Archaeologik ist ein Wissenschaftsblog zu Themen der Archäologie und des Kulturgutschutzes. Er zielt auf eine kritische Archäologie, die sich mit methodisch-theoretischen, wissenschaftspolitischen und gesellschaftlichen Aspekten der Archäologie auseinandersetzt und die alltägliche Forschungspraxis reflektiert.
Archaeologik is a science blog contributing to various aspects of critical archaeology and cultural heritage including methodology, theory and daily archaeological practice.
In England wird seit Jahren eine besondere Art der Bürgerarchäologie praktiziert: Bürger graben ihre Ortsgeschichte aus. Mit kleinen Suchschnitten werden Keramikspektren geborgen, die Aufschluss über die Siedlungsentwicklung geben. Beispielsweise konnten die Auswirkungen der Pest auf ländliche Siedlungen in Ostengland aufgezeigt werden. Maßgebend treibt Carenza Lewis, Professorin für "the Public Understanding of Research" in Lincoln das Projekt voran. Wichtige Impulse kamen aus der 1994-2012 ausgestrahletn britischen Fernsehserie Time Team, bei der in engem Kontakt mit der Dorfbevölkerung mehrfach kleine Forschungskampagnen realisiert wurden.
Es sind zwei Aspekte, die das Projekt methodisch und theoretisch interessant machen, nämlich einerseits die Methode der Testsondagen und der Aspekt der Bürgerarchäologie andererseits.
Testsondagen
Methodisch ist es bedeutend, in die alten Ortskerne zu blicken und deren Entwicklung nachvollziehen zu können. Wir wissen seit langem (Schreg 2006), dass "das Dorf" erst spät entstanden ist - mit regionalen und individuellen Unterschieden. Oft kennen wir ältere, früh- und hochmittelalterliche Siedlungslagen außerhalb der späteren Ortskerne, was auf einen Prozess der Siedlungskonzentration bzw. Siedlungsverlagerung schließen lässt, über den nur in den Ortskernen genaueres zu erfahren ist.
Problematisch ist, dass bisher nur wenige Aufschlüsse in den alten Ortskernen vorliegen, Inzwischen scheint die Denkmalpflege zwar verstärkt engagiert, aber oft gibt es hier nur geringen Veränderungsdruck, so dass aussagefähige Synthesen noch kaum möglich sind (vgl. Brenner 2022)..
Idealerweise wären hier die Potentiale in den Braunkohlerevieren zu nutzen, doch war es hier aufgrund der Konzerninteressen bisher nur in Ausnahmen möglich, ganze Dörfer zu untersuchen - und bisher nur in den mitteldeutschen Revieren. Mit einem Projekt in Kerpen-Manheim, das am Tagebau Hambach liegt und inzwischen bis auf letzte Reste abgerissen ist, haben wir vom Bamberger Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit mit Finanzierung durch die Stiftung zur Förderung der Archäologie im Rheinischen Braunkohlerevier ein Projekt mit solchen Testsondagen durchgeführt. Aufgrund der äußeren Bedingungen konnte das britische Modell nicht völlig übertragen werden, sondern musste modifiziert werden. Zwar gelang es mit den Kerpener Heimatfreunden auch die Bürgerschaft einzubinden, aber das Dorf ist bereits "abgesiedelt", so dass es keine Einwohner mehr gibt. Deshalb wurden die Sondagen auch nicht von Hand gegraben, sondern mit einem Bagger angelegt, gleichwohl in Schichten vorgegangen. 170 Schaufeltestsondagen erbrachten ein auswertbares Spektrum an Keramikfunden, deren räumliche Auswertung mittels eines Geographischen Informationssystems die späte Aufsiedlung des Ortsbereichs zeigt (Petersen/Schreg 2021). Weitere Forschungen im Dorfbereich erfolgen nun durch exemplarische Ausgrabungen an einzelnen Hofstellen. Sie sind als bürgerschaftliches Projekt konzipiert, das interessierten Bürgern die Partizipation an den Ausgrabungen ermöglicht, wenngleich eine Grabungsfirma die eigentliche Durchführung übernimmt.
Schaufeltestsondagen ergeben keine a priori auswertbaren Informationen zu den Baustrukturen eines Dorfes, können aber ggf. auftretende relevante Befunde dokumentieren. Damit und mit den letztlich doch sehr geringen Eingriffen in die potentielle archäologische Substanz sind sie jedoch ein effektives Mittel, um Siedlungsdynamiken zu erfassen. Die besten Ergebnisse sind übrigens anhand der Funde aus dem Oberboden zu erzielen, da hier - anders als in einem Befund - mit einem Fundspektrum zu rechnen ist, das die Siedlungsaktivitäten durch die Zeiten hinweg repräsentiert. Eine Kombination mit Gartenbegehungen bietet sich an, allerdings sind die dafür interessanten Gemüsegärten heute eher selten und durch einen Bodenaustausch nicht ganz unproblematisch.
