Montag, 16. Dezember 2013

Archäologie für Politiker

Dominique Oppler (Hrsg.)
Archäologie für Politiker
(Hochwald: Librum 2013)

ISBN-Nr: 978-3-9524038-6-0

als e-book gratis unter https://www.librumstore.com/archaeologie-fuer-politiker-p-1473.html

Die Idee ist richtig - und wichtig: Die Belange der Archäologie müssen den politischen Entscheidungsträgern und den Wählern besser vermittelt werden.
"[S]eit einigen Jahren [kommt] die imperative Forderung auf: Wenn man schon in solch wenig nützliche Wissenschaften wie die Archäologie investiere, dann hätten diese ihre Ergebnisse auch in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, führt leider zu einer Dauerberieselung und einem Kulturaktionismus [...], der sich in museale Leistungsschauen, welche bestrebt sind, sich laufend zu übertreffen, oder in publikumsstarken Römertagen, Mittelaltermärkten, etc. manifestiert. Dabei gerät dieser Wettlauf nicht selten in die Gefahr, archäologische Forschungsergebnisse zu vulgarisieren und das tief verwurzelte Bild der Wissenschaft des Spatens, des Archäologen als Schatzsucher, zu bestärken. Die öffentlich wirksame Präsentation der Resultate ist nur bedingt Aufgabe der Archäologie. Hier sind Museen, Tourismusbeauftragte, Stadtbildbeauftragte, etc. gefragt und gefordert.

Die Archäologie hängt sehr von der Gunst der Politik ab, die Politiker haben jedoch nur in seltenen Fällen begriffen, welch wertvolle staats- und sozialpolitische Bedeutung archäologische Erkenntnisse haben. Wir wünschen uns, dass die Politik sich in Zukunft weniger an öffentlich wirksamen Leistungsschauen zur Idealisierung des kulturellen Erbes orientiert. Gefragt ist das Gespräch mit den Forschenden und das gemeinsame Schaffen wissenschaftlich und politisch vertretbarer Voraussetzungen, damit Archäologie zielgerichteter, systematischer und repräsentativer forschen, der Sachpolitik dienen und einen Beitrag zur Menschheitsentwicklung leisten kann."  (D. Oppler, Vorwort)
Die Beiträge des Bandes behandeln verschiedene Aspekte des weiten Themenfeldes:
  • Dominique Oppler, Im Dienste der Menschheit
  • Kristin Oswald, Archäologie als Faktor in Politik, Medien und Öffentlichkeit. Das Beispiel der Kürzungen der Denkmalpflege in Nordrhein-Westfalen
  • Andrea Hampel, Politik und Wirtschaftlichkeit versus Denkmalpflege?
  • Detlef Hopp, Relikte der Schwerindustrie - ein unbequemes Erbe…
  • Fred Mahler, Kommunale Archäologie und Kommunale Politik – Kurze Skizze der Erfahrungen einer Beziehung
  • Matthias Pausch, Römisches Ruffenhofen: Kleine Kommunen investieren in die Vergangenheit
  • Ernst Lauermann, Archäologie und Politik in Niederösterreich
Allen Artikeln ist gemeinsam, dass sie sich eigentlich kaum an Politiker wenden, sondern eher auf eine fachinterne Diskussion abzielen. Sie liefern Beispiele, wie sich Archäologie überwiegend in der Kommunalpolitik positioniert. Für Politiker müssten sehr viel prägnanter klare Aussagen formuliert werden, was die Gesellschaft verliert, wenn Archäologie und Geschichtswissenschaften nicht der gebührende Stellenwert gegeben wird.

Ein diesbezüglich grundlegendes Themenfeld, nämlich, was tatsächlich archäologische Aussagen für unsere moderne Gesellschaft relevant macht, bleibt außen vor. D. Oppler lässt es in seinem zitierten Vorwort anklingen, wenn er von einer Vulgarisierung archäologischer Forschungsergebnisse spricht.

Hier bleibt ein weites Feld zur Diskussion. Dabei muss auch diskutiert werden, wie mit "experimenteller Archäologie" und Reenactment umzugehen ist. Diese sind zwar wichtige Elemente einer archäologischen Öffentlichkeit, aber durch ihre zwangsläufige Konzentration auf Äußerlichkeiten haben sie möglicherweise auch das Risiko, die eigentlichen Chancen einer archäologisch-historischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für unsere moderne Gesellschaft zu verstecken und zur "Vulgarisierung" (was auch immer das konkret sein mag) der Forschungsergebnisse beizutragen.

Abschließend noch zwei Bemerkungen:
  1. D. Oppler betont die Rolle, die die geplanten Kürzungen in Nordrhein-Westfalen und die Initiativen dagegen für die Entstehung der Publikation gespielt haben. 
  2. Die Publikation ist als e-book erschienen, open access. Allerdings: Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. - gerade dem Anliegen des Bandes, die Diskussion in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen, hätte eine CC-Lizenz wohl besser gedient.

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