Beispiel muss man innerfachlich akzeptieren, dass wir nicht alle archäologischen Funde physisch erhalten können; und wir das auch gar nicht versuchen sollten, weil das einen Ressourcenaufwand erzeugen würde, der weit über das hinausgeht, was wir derzeit und mittelfristig an Ressourcen zur Verfügung haben. Daraus ergibt sich dann zwingend die Notwendigkeit einer Selektion, die aus guten fachlichen Gründen - eben nach wissenschaftlicher Wichtigkeit - erfolgen sollte. Das ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil diese Selektion sonst trotzdem erfolgt, aber aufgrund des Zufallsprinzips und nicht aufgrund fachlicher Kriterien.
Gleichermaßen ergibt sich daraus, dass man - weider gut wissenschaftlich begründet - unterschiedliche Standards definieren sollte, wie unter verschiedenen Arten von Umständen mit bekannten, vermuteten oder zufällig aufgefundenen (Boden-) Denkmalen umzugehen ist. Zum Beispiel: es sollten verschiedene Standards dafür gelten, wie mit bereits bekanntermaßen wissenschaftlich als wichtig beurteilten und mit bislang unbekannten Denkmalen umzugehen ist. Bei ersteren sollte sichergestellt werden, dass allfällige Veränderungen oder Zerstörungen dieser Denkmale nur entsprechend des weit höheren fachlichen Standards professioneller archäologischer Forschungsgrabungen vorgenommen werden. Bei zweiteren kann man hingegen niedrigere Standards ansetzen, die wieder bei unterschiedlichen Umständen unterschiedlich hoch sein können: zum Beispiel sollten Grabungen, die unter eine bestimmte Tiefe in den Boden vordringen - z.B. unter die Untergrenze des Oberbodens - weiterhin gemäß wissenschaftlichen Grabungsstandards durchgeführt werden, die allerdings nicht die Standards einer Forschungsgrabung erreichen müssen, sondern z.B. nur die einer Rettungsgrabung. Und natürlich haben derzeit nicht alle Rettungsgrabungen niedrigere Standards als Forschungsgrabungen, aber im Durchschnitt eben schon, schon allein deshalb weil bei Rettungsgrabung normalerweise Termin- und Gelddruck herrscht, der es notwenig macht gewisse Abstriche vom theoretisch unter Idealbedingungen Möglichem im Kauf zu nehmen. Grabungen die auf nicht geschützten Flächen noch weniger tief in den Erdboden eindringen - wie z.B. die überwiegende Mehrheit aller Bodeneeingriffe durch Metallsucher, die nur in seltenen Fällen den Oberboden durchstoßen - könnten hingegen nach noch geringeren Standards durchgeführt und dokumentiert werden, Standards, die sich auch durch halbwegs geschulte Laien durchaus erreichen lassen, selbst wenn sie im Feld eigenständig entscheiden.
Das reflektiert die Akzeptanz der Tatsache, dass eben auch wir Archäologen nicht perfekt arbeiten, sondern eben - unter manchen Umständen mehr als unter anderen - Abstriche bei der "Perfektion" bzw. Qualität z.B. unserer Dokumentation im Kauf nehmen (müssen und sollen). Die "Standards" spiegeln also die Realität und tatsächlich bestehenden wissenschaftlichen Notwendigkeiten wieder, nicht einen idealisierten, immer gleichermaßen gültigen, "perfekten" Standard, der in der Praxis nur auf das Handeln der "Anderen" angewandt wird, nicht jedoch auf unser eigenen Handeln.
Ich hoffe, man Wir Sie nicht aus den Augen verlieren. Ich jedenfalls bin gespannt darauf, welche Reaktionen sich auf diesen Beitrag entwickeln und ob ein archäologisches Weihnachten uns den Erlöser gesandt hat, weil marode, scheinbar ausweglose System sehr gerne auf die Heilsbotschaft warten oder ob die alten Systeme Ihnen Ihr persönliches Golgota bereiten werden. Ich zweifle an der absoluten Wahrheit. Es gibt zu viele davon.