Bürgerarchäologie
Der Erfolg des britischen Projektdesigns ist grundlegend jedoch mit dem Aspekt der Bürgerbeteiligung verknüpft.
Inzwischen wurde das Projekt „Community Archaeology in Rural Environments Meeting Societal Challenges“ (CARE-MSoC) aufgelegt:
In den Niederlanden, in Tschechien und Polen werden nun mit europäischer Finanzierung entsprechende Dorfprojekte durchgeführt. CARE-MSoC zielt darauf ab, die Machbarkeit, den Wert und die Effekte solcher Ausgrabungen durch die Einwohner ländlicher Siedlungen in ihren Heimatgemeinden genauer zu untersuchen. Im Vereinigten Königreich wurde dadurch nicht nur eine größere Kenntnis der Ortsgeschiche vermittelt, sondern es zeigten sich weitere soziale und kulturelle Effekte der gemeinsamen Testsondagenausgrabungen.
Deutschland ist bislang nicht dabei, aber in Kooperation zwischen dem Exzellenzcluster ROOTS der Christian-Albrecht Universität Kiel, dem Zentrum für Baltische und
Skandinavische Archäologie in Schleswig, dem Archäologischen Landesamt
Schleswig-Holstein sowie dem Leibniz-Institut für Pädagogik der
Naturwissenschaften und Mathematik läuft ein ähnliches Projekt auch in Schenefeld bei Itzehoe. An zwei Wochenenden im März und Juni 2022 wurden mehrere Somdagen gegraben und dabei von den Anwohnern einige Funde geborgen, die Geschichte unmittelbar vermitteln.
Schenefeld, Juni 2022 Bürger-Ausgräber an ihrem Sondageschnitt (Foto: R. Schreg 2022)
Mein
Dank geht an Carenza Lewis, die sich die Zeit genommen hat, mir die
laufenden Arbeiten in Schenefeld zu zeigen - ein tolles Projekt, bei dem
man allen Beteiligten, vor allem auch den Familien und Nachbar*innen
ansieht, wie viel Spaß und Interesse sie dabei haben.
Bleibt zu hoffen, dass die Pilotstudien in Europa die Grundlagen schaffen, um solche Projekte fortzuführen. Ich wüsste bereits einige Dörfer, in denen dieser Ansatz sehr vielversprechend scheint.
Lewis u.a. 2022: Carenza Lewis, Heleen van Londen, Arkadiusz Marciniak, Pavel Vařeka & Johan Verspay: Exploring the impact of participative place-based community archaeology in rural Europe: Community archaeology in rural environment meeting societal challenges, Journal of Community Archaeology & Heritage 2022, - DOI : 10.1080/20518196.2021.2014697
Lewis 2016: C. Lewis, Disaster recovery? New archaeological evidence from eastern England for the impact of the ‘calamitous’ 14th century. Antiquity 90, 2016, 777–797.
Petersen/Schreg
2021: P. Petersen/R. Schreg, Kleiner Bagger vs. großer Bagger. Ein
Schaufeltestsurvey zur Dorfgenese von Manheim (Stadt Kerpen, NRW) im
Rheinischen Braunkohlerevier. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft
für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 34, 2021, 147-156
Instrumentalisierung der Vergangenheit durch die Politik ist ein
altbekanntes Phänomen. Dieser Tage führt Vladimir Putin dies mit der Begründung für seinem Krieg gegen die Ukraine vor Augen (Archaeologik 22.1.2022). Auch Trumps "Make America great again!" beschwört ein Bild der amerikanischen Geschichte, das hochgradig selektiv ist. Auch demokratische Parteien berufen sich in ihrem Wahlkampf oft auf die Vergangenheit.
Die Bilder der Vergangenheit, die hier beschworen werden, sind meist unabhängig von den Quellen und Disziplinen, die dahinterstehen, sondern sind Mythos. Zu dessen Legitimation und Propagandierung fördern populistische Regierungen gerne wissenschaftliche oder auch parawissenschaftliche "Forschung" - auch in der Archäologie, die medienwirksamere Bilder liefern kann als klassische Archivarbeit. Forchungsgeschichtlich sei nur daran erinnert, dass die ur- und frühgeschichtliche Archäologie ihren entscheidenden Ausbau an den Universitäten während der NS-Zeit erfahren hat. Auch die Archäologie des Mittelalters - wenngleich damals noch gar nicht als akademisches Fach etabliert - war hier in verschiedener Weise betroffen (vgl. Archaeologik 2.7.2020).
