Mittwoch, 29. Mai 2013

Forschungsnotizbücher im Netz

Ein Überblick zum Stand der historischen Weblogs in Deutschland:

Sonntag, 26. Mai 2013

Antikenraub in Libyen

Mit dem Sturz des Gaddafi-Regimes und dem Ende des Bürgerkriegs in Libyen, in dessen Verlauf mehrfach Zerstörungen und Plünderungen archäologischer Fundstellen bekannt geworden sind, ist es still geworden um deren Schicksal.
Eine UNESCO-Tagung befasste sich jetzt mit der Situation in Libyen. Unter dem Gaddafi-Regime war eine entsprechende Antikenverwaltung und -gesetzgebung vernachlässigt worden, was nun erhebliche strukturelle Schwierigkeiten mit sich bringt.
Ein Bericht zur Konferenz:
Der Artikel verweist auf den Fall der Flavia Domitilla. Im Herbst 2012 stellte sich eine bei Christies versteigerte Büste, die angeblich seit 1988 zu einer Schweizer Privatsammlung gehörte, als Teil einer Statue aus dem Museum in Sabratha heraus, deren Kopf dort erst 1990 gestohlen wurde. Mit Hilfe der italienischen Polizei konnte der Kopf sichergestellt und an Libyen zurück gegeben werden:

Nicht eingegangen wird auf den spektakulärsten Antikenraub: Der Goldschatz von Benghazi, ein antiker Tempelschatz, der zwischen 1917 und 1922 im dortigen Artemistempel ausgegraben wurde, wurde 2011 aus einem Banktresor gestohlen. Teile davon sollen in Ägypten aufgetaucht sein, mehrheitlich bleibt er verschwunden.
Weit problematischer als der Diebstahl von Museumsstücken erweisen sich jedoch Funde aus Raubgrabungen, die naturgemäß nirgendwo verzeichnet sind und deren Fundkontext und wissenschaftlicher Quellenwert durch die Raubgrabungen weitestgehend vernichtet werden.

Interne Links

Donnerstag, 23. Mai 2013

Community Archaeology - Publikum hinter pay wall ausgeschlossen?

Öffentlichkeitsarbeit spielt für die Archäologie mit vielen verschiedenartigen Projekten schon lange eine wichtige Rolle: in Museen und in Kooperation mit Ehrenamtlichen.

Eine neue - englische - Zeitschrift widmet sich ab 2014 diesem Themenfeld, das im englischen als "community archaeology" bezeichnet wird: Journal of Community Archaeology & Heritage  

Die Zeitschrift erscheint bei Maney und wird auch online zugänglich sein - leider aber offenbar nicht open access! Gerade aber bei diesem Themenfeld, das auch Laienarchäologen ansprechen möchte und diese auch mit Beiträgen involvieren möchte, wäre das wichtig. Denn die üblichen pay-walls schließen große Teile des Zielpublikums aus, das eben meist über keinen Uni-Account verfügt (wie übrigens auch die meisten Kollegen der Denkmalpflege). Positiv ist daher der zugehörige Blog zu vermerken, der weit größere Chancen hat, sein Publikum zu erreichen als die Zeitschrift: http://journalcah.blogspot.co.uk/

Bleibt zu hoffen, dass die Zeitschrift trotz dieses Geburtfehlers der bislang kaum geführten Diskussion über eine community archaeology ein Forum gibt. Vor allem in Deutschland wird bislang kaum darüber diskutiert, was die Ziele und die Inhalte der Vermittlung von Wissenschaft sind (Kenntnis von zeittypischen Schwerttypen oder eher eine Sensibilisierung für die historischen Dimensionen unserer Gegenwart?), wie in Zeiten von Web 2.0 mit der sich verändernden, aktiveren Rolle der Öffentlichkeit umgegangen wird, wie man mit dem zunehmenden Anspruch von Laien auf "ihre" Geschichte umgeht und wie man etwa auch die Eigenschaft archäologischer Fundstellen als Gemeingut verständlich macht.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Antinoopolis: Papyrologe schlägt Alarm


