Dienstag, 31. Juli 2012

Plünderung in Palmyra - ein Video

Ein Video, das der französische Sender France 24 verbreitet, zeigt Uniformierte - wohl der syrischen Armee - beim Hantieren mit antiken Grabstatuen. Es wurde am 18. Februar angeblich in Palmyra mit einer Handy-Kamera aufgenommen. Von einem Deserteur der syrischen Armee, der zur Freien Syrischen Armee übergelaufen ist, gelangte es an einen Vertreter der Opposition und jetzt an France24.



Auf YouTube am 21.7.2012 von veröffentlicht


"Die wollen die hier?" fragt einer der Uniformierten. Eine Anfrage französischer Journalisten bei der syrischen Botschaft in Paris, ob das Militär eingesetzt war, um archäologische Objekte in Sicherheit zu bringen, blieb bislang unbeantwortet.
Das Video ist kein Beweis für Plünderungen - aber der Verdacht liegt nahe, dass wir hier Zeugen sind, wie antike, palmyrenische Statuen auf Bestellung gestohlen werden.

Quelle
Interner Link
Update (20.8.2012):
Ein weiteres Video in der facebook-Gruppe 'Le patrimoine archéologique syrien en danger الآثار السورية في خطر' zeigt die Verladung von Statuen auf einen Pick-up.

Update (24.10.2012)

Der Fernsehbeitrag ttt titel thesen temperamente v. 21.10.2012: Syriens Weltkulturerbe in Gefahr zeigt das Angebot eines palmyrenischen Reliefs auf ebay. Anbieter ist ein amerikanischer Händler, das Stück stammt angeblich aus alter Sammlung.


    Looting at Palmyra? - A video proof?

    A video, distributed by French news platform France24 shows some men in uniforms when handling with ancient statues. The video was filmed with a cameraphone at the 18th of february at the UNESCO World heritage site of Palmyra in Syria.

    Samstag, 28. Juli 2012

    Neue Meldungen aus Syrien

    Doura Europos Euphrates 2
    Dura Europos am Euphrat
    (Foto: Marsyas [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons)
    Aus Syrien kommen immer neue Meldungen über Plünderungen und Zerstörungen archäologischer Fundstellen. Aktuelle Meldungen aus der internationalen Presse und vor allem auch Beobachtungen von vor Ort bietet die Facebook-Gruppe  Le patrimoine archéologique syrien en danger الآثار السورية في خطر.
    Hier finden sich auch Kurzberichte z.B. über Plünderungen im Museum von Dura Europos. Demnach wurde das Museum am 7. oder 8. Juli geplündert. Das Museum, das auf antiken Grundlagen aufgebaut wurde, sei vollkommen zerstört, Türen, alle Fenster, Modelle, Tafeln, selbst Bausteine seien gestohlen, die Ausstellungsstücke geraubt oder zerstört.


    Ergänzend zu den früheren Posts zu Syrien einige neuere Pressemeldungen:


    Interne Links

    Donnerstag, 26. Juli 2012

    Römer und Barbaren - Siedlungsfunde aus Heuchlingen

    Bei der Aufnahme der Sammlung Kley fiel ein kleiner Fundbestand frühalamannischer Keramik aus Heuchlingen (Gde. Gerstetten, Lkr. Heidenheim) ins Auge. Anfang der 1970er Jahre konnte Kley in einer Pflugfurche die Reste einer völkerwanderungszeitlichen Grube dokumentieren. Neben einem möglicherweise erst ins 5. Jahrhundert zu datierenden schräg gerieften Gefäß (5) und einem ebenso späten stempelverzierten Stück liegen zahlreiche Scherben grober handgemachter Keramik vor, von der zahlreiche Scherben eine flächendeckende Fingertupfenverzierung aufweisen (1-2). Diese Verzierungsart ist in Südwestdeutschland eher ungewöhnlich und tritt etwa in der frühalamannischen Siedlung im ehemaligen Kastell Heidenheim nur in geringer Zahl auf. Sie weist auf „rhein-wesergermanische“ Beziehungen, wo entsprechende Keramik schon in kaiserzeitlichen Kontexten auftritt. Das Heuchlinger Fundspektrum umfasst allerdings auch typische "elbgermanische" feine graue handgemachte Ware (3-4) und etwas Grobkeramik.
    Zellenabstand und Zelleninnenabstand in Tabellen
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    Keramikfunde aus Heuchlingen
    (Slg. A. Kley, Fotos R. Schreg)

