Haushaltsgüter auf dem Lande im europäischen Mittelalter und in der frühen Neuzeit
Obwohl das Thema Haushaltsgüter in der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit längst etabliert ist, bieten neuere Forschungen umfassendere Ansätze, mit denen einfache typologische und technologische Aspekte überwunden werden. Dies gilt insbesondere für neue archäometrische analytische Methoden und theoretische Perspektiven. 'Material culture studies' dienen als Grundlage für das Verständnis von Menschen, Gruppen und Gesellschaften.
Hütte in Zentral-Portugal
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Durch die Analyse von Hausstrukturen und -inventaren kann viel über Alltagsgüter (Keramik, Metall, Holz, Korbwaren ...), Produktions- und Konsumstrategien, andere wirtschaftliche Aktivitäten, aber auch Strukturen der sozialen Organisation und Beziehungen zwischen Haushaltsmitgliedern gelernt werden. Das Verständnis vergangener Gesellschaften und Kulturen hängt daher stark von der Untersuchung ihrer Haushaltsgegenstände ab. In diesem Zusammenhang ist es das Ziel der 14. Ruralia Konferenz, die Bedeutung der Haushaltsarchäologie für die Erforschung des ländlichen Raumesim Mittelalter und in der Neuzeit unter einem interkulturellen Ansatz herauszuarbeiten. Dabei sollen schriftliche und bildliche Quellen und Daten ebenso wie Daten aus interdisziplinären Analysen berücksichtigt werden.
Eine detaillierte Analyse einzelner Kontexte, kleiner Teile von archäologischen Stätten, archäozoologische, archäobotanische und geoarchäologische Untersuchungen ermöglichen es uns, die Aktivitäten und Interaktionen der Menschen in ihren Häusern zu rekonstruieren. Funktionale Aspekte der Häuser können anhand spezifischer Einrichtungsgegenstände, aber auch anhand von Inventaren und der räumlichen Verteilung der Funde, analytischer Nachweise für bestimmte Aktivitäten erkannt werden. Hier ist an Kochen und Essen, Lagerung, Weben, Abfallentsorgung, Ruhen zu denken. Hinweise können sich aber auch aus Umfeldanalysen ergeben. Neben das Funktionale treten Informationen über den Rang und den Wohlstand der Bewohner*innen, ihr tägliches Leben, ihre Haushaltszusammensetzung, ihre Familienkonzepte und sogar ihren Geschlechterrollen. Strukturanalysen können Hinweise auf Interaktionsbereiche und strukturierte Verhaltensweisen innerhalb eines Hauses geben.
Tagungsbeiträge gesucht!
Die 14. Ruralia Konferenz soll - soweit es Corona zulassen wird - vom 13. bis 19. September 2021 in Visieu in Portugal stattfinden. Das Organisationsteam sucht jetzt nach Tagungsbeiträgen, die einige der oben beschriebenen archäologischen Fragen behandeln. Die Sitzungen können sich auf bestimmte Themen im Zusammenhang mit Haushaltgütern aufgreifen (abgesehen von rein typologischen Klassifikationen oder der Behandlung landwirtschaftlicher Geräte, die Thema einer früheren Ruralia-Tagung waren). Besonders willkommen sind Arbeiten, die interdisziplinäre Ansätze beinhalten, nämlich solche, die archäologische, ethno-archäologische, soziologische, historische, chemische, archäozoologische, archäobotanische und geoarchäologische Befunde oder die Auswertung bildlicher und schriftlicher Quellen einbeziehen.
Die Beiträge sollten einige der folgenden Fragen beantworten:
- Wie war das Haus organisiert?
- Welche Aktivitäten fanden im Haus statt?
- Wie und welche Produkte wurden im Haus gekocht und konsumiert?
- Können wir die Familienorganisation und ihre Mitglieder anhand von Haushaltsgüten identifizieren?
- Welche wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen kommen in den Funden zum Ausdruck?
- Welche Beziehung wurde zwischen dem Inneren des Hauses und dem Freien hergestellt?
- Welche Rolle spielte das Haus innerhalb der sozialen Organisation der Gemeinde?
- Was können Haushaltswaren über den sozialen Status und den Wohlstand ihrer Besitzer aussagen?
- Können wir die Interaktion zwischen Haushalten und Gemeinschaften identifizieren?
- Können wir lokalen, regionalen, überregionalen oder sogar globalen Austausch identifizieren?