Donnerstag, 30. November 2023

"Geheimweg" und "Sensationsfund" - Grabungskommunikation auf Abwegen

Ein Bohlenweg in dem heute zur Stadt Fürth gehörendem Dorf Burgfarnbach ist ein wichtiger archäologischer Fund, weil er - von lokalgeschichtlichen Aspekten einmal abgesehen - zeigt, wie der Alltag in vorindustrieller Zeit ausgesehen hat, wie früher Transport funktioniert hat. Ein "Sensationsfund" ist das nicht, denn der Befund einer Straße an der Stelle einer Straße ist nicht überraschend. Das wird dem Leser aber nicht kommuniziert.

Das Geschwafel von "Geheimwegen" befeuert das Klischee, Archäologie beschäftige sich mit Mystery. Zudem fokussiert der Artikel so sehr auf Funde, dass es schon gefährlich wird. Gefunden wurden "einige Gegenstände", "mehrere Hufeisen und eine ganze Menge an Metallobjekten", die so "angegriffen und zerfressen" sind, dass sie nicht zu bestimmen sind. Immerhin gibt eine wertlose Silbermünze einen "tollen Hinweis" zur Datierung. Dafür ist die Dorfstraße gesperrt. 

Das ist kein Einzelfall. Vor Jahren wurde ebenfalls aus Franken ein Zeitungsartikel unter der Überschrift "Archäologen finden alten Nachttopf" publiziert, den ich leider weder gepostet noch abgespeichert habe. Hier wurden auch die Kosten der Grabung genannt, die nach dem Artikel einen dreckigen, kaputten Nachttopf zu Tage gebracht haben. Die naheliegende Schlussfolgerung des Lesers angesichts des Topffotos: Im Baumarkt ist der Topf billiger und obendrein noch sauber.

Welche Botschaft nimmt der Leser von solch einer Darstellung von Archäologie mit?
  • Unsinnige Spinnerei oder Spielerei
  • Geldverschwendung
Es sind übrigens nicht die Journalisten allein, die für so ein Kommunikationsdebakel verantwortlich sind. Sie brauchen Infos. Wenn Archäolog*innen selbst nur graben und Funde machen, aber keine rechtfertigende wissenschaftliche Fragestellung haben und diese auch kommunizieren können, dann gewinnen wir zwar jetzt einen interessanten Bohlenweg, schaffen aber ein Klima, das mittelfristig die öffentliche Bereitschaft für denkmalpflegerische Belange gefährdet. 
 
Hier muß dringend die Sinnhaftigkeit solch einer Ausgrabung - oder eben der ungewöhnliche Erhaltungszustand, der weitere Forschungen ermöglicht - kommuniziert werden - und die liegt eben nicht in den Funden, sondern in der Erkenntnis. Sensationalisierung und Medialisierung von Funden ist unter Umständen eher kontraproduktiv.

Da in der Verursacherfinanzierung keine Auswertung vorgesehen ist, bleiben die Funde am Ende vielfach auch ohne wissenschaftliche Inwertsetzung. Der Verursacher zahlt, aber außer einem nüchternen, öffentlich meist gar nicht zugänglichen Bericht kommt nichts dabei heraus, noch nicht einmal die Befriedigung, mit seinem Geld etwas für die Ortsgeschichte oder die Wissenschaft geleistet zu haben.

Prinzipiell müssen die Auswertungskosten im Verursacherprinzip berücksichtigt werden, weil das im Augenblick zwar teurer, langfristig aber nachhaltiger die Finanzierung archäologischer Denkmapflege sichert. Die Auswertung kann man übrigens nicht an die Universitäten abschieben. Dass die zentrale Arbeit der Auswertung dort kostenlos oder bestenfalls mit einem Stipendium erledigt werden soll, ist geradezu unethisch. Zudem sind in diesem System für die anspruchsvollste und entscheidende wissenschaftliche Arbeit logischerweise immer die unerfahrensten Kolleg*innen verantwortlich. Davon abgesehen stehen Tausenden von Maßnahmen nur wenige Absolventen gegenüber, die bereit sind, eine Auswertung zu übernehmen.



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