    Kley hat in seinen Skizzen die Lage der Grube festgehalten, wenn auch die damalige Einmessung nicht mehr exakt nachzuvollziehen ist. Außerdem geht aus seinen Aufzeichnungen hervor, dass im angrenzenden Gelände zahlreiche römische Keramik lag. Damit stellt sich die Frage, in welcher Lagebeziehung die spätantiken/ völkerwanderungszeitlichen Funde zu den römischen stehen.

    Schon seit langem wird die Kontinuität der Siedlungsstrukturen über das Ende der Limeszeit hinaus diskutiert. Zumeist wird dabei daran gedacht, dass sich die landnehmenden Alamannen neben die alten Gutshöfe gesetzt hätten. Inzwischen gibt es aber auch Überlegungen, ob die alamannische Bevölkerung nicht gezielt von römischer Seite auf einzelne Gutshöfe eingewiesen worden sind. Die genannte Fundstelle in Heuchlingen dürfte für diese Frage nicht uninteressant sein, könnte die 'rhein-weser-germanische' Keramik doch teilweise noch ins 3. Jahrhundert datieren.


    Befliegungen rund um Heuchlingen
    Im Zusammenhang mit den Arbeiten auf der Stubersheimer Alb und - früher schon - zum Geislinger Talkessel ergab sich mehrfach die Gelegenheit zu luftbildarchäologischen Flügen. 2005 wurde somit auch Heuchlingen angesteuert, um etwas mehr Klarheit über die topographische Relation der 'barbarischen' und der römischen Fundstelle zu erhalten.

    Heuchlingen: römische Villa. Der rot markierte Bereich gibt
    den Bereich an, in dem nach den Unterlagen von Kley die
    Grube mit der völkerwanderungszeitlichen Keramik
    lokalisiert werden muss.
    (Luftbild R. Schreg 2005)
    Tatsächlich zeigte sich im Luftbild der deutliche Grundriss einer römischen Villa rustica samt ihrer Umfassungsmauer. Damit wurde deutlich, dass die Grube mit der spätantiken/ völkerwanderungszeitlichen Keramik knapp außerhalb des Villengeländes lag.

    Heuchlingen (Luftbild R. Schreg 2005)

    Interessanterweise wurde jedoch auch nur wenige hundert Meter von der genannten Fundstelle bei Heuchlingen entfernt eine zweite Villa im Luftbild erfasst, von der noch keine Funde aktenkundig waren. Als Resonanz auf eine erste Publikation der Luftbilder im Heidenheimer Jahrbuch ging jedoch der Hinweis ein, dass bereits früher dort römische Funde gemacht worden sind. Entsprechende Informationen gingen daraufhin auch an die Bodendenkmalpflege. 2011 war es für die Kollegen notwendig, Teile dieses Gutshofes in einer Rettungsgrabung zu untersuchen. Der Steinbauphase ging hier offenbar eine Holzphase voraus.

    Die Heuchlinger Befunde fügen sich ein in ein Bild der römischen Besiedlung auf der östlichen Schwäbischen Alb, das in den vergangenen Jahren schärfere Konturen angenommen hat. Mehrfach sind hier kleine römische Villen erfasst worden: In Flur Fürsamen bei Heidenheim wurde ein Gehöft ergraben, bei dem gerade mal der Keller gemauert war. Ähnliches zeigen die Grabungen entlang der Autobahn A8 und die geophysikalischen Prospektionen auf der Stubersheimer Alb. Dort war schon 1997 bei den angesprochenen Befliegungen bei Bräunisheim der Grundriß eines römischen Gebäudes erfasst und anschließend geomagnetisch prospektiert worden. Ich habe das Gebäude als Hinweis auf kleine römische Gutshöfe verstanden, doch hat sich nun bei großflächigem Bodenradareinsatz gezeigt, dass es sich lediglich um das Nebengebäude einer Villa rustica handelte (s. Archaeologik). Das Hauptgebäude lag nicht weit entfernt, wurde aber schon früher bei Baumaßnahmen weitgehend zerstört. Aus älteren Aufsammlungen vor der Flurbereinigung der 1970er Jahre liegen von Oberflächenfunde römischer Keramik vor; neue Begehungen erbrachten nur noch unbestimmbare kleinste Scherbchen.
    Weitere römische Anlagen wurden auf der Stubersheimer Alb im vorigen Jahr bei großflächigen Prospektionen dokumentiert (s. Archaeologik).