ein Gastbeitrag von Jutta Zerres

Eine reich illustrierte Dokumentation von Guido Bastianini zu den Zerstörungen in der römischen Stadt Antinoopolis (Mittelägypten) verdient unter der Vielzahl der Presse- und Blogberichte zur Lage der archäologischen Stätten Ägyptens besondere Beachtung:
Kaiser Hadrian, Gründer von Antinoopolis,
Portätbüste in den Kapitolinischen Museen
(Foto: Marie-Lan Nguyen [PD]
via WikimediaCommons)
Der Bericht in englischer Sprache verdeutlicht die illegale Ausweitung von Bautätigkeiten und von landwirtschaftlicher Nutzung  in das denkmalgeschüzte Areal innerhalb der letzten zwei Jahre durch die Anwohner des benachbarten Dorfes Sheikh Abada. 
Plünderungen werden sogar während der Anwesenheit von Grabungsteams durchgeführt. Die Dokumentation enthält kommentierte Luftbilder sowie viele Fotos, die den Zustand vor und nach den Zerstörungsaktivitäten zeigen.   
Der Autor ist als Professor für Papyrologie am Istituto Papirologico „Vitelli“ in Florenz tätig. Die Forschungseinrichtung führte erstmals in den dreißiger Jahren Ausgrabungen in Antinoopolis durch und förderte dabei zahlreiche Papyri und Ostraka in koptischer und griechischer Sprache zutage. Seit den sechziger Jahren ist es regelmäßig hier tätig.


Die Stadt Antinoopolis wurde 130 von Kaiser Hadrian an der Stelle einer älteren Siedlung in Erinnerung an seinen verstorbenen Liebhaber Antinoos gegründet. Sie avancierte zu einer bedeutenden Stadt in Oberägypten, besaß ein rechtwinkliges Straßennetz und zahlreiche Prachtbauten.

Links


Ältere Blogbeiträge zu Antinoopolis: 

Nachtrag (24.5.2013)



Jutta Zerres ist promovierte provinzialrömische Archäologin mit einem Faible für Ägypten. Sie beobachtet erschrocken die laufenden Meldungen über die Situation in Ägypten.

 

Montag, 20. Mai 2013

Die württembergische Landesaufnahme - Vaterlandsliebe als Wurzel der Landschaftsarchäologie

Zwischen 1821 und 1851 wurde im Königreich Württemberg die topographische Landesvermessung durchgeführt. Sie war noch vor der Annahme der württembergischen Verfassung angeordnet worden und sollte einer gerechten Besteuerung in dem 1806 erheblich erweiterten und zum Königreich erhobenen Württemberg dienen. Das Produkt war neben dem steuerrelevanten Primärkataster auch der topographische Atlas des Königreichs Württemberg, der die Messtischblätter 1:50000 umfasste.
 

Eduard Paulus der Ältere

Eduard Paulus der Ältere
(Ölgemälde: Landesmus.
Württemberg
[Urheberrechte erloschen];
Wikimedia Commons)
Einer der Mitarbeiter der Landesvermessung war Karl Eduard Paulus, geboren am 29.1.1803 in Berghausen südlich von Speyer. Er trat 1823 in das Königliche statistisch-topgraphische Bureau ein. Anfangs als Messgehilfe tätig, war Paulus bei der Erstellung mehrerer Urkarten und Atlasblätter beteiligt. 1843 wurde er zudem in das Projekt der Oberamtsbeschreibungen einbezogen. Nach und nach legte er eine archäologische Karte von Württemberg vor. 1852 konnte er die ganz Württemberg umfassende Karte im Maßstab 1:200000 auf der Tagung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in Mainz präsentieren. Es war die erste, ein Land vollständig abdeckende archäologische Karte. Da Paulus das Dreiperiodensystem nicht anerkannte, unterschied er - blau kartiert - altgermanisch (keltisch) und alamannisch (fränkisch) sowie - in rot - römisch.

Paulus ergänzte die Karte in mehreren Auflagen. Die vierte Auflage erschien posthum, als sein Sohn Eduard Paulus der Jüngere Landeskonservator war.

Surveymethoden

Mehrfach hat Paulus seine Methoden beschrieben. Die neuen topographischen Karten mit ihrer Schraffur-Darstellung des Geländes wie die genauen Flurkarten im Maßstab 1:2500 spielten hier eine zentrale Rolle, dienten sie Paulus doch einerseits zur Eingrenzung potentieller Fundstellen, zugleich aber auch der Kartierung und Dokumentation. Einzelne vor- und frühgeschichtliche Anlagen, wie beispielsweise die Viereckschanze von Fleinheim wurden bereits bei der topographischen Landesvermessung im Maßstab 1:2500 aufgenommen.
Anhand der Karten definierte Paulus archäologisch interessante Situationen, die er dann beging. Die lokale Bevölkerung war ihm dabei eine wesentliche Informationsquelle (siehe Archäologen und mißrathene Genies - Tips für die archäologische Kartierung). Mit ihren topographischen Beobachtungen haben Paulus' Forschungen mehr mit einer modernen Landschaftsarchäologie gemein als mit der Kossinna'schen Siedlungsarchäologie, auch wenn auch für Paulus die Zuweisung zu früheren Völkern grundlegend war.
Ausschnitt aus der topographischen Karte des Königreichs Württemberg
4. Aufl., 1882