Wenn also Wissenschaft auch per se unpolitisch sein sollte, so kann sie es in der Praxis gar nicht sein, gerade, weil ihre Ergebnisse eben nicht im luftleeren Raum stehen und reiner Selbstzweck sind. Davon sind wohl alle Wissenschaften betroffen. Dabei geht es in vielen Disziplinen darum, dass die wissenschaftlichen Ergebnisse auf Widerstand stoßen, weil sie nicht in bestehende Menschen- und Weltbilder passen oder Wirtschaftsinteressen stören. Beispiele sind etwa die Klimaforschung, jüngst die Virologie, aber auch die Kulturwissenschaften wenn es etwa um Sex und Gender geht. Vor allem aber im Bereich der Geschichte mit ihrer identitätsstiftenden Erinnerungskultur ist sie auch anfällig für Manipulationen, bisweilen im Rahmen wissenschaftlicher Interpretationsspielräume, oft aber auch mit para- und pseudowissenschaftlichen Argumentationen.
Wissenschaft kann ihren eigenen Ansprüchen der Seriosität, der Verpflichtung auf wissenschaftliche Methoden und einer Verantwortung der Gesellschaft gegenüber nur gerecht werden, wenn sie sich gegen solche Manipulationen wehrt. Geschichte und Archäologie dürfen sich daher nicht ausschließlich mit der Vergangenheit befassen, sondern müssen auch die Rezeption durch die moderne Gesellschaft(en) im Auge behalten und gegebenenfalls darauf reagieren.
Das Bewusstsein für die Problematik steigt - auch in der Archäologie.
Im letzten Heft des Jahrgangs 2021 des European Journal of Archaeology ist ein Meinungs-/ Diskussionsbeitrag erschienen, der das derzeit leider extrem wichtige Thema des Populismus und des Einflusses von Identitätsstiftung und Politik auf die Archäologie aufgreift. Er fasst Beiträge zusammen, die auf eine Session bei der EAA-Konferenz 2019 in Bern zurückgehen. Auf dieser Tagung wurde das EAA-Statement zu Archäologie und Demokratie verabschiedet (Archaeologik 22.9.2019).
Daniela Hofmann, Emily Hanscam, Martin Furholt, Martin Bača, Samantha S. Reiter, Alessandro Vanzetti, Kostas Kotsakis, Håkan Petersson, Elisabeth Niklasson, Herdis Hølleland, Catherine J. Frieman:
24/4, 2021, 519-555 - doi: https://doi.org/10.1017/eaa.2021.29 Open Access: direkt zum PDF
Der Artikel vereint die Beiträge vieler Kolleg*innen, die unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben und keineswegs immer einer Meinung sind. Dennoch gelingt es, einige wesentliche Aspekte des Problemfelds aufzuzeigen.
Ich möchte hier einerseits auf solche Aspekte hinweisen, die in diesem Zusammenhang auf Archaeologik bereits ein Thema waren, andererseits solche hervorheben, die mir neue Perspektiven zu bieten scheinen.
Die Agitation der Populisten
Kennzeichen des
Populismus sind nach einer Analyse des Politikwissenschaftlers
Jan-Werner Müller Elitenkritik, Antipluralismus, vermeintliche moralische
Überlegenheit und Identitätspolitik. Er ist damit zwar überwiegend, aber
nicht ausschließlich ein Phänomen rechter Parteien. Der Populismus
ist heute jedoch nicht nur einigende Ideenwelt unzufriedener oder
desillusionierter Massen, sondern wird von gut finanzierten und gut
strukturierten politischen Parteien organisiert, schreiben die Autor*innen. Moderner Populismus ist mehr als nur
Vehikel für den klassischen Wahlkampf. "Es geht um Ideologien, die sich
oft durch falsch konstruierte Narrative der Vergangenheit und der
Zukunft begründen. Während Populisten in der Vergangenheit
Pionierarbeit beim Missbrauch von Massenmedien, insbesondere von Radio
und Filmen, geleistet haben, sind die heutigen Populisten geschickte
Manipulatoren von sozialen Medien wie Facebook und Twitter" (S. 529).
Es soll an dieser Stelle nicht um die zunehmenden Relativierungen nationalsozialistischer Verbrechen gehen, die mittlerweile viele Verquertdenker-Demonstrationen auszeichnen. Es geht europaweit um Geschichtsdarstellungen, die bestimmte Werte legitimieren sollen. Der
EJA-Artikel präsentiert dazu Beispiele populistischer Kampagnen aus Tschechien, der Slowakei, Italien,
Griechenland und Skandinavien.
Als neu nehmen die Autor*innen wahr, dass "die immer lauter werdende und
allgegenwärtige populistische Auseinandersetzung die diskursiven
Grundlagen einer rationalen Argumentation bedroht (an ever more vocal
and pervasive populist debate (...) threatens the discursive
foundations on which rational argument is possible)" (S. 520). Es geht also nicht nur um die Instrumentalisierung der Geschichte durch etablierte Regierungsparteien (wie z.B. in Ungarn oder Russland), sondern um populistische, bisweilen auch nur populäre Geschichtsbilder, die für politische oder auch wirtschaftliche Partikularinteressen nicht nur ausgenutzt, sondern auch (bewusst) verbogen werden.
