Quentin P. Lewis
An Archaeology of Improvements in Rural Masachusetts.
Landscapes of Profit and Betterment at the Dawn of the 19th century
Contributions to Global Historical Archaeology
Cham, Heidelberg: Springer 2016
ISBN 978-3-319-36328-8 (Softcover)
ISBN 978-3-319-22104-5 (Hardcover)
ISBN 978-3-319-22105-2 (e-book)
236 Seiten
90,94 €, e-book: 71,39 €
An Archaeology of Improvements in Rural Masachusetts.
Landscapes of Profit and Betterment at the Dawn of the 19th century
Contributions to Global Historical Archaeology
Cham, Heidelberg: Springer 2016
ISBN 978-3-319-36328-8 (Softcover)
ISBN 978-3-319-22104-5 (Hardcover)
ISBN 978-3-319-22105-2 (e-book)
236 Seiten
90,94 €, e-book: 71,39 €
Einen interessanten Kontrapunkt zur archäologischen Erforschung bäuerlicher Gesellschaften in Mitteleuropa setzt die Arbeit von Quentin Lewis. Er verfolgt die ländliche Siedlungsgeschichte am Beispiel von Deerfield im Nordwesten des US-Bundesstaates Massachusetts, etwa 130 km westlich von Boston nahe des Connecticut river gelegen. Ein zentraler Begriff der Arbeit ist das "improvement", was sich schwer ins Deutsche übersetzen lässt, da "Meliorisation", das eine ähnliche Zweideutigkeit hat, heute kaum noch gebräuchlich ist. Einerseits bezieht sich der Begriff auf eine Vervollkommnung der Kulturlandschaft in ästhetischer Hinsicht oder in Bezug auf andere idelle Werte, wie einem gestalteten Ortsmittelpunkt oder einer Klärung der Besitzverhältnisse, andererseits aber auf eine wirtschaftliche Ertragssteigerung.
Deerfield, Massachusetts (Foto: davidpinter [CC BY SA 3.0] via WikimediaCommons) |
Deerfield wurde im 17. Jahrhundert gegründet. Kapitel II schildert seine Geschichte. Es beginnt mit dem Naturraum und geht auch auf die Situation vor der europäischen Kolonisierung ein, als hier Algonkin-sprachige einheimische Stämme ansässig waren, die die Landschaft im Rahmen eines "mobile farming" mit dem Anbau von Bohnen und Kürbis nutzten und dazu kontrolliert den Wald brannten.
Anders als etwa beim mittelalterlichen Landesausbau in Europa besitzen wir hier mit den um 1628 verfassten "Reasons for the Plantation in New England" ein ideologisches Manifest, das die Motive der Siedler und auch deren Landschaftsverständnis erkennen lässt. New England wurde als Wildnis gesehen, die Gott den von der Kirche verfolgten Puritanern als Rückzugsgebiet vorgesehen hätte. Der Verfasser, möglicherweise John Winthrop, verweist auf den sogenannten "Herrschaftsauftrag" (1. Mos., 28), auf den sich das Konzept des Improvement zurück führen lässt. Bemerkenswerterweise sieht das Manifest zwar eine Missionierung als Auftrag, angesprochen werden dabei aber nicht die - überhaupt weitgehend ausgeblendeten - Einheimischen, sondern die Jesuiten. Erst in der Entgegnung möglicher Einwände gegen die Besiedlung werden die Einheimischen erwähnt, deren Ansprüche aber abgewiesen werden, da sie das Land nicht ackerbaulich nutzten ("sowing and feeding").
Deerfield selbst wurde offiziell 1671 gegründet, seine Anfänge gehen aber auf eine Missionskirche zurück, die hier seit den 1650er Jahren bestand.
Kapitel II und IV gehen auf das Williams House ein, heute Teil des Freilandmuseums "Historic Deefield", erst das Innere, dann das Grundstück. Um das Gebäude wurden zwischen 1983 und 2001 zahlreiche kleine Sndagen durchgeführt, um das alte Geländerelief vor Anlage des Gartens zu erfassen (S. 147ff.).
Auf der modernen Gebäudezufahrt nördlich des Hauptgebäudes wurden etwa 35 m² in kleinen Quadratmater (oder sogar 1/4-Quadratmeter schnitten) untersucht, wo nach schriftlichen Quellen teilweise ein älteres Nebengebäude getsanden haben müsste, von dem ein möglicher Schwellstein erfasst wurde. Nach unseren Maßstäben ist die Auswertung mittels Fundverteilungen etwas überzogen, da es sich nicht gerade um eine statistisch auswertbaren Datenbestand handelt. Eine Funddokumentation, die über Tabellen hinaus geht fehlt - selbstverständlich möchte man sagen.
Viel interessanter an dem Band ist daher auch das Verständnis bäuerlicher Lebenswelt, wie es in Kapitel 1 dargetsellt wird. Deutlich wird, dass die bäuerliche Lebenswelt mehr ist als die Analyse der Siedlungstopographie, der Höfe und Siedlungen oder der Stadt-Land-Kontrast. Vielmehr rückt das Soziale, nämlich das Symbolische oder die Formation von Traditionen in den Mittelpunkt (S. 8). Angesichts der auch für die USA zu konstatierende Sicht auf das alltägliche bäuerliche Leben als zeitlos traditionell und geschichtslos bietet die Archäologie ein Korrektiv, das "Improvement" auch dort zeigt, wo es die Schriftquellen ausblenden, beispielsweise in der individuellen Ausgestaltung des Hauses.
Während historische Archäologie in den USA in den vergangenen Jjahrzehnten vor allem die sozialen Gruppen thematisiert hat, die in den schriftlichen Quellen keine Stimme haben - schwarze Sklaven oder zunehmend auch indigene Gruppen - thematisiert vorliegender Band die weiße Mehrheit, die prinzipiell deutlich besser in den Schriftquellen präsent ist. Der archäologosch-materielle Blick hilft jedoch die Vielfalt des "Improvement" zu erfassen, das sich nicht direkt in den Schriftquellen spiegelt. Die Archäologie füllt jedoch nicht
Viel interessanter an dem Band ist daher auch das Verständnis bäuerlicher Lebenswelt, wie es in Kapitel 1 dargetsellt wird. Deutlich wird, dass die bäuerliche Lebenswelt mehr ist als die Analyse der Siedlungstopographie, der Höfe und Siedlungen oder der Stadt-Land-Kontrast. Vielmehr rückt das Soziale, nämlich das Symbolische oder die Formation von Traditionen in den Mittelpunkt (S. 8). Angesichts der auch für die USA zu konstatierende Sicht auf das alltägliche bäuerliche Leben als zeitlos traditionell und geschichtslos bietet die Archäologie ein Korrektiv, das "Improvement" auch dort zeigt, wo es die Schriftquellen ausblenden, beispielsweise in der individuellen Ausgestaltung des Hauses.
Während historische Archäologie in den USA in den vergangenen Jjahrzehnten vor allem die sozialen Gruppen thematisiert hat, die in den schriftlichen Quellen keine Stimme haben - schwarze Sklaven oder zunehmend auch indigene Gruppen - thematisiert vorliegender Band die weiße Mehrheit, die prinzipiell deutlich besser in den Schriftquellen präsent ist. Der archäologosch-materielle Blick hilft jedoch die Vielfalt des "Improvement" zu erfassen, das sich nicht direkt in den Schriftquellen spiegelt. Die Archäologie füllt jedoch nicht
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