Dienstag, 7. Februar 2023

UN-Generalsekretär: Gegenwartszentriertes Denken ein Grund der aktuellen globalen Krisen

UN-Generalsekretär António Guterres stellte am Montag, 6.2.2023 in einer Rede vor der UN-Vollversammlung in New York seine Prioritäten für 2023 vor. Archäologie war nicht sein Thema, aber doch ist ein Gedanke daraus für das Fach ganz zentral.

„Die Welt braucht Frieden“, sagte Guterres und verwies dabei auf die zahlreichen aktuellen militärischen Konflikte, allen voran den russischen Angriff auf die Ukraine. Das Risiko eines Atomkriegs sei sei so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die „Neue Agenda für Frieden“ der UN sieht vor, die Grundursachen für Konflikte zu ermitteln und in Prävention zu investieren, um Konflikte von vornherein zu vermeiden. Gutteres stellte fest, dass uns zu Beginn des Jahres 2023 Kriege weiter aufreiben, die Klimakrise weiter brenne, extremer Reichtum und extreme Armut weiter wüte.

Einen entscheidenden Grund sieht er darin, dass sich Politik und Wirtschaft zu sehr auf kurzfristige Ziele wie "die nächste Umfrage" oder "den morgigen Aktienkurs" konzentrierten. Ein solches gegenwartszentriertes Denken sei "nicht nur zutiefst unverantwortlich - es ist unmoralisch".
"The good news is that we know how to turn things around — on climate, on finance, on conflict resolution, on and on. And we know that the costs of inaction far exceed the costs of action. But the strategic vision — the long-term thinking and commitment - is missing. Politicians and decision makers are hobbled by what I call a preference for the present. There is a bias in political and business life for the short term. The next poll. The next tactical political manoeuvre to cling to power. But, also the next business cycle — or even the next day’s stock price. The future is someone else’s problem.

This near-term thinking is not only deeply irresponsible — it is immoral. And it is self-defeating. Because it makes the problems we face today — in the here and now — more intractable, more divisive, and more dangerous. We need to change the mindset of decision making."


António Guterres vor der UN, 2022
(Foto: Palácio do Planalto [CC BY 2.0] via WikimediaCommons)



Die meisten Medienberichte fokusieren auf seine Befürchtung, die Welt könne in einen größeren Konflikt stürzen.  Nur wenige berichten aber über diesen ganz zentralen Gedankengang, der gegenwartszentriertes Denken als einen Grund für die aktuellen globalen Krisen ausmacht.

Der Gedanke ist sicherlich nicht neu, aber er ist in diesem politischen Kontext bemerkenswert. - Und er hat eine große Bedeutung für die gesellschaftliche Relevanz von Geschichte und Archäologie. Denn letztlich sind es diese Fächer, die ein Bewusstsein schaffen für langfristige Prozesse und für die Verantwortung der Menschen für die Folgen, die ihr Handeln für spätere Generationen. Sie sind es, die längerfristige Erinnerung trainieren. Den Gedanken konsequent zu Ende geführt, bedeutet das, Archäologie und Geschichte sind eine wesentliche Grundlage für einen stabilen Frieden.



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