Mit historischen (Schein-)Begründungen werden meist konservative "Werte" propagiert, die in einer modernen liberalen Gesellschaft als restriktiv und intolerant mehrheitlich nun eher abgelehnt werden. Oft ist es die bloße Wiederholung, oft der Keim des Zweifels, der über die modernen Massenmedien des Web gesät werden. Langfristig können damit "alternative", letztlich völlig erlogene Weltbilder geschaffen werden. Wenn dies in autoritären Regimen mit einer Beschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit einhergeht, kann dies ein wichtiges Element der Machtsicherung durch "Wahrheitsmonopol" werden.
Wie sollen wir darauf reagieren?
Wie gehen wir damit um, dass Populisten dabei auch auf archäologische
Themen schielen? Wie gehen wir damit um, wenn oft lautstarke Gruppen in
der Öffentlichkeit mit vorgefertigten Meinungen oder gar bewussten
Missdeutungen an die Geschichte herangehen, gezielt wissenschaftlichen
Ergebnissen und Überzeugungen widersprechen oder auch einfach nur
über das methodisch aus den verfügbaren Daten Erschließbare hinausgehen?
Populistische Geschichtsnarrative
Viele historische Narrative nehmen Bezug auf einzelne historische Gruppen. In gängigen Geschichtsbildern geschieht dies heute nur noch gewohnheitsmäßig. Ich habe oft den Eindruck, dass die fehlende Theoretisierung und Selbstreflektion wesentlichen Anteil daran hat, dass sich keine zeitgemäßeren und historisch realistischeren Narrative durchgesetzt haben. Anstelle nationaler Geschichte, die meist eher wenig erklärt, bieten beispielsweise eine Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, insbesondere aber eine Umweltgeschichte viele wichtige Entwicklungslinien, die es wert sind, erzählt zu werden - und die Anlass bieten, kritisch über die Gegenwart nachzudenken.
Populistische Narrative setzen den Bezug auf Völker und Nationen bewusst ein, um Ideologien zu legitimieren, die eigene Stärke und moralische Überlegenheit zu demonstrieren und eine durch gemeinsame Ahnen und Geschichte abgegrenzte Gruppe zu propagieren - und vermeintlich Fremde auszuschließen. Nationen und Völker werden hier als natürliche, weitgehend unveränderliche Größen gedacht (vgl. Archaeologik 15.11.2016).
In Norditalien wird im Umfeld der Lega
Nord die keltische Vergangenheit Norditaliens propagiert, während die
historisch hier ansässigen Bevölkerungsgruppen wie Ligurer und Veneter
oder auch Etrusker marginalisiert werden. Was die Kelten heute in Norditalien politisch
attraktiv macht, ist wohl nicht zuletzt ihr Marsch auf Rom und dessen Eroberung 390 v.Chr.
(S. 536ff.). Solche sozialen Prozesse der Selbstinszenierung durch die Erfindung von Traditionen spielten im Übrigen bereits in der Spätantike eine wesentliche Rolle, als sich viele Stämme und Völker erstmals formierten.
1922: Faschisten unter Mussolini auf dem Marsch auf Rom - Heute haben die norditalienischen Kelten, die 390 v.Chr. gegen Rom marschiert sind, unter den norditalienischen, separatistischen Rechten der Lega Nord Konjunktur (Foto: unbek. Fotograf [PD] via WikimediaCommons)
Der Kulturbegriff
Der EJA-Beitrag weist darauf hin, dass das Festhalten an im Fach althergebrachten Kategorien, wie dem Kulturbegriff ein veraltetes und im Kern längst als zu simpel erkanntes Geschichts- und Gesellschaftsbild für die Öffentlichkeit bekräftigt. Es geht um die Vorstellung von Kulturen und Völkern als einer natürlichen, unveränderlichen Gemeinschaft, die primär auf eine gemeinsame Abstammung zurückgeht.
Deutlich wird das Problem insbesondere bei so etablierten Kategorien wie "Germanen", "Kelten" oder - wie in vorliegendem Artikel auch von skandinavischen Kollegen thematisiert - "Wikinger". Noch immer bedienen sich ihrer Museen, um Publikum in Ausstellungen zu locken. Baden-Württemberg verwendet die "Kelten" bedenkenlos für touristische Werbung.
