Dienstag, 28. Oktober 2025

Protest gegen die Streichung der Studiengänge Konservierung, Restaurierung und Grabungstechnik an der HTW Berlin

An der HTW Berlin sollen ab dem Wintersemester 2026/27 die Bachelor- und Masterprogramme im Bereich Konservierung, Restaurierung und Grabungstechnik gestrichen werden. Mangels Alternativen könnte die Einstellung dieser Studiengänge dramatische Folgen für die Forschungs- und Kulturlandschaft in Deutschland haben.

In einem offenen Brief, der an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege sowie die akademischen Gremien der HTW gerichtet ist, machen die Unterzeichner auf die einzigartige Stellung der HTW Berlin aufmerksam. Seit 1992 bildet die Hochschule mit grundlegenden Spezialisierungen exzellente Restaurator*innen und Grabungstechniker*innen und Restaurator*innen aus, die für die Arbeit in Grabungsfirmen, Denkmalämtern, staatlichen und kommunalen Museen, Archiven und weiteren Institutionen unerlässlich sind. Der Verlust dieser Ausbildungsangebote würde die Fachkompetenz im Bereich des Kulturerbes gefährden und eine Lücke in der praktischen und wissenschaftlichen Arbeit hinterlassen.

Der offene Brief fordert nachdrücklich:
  1. Erhalt der Studiengänge: Die Angebote im Bereich Konservierung und Restaurierung / Grabungstechnik sowie Angewandte Landschafts- und Feldarchäologie müssen dauerhaft erhalten bleiben.
  2. Transparente Diskussion: Statt stiller Abwicklung sollte ein demokratischer Diskurs über die Zukunft der Studiengänge stattfinden.
  3. Bundesweite Verantwortung: Die Bedeutung der HTW Berlin als zentrale Ausbildungsstätte muss erhalten werden.
  4. Kulturerhalt als staatliche Aufgabe: Der Schutz und die Pflege des kulturellen Erbes ist ein verfassungsrechtlich verankertes Staatsziel, das ernst genommen werden muss.


Streichung zur Unzeit

Der Wegfall dieser Studiengänge kommt zur Unzeit, ist doch inzwischen auch in der Archäologie ein Fachkräftemangel zu konstatieren. Das betrifft insbesondere die Grabungsfirmen, aber auch die Denkmalämter, die kaum noch befähigte Grabungsleiter*innen finden.

Erst jüngst forderte die Leopoldina die Praxisanteile in den archäologischen Studiengängen auszubauen und verwies dabei auch auf diesen Engpass.

In den bestehenden BA/MA-Studiengängen der Archäologie ist das schlechterdings nicht möglich, da keinesfalls die wissenschaftlichen Grundlagen unter die Räder kommen dürfen und in der heute verkürzten Studienzeit immer mehr Inhalte untergrebracht werden müssen, die kaum priorisiert werden können. Die Studiengänge der archäologischen Wissenschaften bilden nicht für ein spezifisches Berufsfeld Archäologe/Archäologin aus, denn dieses existiert in dieser Einheitlichkeit nicht, sondern  umfasst hoch spezialisierte Tätigkeiten in der Denkmalpflege und in Grabungsgeschäft auch solche in Museen, Kultureinrichtungen und Wissenschaftskommunikation. 

Auch früher war diese berufspezifische Ausbildung nicht Teil des Studiums, sondern wurde studienbegleitend durch Ferienjobs oder nach dem Magisterabschluß erworben. Heute achtet man sehr viel mehr auf die Studiendauer und verlangt von dem zunehmend verschulten System der Universitäten eine berufspraktische Ausbildung.

Tatsächlich sind die Studienabsolventen heute  drei bis vier Jahre jünger als früher. Vielfach wurde die Gymnasialzeit verkürzt, vor allem aber wurde der Bachelor-Abschluß zum vermeintlich berufsqualifizierenden Abschluß. Gegenüber dem alten Magsiter mit seiner weniger strengen Studienzeitbegrenzung hat sich die Studienzeit um zwei bis drei Jahre verkürzt. 

Trotz aller Bedeutung der praktischen Ausgrabungsarbeit wird ein Universitätsstudium im Kern wissenschaftliches Stuidum bleiben müssen, denn ohne wissenschaftlichen Anspruch ist die ganze kommerzialisierte Grabungspraxis gesellschaftlich nicht zu rechtfertigen.

Bislang war die Ausbildung zum Grabungstechniker immer zweisträngig. Einerseits war er Ausbildungsberuf, andererseits war er über ein archäologisches Studium mit ergänzenden Berufserfahrungen erreichbar - wie etwa solchen Studiengängen, wie sie berlin nun streichen möchte. 

Anstelle einer Streichung wäre eine bessere Bewerbung und Koordination der Studiengänge in Deutschland notwendig. Da infolge der Kommerzialisierung der Archäologie die meisten Landesämter kaum noch selbst Grabungen durchführen, sind auch dort die Ausbildungsmöglichkeiten für Grabungstechniker*innen weggefallen. Auch für die archäologische Restaurierung ist zu vermerken, dass hier infolge von Umstrukturierungen die Ausbildungsmöglichkeiten am Römisch-Germanischen Zentralmuseum (jetzt LEIZA) drastisch reduziert worden sind.

Die Berliner Studiengänge haben daher eine zentrale Bedeutung für die bundesdeutsche Archäologie. Um schweren Schaden von der deutschen Archäologie abzuwenden, ist es notwendig, dass die Berliner Entscheidung revidiert wird und stattdessen ein Zukunftskonzept erarbeitet wird - das allerdings auch mit den Ämtern der Denkmalpflege, Grabungsfirmen und anderen Studiengängen abgestimmt werden sollte.

Protest

Die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF)  sowie der Verband der Restauratoren (VDR). wie weitere Fachverbände, Institutionen und Unternehmen wenden sich mit einem eindringlichen Appell an die Öffentlichkeit, um gegen die drohende Streichung der  an der HTW Berlin zu protestieren.  Ihre Proteste stehen online:

Der Entwurf des offenen Briefs zum Erhalt der Studiengänge Konservierung und Restaurierung / Grabungstechnik an der HTW Berlin, der von Studierenden und Lehrenden in Berlin formuliert wurde, kursiert leider aktuell nur per e-Mail, anstatt dass er einsehbar und direkt zeichenbar verlinkt wäre. Die Studierenden nehmen jedoch Zeichnungswünsche (mit vollem Namen und ggf. Angabe der Institution oder Firma) per e-mail entgegen.

Wenn Sie wollen, können Sie Ihre Stellungnahmen auch direkt an die Hochschulleitung (Präsidium und Dekanat), den Berliner Senat (Bürgermeister Kai Wenger und Abteilungsleitung V Hochschulen) sowie das Kulturstaatsministerium richten. 

 

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