Mittwoch, 31. Juli 2024

Dank an Rio Tinto für die Zerstörung einer einzigartigen archäologischen Quelle

Ein aktueller Artikel in Quarternary Science Review (Slack u.a. 2024) wertet archäologische und paläoökologische Untersuchungen am Juukan 2 Rockshelter in Australien detailliert aus und liefert neue Informationen über die frühere Besiedlung des Pilbara-Hochlands im Nordwesten Australiens. Ausgangspunkt sind Testsondagen, die 2014 zur Erkundung des Tagebauareals vorgenommen wurden. Die Auswertung von Steinartefakten, Faunen, Pollen, alter DNA und Datierungen mittels  14C, optisch stimulierter Lumineszenz und einer Bayes'scher chronologischer Modellierung, zeigt, dass die Aborigines das westliche Hamersley Plateau bereits vor 47.000 Jahren (47 ka) besiedelten. Damit bestätigem sich frühere Vermutungen eines solch hohen Alters (Morse u.a. 2014).
Das Abri Jukaan 2 ist damit eine der ältesten und aussagekräftgsten Fundstellen zur Vorgeschichte Australiens. Zusammen mit der Höhle Juukan 1 ist Juukan 2 die einzige bekannte archäologische Stätte in Australien,  die eine Siedlungskontinuität im australischen Binnenland während der letzten Eiszeit zeigt.
Auch für jüngere Perioden sind in Juukan 2  einzigartige Funderhaltungen zu verzeichnen. Anhand von etwa 3500 Jahre alten geflochtenen menschlichen Haaren können genetische Verbindungen zwischen den früheren Bewohnern der Abris und heutigen Populationen gezeigt werden.

Dank an Rio Tinto für die Zerstörung einer einzigartigen archäologischen Quelle

Juukan 2 ist also eine Fundstelle von höchster Bedeutung und eine Schlüsselquelle für eine wichtige Phase der Menschheitsgeschichte. - wäre eine wichtige Quelle gewesen, wenn der Bergbaukonzern Rio Tinto sie nicht 2020 komplett in die Luft gesprengt.
 
Grabungen im Abri Jukaan 2 im Jahre 2014
(Foto: Scarp Archaeology and PKKP Aboriginal Corporation CCBY 4.0 aus Slack u.a. 2024)

 
Immerhin ist die neue wissenschaftliche Publikation - die die Sprengung nur in einem Postscript thematisiert, sondern sich im Gegenteil bei Rio Tinto für die Hilfe bedankt - Anlass, dass die Sprengung nochmals eine gewisse Medienresonanz gefunden hat.

"We would like to thank Rio Tinto Iron Ore for facilitating the project and for support in the field,"

 ...

"Postscript: Juukan 2 rockshelter was destroyed on the first Sunday of NAIDOC week (May 21, 2020) by RIO Tinto as part of its development of the Brockman 4 Iron Ore Mine under permits issued by the Western Australian Government.2


Konsequenzen?

Welche Konsequenzen wurden gezogen?

Es gab einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, eine Gesetzesänderung (die unter Lobby-Druck inzwischen wieder zurück gezogen wurde) und eine Stiftung "Juukan Gorge Legacy Foundation" gegründet.

Der entlassene CEO wurde mit fast 19 Mio $ entschädigt.

Ach ja:Rio Tinto betreibt greenwashing.  

Dazu hat das Unternehmen mehrere Berichte vorgelegt.

Auffallend ist, dass sich die Diskussion um das Cultural Heritage auf die Rechte der Indigenen konzentriert, aber der Wissensverlust und die Heritage Sites als Erkenntnisquelle so gut wie keine Rolle spielen. Das Konzept der Rettungsgrabung - so problematisch das ist - wird erst gar nicht erwähnt - nicht einmal "archeology" wird in irgendeiner Form in den Berichten erwähnt - mit der Ausnahme eines Projektes in den USA, wo Rio Tinto in Arizona mit dem Tonto National Forest Service und sieben First-Nation-Gemeinschaften Einheimische in archäologischen Survey-Techniken ausgebildet hat (report 2022).  Anzumerken ist, dass in Juukan nicht die Unkenntnis der archäologischen Stätte das Problem war. Die Grabungen 2014 wurden als Voruntersuchung von Rio Tinto finanziert - deshalb der Dank der Quarternary Science Review-Autor*innen  - , doch dem Unternehmen waren die Ergebnisse einfach egal. Die durch den neuen Artikel abgesicherten Ergebnisse zur datierung hatte bereits der Vorbericht Morse u.a. 2014, sechs Jahre vor der Sprengung angedeutet. Sechs Jahre, die man wenigstens für Notgrabungen hätte nutzen können. Zeitverzögerung und Kosten werden um jeden Preis vermieden und mittels einer Beschwichtigungsstrategie verhindert, dass das Thema zu große öffentliche Aufmerksamkeit findet.

 Links

Rio Tinto zur Frage des Cultural heritage

Literatur

  • Morse u. a. 2014; K. Morse/R. Cameron/W. Reynen, A tale of three caves. New dates for Pleistocene occupation in the inland Pilbara. Australian Archaeology 79, 1, 2014, 167–178. - https://doi.org/10.1080/03122417.2014.11682033 
  • Slack u.a. 2024: Michael J. Slack, W. Boone Law, Adelle C.F. Coster, Kane Ditchfield, Judith Field, Jillian Garvey, Luke A. Gliganic, Patrick Moss, Jarrad W. Paul, Wendy Reynen, Ingrid Ward, Sally Wasef,  A 47,000 year archaeological and palaeoenvironmental record from Juukan 2 rockshelter on the western Hamersley Plateau of the Pilbara region, Western Australia, Quaternary Science Reviews,338, 2024, Nr. 108823, - https://doi.org/10.1016/j.quascirev.2024.108823.

 Interner Link

 

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