Bei den Wikingern ist festzustellen, dass sie in der Mehrheit der Bevölkerung ihre nationalistische Bedeutung verloren haben, wirtschaftlicher Opportunismus aber dennoch ihre Fahnen hochhält und dieselben Narrative bedient. HåkanPetersson konstatiert (S. 540ff.), die Museen seien auf diese Situation völlig unvorbereitet. Auf der einen Seite sehen sie die Probleme und widersetzen sich auch, konkurrieren aber zugleich kommerziell um die Gunst des Publikums und lassen sich auf die überholten Stereotype und Narrative ein. Frustriert stellt Petersson fest, fünfzig Jahre moderner Forschung und archäologischer Funde hätten das traditionelle Bild kaum verändert. Die Fachleute haben ihre
Deutungshoheit und ihre Rolle als Übersetzer und Präsentatoren der
Geschichte an wirtschaftliche Interessen verloren.
Seit langem als Problem sind auch die zu vereinfachenden Labels erkannt, die die moderne Archäogenetik oft zur Bezeichnung ihrer aus der DNA definierten Gruppen verwendet, die eben keineswegs Völker im traditionellen Verständnis darstellen. Martin Furholt greift diese Thematik S. 526ff. auf.
Völker oder Gruppen mit auch heute noch auftretenden genetischen Eigenschaften wirken fast zwangsläufig identitätsstiftend. Kontinuitäten weit in die Vergangenheit wirken legitimierend aber auch ausgrenzend und sind daher ein beliebtes Narrativ insbesondere für rechte Kreise.
Da auch das traditionelle, aus dem 19. Jahrhundert herrührende Geschichtsbild an solchen Kontinuitäten ausgerichtet ist, fehlt oft das Gespür für die Diskontinuitäten und Brüche. Es scheint mir kein Zufall, dass das wissenschaftliche Geschichtsverständnis in den USA (anders als das von ExPotUS D.Trump), sehr viel eher auch Kollapssituationen und soziale Interaktion thematisiert, da die moderne amerikanische Geschichte für fast alle Gruppen mit einer Zäsur (Auswanderung, Deportation, Vertreibung, Krieg, Seuchen) beginnt. Geschichte bedeutet Veränderung und kennt nur ausnahmsweise Kontinuitäten. Die wichtigste Kontinuität ist meist der andauernde Wandel.
Der
EJA-Artikel zieht in diesem Zusammenhang die Chronologiediskussion
zur Linearbandkeramik heran, wo ebenfalls klassische typochronologische
Gruppen die alte Vorstellung von einheitlichen Gruppen verfestigen
würden. Gerade dieses Beispiel zeigt aber m.E. dass es hier nicht um die
Einforderung einer generellen Aufgabe der Suche nach kulturellen
Gruppen gehen kann und gehen darf. Denn in einzelnen historischen
Perioden und Räumen kann sich durchaus eine Gruppenidentität entwickeln,
die exklusiv und auf Abstammung orientiert ist. Dies darf nur nicht
paradigmatisch vorausgesetzt werden. Dieses Problem mit dem der
mangelnden Akzeptanz der 14C-Chronologie in Deutschland zu vermengen (S.
520f.), erscheint mir nicht korrekt. Ihr einen unbedingten Vorrang
gegenüber Argumenten aus archäologischen Vergesellschaftungen und
Gruppen einzuräumen, scheint mir verfehlt, ist es doch nicht der Einsatz
moderner Methoden, sondern erst die Fähigkeit, Widersprüche in den
Aussagen verschiedener Quellen und Daten zu finden und durch eine
umfassende Kritik auf allen Seiten aufzuklären, was moderne
Interdisziplinarität ausmacht.
Verfestigung von konservativen Welt- und Menschenbildern
Die
permanente Wiederholung nationaler Narrative verfestigt die Idee einer
historisch legitimierten Gemeinschaft mit konservativen Werten. Das
führt zum Beispiel dazu, dass quellenkritisch erforderliche
Diskussionen um frühere Rollenverhältnisse als unseriös abgelehnt
werden. Genderdebatten in der Geschichte bedeuten nicht, dass moderne Gender-Ideale in die Vergangenheit übertragen werden, sondern, dass erst mal überlegt wird, wie stichhaltig eine Verallgemeinerung traditioneller Sichtweisen ist. Sehr oft zeigt sich, dass andere Modelle zumindest denkbar sind - und hergebrachte Begriffe zu überdenken sind.