"Da handelt der Gesetzgeber doch logisch. Da ich nicht alle Flächen als Schutzflächen ausweisen kann, muss ich, um potentielle noch nicht unter Schutz gestellte Denkmale vor Eingriffen dadurch schützen, dass nicht jeder Löcher machen kann wo er will."
Nein, da handelt er nicht logisch, weil das der Logik "nachdem ich nicht Alles schützen kann, muss ich Alles schützen" folgen würde. Der Punkt ist eben genau, dass nicht alles geschützt werden kann, sondern der Staat "besonderen" Schutz dadurch begründen muss, dass der geschützten Sache besondere Bedeutung zukommt. Und dazu muss man diese Sache überhaupt erst einmal kennen, weil kennt man sie nicht, kann man ihre Bedeutung gar nicht sinnvoll beurteilen. Und nachdem besonderer Schutz (vor Veränderung oder Zerstörung) stets einen Eingriff in Grundfreiheiten (wie die Eigentümerwillkür, das Recht auf Freiheit der Forschung, etc.) darstellt, braucht der Staat auch eine gute Begründung (eben eine besondere Bedeutung des Schutzgegenstandes) um diesen Eingriff in die Grundfreiheiten der Staatsbürger zu begründen und zu rechtfertigen.
Anders gesagt: eine Sache wird erst dadurch zum Denkmal, dass sie unter Schutz gestellt wird. Und auch umgekehrt: eine Sache, die nicht unter Schutz steht, ist kein Denkmal. Eine Sache, die nicht unter Schutz steht, weil (noch) kein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung besteht, ist eine ganz normale Sache, mit der Staatsbürger im Rahmen der Grundfreiheiten nach gutdünken verfahren dürfen.
Allgemeine Suchverbote "weil dabei jemand etwas entdecken könnte, von dem wir bei retrospektiver Betrachtung lieber gehabt hätten, wenn es jemand anderer mit anderen Methoden entdeckt hätte", sind wie allgemeine Fahrverbote "weil jemand dabei einen Unfall verursachen könnte, von dem wir bei retrospektiver Betrachtung lieber gehabt hätten, wenn er nicht passiert wäre". Mit dieser Begründung ist ein allgemeines Verbot nicht sinnvoll haltbar, sondern nur ein spezielles Verbot unter Umständen, unter denen ein besonders gesteigertes Potential dafür besteht, dass ein an sich nützliches oder wenigstens unschädliches Verhalten mit signifikanter Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich konkreten, möglichst zu vermeidenden Schaden anrichten wird. Und das ist bei der Metallsuche eben auf Flächen, auf denen bekanntermaßen mit dem Auftreten bedeutender Denkmale zu rechnen ist, nicht auf allen Flächen, und schon gar nicht auf Flächen auf denen soweit dies bisher bekannt ist nicht mit dem Auftreten bedeutender Denkmale zu rechnen ist.
Im Übrigen weist die Baden-Württembergischer Gesetzgebung auch Denkmale als solche aus, bzw. definiert sie als solche, wenn sie noch nicht in die Denkmalliste eingetragen sind. Das gilt auch für Teile daraus, die an der Oberfläche oder im Pflughorizont liegen. Aber die Gesetzgebung ist so dehnbar, dass hier jeder seine persönliche Auslegung vornimmt und nach ihr handelt.
Der gewisse Grad zu dem unentdeckte Denkmale geschützt werden sollten, was sie erfreulicher weise auch so sehen, ist im BW Denkmalschutzgesetz klar definiert, indem auch unentdeckte Denkmale denselben Schutz genießen wie in die Denkmalliste eingetragene. Ob und das sinnvoll erscheint oder nicht.
Sie haben ein bemerkenswertes Talent Fragen zu beantworten, ohne sie zu beantworten bzw. dabei Ihren Kurs verlassen zu müssen. Respekt.
So ungern ich da widerspreche, aber so einfach ist das eben keineswegs. Denkmale sind nach Baden-Württembergischer Gesetzgebung ebenfalls Sachen, an deren Erhaltung aus verschiedenen Gründen ein öffentliches Interesse besteht; und dieses öffentliche Interesse gilt in nahezu jeder Hinsicht erst dann als gegeben, wenn sein Bestehen auch tatsächlich festgestellt wurde, eben z.B. durch Eintragung in die Denkmalliste oder Ausweisung als Grabungsschutzgebiet.