    Völkerwanderungszeitliche Siedlungen
    Heuchlingen.
    Grabung des
    Landesamts für Denkmalpflege 2011
    (Foto R. Schreg)
    Die östliche Schwäbische Alb ist seit langem eine bedeutende Fundlandschaft für die Völkerwanderungszeit. Grabfunde sind vergleichsweise selten, aber Siedlungsfunde liegen aus Sontheim an der Brenz, aus Nattheim, aus Heidenheim-Schnaitheim und aus dem Kastell Heidenheim vor. Weiter westlich liegen Fundstellen bei Essingen, und Urspring sowie in Geislingen an der Steige. Hinzu kommen einige Funde aus der Sammlung Kley aus Treffelhausen, Schalkstetten und Stubersheim (s. Archaeologik).

    Immer wieder ist hier eine Nachbarschaft zu römischen Ansiedlungen zu erkennen, am deutlichsten in Heidenheim, wo innerhalb der alten Kastellmauern eine völkerwanderungszeitliche Siedlung mit großen Pfostenbauten nachgewiesen werden konnte.



    Heidenheim, Barbaren im Kastell: völkerwanderungszeitliche Langhäuser
    (Graphik R. Schreg nach Planunterlagen von M. Scholz)
    Um inhaltlich voran zu kommen, müssen die offenen chronologischen Fragen - vor- und nach dem Limesfall - geklärt werden. Das wird allein mit Lesefunden nicht gelingen, sondern setzt exakte Befundbeobachtungen voraus. Und es wird wichtig sein, die "barbarischen" Bauaktivitäten zu identifizieren. Die Fundstelle in Heuchlingen bietet hier eventuell einen vielversprechenden Ansatz - eine geophysikalische Prospektion wäre ein erster strategischer Schritt dazu. Wildes Absammeln ohne genaue Einzelfundeinmessung sollte (auch im Pflughorizont) unterbleiben!


    Literaturhinweis
    • R. Schreg: Luftbildarchäologie zwischen Heidenheim, Urspring und Langenau. Römische Gutshöfe bei Heuchlingen und Bräunisheim. Heidenheimer Jahrbuch 12, 2007/08, 106-118
    • A. Neth, Eine villa rustica in Holz und Stein bei Heuchlingen. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2011, 164-167.
    • R. Schreg, Die Erschließung der Siedlungslandschaft. In: D. Ade/B. Rüth/A. Zekorn (Hrsg.), Alamannen zwischen Schwarzwald, Neckar und Donau. Begleitbuch zur Wanderausstellung (Stuttgart 2008) 56–61. 
    • S. Spors-Gröger, Die ersten Alamannen. In: A. Gut (Hrsg.), Die Alamannen auf der Ostalb. Frühe Siedler im Raum zwischen Lauchheim und Niederstotzingen. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg 60 (Esslingen 2010) 40–55.
    • M. Scholz, Eine römische Villa rustica und völkerwanderungszeitliche Bauernhäuser bei Heidenheim-Schnaitheim. Vorbericht der Ausgrabungen 2002 und 2004 im Gewann "Fürsamen". Jahrb. Heimat- u. Altver. Heidenheim 11, 2005/2006, 64–94.
    • M. Scholz, Die spätantike Besiedlung der östlichen Schwäbischen Alb. In: J. Biel/J. Heiligmann/D. Krauße (Hrsg.), Landesarchäologie. Festschrift für Dieter Planck zum 65. Geburtstag. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 100 (Stuttgart 2009) 469–501.
    interner Link
      Dank
      an Dieter Schwell, den Piloten und Siegfried Kastler für den Hinweis auf frühere Funde in Heuchlingen

      Montag, 23. Juli 2012

      Mona Lisa vor dem Bagger gerettet

      Sant'orsola firenze
      Florenz, Kloster Santa'Orsola:
      der leerstehende Komplex 2007
      (Foto: I, Sailko [CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons)
      Derzeit gehen Meldungen durch die Presse, nach denen Archäologen als Ergebnis gezielter Suche die Gebeine der Mona Lisa gefunden hätten. Der Augsburger Allgemeinen Zeitung gilt der Fund als die Auflösung einer "der spannendsten Detektivgeschichten der vergangenen Jahre".