Es scheint auch weder zukunftsweisend noch vergangenheitserklärend, den alten Germanen-Begriff weiter zu verwenden, In
Berlin und Bonn wurde 2020/21 eine große Ausstellung "Germanen" präsentiert,
die zwar auch die Problematik des Germanen-Begriffs angesprochen hat, ihn aber dennoch verwendet hat, weil sich "bestimmte Begriffe nicht aus
dem allgemeinen Sprachgebrauch und Bewusstsein wegdenken lassen“. Ist es aber nicht die Aufgabe von Historikern und Archäologen, Geschichte zu erzählen, wie sie war, nicht wie wir sie uns vorstellen wollen? Man hat stattdessen den Germanen-Begriff groß in die Medien gebracht, was bei der großen Masse der Rezipienten wohl eher affirmativ wirkt, wenn auch durch die Pressearbeit zahlreiche Medienberichte das Problem aufgegriffen und damit sogar getitelt haben, wie etwa Spektrum der Wissenschaft, das titelte "Germanen - gab's die wirklich?" oder auch die Welt "Die Germanen hat es nie gegeben". Es scheint sinnvoll, hier eine eingängige Terminologie zu entwickeln, die "Germanen" vermeidet, aber eben auch nicht ungelenk von der "eisenzeitlichen und römisch-kaiserzeitlichen Bevölkerung der Gebiete rechts des Rheins" spricht. Von Germanen sollte eben nur dort gesprochen werden, wo die zeitgenössischen schriftlichen Quellen diesen Terminus auch verwenden.
T. Valk/M. Wemhoff (Hrsg.), Germanen: eine archäologische Bestandsaufnahme (Darmstadt 2021)
Verschiebung des Sagbaren
Durch
andauernde Provokationen und Grenzüberschreitungen erreichen viele
rechtspopulistische Parteien aber auch eine Verschiebung des Sag- und Denkbaren.
Was einst ein Skandal war, wird allmählich normal und auch von Parteien
der Mitte aufgenommen. Was wichtige neue Perspektiven auf Vergangenheit und Heute werfen könnte, wird von vorn herein diskreditiert. Die permanente Darstellung
kulturellen Erbes als ein nationales Erbe lässt mittel- bis langfristig
Migration in einem anderen Licht erscheinen - völlig unabhängig von
Fakten oder humanitären Werten. Der Artikel verweist hier nicht auf das
deutsche Beispiel der AfD mit ihrem "Vogelschiß", sondern auf
verschiedene skandinavische Rechtspopulisten. In diesem Kontext darf man
aber sicherlich auch die überbordende Verwendung von Hakenkreuzen und
anderen rechten Symbolen sehen.
Einfluss auf Erinnerungs- und Bildungspolitik ist daher für Populisten immer wieder von Interesse. Leider fehlen im EJA-Artikel Beiträge von Kollegen aus Polen und Ungarn, wo die
Populisten längst in der Regierung sitzen, und tatkräftig durch alternative Forschungsinstitute ihre eigenen Geschichten schnitzen - oder missliebige historische Themen schlicht zu verbieten versuchen.
Aus Norwegen berichtet HerdisHølleland, wie
die populistische
Rechte danach strebt, die Macht von der Elite auf „das Volk“ zu
verlagern. Neoliberale Entbürokratisierungsmaßnahmen, wie sie
kürzlich von der derzeitigen Koalitionsregierung in Norwegen eingeführt
wurden, können dazu führen, dass fachliche Expertise aus
Entscheidungsprozessen gedrängt wird und der politische Einfluss
zunimmt. Ziel
der Kulturpolitik der norwegischen Fortschrittspartei beispielsweise
ist die
Stärkung der nationalen Identität durch Schutz und Pflege nationaler
archäologischer Stätten, die Herkunft und Macht versinnbildlichen. Um
ihre Kulturerbepolitik umzusetzen und zu
finanzieren, versuchen sie, staatliche Gelder von multikulturellen
Initiativen und Institutionen wegzulenken, die sich mit zeitgenössischer
Kunst und Weltkulturen auseinandersetzen. Bürokratieabbau ist sicher an
vielen Punkten ein wichtiges und gerechtfertigtes Anliegen, doch ist es
wichtig zu sehen, dass er auch ein Einfallstor für Populisten sein kann.
Es sind nicht nur die Narrative nationaler Größe oder einer kriegerischen Vergangenheit, sondern auch bestimmte Kommunikationsformen, die Populismus kennzeichnen. Der Artikel bietet dazu eine Tabelle, die verschiedene Formen der Kommunikation zwischen Archäologie und Öffentlichkeit sehr summarisch auflistet:
Für die akademische Wissenschaft steht hier die klassische top-down Kommunikation, die sich bei allen modernen Überlegungen zur Wissenschaftskommunikation auch nicht wird völlig ersetzen lassen. Die Archäologie muss zwar stärker die Interessen der Gesellschaft einbinden und auch die Stimmen aus der Gesellschaft wahrnehmen, aber Grabungsergebnisse werden am Ende nun mal präsentiert - selbst wenn bei den Ausgrabungen die Bürgerschaft involviert war.