Wäre dem nicht so, wäre jede Erdarbeit, bei der ein bisher unbekanntes und daher noch nicht in die Denkmalliste eingetragenes oder als Grabungsschutzgebiet ausgewisenes Denkmal angetroffen und damit teilweise zerstört wird, nach den Bestimmungen des § 8 iVm § 27 Abs. 1 Z 1 dieses Gesetzes strafbar; und zwar selbst dann, wenn die Denkmalschutzbehörde diese Erdarbeiten zuvor bewilligt hat. Weil bei der Bewilligung kann die Denkmalbehörde bestenfalls feststellen, dass durch die betreffende Erdarbeit keine bekannten Denkmale betroffen sein werden, nicht jedoch, dass keine unbekannten Denkmale durch sie betroffen sein werden. Und nachdem auch die BW-Denkmalbehörden wohl - wie auch der Rest der Welt - keine zu 100% akkuraten Prospektionsmethoden haben, kann selbst durch vor der Erdarbeit stattfindende Prospektionsmaßnahmen niemals zu 100% ausgeschlossen werden, dass dabei nicht doch - trotz Prospektion - unbekannte Denkmale angetroffen werden werden.
Damit können die Schutzbestimmungen des DMSG-BW nicht retrospektiv auf zuvor unbekannte Denkmale angewandt werden: ist nicht vorab festgestellt worden, dass es sich bei dem betroffenen Gegenstand um ein Denkmal im Sinne des DMSG-BW handelt, dann ist es auch kein Denkmal im Sinne dieses Gesetzes. Damit ist übrigens auch fraglich, inwieweit die Bestimmungen des § 21 DMSG-BW auf Nachforschungen nach Gegenständen ausgedehnt werden können, an deren Erhaltung zum Zeitpunkt der Nachforschung noch kein festgestelltes öffentliches Interesse besteht.
Nun sind die Denkmalbehörden in BW sicherlich schon häufiger vor Gericht mit der Auslegung, dass § 21 DMSG-BW für alle Nachforschungen gilt, bei denen - ob nun durch den Nachforschenden beabsichtigt oder nicht - Gegenstände entdeckt wurden, die nach ihrer Entdeckung als Denkmale, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, bewertet wurden. Gerichte glauben normalerweise der Auslegung durch die Zuständigen Behörden, egal ob diese bei genauerer Analyse richtig oder falsch sind; weil kaum einer jener, die dafür angezeigt werden, oder auch nur ein durchschnittlicher Rechtsanwalt eine andere Auslegung dieser Gesetze auch nur zu begründen versucht. D.h. nach derzeitiger Judikatur ist es vermutlich so, dass § 21 DMSG-BW auch für Nachforschungen gilt, die auf die Entdeckung bisher unbekannter Gegenstände, die erst nach ihrer Entdeckung als Denkmale erkannt werden, abstellen; also auch für alle Metallsuchen durch Laien auf Bodenflächen, die nicht bereits in der Denkmalliste eingetragen oder als Grabungsschutzgebiete ausgewiesen sind.
Das führt allerdings zur paradoxen Situation, dass der Bauarbeiter, der mit dem Bagger eine von den Denkmalbehörden bewilligte Baugrube aushebt und dabei durch zuvor unbekannte (weil durch eine allfällige Prospektion nicht entdeckte) archäologische Befunde baggert, die er - ermangels einschlägiger Kenntnisse - nicht als solche erkennt, völlig rechtmäßig handelt. Dementgegen bricht der Archäologe oder auch der einschlägige Kenntnisse habende Laie, der zufällig bei der Baustelle vorbeikommt und dort zum Zweck der Entdeckung (und anschließenden Rettung) von womöglich in dieser Baugrube vorkommenden Denkmalen (vor der Zerstörung durch die Bauarbeiten) in ebendiese Baugrube blickt, ohne zuvor eine Bewilligung durch die Denkmalbehörden erhalten zu haben; also unbewilligte Nachforschungen im Sinne des § 21 DMSG-BW mit dem Ziel Kulturdenkmale zu entdecken anstellt; die Bestimmungen des § 21 DMSG-BW und ist daher gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 DMSG-BW mit einer Geldbuße von bis zu DM 100.000 für diese Ordnungswidrigkeit zu bestrafen. Weil es darf ja nicht sein, dass irgendwer ohne Bewilligung der Denkmalbehörden einfach so mir nichts, dir nichts, eine Nachforschung mit dem Ziel der Entdeckung von Kulturdenkmalen vornimmt, weil diese Nachforschungen ja zuvor unbekannte Kulturdenkmale gefährden könnten.