Vaterlandskunde

Das Projekt der topographischen und der archäologischen Ebene hängen nicht nur methodisch - die topographischen Karten als Voraussetzung zur archäologischen Kartierung - sondern auch auf der inhaltlichen Ebene zusammen: Karten und Archäologie als Elemente der Identitätsbildung.

Das steigende Interesse für die Vorgeschichte hat in Deutschland sehr viel mit der politischen Situation nach der Auflösung des Alten Reiches zu tun. Der Blick in die Vergangenheit bot Ausgleich für die Gegenwart und lieferte mit seinen nationalen Untertönen Argumente für eine neue Reichsgründung.
Unterhalb der "nationalen" Ebene diente eine Vaterlandskunde auch dazu, den neu geschaffenen oder vergößerten Staaten selbst eine Identität zu verschaffen.
Parallel zur topographischen Landesvermessung und der von Paulus betriebenen Kartierung der archäologischen Fundstellen wurden in Württemberg weitere Vorhaben der Vaterlandskunde forciert: detaillierte Landesbeschreibungen, die zunächst die verwaltungsrechtlichen Rahmenbedingungen festgehalten hatten, aber bald schon um geologische, naturräumliche, volkskundliche und historische - einschließlich archäologische - Informationen ergänzt wurden. Ziel dieser Vaterlandskunde war unter anderem die Schaffung einer gemeinsamen Identität im neuen, gewachsenen Staat Württemberg, der nun neben den alten protestantischen Regionen auch katholische Landstriche mit einbezog. "Ohne Kenntnis des Vaterlands kann es unmöglich wahre Vaterlandsliebe geben (Memminger 1822, 2)." "Die Kenntnis des Vaterlands ist zugleich die Grundlage bürgerlicher Tüchtigkeit und fördert das staatsbürgerliche Leben. (Memminger 1822, 4f.)"

Literaturhinweis

    ResearchBlogging.org
  • F. Kreienbrink, Mapping the Past: Eduard Paulus the Elder (1803–1878) and the Archaeological Survey of Württemberg. Bulletin of the History of Archaeology, 17 (2), 2007 DOI: 10.5334/bha.17202
  • Memminger, Neuere Anstalten und Mittel zur Förderung der Vaterlandsliebe. Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde 1, 1822, 1-71 (Digitalisat)

Mittwoch, 15. Mai 2013

Archäologie in der Krise: Spanien

Sparzwänge und Wirtschaftskrise lassen vielen Politikern die Denkmalpflege und die Archäologie als lästiges Übel erscheinen (siehe z.B. NRW oder Brandenburg).
In Madrid bastelt die Regierung an den Bau- und Denkmalschutzbestimmungen herum, um Bauspekulationen zu erleichtern. Durch eine Änderung von Fristen und Zuständigkeiten sehen Archäologen und Denkmalschützer das kulturelle Erbe in Gefahr und haben eine Petition gestartet:
Weitere Links (bislang leider nur spanisch):

Montag, 13. Mai 2013

Fundstellen in der libyschen Wüste ungeschützt

Über die vielfältigen Bedrohungen archäologischer Fundstellen in der lybischen Wüste berichtet der Geologe Mustafa J. Salem in The New Libya Herald (17.4.2013): The Libyan desert: natural and human heritage under threat.
Eine Bedrohung unter anderen: Neue Wegetrassen, die durch Ölgesellschaften erschlossen werden bringen eine größere Zahl von Besuchern in die Wüste. Archäologische Oberflächenplätze, die derzeit ungeschützt liegen, werden über kurz oder lang abgesammelt und zerstört. Die Dokumentation im Rahmen archäologischer Forschungsprojekte kann mit den neuen Bedrohungen nicht mithalten.
Salem diskutiert die Rolle der Öl- und Gasgesellschaften, der staatlichen Denkmalpflege, internationaler NGOs wie auch der Zivilgesellschaft für den Schutz des Natur- und Kulturerbes in der Wüste. Er kann hier auf positive Beispiele in den historischen Städten Ghadames, Darj, Awjilah und Al-Fugaha verweisen, die freilich andere Probleme bieten als der Schutz archäologischer Fundplätze.