Der Autor HerdisHølleland sieht aber auch eine top-down Promotion durch Politiker und einige einflussreiche Archäologen (vgl. Archaeologik), eine bottom-up-Perspektive, die sie als "revenge archaeology" (Rache-Archäologie) charakterisieren, die anti-elitär oft von Hobbyforschern vertreten wird und schließlich die Perspektive der Wissenschaftspopularisierung durch Vermittler, für die beispielsweise auf Heinrich Schliemann verwiesen wird (vgl. Archaeologik 39.4.2019). Neben den Facharchäologen sind hier noch zahlreiche weitere Akteure involviert.
Handlungsoptionen: 6 Thesen
Dass Wissenschaftler*innen hier nicht einfach zuschauen dürfen, scheint mir außer Frage. Die Vorstellung, Archäologie und generell Wissenschaft sei unpolitisch und könne sich heraushalten, ist viel zu simpel. Vergangenheit hat einen Gegenwartsbezug, der sehr vielschichtig ist. Natürlich ist Geschichte auch immer perspektivisch, aber eben auch nicht beliebig. Die sich wechselnden Perspektiven ergeben sich aus neuen Fragestellungen und Methoden, in der Archäologie oft auch aus neuen Quellen, sprich: Ausgrabungen. Aber sie ergeben sich auch aus verschiedenen theoretischen Ansätzen. Sie dürfen nie paradigmatisch sein, sondern müssen jeweils methodisch kritisch sein (was etwas Anderes ist, als viele Parawissenschaftler oder Querdenker darunter verstehen).
These 1: Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit beispielsweise im Rahmen der Hochschulpolitik oder die Begrenzung wissenschaftlicher Expertise in den Denkmalschutzgesetzen müssen genau beobachtet und mit den Mitteln der Demokratie aktiv verhindert werden.
These 2: Die Archäologie darf nicht nur Materialvorlagen und Ausgrabungsberichte publizieren und die Interpretation dann Laien überlassen. Sie muss auf wissenschaftlicher Basis - theoretisch fundiert und erklärt - auch historische Interpretationen anbieten.
"Die Rolle der Archäologen und der Archäologie muss und sollte jedoch nicht nur darin bestehen, die Voraussetzungen für die Interpretation unserer Forschungsergebnisse und Daten durch andere zu schaffen. Daran können und müssen wir aktiv mitwirken" (S. 533).
These 3: Die Bedeutung unterschiedlicher theoretischer Ansätze bzw. Hintergrundkonzepte für die Interpretation muss aktiv und offen vermittelt werden. Es ist zu zeigen, dass es nicht um erfundene sog. "alternative Fakten" oder "alternative Wahrheiten", sondern um zulässige - und notwendige - alternative Perspektiven auf der Ebene von Hypothesen oder auch Theorien geht. Seriöse Wissenschaftsvermittlung beinhaltet zwangsläufig auch eine Vermittlung theoretischer Grundlagen.
These 4: Wissenschaft muss den Dialog mit der Öffentlichkeit suchen und sollte die wesentlichen Stakeholders kennen lernen (vgl. S. 539). Der Umgang mit der Öffentlichkeit muss reflektiert erfolgen, um zu verhindern, dass nicht-wissenschaftliche Narrative die Oberhand gewinnen. Dieses Risiko ist im Kontext von Reenactment, Living History, aber auch von Citizen Science - die alle wichtiges Potential haben, Geschichte zu vermitteln - zu reflektieren. Leicht geraten hier falsche oder irrelevante Inhalte wie niedliche Ponys und stinkende Schweine in die Vermittlung.
These 5: Wir müssen genauer überlegen und kommunizieren, was die Archäologie denn tatsächlich an Relevantem zu vermitteln hat. Das ist m.E. nicht, wie die Gewandung um 760 im Vergleich zu 930 n.Chr. ausgesehen hat. Das Potential der Archäologie liegt in der Vermittlung der zeitlichen Dimension, dabei kann die Gewandungsfrage didaktisch interessant werden. Vor allem aber sollte die Archäologie m.E. die Bedeutung langer Zeiträume, aber auch die Möglichkeit kurzfristiger historischer Umschwünge aufzeigen und so wichtiges Orientierungswissen liefern. Ohne ein Verständnis für die Dimension der Zeit kann keine verantwortungsvolle Zukunftsplanung erfolgen. Und wir sollten es vermeiden, populäre, letztlich aber überholte Begriffe zu benutzen, da dies fasche, überholte Weltbilder zementiert. Nicht immer wird die kritische Diskussion weiter vermittelt, so dass - wie bei der oben erwähnten Germanen-Ausstellung - am Ende ein affirmativer Charakter bleibt.
These 6: Wir benötigen eine umfassende Auseinandersetzung mit archäologischer Vermittlungsarbeit, mit ihren Zielen, Methoden und Medien, ihrer Resonanz und ihren Defiziten. Das sollte auch nicht das Hobby einiger Weniger sein, da es alle betrifft, die mit Archäologie befasst sind und deswegen Kontakt zur Öffentlichkeit haben. Es ist nicht nur ein Thema für Museen, sondern auch für Universitäten, Denkmalpflege und all jene, die in diesen Bereich freiberuflich tätig sind und meistens am direktesten mit der Öffentlichkeit zu tun haben.
