Gerade Corona macht deutlich, wie wichtig Wissenschaftskommunikation ist. Viel der aktuellen Unsicherheiten und der niedrigen Impfquoten haben mit schlechter Wissenschaftskommunikation zu tun. Daran sind viele Akteure beteiligt, die klassischen Medien vom Bouelvard bis zum seriösen Wissenschaftsjournalismus, Forschungsinstitutionen und Behörden und zunehmend die Social Media. Viele der Informationen, die hier verbreitet werden, basieren aber nicht auf Wissen nach wissenschaftlichen Standards, sondern sind schlimmstenfalls dumm oder bewusst manipulativ, meist aber eher naiv oder angstgetrieben.
Der Wissenschaftskommunikation kommt daher eine sehr wichtige Bedeutung zu - dank Corona ist das deutlicher denn je.
Der Blog „Wissenschaft kommuniziert“ führt in diesem Jahr zum elften Mal die Wahl der „Wissenschafts-Blog des Jahres“ durch. Auf der Shortlist stehen 30 Blogs. auch Archaeologik ist als Gewinner des Jahres 2015 darunter. Die offene Publikumswahl im Internet geht bis zum 10. Januar 2022 (24.00 Uhr).
2015 war Archaeologik der Gewinner. der Auszeichnung in Gold.. |
Auf die Wahl des Blogteufelchens wird dieses Jahr verzichtet. Damit wurden Blogs ausgezeichnet, die Parawissenschaften verbreiteten - oder diese kritisch aufspiesen. Seinen Verzicht begründet Korbmann damit, dass das Ziel erreicht sei, das Problem der Falschinformationen werde ernst genommen. Im Eye-Catcher heisst es allerdings "Ein Ziel ist erreicht – Wissenschaftsskeptiker werden ernst genommen."- wohl ein Versehen, aber tatsächlich scheint das Problem ja eben auch schlimmer geworden zu sein. Qualitätsinformation und Halbwissen bzw. gar Unwissen sind im medialen Diskurs kaum noch unterschieden.
Wissenschaftler*innen sind meist keine Kommunikationsspezialist*innen, aber ihre Expertise wird auf Blogs direkt zugänglich und die Wissenschaft bzw. ihre vielen Fächer auch nahbarer.
In der überarbeiteten (von wenig aktuellen Blogs bereinigten) Vorschlagsliste zur Wahl (die sich mit einem Eintrag unter Sonstige durch die Wähler*innen auch erweitern lässt) sind vermehrt Blogs aus den Sozial- und Geisteswissenschaften aufgeführt. Reiner Korbmann schreibt dazu;
"Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, dass Naturwissenschaften, Medizin und Biowissenschaften nicht ausreichen, um die Gesellschaft mit wissenschaftlichen Erkenntnissen bei der Bewältigung einer Krise zu unterstützen. Gesellschafts- und Geisteswissenschaften spielen mindestens eine ebenso große Rolle, etwa wenn es darum geht, die Langzeitfolgen für das Bildungswesen abzuschätzen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern oder aber gerade den Wissenschaftsskeptikern zu begegnen."Tatsächlich scheint in der aktuellen Wissenschaftskommunikation einigen zu kurz zu kommen, was eher Sozial- und Geisteswissenschaftler mit ihrer Kenntnis über Gesellschaften vermitteln können:
- der direkte Weg zu den Menschen - Politik und Wissenschaft verlassen sich hier zu sehr auf mediale Berichterstattung, die aber mit einer qualitätvollen Darstellung oft selbst überfordert ist. Die wenigen, oft wirklich guten Wissenschafts-Journalist*innen und Wissenschafts-Kommunikatoren verlieren sich in der Vielzahl des Mäßigen. Viele klassische Medien verlinken gar nicht auf die originalen Publikationen (die, wie sich aktuell, zeigt dringend open access sein müssen), das leisten doch eher die Wissenschaftsblogs.
- die Diskussion von Risiken - Corona hat viel mit Risikoabwägungen zu tun, aber das scheint mir leider ein sehr untergeordnetes Thema. Gerade aber die wichtige Entscheidung für eine Impfung hängt davon ab, dass man Risiken richtig einschätzt. Ängste sollte man ernst nehmen, um ihnen entgegenzutreten und sie seriös auszuräumen.
- die Offenlegung wissenschaftlicher Abläufe und Publikationen - In der öffentlichen Debatte um Corona zeigt sich oft ein ziemliches Unverständnis wissenschaftlichen Arbeitens. Ein nach dem Prinzip der stillen Post mehrfach widergekäuter wissenschaftlicher Artikel wird auch nicht besser und talkende Semi-Fachleute in irgendwelchen Fernseh-Shows können dort schon allein dem Format geschuldet auch nicht immer klar zwischen Fakten und Einschätzung differenzieren. Die rasche Vorab-Publikation von noch nicht begutachteten Artikeln ist wichtig für eine rasche Wissenschafts-Kommunikation, speist aber auch ungare Ergebnisse in eine eh schon aufgeregte Debatte ein und ist auch ein Einfalltor für Verquerdenker (so der richtige Terminologie-Vorschlag von Reiner Korbmann).
- die Rolle und die Gefahr von Desinformation - Ich denke nicht, dass das Problem der Falschinformation erkannt wurde. Politische Lösungsansätze kurieren auch eher an den Symptomen, wenn etwa versucht wird, Hassrede einfach zu unterbinden, statt nach den Gründen zu fragen und dort anzusetzen.
Archäologie scheint hier auf den ersten Blick weniger relevant, aber es fällt in der aktuellen Debatte doch auch auf, dass auch ein fehlendes Verständnis für den Faktor Zeit und prozesshafte Verläufe zur Verwirrung und Verunsicherung in der Bevölkerung beiträgt. Corona ist dynamisch und die Situation verändert sich. Das ist normal und damit ist es auch verständlich, wenn heute die Einschätzung mancher Dinge heute anders ist also noch vor Wochen. Der Blick in die Vergangenheit mag auch hier etwas Orientierung geben, da er hilft, den Faktor Zeit, das langfristige Risiko, aber auch die Bedeutung von gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen zu verstehen.
Kurz Wissenschaftsblogs scheinen mir wichtig, wichtiger denn je - und eine Stimme bei der Wahl kann helfen - so Reiner Korbmann -,
- Die besten und populärsten Blogs zum Thema Wissenschaft herausstellen, natürlich.
- Interessante Beispiele zeigen, wie jeder Forscher, jedes Institut, jeder Kommunikations-Verantwortliche Informationen in die Öffentlichkeit des Internets bringen, seine Perspektive darstellen kann.
- Durch die Auswahl einer Shortlist: Ein wenig Orientierung schaffen in der endlosen Welt der Wissenschafts-Blogs, die kaum jemand mehr überschaut.
Also: hier geht's zur Wahl!
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