Felsbilder in den Acacus-Bergen
(Foto: Carsten ten Brink / 10btravelling [CC BY-NC-ND 2.0], via flickr.com)

 

Dienstag, 7. Mai 2013

"Gott segnet kein Volk, das sein Erbe zerstört" - Protest in Dahshur, Plünderungen in Abu Sir al Malaq


ein Gastbeitrag von Jutta Zerres


Die Ägyptologin Monica Hanna sieht die Vorgänge von Zerstörung durch moderne Bebauung und Beraubung der antiken Stätte von Dahshur als exemplarisch für das an, was an vielen archäologischen Stätten in Ägypten derzeit geschieht: „Dahshur is just a single case study of what's happening on every archaeological site in Egypt. It's happened all around the Nile valley, in El Hiba, in Beni Suef. Everywhere.” Am Montag, dem 29. April 2013 formierte sich eine Demonstration von Anwohnern des Ortes zusammen mit Archäologen gegen die Plünderungen und den Bau eines Friedhofes im archäologischen Areal. Eines der Protestschilder: "God does not bless a nation that gives up its heritage."
Archaeologik berichtete in einem Post vom  26.03.2013; jüngst widmeten sich auch „Foxnews“ (28.04.2013): http://www.foxnews.com/world/2013/04/28/tomb-building-near-egyptian-pyramids-sparks-looting-concerns/(28.04.2013)

Die Demonstration hat in der Berichterstattung großes Echo gefunden:

Neu in der Berichterstattung zur Situation der archäologischen Stätten Ägyptens taucht der Ort Abu Sir al Malaq (zwischen Beni Suef und Fayoum gelegen) auf. Hier haben ebenfalls in den letzten Monaten massive Plünderungen und Zerstörungen eines Bestattungsplatzes stattgefunden. Am Ort finden sich Gräber der späten Negade-Kultur sowie aus der Zeit der 17. Dynastie bis in die römische Epoche (http://de.wikipedia.org/wiki/Abu_Sir_al_Malaq). Die Autorin „Zeinobia“ berichtet in ihrem Blog „Egyptian Chronicles“ und veröffentlicht dazu ein etwa 20-minütiges Video in arabischer Sprache, das eindringliche Bilder über den Zustand nach den Vorgängen am Fundplatz zeigt.

Interner Link



Jutta Zerres ist promovierte provinzialrömische Archäologin, hat aber ein Faible für Ägypten.

Freitag, 3. Mai 2013

Oppenheim als OpenAccess – Wo Vergangenheit und Zukunft aufeinander treffen

ein Gastbeitrag von László Matthias Simon


Während meiner Zeit in Tell Halaf (Grabungskampagnen 2009 und 2010) bekamen wir immer wieder Geschichten von den alten Ausgrabungen zu hören, vor allem aber von ihrem Leiter: Max Freiherr von Oppenheim (1860-1946) – oder „der Baron“, wie er um den Tell Halaf heute noch bekannt ist. Oppenheim, der aus einer wohlhabenden jüdischen Bankiersfamilie stammte, war jedoch viel mehr als nur ein Archäologe. Wie zu dieser Zeit viele seiner Zunft war er vor allem eins: Ein Diplomat und Spion im Namen seiner Nation. Davon erzählt das neue Buch von Lionel Gossman (*1929) und das Besondere: es ist umsonst!


Das 19. Jahrhundert gilt als Entstehungszeit der modernen Archäologie als Wissenschaft. Gerade im Orient waren die Fortschritte auf dem Gebiet prägend – für die Wissenschaft und für die Region an sich. Eine gute Möglichkeit, um sich über diese Epoche der Pioniere zu informieren ist das neue Buch des amerikanischen Literaturwissenschaftlers Lionel Gossman „The Passion of Max von Oppenheim: Archaeology and Intrigue in the Middle East from Wilhelm II to Hitler“ (http://www.openbookpublishers.com/reader/163). 


Lionel Gossman
The Passion of Max von Oppenheim: Archaeology and Intrigue in the Middle East from Wilhelm II to Hitler
Open Book Publishers

Donnerstag, 2. Mai 2013

DGUF-Petition erreicht 20.000 Unterschriften


Die Petition der DGUF hat am 2.5. die Marke von 20.000 Unterschriften erreicht und damit bewiesen, dass Denkmalpflege keine Angelegenheit ist, die nur einige wenige Fachleute interessiert. Die Petition kann jetzt noch bis zum 23. Juni 2013 unterschrieben werden:  

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