      Die (potentielle) Sensation ist jedoch das Resultat einer archäologischen Rettungsgrabung - auch wenn der wissenschaftliche Grabungsleiter Silvano Vincenti  schon seit Jahren auf den Spuren der Mona Lisa war. Tatsächlich stand der Komplex des ehemaligen Klosters Sant'Orsola in Florenz seit Jahren leer und wird zur Zeit saniert. Die flächigen Grabungen im Innern und offenbar auch Bauaufnahmen sind wesentlich umfassender als die publikumswirksame Suche nach Mona Lisa.

      Mona Lisa-restored
      Leonardo da Vinci ([Public domain],
      via Wikimedia Commons)
      Hinter der ominösen Frau auf Leonardo da Vincis Gemälde wird Lisa del Giocondo, die Gattin eines reichen florentinischen Seidenhändlers vermutet, die im Kloster bestattet wurde.

      Einen Beweis, dass es sich bei der Toten um die lächelnde Mona Lisa auf dem Gemälde handelt, wird man übrigens nicht erbringen können: Beweisen lässt sich allenfalls per DNA-Analysen, dass die Tote eine Vorfahrin von anderweitig bekannten Nachkommen der Lisa del Giocondo war. Eine Gesichtsrekonstruktion wird allenfalls Indizienwert haben.



      Links
      Nachtrag (14.9.2012):

      Donnerstag, 19. Juli 2012

      Eine neolithische Haldenlandschaft auf der Schwäbischen Alb

      Halden im Wald Borgerhau (Foto: R. Schreg)
      Im Wald Borgerhau nahe Blaubeuren auf der Schwäbischen Alb liegt bis heute der Abraum eines neolithischen Bergbaus. In tiefen Pingen hat man dort den begehrten Jurahornstein gewonnen, der ein wichtiges Ausgangsmaterial für Silexartefakte in vielen umliegenden Siedlungen bis ins Neckarland zu sein scheint.  Im dichten Wald waren die Strukturen dort aber lange übersehen worden bzw. wurden als Dolinen oder Bombenkrater abgetan (beides gibt es dort tatsächlich auch in einiger Zahl). Der Verdacht, dass dort eine Abbaustelle liegt, geht auf eine Grabung der 1950er Jahre zurück. Damals wurden die Abfallprodukte der Rohmaterialgewinnung allerdings verkannt und die Fundstelle als "grobgerätiges Mesolithikum" eingestuft. Mehrfach wurden in der Folge Zweifel laut und Vermutungen geäußert, es könne sich um eine Abbaustelle handeln. 

      Im Rahmen eines Forschungsprojektes der NSF haben wir 2006 die Fundstelle in Augenschein genommen und dabei eine ausgedehnte Haldenlandschaft festgestellt. Mit groben Einmessungen der Streuung von Hornsteinfragmenten und einzelnen Grubenbefunden entstand ein erster Übersichtsplan, der inzwischen mittels LiDAR-Daten verfeinert wurde.

      Bereits kurz nach der Entdeckung konnten wir 2007 in kleinen Schnitten Ausgrabungen vornehmen, die erhebliche Mengen an Produktionsabfällen erbracht haben. Die Silexfunde wurden zwischenzeitlich summarisch in einer Datenbank erfasst, Einzelaspekte genauer bearbeitet.
      14C-Daten zeigen eine lange Laufzeit vom ausgehenden Frühneolithikum bis ins Spät- oder Endneolithikum. Die einzigen Keramikfunde sind die Scherben einer Michelsberger Schale.
      Das Silexfundmaterial umfasst zahlreiche angeschlagene Rohstücke, insgesamt wurden aus 12 m² Grabungsfläche mehr als 1 t auswertbare Funde geborgen.

