In Forchheim haben Grabungen am Rathaus möglicherweise das Umfeld des aus der schriftlichen Überlieferung bekannten Areals von Pfalz und Königshof erfasst. Prinzipiell ist das keineswegs eine Sensation, denn die schriftlichen Quellen berichten sehr deutlich von der frühmittelalterlichen Bedeutung Forchheims.
805 begegnet Forchheim im Diedenhofener Kapitular Karls des Großen als ein wichtiger Handelsplatz für den Handel mit den Slawen im Osten. Belegt sind mehrere Königswahlen, so 900 die Wahl von Ludwig dem Kind, die Wahl Konrads I. 911 und schließlich 1077 die Wahl Rudolfs von Rheinfelden als Gegenkönig gegen Heinrich IV. Dass irgendwann irgendwo in oder bei Forchheim die Reste von Königshof/Pfalz angetroffen werden, war also zu erwarten.
Das ist nun aber die wissenschaftliche Sicht. Wenn der Grabungsleiter Claus Vetterling davon spricht, die aktuellen Grabunsgergebnisse könne man in jedem Fall "als sensationell
betrachten", so ist das dennoch nicht falsch, denn der Bezugsrahmen ist ein anderer. Zum einen geht es konkret um die noch offene Frage, ob die Grabungen eher den Hinterhof mit Gruben und
Pfosten eines Handwerksviertels oder eben einen
Teilbereich des Königshofs erfasst haben, an dem zahlreiche Handwerker beschäftigt worden waren. Zum anderen geht es um die lokalhistorische Perspektive, für die das Materielle der archäologischen Funde eine größere Realität und Vorstellungskraft schafft, als die für das Publikum sehr abstrakten, kaum lesbaren Schriftquellen. Es klärt sich auch die historische Topographie, die aus einer Lokalperspektive natürlich nochmals ganz wesentlichen Einfluß auf die Wahrnehmung der Heimatstadt haben kann.
Die aktuelle Meldung zur Grabung zeigt, wie die greifbaren archäologischen Funde eine Begeisterungskraft entfalten können, wenn sie, wie im vorliegenden Fall wohl geschehen, von den Kollegen geschickt kontextualisiert und präsentiert werden.
"Als Claus Vetterling am Donnerstag die Stadträte über den Stand der Grabungen informierte, wurde sein Vortrag plötzlich von Applaus unterbrochen. Nämlich genau in dem Moment, als Vetterling sagte, dass 'die Funde auf ein Zentrum in Forchheim hindeuten, das bedeutender als Bamberg sein könnte'."
Dass dieses Sensationsnarrativ aber kritisch ist, weil es eben von sehr unterschiedlichen Assoziationsrahmen abhängt, zeigt das Beispiel auch. Die in der Archäologie häufige Meldung "älter, größer, wichtiger" zieht eben auch nur in einem bestimmten Rahmen und hängt auch von modernen Befindlichkeiten ab.
Literaturhinweis
M. Hoffmann (Hrsg.), Forchheim - älter als der Rest?! Begleitheft zur Ausstellung im Pfalzmuseum Forchheim vom 19.07.-28.10.2018 (Bamberg 2018).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen