Montag, 15. Juli 2019

Kulturgüter in Syrien und Irak (Mai und Juni 2019)


Verlorene Expertise

In den vergangenen Jahren gab es viele Programme, um syrische Archäologen und Denkmalpfleger im Ausland zu schulen und so den Wiederaufbau zu fördern. Die Rechnung geht indes nicht auf. Sieger des Bürgerkrieges scheint das syrische Regime zu sein, wegen dem (nicht nur wegen Daesh) viele Syrer ihr Land verlassen haben. Sie können nicht zurück und somit ist auch ihr Mitwirken beim Wiederaufbau weitgehend ausgeschlossen.
Inzwischen wird in Syrien an vielen Stellen wieder aufgebaut und restauriert, aber selbst an zentralen Plätzen  fehlt es an Fachkenntnis, so dass gut gemeinte Pflege von Kulturgütern zum Desaster werden kann. In Aleppo hat man, wohl gut gemeint, an der Zitadelle das Gras an der Grabenböschung abgebrannt. Diese ist allerdings mit Steinquadern befestigt, durchschneidet ältere Baureste und liegt zudem immer noch voll vom Schutt der Wehrmauer, die während des Bürgerkrieges an verschiedenen Stellen schwer beschädigt worden ist. Das Problem ist nun, dass die Kalksteine unter der Hitzeineinwirkung sprengen und aufweichen, daher für eine Restaurierung nicht mehr verwendet werden können. Die Praxis des Abbrennens hatte man vor dem Krieg eigentlich aufgegeben. Anlaß für das aktuelle, von der Feuerwehr kontrollierte Abbrennen ist indes eine Dürreperiode, die rund um und in Aleppo die Brandgefahr bedrohlich hat steigen lassen. Innerhalb einer Woche gab es um Aleppo 80 Brände.
aufgegriffen:
Die Generaldirektion für Antiquitäten und Museen  (DGAM) organisiert Fortbildungskurse, "um die Effizienz des technischen Personals zu steigern und es mit neuen Kadern in verschiedenen Bereichen zu versorgen, nachdem die Direktion in den letzten Jahren viele Experten und Spezialisten verloren hat."
Zwei Projekte des britischen Cultural Protection Fund  in Jordanien und Libanon versuchen syrischen Flüchtlingen eine Perspektive zu geben, Dazu gehört auch ein Programm des World Monument Fund, das Syrer als Steimetze ausbildet, um künftig mit als Konservatoren des Kulturerbes wirken zu können.
 

Berichte aus einzelnen Orten

Ein Überblick über die Zerstörungen (bereits vom Sommer 2018):

Mossul


Apamaea (Syrien)

Illegale Ausgrabungen und Museumsdiebstahl
Apameia, Kollonadenstraße
(Foto: M. Scholz, 1993)

Talet al-Shamiya bei Lattakia

Ein tschechisches Projekt wird für die syrische Regierung ein  Zeichen der Rückkehr zur Normalität und in den Kreis der zivilisierten Staaten. Das Tschechische Nationalmuseum kündigte Grabungen im Herbst 2019 an, die tschechische Botschafterin in Syrien traf sich mit dem Generaldirektor der Antikenverwaltung. Der stellvertretende Außenminister Syriens Faisal al-Miqdad zeigte sich bei der Eröffnung einer Ausstellung über tschchische Grabungsorte in Syrien erfreut, da diese " eine zivilisierte Dimension im Leben der beiden befreundeten Völker widerspiegelt: Die Tschechische Republik stehe im Kampf gegen den Terrorismus neben Syrien und unterhalte als einziges europäisches Land seit Beginn des Krieges Beziehungen auf höchstem Niveau."
 

Aktuelle Meldungen und Berichte


Antikenhehlerei

bei facebook
Ein Beitrag bei USNews von Leila Amineddoleh, die an der New York State Univerity Art Crime & the Law lehrt und ein auf Kunst- und Kulturgutrecht spezialisiertes Anwaltsbüro in New York betreibt, verweist auf die Möglichkeiten, Raubgrabungsgut und Raubkunst mittels Online-Technologien zu identifizieren. Als Beispiel dient ihr der Fall des Kriegers aus Perspeolis (Persischer Krieger mehrfach geklaut und jetzt beschlagnahmt.Archaeologik [2.11.2017]; Der Präsident eskortiert den Leibwächter. Archaeologik [14.10.2018]), der auf historischen, online stehenden Grabungsfotos identifiziert werden konnte.
Rückblickend zur Rolle von Daesh für Raubgräberei:

Links

frühere Posts zum Bürgerkrieg in Syrien auf Archaeologik (insbesondere Medienbeobachtung seit Mai 2012), inzwischen auch jeweils zur Situation im Irak

  • Die Archaeologik-Beiträge zu Syrien und Irak. Archaeologik (20.5.2019)
    - Stand Mai 2019


  • Wie immer geht mein Dank an diverse Kollegen für ihre Hinweise.
     

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