Und ja natürlich werden die Denkmalbehörden im gerade geschilderten Fall das Paradoxon dadurch lösen, dass sie so tun als ob der zufällig vorbeikommende Archäologe oder kenntnisreiche Laie, der seine Beobachtung dass in der bewilligten Baugrube doch wider Erwarten archäologische Befunde angetroffen wurden den Denkmalbehörden gemeldet hat, ein "zufälliger" Finder im Sinne des § 20 DMSG-BW ist und wird ihn nicht bestrafen. Man biegt sich dann das Gesetz eben so hin, wie es einem gerade passt.
Aber genau diese Praxis des "Hinbiegens wie es einem gerade passt" halte ich für höchst problematisch; und dieses Problem haben fast alle deutschsprachigen DMSGs, wenn nicht sogar alle. Und der Grund dafür ist nahezu regelhaft der, dass die zuständigen Behörden alle Nachforschungen nach (möglichen) archäologischen Denkmalen einer Bewilligungspflicht durch die Behörde unterwerfen wollen, die die Wortlaute der DMSGs oft nicht in dieser Form hergeben.
Diese Antworten waren hier zu erwarten. Juristerei ist nicht mein Ding. Sie beschreiben das Paradoxon sehr treffend und damit eine völlig unbefriedigende Situation, die mit dem Denkmalschutzgesetz letztlich kaum zu regeln ist, jedenfalls in dieser Form. Der Ehrenamtliche in der Baugrube handelt aber meist im Auftrag, Bau begleitend. Seine Rechte sind unbedeutend. Entscheidungen bei einer relevanten Entdeckung trägt allein der Auftraggeber, die Behörde selbst. Die Bestimmungen werden Sie kennen und sind im Netz zu finden.
Warum sind Sie eigentlich bei dieser Rettung in letzter Minute so pingelig, und bei der Vergabe an Sondengänger so großzügig? Soll in Baustellen der Rettungstrupp der Archäologen tatenlos zu sehen und stattdessen den Sondengängern beim Bergen von Eisenschrott beistehen? Hier entstehen doch wesentlich brisantere und folgenschwerere Notsituationen, wenn gleich ein ganzer Bagger in der Baugrube steht. Soll hier nicht gehandelt werden? Es muss in jedem Fall gehandelt werden, wenn ein Denkmal droht den Bach runter zu gehen. Wenn die Gesetze hier verbogen werden müssen, dann müssen sie geändert werden. Diese Praxis muss möglich sein. Gerade in Lagen mit großen Überdeckungen nutzen die wenigsten Prospektionsmethoden ausreichend genug, wie sie richtig fest stellen. Es kann doch nicht sein, dass beim Denkmalschutz irgendwelche juristischen Spitzfindigkeiten die Intention Schach matt setzen können. Man muss den Richtern wohl immer mehr Hirnschmalz wünschen als den Gesetzgebern.
Die Geldstrafen lauten doch nicht wirklich noch in DM? Dann muss man wohl sicher von einem veralteten System ausgehen, das den Anschluss verpasst hat.
Zu Anonym vom 3. Novemer 2014, 17:16 MEZ: Wie gesagt, das Paradoxon resultiert aus einer Auslegung der DMSGs durch die Behörden, die die jeweiligen Gesetzestexte nicht tragen; und zwar weil die Gesetzestexte mit der Motivation geschrieben wurden, dass nur "wichtige" Denkmale, die man schon kennt, durch die DMSGs geschützt werden können und sollen; die archäologischen Behörden hingegen alle archäologischen Funde als Denkmale geschützt sehen wollen. Und so sehr ich die Motivation der archäologischen Behörden sehe und (als Fachmann) auch durchaus bis zu einem gewissen Grad verstehe sind die Motivation von Gesetzgebung und archäologischen Behörden in dieser Beziehung in der Mehrheit aller Fälle schlicht und einfach inkompatibel. Dieses Problem lässt sich nur auf zwei Arten lösen: entweder man ändert die DMSGs, oder die archäologischen Behörden ändern ihre Auslegung der Gesetze.
