Montag, 1. September 2014

Syrien und Irak (August 2014)

Risiken des Kulturgutschutzes vor Ort
Spiegel online international (4.8.2014): Monuments Men: The Quest to Save Syria's History - http://www.spiegel.de/international/world/how-archaelogists-are-trying-to-save-syrian-artifacts-a-983818.html begleitet Cheikhmous Ali, einen der Mitbegründer von APSA. Hier wird deutlich mit welchen Risiken die Aufnahme der oft nicht sehr aussagekräftigen Bilder der Zerstörungen verbunden sind. Armee wie Rebellen reagieren empfindlich auf Fotos und so laufen die Kollegen vor Ort leicht in den Verdacht feindliche Spionage zu betreiben.
Auch die New York Times berichtet über Cheikhmous Ali und stellt die Rolle der Social Media im Kampf gegen Raubgrabungen heraus: http://www.nytimes.com/2014/08/25/world/middleeast/academics-and-archaeologists-fight-to-save-syrias-artifacts.html Neben APSA in Syrien werden die Aktivitäten von Monica Hanna in Ägypten vorgestellt.


Das spanische Blog Mediterráneo Antiguo - arqueología e historia hat ein Interview von Mario Agudo Villanueva mit dem Direktor der syrischen Altertumsbehörde Maamoun Abdulkarim.
Abdulkarim schildert, welche Kulturstätten Ziel von Zerstörungen durch islamistische Extremisten sein könnten, darunter die byzantinischen Mosaiken aus Raqqa. Thematisiert wird auch die Rolle, die die Bevölkerung vor Ort für den Schutz der Denkmäler spielen kann und wie versucht wird, sie in die Bemühungen einzubinden. Abdulkarim führt als Beispiel die Ortschaft Brhlia im Baradatal an, wo mitten im Bürgerkrieg ein spätantikes/ frühbyzantinisches Mosaik geborgen und ins Nationalmuseum in Damaskus gebracht werden konnte, das seine Bestände sicher eingelagert hat. An vielen Orten, wie in Idlib und Raqqa hat die lokale Bevölkerung dazu beigetragen, Raubzüge zu verhindern oder zu verfolgen.
Für das Direktorat verweist Abdulkarim auf folgende Handlungsoptionen:
  • Dokumentation des Bestandes und der Schäden - Wichtig ist hier das Internet. Sensibilisierung der Bevölkerung - größere Aufmerksamkeit bei Raubgrabungen
  • Stärkung der Zusammenarbeit mit lokalen Behörden ('autoridades') - Seit dem Beginn des Bürgerkriegs haben Polizei, Zollbehörden, Regionalverwaltungen, aber auch lokale Museen und private Organisationen über 6000 Fundobjekte (nur! - RS) sichergestellt.
  • Reaktion auf die humanitäre Krise - Die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern ist Abdulkarim wichtig, da bereits mehrere Mitarbeiter umgekommen sind. Dienststellen werden in sichere Gegenden verlegt, Transporte und Reisen auf das Nötigste begrenzt.
  • Stärkung der gesetzlichen Grundlagen
  • Internationale Kooperation - u.a. mit Interpol

Das World Heritage Committee der UNESCO hat die Altertumsbehörde DGAM für ihre Anstrengungen gelobt, das kulturelle Erbe Syriens auch unter den derzeitigen Bedingungen zu schützen: http://heritageforpeace.us3.list-manage1.com/track/click?u=d7c4c3240cee075f5715ae6e5&id=b62b24d559&e=41badebcff.

Für die Mitarbeiter der Denkmalpflege ist es ein Problem, dass sie als Vertreter der Assad-Regimes gelten und ihnen daher mit großen Vorbehalten begegnet wird.

Schadensmeldungen  und -monitoring
Eine detaillierte Auflistung der bekannt gewordenen Schäden bietet der Damage Newsletter der Gruppe Heritage for Peace:
Weitere aktuelle Berichte bieten jetzt auch die Weekly Reports der neuen ASOR Syrian Heritage Initiative:
Die Syrian Heritage Initiative ist ein vom US-Department of State und der American Schools of Oriental Research getragenes, auf 12 Monate angelegtes Programm, um Kulturgüterschutz in Syrien zu planen und auch umzusetzen. Dabei werden drei Linien verfolgt: einmal Öffentlichkeitsarbeit, dann Fernerkundung und Kartierung und schließlich die Planungen selbst.  "SHI remotely monitors and evaluates risks, evaluates damage, and ultimately seeks to increase risk preparedness, mitigate adverse impacts, and preserve vital human resources and infrastructure for the future." (SHI Mission Statement
Die Weekly Reports enthalten nicht nur Schadensmeldungen, sondern beobachten auch die militärische und politische Situation und zeigen die Risiken auf. Beispielsweise wird aufgrund der Einnahme der Tabqa Airbase durch die IS-Truppen ein Vordringen der IS in Südostsyrien abgeleitet und eine Gefahr für Palmyra abgeleitet.


