Sonntag, 21. November 2021

Klimageschichte brennt ab

Der National Park Service in den USA hat am 19.11.2021 eine Pressemeldung herausgegeben, die über das Schicksal der Sequoia-Mammutbäume in den jüngsten  Waldbränden in Kalifornien und der Sierra Nevada berichtet,

Auch deutsche Medien haben die Meldung aufgegriffen:

Feuer des KNP Complex im September 2021 in Sequoia and Kings Canyon National Park
(Foto: NPS [Public domain:Full Granting Rights] via NPGallery)


 

Der National Park Service teilt mit, dass als Ergebnis eines kürzlich erstellten Brandbekämpfungsplans geschätzt wird, dass infolge des Waldbände des seit September brennenden "KNP-Komplexes" in den Sequoia und Kings Canyon National Parks und des "Windy Fire" im Sequoia National Forest bis zu etwa 3.600 große Riesenmammutbäume (Stammdurchmesser > 4 Fuß) entweder durch Feuer getötet oder so schwer verbrannt wurden, dass sie innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre absterben werden. Diese Verluste machen etwa 3-5% der weltweiten Bestands großer Riesenmammutbäume aus. 

Riesenmammutbäume gelten seit Jahren als durch den Klimawandel bedroht, da ihnen in Kalifornien die Trockenheit zusetzte und zudem ein heimsicher Borkenkäfer nun auch die Mammutbäume befällt, was in den vergangenen 100 Jahren nie beobachtet worden ist. Der berühmte "Pioneer Cabin Tree" wurde 1880 ausgehöhlt, so dass zeitweise sogar Autos durchfahren konnten. Der wohl über 1000 Jahre alte Baum fiel, nachdem er bereits weitgehend vertrocknet war 2017 einem Sturm zum Opfer. Nach der NPS-Meldung sind in den letzten Jahren rund 14.000, etwa ein Fünftel des Bestands an Riesenmammutbäumen vernichtet worden. 

Prinzipiell sind Mammutbäume gut an Waldbrände angepasst. Ihre sehr dicke Rinde bietet Schutz vor dem Feuer, das gar dazu beiträgt, dass sich ihre Zapfen öffnen und die darin enthaltenen Samen für Mammutbäume freigesetzt werden. So schreibt die Pressemeldung des NPS, dass Riesenmammutbäume regelmäßig Feuer von geringer bis mäßiger Intensität benötigen, um eine gesunde Ökologie zu erhalten. Die Feuerbekämpfung im gesamten amerikanischen Westen hat indes zu dichteren Wäldern mit hoher Brennstofflast geführt, die in Kombination mit den durch den Klimawandel bedingten Dürren nun zu schwereren und zerstörerischeren Waldbränden führt.

Mammutbaum General Sherman
General Sherman Tree
(Foto: Henning Leweke
[CC by SA 2.0]
via WikimediaCommons)


Die Forschung hat seit langem die Bedeutung der alten Riesenmammutbäume als Quelle der Umwelt- und Klimageschichte erkannt (Hartesveldt u. a. 1975). Riesenmammutbäume können mehrere Tausnd Jahre alt werden und spiegeln mit ihren Jahresringen ihre Geschichte wieder. Schon 1990 konnten an 18 abgestorbenen feuervernarbten Bäumen im Mariposa Grove Teilquerschnitte beprobt und die Jahrringe und Brandnarben datiert werden. So ergab sich eine 1.438-jährige Chronologie von Waldbränden der Riesenmammutbäume (Sequoiadendron giganteum), die zeigt, dass Brände in Abständen von 1 bis 15 Jahren wiederkehrten. Dabei sind jedoch Veränderungen der Brandhäufigkeit auf Zeitskalen von Jahrhunderten erkennbar. Diese wiederholten Brände sind typisch für die Zeit vor der Besiedlung dieses Gebiets durch Anglo-Amerikaner. Solche Schwankungen der Brandhäufigkeit, wie auch die Zäsur durch das Vordringen der Siedler wurden auch bereits in früheren Studien festgestellt (z.B. Kilgore / Taylor 1979). 

Die große Brandhäufigkeit verringerte die Intensität der Brände und führte nur zu oberflächlichen Verbrennungen der Bäume (Swetnam u. a. 1990).  Die Pflege der Nationalparks ohne die indigene Landnutzung sowie die Feuerbekämpfung haben  im gesamten amerikanischen Westen zu dichteren Wäldern mit hoher Brennstoffbelastung geführt. Damit hat sich der Charakter der Waldbrände in der südlichen Sierra Nevada verändert.

Galten die Riesenmammutbäume bislang als weitgehend feuerresistent, so zeigt sich, dass des unter den Bedingungen von Klimawandel und moderner Landnutzung so nicht mehr gilt  Der NPS-Report verweist darauf, dass die aktuellen schweren bis mittelschweren Brände eine erhebliche Bedrohung für das Fortbestehen großer Mammutbäume darstellen. Weiträumige schwere Brände sind eine dramatische Veränderung gegenüber historischen Brandmustern. Historische Daten unter anderem aus den Baumringen zeigten, dass vor den Auswirkungen des Klimawandels und moderner Brandverhinderung keine derart große Zahl von großen Riesenmammutbäume verbrannt ist.

Dies deutet an, dass der Klimawandel - an den tausendjährigen Lebensspannen der Sequoia-Bäume gemessen - eine nie dagewesene Qualität erreicht hat , wobei es allerdings schwer fällt, den Faktor der veränderten Landnutzung exakt einzuschätzen.

Literaturhinweise

  • Kilgore / Taylor 1979: B. M. Kilgore/ D. Taylor, Fire History of a Sequoia-Mixed Conifer Forest, Ecology 60,1, 1979, 129–142
  • Swetnam u. a. 199
    T. W. Swetnam – R. Touchan – Baisan,Christopher H. Caprio,Anthony C. – P. M. Brown, Giant Sequoia Fire History in Mariposa Grove, Yosemite National Park, in: , Giant Sequoia Fire History in Mariposa Grove, Yosemite National Park (1990) unpag.
  • Hartesveldt u. a. 1975
    R. J. Hartesveldt / H. T. Harvey / H. S. Shellhammer / R. E. Stecker, Giant sequoia ecology. Fire and reproduction, Scientific Monograph Series. National Park Service. U.S. Department of the Interior 12 (Washington, D.C. 1975) - https://www.nps.gov/parkhistory/online_books/science/hartesveldt/index.htm

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