Das Problem, dass es dabei allerdings zu bedenken gilt ist, dass die DMSGs nicht sinnvoll so geändert werden können, dass auch "alle unbekannten Denkmale" geschützt werden, wenn nicht die Denkmalbegriffsdefinition fundamental verändert wird. Derzeit definieren praktisch alle deutschsprachigen DMSGs den Denkmalbegriff als "von Menschen geschaffene Sachen von (irgendeiner) besonderen Bedeutung (und alles was damit in Zusammenhang steht)". Das setzt notwendigerweise - wenn man nicht alle von Menschen geschaffenen Sachen (und alles was damit in Zusammenhang steht) als Denkmale schützen will, was das moderne Leben unmöglich machen würde - voraus, dass man die Bedeutung der zu schützenden Sache schon kennt, weil nur dadurch lässt sich die Besonderheit der Bedeutung dieser Sache beurteilen. Und das setzt wiederum voraus, dass man die Sache schon kennt, deren Bedeutung zu beurteilen ist, damit man sie gegebenenfalls (= wenn Ihre Bedeutung groß genug dafür ist) zum Denkmal erklären kann.
Das führt notwendigerweise bei (zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung noch) unbekannten Sachen, die eventuell Denkmale sein könnten, zum Problem, dass man diese nur schützen kann, indem man Schutzbestimmungen retrospektiv anzuwenden versucht, was juristisch ganz, ganz schlecht ist. Denn eine retrospektive Anwendung von Schutzbestimmungen setzt voraus, dass die Person, die eine Handlung zu setzen beabsichtigt (z.B. etwas zu "Entdecken" zu versuchen) "richtig" errät, wie zu späterer Zeit eine Sache, die eventuell durch seine Handlungen betroffen sein könnte, durch Behörden beurteilt werden wird. Das kann man aber dem Handelnden nicht zumuten: es bei retrospektiver Beurteilung dem Handelnden immer die Rechtssicherheit bezüglich seiner Handlungen. Das oben geschilderte Paradoxon des zufällig vorbeikommenden Archäologen, der absichtlich in die Baugrube schaut, ist dafür ein krasses, aber relevantes Beispiel: ich dürfte zum Beispiel meinen Fuß nicht auf österreichisches Staatsgebiet setzen, ohne zuvor eine "Bewilligung des BDA gem. § 11 Abs. 1 DMSG" eingeholt zu haben, weil ich nie ausschließen kann, dass ich nicht absichtlich irgendwo nach archäologischen Denkmalen suche, indem ich einfach auf den Boden schaue.
Nun habe ich das Problem, dass ich keine Idee habe, wie der Denkmalbegriff rechtlich in einer Weise definiert werden kann, der nicht diese Retrospektivität der Betrachtung notwendig macht: irgendwie muss man „Denkmale“ (= besondere Sachen, die erhaltenswert sind) von „normalen“ Sachen (= gewöhnliche Sachen, die nicht erhaltenswert sind) unterscheiden; und die einzige halbwegs sinnvolle Möglichkeit die ich derzeit sehe, das zu tun, ist auf dem bereits gewählten Weg, eben über eine Bestimmung ihrer (für „Denkmale“: in irgendeiner Weise „besonderen“) Bedeutung. Selbst wenn man absolute „Bedeutungs“-Kriterien heranzieht, wie z.B. absolutes Alter, steht man vor diesem Problem (und zwar egal wie man dieses „Mindestalter“ ansetzt), weil selbst das absolute Alter einer zuvor unbekannten Sache nicht bestimmbar ist, bis diese Sache nicht entdeckt wurde.