      Anders als in Grimes Graves, wo sich tiefe Abbauschächte nachweisen lassen, ist im Borgerhau bislang nur ein tiefer Pingenbau mit zahlreichen Abraumhalden nachweisbar. Über Jahrtausende hinweg hat man diese Bereiche offenbar keiner anderen intensiven Nutzung - außer Beweidung oder Brennholznutzung - zugeführt, so dass sich die Oberflächenstrukturen erhalten konnten.
      Die neolithische Silex-Abbaustelle von Grimes Graves in England ist in Luftbildern sehr gut erkennbar. Es zeichnen sich zahlreiche Mulden mit Rippen dazwischen ab (siehe hier auf Archaeologik).

      Dia Auswertungsarbeiten sind im Gange, liegen in diesem Jahr jedoch verstärkt auf einer benachbarten Siedlung der Bandkeramik.

      Literaturhinweise
      • G. Weisgerber/R. Slotta/J. Weiner (Hrsg.), 5000 Jahre Feuersteinbergbau. Die Suche nach dem Stahl der Steinzeit³. Ausstellung im Deutschen Bergbau-Museum Bochum vom 24. Oktober 1980 bis 31. Januar 1981. Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum 77 (Bochum 1999).
      zur Ausgangslage des Forschungsprojektes

      Grabungen im Borgerhau
         Siedlungen im Umfeld der Abbaustelle
        • L. Fisher/S. Harris/C. Knipper u. a., Fortsetzung der Untersuchungen zur neolithischen Besiedlung und Hornsteinnutzung auf der Blaubeurer Alb, Alb-Donau-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 2008, 34–37.
        • Harris, Susan; Knipper, Corina; Fisher, Lynn; Schreg, Rainer, Sondagegrabungen zur neolithischen Hornsteinnutzung in Blaubeuren-Sonderbuch. In: Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 3006, 33–37.
           

        Montag, 16. Juli 2012

        Räuber in Syrien

        In Syrien morden und foltern Assads Schergen - und wertvolles Kulturgut wird zerstört.
        Derweil brüstet sich Helmut Thoma auf seiner Internetseite fortgesetzt damit, einst ebenfalls als Grabräuber in Syrien aktiv gewesen zu sein.

        Schon 2010 hatte Tina Kaiser für Welt online ("Es war Nacht und da waren Schlangen") ein Interview mit Thoma geführt. Darin brüstete sich Thoma mit einer Geschichte über die Plünderung eines Grabes:
        Helmut Thoma, Women's World Awards 2009
        Helmut Thoma
        (Foto Manfred Werner - Tsui
        [CC-BY-SA-3.0
        via Wikimedia Commons])
        "Aber diesen Grababschluss da (zeigt auf einen Steinblock neben dem Sofa) habe ich vor 30 Jahren mit einem Grabräuber zusammen aus Syrien geholt. [...] Ich kenne so einen Händler in Damaskus, der hauptsächlich Fälschungen verkauft. Mir hat er angeboten, etwas garantiert Echtes zu besorgen. Er hat mich zu einem Höhlengrab in der antiken Wüstenstadt Palmyra geführt und meinte: „Jetzt krabbeln wir da rein.“ Da hatte ich schon ein bisschen Bedenken. Es war Nacht, und da waren Schlangen ... Nach der engen Öffnung weitete sich der Tunnel, und da waren mehrere Gräber, wunderschön verziert mit Fresken. Die hier im Wohnzimmer hab ich mir dann ausgesucht.
        ... der Händler [hat den Hammer geschwungen] und mir das Ding dann auch nach Deutschland angeliefert (lacht). Das waren noch andere Zeiten: Am Zoll in Frankfurt wurde der gefragt, was er da transportiert. Er hat gesagt: „Stein“ und durfte über die Grenze. "

        Grabraub und Schmuggel dürften verjährt sein, was die Sache aber nach wie vor bedenklich macht, ist der totale Mangel an Problembewusstsein und Schuldgefühl. Im Gegenteil, das Objekt wird zur Schau gestellt, um die eigene Persönlichkeit interessanter zu machen. Welt-online ist darauf hereingefallen und hat nicht erkannt, dass sich hier vielmehr Barbarei und neureiches Banausentum offenbart.

