Spurensuche Haithabu.
Archäologische Spurensuche in der frühmittelalterlichen Ansiedlung Haithabu. Dokumentation und Chronik 1963–2013
(Neumünster: Wachholtz Verlag 2014)
ISBN 978-3529017971
Hardcover, 647 Seiten
45,00€
Kurt Schietzel hat über Jahrzehnte hinweg die Forschungen zum wikingerzeitlichen Handelsplatz Haithabu geprägt. Seit 1963 war er für die Ausgrabungen in Haithabu verantwortlich, zuletzt als Leitender Direktor des Archäologischen Landesmuseums Schleswig, wo er 1998 pensioniert wurde. Mit der Gründung des Wikinger-Museums Haithabu 1985 wurden die langjährigen Forschungen erfolgreich für ein breites Publikum aufbereitet und in ein umfassendes Bild des frühen Mittelalters in Norddeutschland und Skandinavien eingebettet.
Seine Spurensuche in Haithabu ist die Bilanz eines Lebenswerks und auch eine Synthese aus mehr als 100 Jahren archäologischer Forschung, wenngleich das Hauptaugenmerk auf der Forschungsperiode seit 1963 liegt. Der Band löst damit - endlich - das alte Haithabu-Buch von Herbert Jankuhn ab, dessen Konzeption trotz erheblicher Überarbeitungen in den zahlreichen Neuauflagen auf die 1930er Jahre zurückgeht. Er geht erheblich über die verschiedenen Begleitbände zur Ausstellung im Museum hinaus, wenn auch manches - verständlicherweise - einen gewissen Wiedererkennungseffekt hat.
Schon auf den ersten Blick ist das neue Werk beeindruckend: vom Format, von der Seitenzahl, von den zahlreichen Abbildungen und Rekonstruktionszeichnungen. Das Layout wirkt - gemessen an vielen anderen populären Publikationen der letzten Jahre - dicht gedrängt und etwas unübersichtlich. Ungleiche Spaltenbreiten, eingestreute Kästchentexte und über den Text verteilte Literaturhinweise erleichtern die Lektüre nicht unbedingt. Erschwert wird diese auch durch den Text, bei dem es bisweilen sehr schwer fällt, einen roten Faden zu erkennen. Wichtige Überschriften sind als recht klein gedruckte Kopfzeilentexte getarnt und wichtige Textelemente kommen als zu lang geratene Abbildungslegenden daher. Informationen zur Topographie sind über den Band weit gestreut und erst bei einer Lektüre von vorn nach hinten, lernt man allmählich die wichtigsten Grabungsbereiche kennen.
Inhaltlich aber schafft das Buch einen Überblick über die Haithabu-Forschung der letzten Jahrzehnte. Haithabu stand noch nie schlecht da, was Führer und populärwissenschaftliche Publikationen angeht - und mit zwei eigenen Publikationsreihen ist es auch in der fachwissenschaftlichen Literatur sehr gut erschlossen. Der Wert des Buches von Kurt Schietzel liegt nun gerade darin, dass er zwischen beidem hervorragend vermittelt: Hier spricht derjenige, der das Projekt über Jahrzehnte geprägt hat und hier seine eigenen Erfahrungen und Anekdoten in den Band einfließen lässt. Damit wird das Buch für Fachleute interessant, die einen Einblick in die aktuelle Haithabuforschung haben wollen, ohne gleich die Dutzende von Fachpublikationen lesen zu müssen oder den Gang der Forschung und die dahinter stehenden Entscheidungen kennen lernen wollen. Dem Laien bietet der Band ebenfalls eine gute Einführung, da der persönliche Stil den Text auch unterhaltsam macht, trotz oder gerade auch wegen der vielen kritischen methodischen Anmerkungen.
Detailliert werden die Schwierigkeiten der Stratigraphie und der Chronologie dargestellt. Bis heute ist unklar, wie die frühesten Siedlungsstrukturen vor Ort ausgesehen haben - Schietzel schildert denkbare Szenarien, muss aber Befunde dazu schuldig bleiben. Auch das Ende der Siedlung ist unklar. Dies kommt freilich vergleichswese kurz, da dazu auch die Entwicklung der Stadt Schleswig genauer ausgeführt werden müsste. Das war aber ein anderes Projekt, das in dem ohnehin schon dicken Buch ausgeklammert wird. Insgesamt vermisst man eine etwas breitere Kontextualisierung von Haithabu. Die Diskussion um den Charakter als Stadt hätte enorm gewonnen, wäre den anderen Seehandelsplätzen noch ein wenig mehr Raum gegeben worden.