Folglich lässt sich, wenigstens soweit ich das derzeit zu erkennen vermag, das Problem nicht auf dieser Seite der Gleichung lösen; und daher muss man meiner Meinung nach auf der andere Seite ansetzen. Das bedeutet dass man meiner Ansicht nach Lösungen finden muss, die dafür sorgen, dass bisher (noch) unbekannte Sachen, deren Bedeutung sich bis zu ihrer Entdeckung (noch) nicht bestimmen lässt und die daher gesetzlich eigentlich nicht geschützt sind, nicht vor der Entdeckung (egal durch wen außer durch professionelle Archäologen oder unter deren Kontrolle) zu schützen versucht (wie das die meisten deutschen Denkmalämter derzeit de facto durch ihre Auslegung der jeweiligen DMSG-Bestimmungen versuchen), sondern vielmehr ihre Entdeckung zu fördern versucht; aber dafür Regeln aufstellt, wie die (dann erlaubte) Entdeckung (zuvor) noch unbekannter Sachen zu dokumentieren ist und an wen diese Dokumentation zu übermitteln ist.
Diese Idee ist grundsätzlich nichts Neues, ja ist in Form der allgemeinen Fundmeldepflicht für „Zufallsfunde“, die alle deutschsprachigen DMSGs bereits vorsehen, auch derzeit schon gesetzlich angelegt. Einzig wie man dem Begriff „Zufallsfund“ definiert bzw. amtlich auslegt müsste man dazu ändern, bzw. zu dem Sinn des Begriffs „Zufallsfund“ zurückkehren, den die ursprünglichen Gesetzgeber meiner Meinung nach unter diesem Begriff verstanden hatten: ein „Zufallsfund“ ist der einer zuvor noch unbekannten Sache (deren Entdeckung daher zuvor nicht absehbar war, weshalb sie eine „zufällige“ Entdeckung ist, egal ob ihr „Entdecker“ eine „Entdeckung“ machen wollte oder nicht), deren Denkmalcharakter sich erst nach ihrer Entdeckung beurteilen lässt, aber (aufgrund der Umstände ihrer Entdeckung) wenigstens möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich ist. Eine „gezielte“ archäologische Nachforschung wäre hingegen nur eine, die auf ein archäologisches „Denkmal“ (oder Grabungsschutzgebiet) abzielt, also eine Fundstelle, deren „besondere“ Bedeutung bereits bekannt (oder wenigstens hoch wahrscheinlich) ist und die daher bereits aufgrund dieser bereits bekannten Bedeutung in der einen oder anderen Weise geschützt ist. Nur dadurch lässt sich meiner Meinung das von mir genannte Paradoxon verhindern.
Statt also zu versuchen (wie wir das bisher getan haben) bestimmte Handlungen (wie die gezielte Suche nach archäologischen Funden, wo noch keine als besonders bedeutend bewerteten archäologischen Funde entdeckt wurden) präventiv weitestgehend zu verbieten, weil durch sie retrospektiv als „Denkmale“ erkannte Sachen gefährdet werden könnten, obwohl in der überwiegenden Mehrheit der Fälle dabei gar keine archäologischen Funde entdeckt werden, geschweige denn in der überwiegenden Mehrheit der Fälle, bei denen archäologische Funde entdeckt werden, archäologische „Denkmale“ mit „besonderer Bedeutung“ ernsthaft beschädigt werden; sollten wir stattdessen versuchen bessere und genauere Richtlinien und Handlungsanweisungen entwickeln und öffentlich verbreiten, wie mit archäologischen Funden, Befunden und Kontexten zu verfahren ist, wenn diese (egal aus welchem Grund) an Orten entdeckt werden, bei denen bis zu dieser Entdeckung nicht ausreichend starke Gründe vorlagen, um dieses Ort unter Denkmalschutz zu stellen.