        Sicher: es gibt schlimmere Raubgräber. Skandalös ist aber vor allem die Verharmlosung und die Tatsache, dass man meint, dadurch sogar gesellschaftlich punkten zu können - und Welt-online das nach wie vor unkommentiert unterstützt (und die kritischen online-Kommentare inzwischen gelöscht hat). 

        Nach der Welt-online Publikation gab es zahlreiche Reaktionen:
        Die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, das Deutsche Archäologische Institut, das Präsidium der Deutschen Altertumsverbände und der Deutsche Archäologenverband haben sich am 15.12.2010 mit einem Brief an Helmut Thoma gewandt und ihn aufgefordert, das oder die Objekte an den rechtmäßigen Eigentümer, den Staat Syrien, zurückzugeben (knappe Darstellung der DGUF-Initiative zum Fall Helmut Thoma auf den neuen Seiten des Arbeitskreises Kulturgutschutz der DGUF).

        Eine Reaktion auf das Schreiben ist ausgeblieben - stattdessen hat Thoma auf seiner Website ein pdf des Welt-Interviews einstellen lassen...



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        Samstag, 14. Juli 2012

        Kriminalarchäologie - Von skrupellosen Kriegsgewinnlern, 'Kunstliebhabern' und armen Bauern


        Ausstellung im Münchener Flughafen
        (Fotos: RGZM / M. Müller-Karpe)
        "Entscheidend für den Schutz der archäologischen Stätten ist, dass es uns endlich gelingt, die skrupellosen Kriegsgewinnler hier im Westen, die Käufer der geplünderten Antiken, dazu zu bringen, ihr zerstörerisches Tun zu beenden." stellt Michael Müller-Karpe im Interview (Die Presse.com: »Die Gewinne mit geraubten Antiken sind gigantisch«) fest.

        Die Ausstellung Kriminalarchäologie, die sich bemüht, auf dieses internationale Problem aufmerksam zu machen, ist jetzt auf dem Flughafen in München angekommen. Sie wird dort bis zum 12. August zu sehen sein.

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        Donnerstag, 12. Juli 2012

        Welterbe in Panama

        San Lorenzo und Portobelo
        Die beiden spanischen Befestigungen an der Karibikküste wurden auf die Liste des gefährdeten Erbes gesetzt. Begründet wird dies mit Umwelteinflüssen und einer Vernachlässigung der Anlagen über 30 Jahre hinweg. Vor kurzem waren aus der Anlage mehrere Kanonen gestohlen worden.

        Casco Viejo
        Diskutiert wurden auch die Risiken für die Welterbestätten Panama la Vieja und Casco Viejo. In beiden Fällen gibt es Straßenbauprojekt, die die Plätze bedrohen.
        Viadukt vor Panama Viejo.
        Das Foto stammt von 2006. Inzwischen ist
        ein massiver Verlandungsprozess
        im Gange, da der Viadukt als Wellenbrecher wirkt.
        (Foto R. Schreg).
        Das Prestige-Projekt einer vierspurigen Umgehungsstraße auf der Meeresseite um die Altstadt von Casco wurde von der UNESCO unverständlicherweise nicht völlig zurückgewiesen. Massiv wird die historische Topographie verändert. Die Halbinselsituation der Stadt geht verloren, die gegen das Meer gerichtete und (bei Flut) im Wasser stehende Befestigung richtet sich künftig gegen eine Autobahn.
        Geprüft werden soll nach der UNESCO-Resolution die Variante eines Viadukts im Meer - eine Lösung ähnlich der Umgehungsstraße, die bereits um Panama la Vieja führt. Abgesehen von der auch hier spürbaren Beeinträchtigung der Ästhetik und 'Authenzität' des Platzes zeigt ein Vergleich von Luftbildern der letzten 10 Jahre, wie hier ein massiver Verlandungsprozess eingesetzt hat. Angesichts der Bedrohung der Mangrovenwälder ist das nicht grundsätzlich negativ, entstehen doch hier interessante neue, ansonsten gefährdete (vgl. womblog v. 9.6.2012) Biotope. Allerdings sammelt sich in der neu aufwachsenden Vegetation der Unrat der Stadt, die nur über ein ungenügendes Abwasser- und Klärsystem verfügt. - nicht nur ein ästhetisches und denkmalpflegerisches Problem (siehe travelpanama).