Seine Spurensuche in Haithabu ist die Bilanz eines Lebenswerks und auch eine Synthese aus mehr als 100 Jahren archäologischer Forschung, wenngleich das Hauptaugenmerk auf der Forschungsperiode seit 1963 liegt. Der Band löst damit - endlich - das alte Haithabu-Buch von Herbert Jankuhn ab, dessen Konzeption trotz erheblicher Überarbeitungen in den zahlreichen Neuauflagen auf die 1930er Jahre zurückgeht. Er geht erheblich über die verschiedenen Begleitbände zur Ausstellung im Museum hinaus, wenn auch manches - verständlicherweise - einen gewissen Wiedererkennungseffekt hat.
Schon auf den ersten Blick ist das neue Werk beeindruckend: vom Format, von der Seitenzahl, von den zahlreichen Abbildungen und Rekonstruktionszeichnungen. Das Layout wirkt - gemessen an vielen anderen populären Publikationen der letzten Jahre - dicht gedrängt und etwas unübersichtlich. Ungleiche Spaltenbreiten, eingestreute Kästchentexte und über den Text verteilte Literaturhinweise erleichtern die Lektüre nicht unbedingt. Erschwert wird diese auch durch den Text, bei dem es bisweilen sehr schwer fällt, einen roten Faden zu erkennen. Wichtige Überschriften sind als recht klein gedruckte Kopfzeilentexte getarnt und wichtige Textelemente kommen als zu lang geratene Abbildungslegenden daher. Informationen zur Topographie sind über den Band weit gestreut und erst bei einer Lektüre von vorn nach hinten, lernt man allmählich die wichtigsten Grabungsbereiche kennen.
Haithabu (Foto R. Schreg, 1998) |
Inhaltlich aber schafft das Buch einen Überblick über die Haithabu-Forschung der letzten Jahrzehnte. Haithabu stand noch nie schlecht da, was Führer und populärwissenschaftliche Publikationen angeht - und mit zwei eigenen Publikationsreihen ist es auch in der fachwissenschaftlichen Literatur sehr gut erschlossen. Der Wert des Buches von Kurt Schietzel liegt nun gerade darin, dass er zwischen beidem hervorragend vermittelt: Hier spricht derjenige, der das Projekt über Jahrzehnte geprägt hat und hier seine eigenen Erfahrungen und Anekdoten in den Band einfließen lässt. Damit wird das Buch für Fachleute interessant, die einen Einblick in die aktuelle Haithabuforschung haben wollen, ohne gleich die Dutzende von Fachpublikationen lesen zu müssen oder den Gang der Forschung und die dahinter stehenden Entscheidungen kennen lernen wollen. Dem Laien bietet der Band ebenfalls eine gute Einführung, da der persönliche Stil den Text auch unterhaltsam macht, trotz oder gerade auch wegen der vielen kritischen methodischen Anmerkungen.
Detailliert werden die Schwierigkeiten der Stratigraphie und der Chronologie dargestellt. Bis heute ist unklar, wie die frühesten Siedlungsstrukturen vor Ort ausgesehen haben - Schietzel schildert denkbare Szenarien, muss aber Befunde dazu schuldig bleiben. Auch das Ende der Siedlung ist unklar. Dies kommt freilich vergleichswese kurz, da dazu auch die Entwicklung der Stadt Schleswig genauer ausgeführt werden müsste. Das war aber ein anderes Projekt, das in dem ohnehin schon dicken Buch ausgeklammert wird. Insgesamt vermisst man eine etwas breitere Kontextualisierung von Haithabu. Die Diskussion um den Charakter als Stadt hätte enorm gewonnen, wäre den anderen Seehandelsplätzen noch ein wenig mehr Raum gegeben worden.
Hervorzuheben sind die zahlreichen Abbildungen von Funden und Befunden, die nicht nur den herausragenden Objekten Raum gibt, sondern beispielsweise auch einfachen Holzzapfen und Messern viel Platz einräumt.Die reichhaltigen Abbildungen geben eine gute Vorstellung von den Fundobjekten. Technische Aspekte der Produktion und der Verwendung spielen dabei eine zentrale Rolle. Viele Produktionsabläufe werden in Strichzeichnungen ausführlich dargestellt.
Trotzdem: außerordentlich empfehlenswert!
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