Nachdem eine neue aDNA-Studie den Nachweis erbracht hat, dass die mittelalterliche Pestwelle des 14. Jahrhunderts ihren Ausgangspunkt im nördlichen Kirgisistan hatte - hier also das Wuhan des Schwarzen Todes lag. Unabhängig von der historischen Bewertung des Studienergebnisses ist die Reaktion der kirgisischen Regierung bemerkenswert:
Die Studie ist demnach eine Verschwörung, um die kirgisische Tourismusindustrie zu schädigen!
Zunächst kommentierte der Wirtschafts- und Finanzminister Akylbek Japarow einen facebook-Post, der auf einen russischen Medienbericht verlinkt, knapp und vielleicht auch eher frustriert: "Warum zu Beginn der Urlaubssaison?"
Das Gesundheitsministerium äußerte sich jedoch nach einem Bericht von kg24, einer kirgisischen Online-Zeitung deutlicher: “Angesichts der Tatsache, dass der Issyk-Kul-See und Kirgisistan insgesmt von ziemlich vielen Touristen, auch aus dem Ausland besucht werden, sieht es so aus, als sei diese Publikation geschrieben worden, um das Land als beliebtes Urlaubsziel in Verruf zu bringen,” Das Ministerium legt wert darauf, dass heute in der Region kein Pestrisiko mehr bestehe:
„In der Region Issyk-Kul wurden Ausgrabungen alter Gräberfelder zum Nachweis der DNA des Pestkeims nicht durchgeführt. Das Gebiet der Chui-Region weist heute keine natürlichen Pestherde mehr auf und gilt als vollständig geheilt. Im 21. Jahrhundert hat der weltweite Fortschritt einen Höhepunkt erreicht und ermöglicht es, die Herde der Beulenpest frühzeitig zu stoppen, um das Wiederauftreten solcher großflächiger Epidemien wie im 14. Jahrhundert zu verhindern, die im veröffentlichten Artikel erwähnt werden.“
In der Region ist der Petsterreger in aktuellen Reservoirs in mehreren Studien nachgewiesen. Die WHO sieht den größten aktiven Focus des Pesterregers in der zentralasiatischen Wüste, die Teile von Kasachstan, Turkmenistan und Uzbekistan umfasst. 2013 war in Kyrgisistan jedoch ein 13jähriger Junge an der Pest verstorben, der als Hütejunge wohl mit einem flohbesetzten Murmeltier in Kontakt gekommen ist.
Rechtzeitig diagnostiziert ist die Behandlung der Pest mittels Antibiotika heute kein Problem mehr. Im asiatischen Raum ist die Geschichte der Pest stärker als in der europäischen Geschichtsschreibung mit der Überlieferung des arabischen Historikers und Geographen Ibn al-Wardi verbunden (, der noch nicht einmal einen Eintrag in der deutschen Wikipedia hat). Er berichtet über die Pest, sie sei "aus dem Land der Finsternis" gekommen, ehe sie sich nach China und über die islamische Welt ausgebreitet habe. Als Land der Finsternis wollen nur wenige gelten und noch weniger wollen dort Urlaub machen. Die fehlende Begeisterung bei der kirgisischen Regierung ist insofern nachzuvollziehen, aber eine Verschwörung braucht man nun nicht in den Raum zu stellen...
Michael Worobey, Joshua I. Levy, Lorena M. Malpica Serrano, Alexander Crits-Christoph, Jonathan E. Pekar, Stephen A. Goldstein, Angela L. Rasmussen, Moritz U. G. Kraemer, Chris Newman, Marion P. G. Koopmans, Marc A. Suchard, Joel O. Wertheim, Philippe Lemey, David L. Robertson, Robert F. Garry, Edward C. Holmes, Andrew Rambaut, & Kristian G. Andersen. (2022). The Huanan market was the epicenter of SARS-CoV-2 emergence. Zenodo. - https://doi.org/10.5281/zenodo.6299600
M. A. Spyrou/L. Musralina/G. A. Gnecchi Ruscone/A. Kocher/P.-G. Borbone/V. I. Khartanovich/A. Buzhilova/L. Djansugurova/K. I. Bos/D. Kühnert/W. Haak/P. Slavin/J. Krause, The source of the Black Death in fourteenth-century central Eurasia. Nature 606/7915, 2022, 718–724. - https://doi.org/10.1038/s41586-022-04800-3
Bearbeitungsvermerk; 16.7. mehrere Typos korrigiert 10.2.2023: Zitat der Studie Spyrou et al 2022 ergänzt