          Die inzwischen immer mehr umstrittene Regierung feiert den UNESCO-Beschluss als großen Erfolg.

          Panama la Vieja

          Blick über das Armenviertel von Panama Viejo
          und die angrenzende Ruinenstadt von Panama la Vieja
          mit dem Turm der Kathedrale.
          Rechts der Viadukt auf dem Meer.
          (Foto R. Schreg)
          In Panama la Vieja gibt es Neubaupläne für eine Straße, die derzeit mitten durch das Gelände führt und verlegt werden soll. Es gibt dazu unterschiedliche Planvorstellungen, unter anderem ebenfalls eine Route entlang der Küste, die die alte Hafenstadt noch stärker vom Meer abschneiden würde, als dies aktuell schon durch die Verlandung passiert. Alternativszenarien sehen verschiedene Möglichkeiten einer Trasse durch die angrenzende, sozial schwierige Siedlung von Panama Viejo vor. Hier steht zu befürchten, dass die ohnehin benachteiligte Bevölkerung des Viertels übergangen wird. Favorisiert wird derzeit eine Kompromislösung, die am Rand des Ruinenviertels entlang führt. - Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht ohne archäologische Grabungen passiert, durchschneidet die Trasse doch die Randbereiche der alten Stadt, in denen mit einer Holzbebauung und Gewerbebetrieben zu rechnen ist.


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          interne Links
          Nachtrag (21.7.2012)
          Auf den Seiten der UNSECO steht nun das Protokoll der Sitzung in St. Petersburg als pdf bereit mit den entsprechenden Empfehlungen und Forderungen.

          Montag, 9. Juli 2012

          Antiken wachsen nicht nach: Der DGUF-Arbeitskreis 'Kulturgutschutz"

          Schon seit 2005 hat die DGUF einen Arbeitskreis zum Kulturgutschutz, der bisher kaum öffentlich aufgetreten ist, jetzt aber auf den neugestalteten DGUF-Seiten eine eigene, knappe Darstellung hat.
          "Der Arbeitskreis hat seit seiner Gründung im Jahr 2005 vor allem den Vorstand der DGUF in seiner Tätigkeit beraten. Dafür hat er zu Händen des Vorstandes DGUF-Standpunkte und Stellungnahmen verfasst."

          Dazu gehören u.a. die Ausarbeitung des DGUF-Standpunktes: Lückenloser Herkunftsnachweis für Handel mit Münzen und Antiken oder die Stellungnahme der DGUF zur Einführung des Schatzregals in Hessen (2011).

          Aus den Kreisen des Arbeitskreises kam auch der Vorschlag, den Sonderpreis zum Deutschen Archäologiepreis 2011 an Rainer Fromm, Michael Strompen und Kristian Lüders für ihren im Auftrag des ZDF produzierte Dokumentation "Blutige Schätze" zu verleihen.

          Der Arbeitskreis konstatiert:
          Während der Handel mit bedrohten und geschützten Tier- und Pflanzenarten zu Recht mit schweren Strafen belegt ist, fehlt im Antikenhandel ein ausreichendes Problem- und oft auch Unrechtsbewusstsein. Antiken können aber genauso wenig nachwachsen wie ausgestorbene Tierarten und sind daher genauso von unwiederbringlichem Verlust bedroht. Der Arbeitskreis Kulturgutschutz will dazu beitragen, Politik und Öffentlichkeit für die Gefahren zu sensibilisieren, und darauf hinwirken, dass die Gesetzgebung in Deutschland verbessert wird.

          Samstag, 7. Juli 2012

          Kämpfe um den Krak des Chevaliers

          Krak des Chevaliers in Syrien
          (Foto: A Travers
          [CC BY-NC-ND 2.0] bei flickr)
          Vor einigen Wochen [im Mai 2012] wurde gemeldet, die Kreuzfahrerburg sei von Militär besetzt worden, jetzt gilt sie als Hochburg des Widerstands.
          AFPTV berichtet mit einem Video "Tödlicher Kampf um Kreuzritterburg in Syrien" v. 5.7.2012

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