Diese Richtlinien wie mit erwarteten und unerwarteten „Zufallsfunden“ umzugehen ist können – in der präventiven Bauplanungs- und Baubegleitung – die Durchführung von Prospektionen und anschließende bauvorbereitende oder –begleitende Baubeobachtungen oder Rettungsgrabungen durch professionelle Archäologen als notwendige Maßnahme vorsehen; bei „systematischen“ archäologischen Ausgrabungen auf geschützten Flächen eine Bewilligungspflicht durch die Behörden; bei „systematischen“ archäologischen Ausgrabungen auf nicht geschützten Flächen, die eine gewisse Eindringtiefe aufweisen (tiefer als die Humusschicht / der gestörte Oberboden) eine Dokumentationspflicht entsprechend fachlicher „best practice“-Standards; bei „unsystematischen“ Suchen nach (bisher) unbekannten archäologischen Objekten auf nicht geschützten Flächen eine Dokumentationspflicht nach eigenen „Survey- / Metallsuchstandards“ (die Bodeneingriffe bis zur Unterkante des Oberbodens abdecken); und bei „rein“ zufälligen Funden eine reine Meldepflicht wie bisher. Damit erspart man sich dann rechtliche Paradoxa, weil man die gesetzlichen Schutzbestimmungen nicht in manchen Fällen retrospektiv anwenden muss und in anderen nicht, sondern kann pragmatisch vorausschauend erlassene Bestimmungen für alle wahrscheinlich eintretenden Fälle rechtlich gleichartig anwenden, bei denen Dinge zu Tage kommen könnten, die sich später als schützenswerte Denkmale erweisen könnten.
Und damit kann man dann dafür sorgen, dass in der überwiegenden Mehrheit der Fälle die Informationen, deren Aufzeichnung wir wissenschaftlich für wichtig halten, auch tatsächlich aufgezeichnet werden. Das schützt Sachen, die sich nach ihrer Entdeckung als Denkmale erweisen und vor allem die mit diesen verbundenen kontextuellen Informationen aller Wahrscheinlichkeit nach weit besser als wenn wie derzeit Gesetze hingebogen werden müssen, damit man Handlungen verbieten kann deren Illegalität sehr fragwürdig ist, ohne dass dadurch letztendlich der von den Facharchäologen erwünschte Schutz noch unbekannter Denkmale erreicht wird.
Jemand, dem es so sehr darauf ankommt, seine Aussagen in der Gesamtheit verstanden zu wissen müsste eigentlich auch wissen, dass Halbwahrheiten nicht Teil der ganzen sind. Ein Teil der Hinterlassenschaften ist eben nur eine Halbwahrheit. Das ist unangenehm, weil dann die Archäologie mit all ihren Unzulänglichkeiten eben auch nur einer halben Wahrheit dienen kann, nämlich dem, was erhalten werden kann, während die andere Hälfte verloren ist oder aufgegeben werden muss.
Guten Tag,
ich möchte hier nur kurz etwas richtigstellen. Der oben erwähnte Münzschatz bei Merklingen wurde keinesfalls unsachgemäss geborgen und dokumentiert. Entlang der ICE-Trasse wurden durch den Bagger Sondageschnitte aufgezogen. In einem dieser Sondageschnitte wurde die erste Münze gefunden. Danach wurde die umgebende Ackerfläche im Bereich der Ice-Trasse systematisch Planum für Planum abgetragen und systematisch prospektiert. Auch die grössere Umgebung ausserhalb der Trasse wurde nach Absprache mit den Landwirten systematisch prospektiert und untersucht. Ganz davon abgesehen war dieser Bereich durch den Bau der A8 in den 1930er Jahren sehr durch die damaligen Baumassnahmen gestört. Es haben dort immer wieder Erdbewegungen stattgefunden, die eine eindeutige Interpretation der Befundsituation und der Fundstreuung erschwerten. Hier wurde nichts durch die Archäologen zerstört....glauben Sie mir! Auch die römischen Schuhnägel konnten nur so umfangreich nachgewiesen werden da hier äusserst gewissenhaft (fast 3 Jahre) gearbeitet wurde. Auch hier wurden die Flächen Planum für Planum systematisch abgegangen. Wenn dies in dem von Ihnen besuchten Vortrag nicht übermittelt werden konnte, finde ich dies äusserst schade. Ich selbst habe diesen Vortrag nicht besucht und werde mich auch zu der hier diskutierten Thematik nicht weiter äussern. Ich will hier nur etwas richtigstellen, da gerade in den zwei genannten Projekten viel Schweiss und Herzblut steckt.
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