Mit dem Rasentraktor in die Römerzeit
Äußerst erfolgreicher Start eines mehrjährigen internationalen archäologischen Forschungsprojektes auf der Schwäbischen Alb
Zukunftstechnologie zur Erforschung der Vergangenheit ermöglicht neue Einblicke in die komplexe Wechselwirkung von Mensch und Umwelt. Jahrtausendelange Besiedlung hat Spuren im Boden hinterlassen - Spuren welche heute mit Hilfe neuester geophysikalischer Messtechnik weiträumig sichtbar gemacht werden können.
Magnetometer (Foto LBI ArchPro) |
Auf der Stubersheimer Alb nutzt ein internationales Team von Archäologen, Computerexperten und Geophysikern neueste technologische Entwicklungen zur Erkundung und Rekonstruktion vergangener Lebensbedingungen. Seltsame Gefährte fahren seit zwei Wochen über Wiesen und Äcker: was aussieht wie Traktor und Rasenmäher ist ein hochsensibles Radargerät; lange, weiße heuschreckenähnliche Anhänger gezogen von Quads registrieren kleinste Abweichungen im Erdmagnetfeld. Die Messungen zeigen Spuren längst verlassener Siedlungsplätze und anderer Überreste früherer Landnutzung.
Radarmessungen (Foto LBI ArchPro) |
Das 2010 gegründete Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie aus Wien sowie das renommierte, 1852 gegründete Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz - heute weniger Museum als vielmehr ein Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte - untersuchen in Zusammenarbeit mit der staatlichen Denkmalpflege in einem mehrjährigen Forschungsprojekt ein 20 km² großes Gebiet zwischen Waldhausen und Stubersheim.
Seit dem 14. März 2011 wurden über 70 Hektar mit hochauflösenden Messungen untersucht: die erste Datenanalyse zeigt eine überraschend dicht besiedelte römische Kulturlandschaft: bei Bräunisheim wurden zwei Gutshöfe mit zahlreichen architektonischen Details erfasst, so etwa der säulenumstandene Innenhof oder die Fußbodenheizung des Badetrakts. Neben einem der Höfe wurden Strukturen entdeckt, die auf ein repräsentatives Grabmonument deuten. An der altbekannten Römerstraße vom Kastell Urspring nach Heidenheim zeigen die Datenbilder Überreste einer aus Holz errichteten Siedlung. Möglicherweise handelt es sich um die 1225 in einer päpstlichen Urkunde genannte Siedlung Wolfgerswilar.
Magnetometermessungen in Waldhausen (Foto LBI ArchPro) |
Während Magnetometermessungen besonders geeignet sind, Gruben, Pfostenlöcher, Gräben, Feuerstellen und Eisenverhüttungsplätze nachzuweisen, ermöglichen Bodenradarmessungen dreidimensionale Kartierungen von Mauerresten und Bodeneingriffen. Durch hochpräzise Geländemodelle, die mittels Lasertechnologie von Flugzeugen aus erstellt werden, können archäologische Fundstellen auch in bewaldeten Gebieten geortet werden. Das Forschungsvorhaben widmet sich der Entwicklung zerstörungsfreier Technologien zur großflächigen Kartierung bedrohter Bodendenkmäler. Zum Einsatz kommen motorisierte Meßsysteme und satellitengestützte Positionierung in bisher unbekannter Auflösung und Genauigkeit. Da die Aussagekraft des Messbilder von ihrer Großflächigkeit abhängig ist, ist für ein Gelingen des Projektes die Abstimmung mit den Grundeigentümern von wesentlicher Bedeutung. Ihr Entgegenkommen und Interesse hat zum bisherigen Erfolg erheblich beigetragen.
Erstmals können nicht einzelne Fundstellen, sondern ganze Siedlungslandschaften archäologisch erfasst und detailliert kartiert werden. Damit ergeben sich neue Möglichkeiten zum Verständnis der komplexen Wechselbeziehungen zwischen dem Menschen und seiner Umwelt.
Kontakt:
Dr. Rainer Schreg
Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz
Telefon: +49-174-4995251
E-Mail: schreg@rgzm.de
Mag. Karolin Kastowsky
Ludwig Boltzmann Institute für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie
Telefon: +43-660 5527780
E-Mail: karolin.kastowsky@archpro.lbg.ac.at
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Die Meldung wurde aufgegriffen bei Archäologie online.
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