IS in Syrien und Irak
Inwiefern diese Risikodarstellung durch SHI zweckdienlich ist, scheint allerdings fraglich, da der Verdacht besteht, dass IS solche Listen gefährdeter Denkmäler in Syrien und Irak nutzt, um geeignete Ziele für sein Zerstörungsprogramm erst zu identifizieren:

Die Zerstörungen von Kulturgut durch die IS finden international große Aufmerksamkeit und tragen so erheblich zur Terror-Propaganda der IS bei.
Neben der gezielten Zerstörung von Kulturgütern wird die Rolle des Antikenraubs und -handels thematisiert (vergl. Archaeologik). Ein Artikel der New York Times (15.8.2014): The Lure of Antiquities - http://www.nytimes.com/2014/08/18/arts/international/the-lure-of-antiquities.html stellt die Zusammenhänge zwischen Antikenhandel und Terrorfinanzierung in Frage. Paul Barford wirft allerdings einige kritische Fragen PACHI (15.8.2014) - http://paul-barford.blogspot.de/2014/08/new-york-times-buy-antiquities-dont.html auf, indem er auf die große Nähe des Autors zum Antikenhandel hinweist und auf dessen Geschäftsinteressen verweist. Auch Sam Hardy, der in dem Beitrag der NYT zitiert wird, hat selbst einige Richtigstellungen zu dem Artikel: http://conflictantiquities.wordpress.com/2014/08/18/syria-iraq-islamic-antiquities-trafficking-confusion/
In Mosul nutzen IS-Truppen das Museum als Operationsbasis. Das irakische Ministerium hat hotline-Telefonnummern eingerichtet, um Informationen über den Verbleib archäologischer Funde zu sammeln. In Nimrud sollen von IS zahlreiche Fundobjekte gestohlen worden sein, derer man mit internationaler Hilfe wieder habhaft werden möchte:

Flüchtlingshilfe mit Stipendien
Viele Flüchtlinge aus Syrien müssen zwangsläufig ihre Schul- oder Universitätsausbildung abbrechen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), die Regierungen der Aufnahmeländer sowie verschiedene Hilfsorganisationen versuchen, wenigstens eine grundlegende Schulbildung sicherzustellen. Die Flüchtlingsgeneration wird aber dereinst (hoffentlich) beim Wiederaufbau gefragt sein und hier müssen weitergehende Kenntnisse und Kompetenzen erworben werden. Eine Gruppe von Professoren apelliert daher an verschiedene Geldgeber, insbesondere die Bundesregierung, den DAAD und Stiftungen, Gelder für Stipendien an syrische Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.
Entsprechende Stipendien können auch für den Schutz der Kulturgüter wichtig sein. Viele der Aktivisten, die die Zerstörungen des Kulturgutes in Syrien, aber auch in Ägypten ins internationale Bewußtsein bringen, sind Studenten, die an ausländischen Universitäten Archäologie oder Denkmalpflege studieren.

#SaveHistory
The Syria Campaign bewirbt seine Petition an die UN, den Handel mit syrischen Antiken zu verbieten (siehe Archaeologik Handelsverbot für syrische Antiken - #HistoryNotGuns), mit einer Reihe von Plakaten. 
Der Link zur Petition: https://thesyriacampaign.org/en/actions/save-history


(The Syria Campaign, mit freundl. Genehmigung)
Schmuggel und Raub
Über den Antikenschmuggel durch die Türkei berichtet Zaman Alwasl (10.8.2014): Syria’s heritage “For Sale” in Turkey and other countries - https://www.zamanalwsl.net/en/news/6104.html. Der Bericht zitiert die Einschätzung eines Aktivisten, dass die Anzeige von Händlern in Istanbul wenig bringe, da die Banden, große gedeckte Netzwerke darstellten. Ansatzpunkt sei vielmehr die Prävention von Raub und Schmuggel vor Ort, wobei insbesondere die dortigen Militäreinheiten gefragt seien.

Eine palmyrenische Frauenbüste, die vor einigen Jahren durch ein syrisch-japanisches Achäologenteam in einem Grab der Südost-Nekropole dokumentiert wurde, ist nun durch die syrischen Behörden sicher gestellt worden: http://dgam.gov.sy/?d=314&id=1391


Großbritannien hat seit 8.8. den Export von Objekten aus Syrien verboten:
Die USA belassen es bei Erklärungen:

UNESCO
Die UNESCO betont die Bedeutung des kulturellen Erbes für den Zusammenhalt und die Identität von Gesellschaften und verweist auf ihre Konventionen und Resolutionen:
http://www.unesco.org/new/en/media-services/single-view/news/unesco_strengthens_action_to_safeguard_cultural_heritage_under_attack/#.U_pUpWMmWLI

Zur Rimini-Konferenz:


weitere Medienberichte
Die italienische Zeitung La Republicca berichtete bereits im Mai über Restaurierungen in Maalula:
Interner Link
 
 

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Baschar al-Assad muss weg,erst dann gibt es Lösungen!