Donnerstag, 20. September 2018

Archäonik - hä, was ist denn das?

Zugegebenermaßen haben wir den Begriff selbst erfunden...
Ein neu erschienener Artikel erklärt das aber genauer:
Es geht um die konkrete Anwendung archäologischer Erkenntnisse für die Entwicklung von Zukunftsstrategien. Wer schon länger Archaeologik liest, erinnert sich vielleicht an eine Serie von Blogposts:
Schon zuvor hatte ich mit Markus Dotterweich am Beispiel der Terra Preta do Indios überlegt, wie solch ein Lernen aus der Vergangenheit praktisch aussehen könnte und wie man dies in eine Forschungsstrategie umsetzen könnte. Wir konnten das damals nicht angemessen publizieren, aber Tagungsbeiträge und nicht zuletzt die Blogposts hier haben Kollegen auf den Plan gerufen und uns eingeladen - unter anderem zu einem Beitrag für die Zeitschrift Quaternary International. Dort ist der Artikel jetzt nach einem peer review erschienen.
Leider ist die Zeitschrift nicht im OpenAccess und darüber hinaus auch noch beim Verlag Elsevier, der derzeit die Speerspitze der Verlagslobby gegen vernünftig zugängliche Wissenschaftspublikationen darstellt. Viele Bibliotheken, darunter auch die Universität Bamberg boykottieren den Verlag daher mit guten Gründen (HRK-Erklärung). 

Der Artikel ist angelegt als ein "review paper", das das Potential  (geo)archäologischer Daten zu vergangenen Humanökosystemen im Hinblick auf deren Beitrag zur Entwicklung nachhaltiger Land- und Bodennutzungsstrategien untersucht. Die Betrachtung von Landnutzungssystemen der Vergangenheit erweitert unser Verständnis der langfristigen Prozesse und Jahrtausendereignisse, die letztlich darüber entscheiden, ob Systeme nachhaltig und langfristig sind, oder schnell kollabieren - eine Frage auch der Resilienz.  Beispielhaft konzentriert sich der Artikel auf die anthropogenen Schwarzerdeböden (Anthropogenic Dark Earths, ADE). Diese außerordentlich fruchtbaren Böden kennt man aus verschiedenen Weltregionen, vor allem aber aus dem Amazonas-Gebiet. Sie entstanden unbewusst durch Abfallakumulation als Kulturschichten oder wurden bewusst geschaffen. 
Wir plädieren dafür, Landnutzungen der Vergangenheit in einem inter- bzw. transdisziplinären Forschungsdesign zu untersuchen und problemorientiert zu untersuchen, welche Möglichkeiten diese heute bieten. Der Ansatz der Archäonik basiert auf einer Ökosystem-Perspektive. Da die (geo)archäologischen Daten  zu vergangenen Landnutzungssystemen immer lückenhaft sind, spielen Analogien, Modellierungen und Experimente eine wichtige Rolle für die Beurteilung der Nachhaltigkeit. Für qualitätvolle Ergebnisse müssen wir möglichst nahe an die vergangene Realität kommen und diese verstehen, sie ist aber letztlich nicht Ziel der Forschungen. Diese liegen in Gegenwart und Zukunft.

3 Kommentare:

Axel Tiller hat gesagt…

Wieso veröffentlichten Sie denn den Fachartikel in einer Zeitschrift, die Closed Access ist und wo der Verlag, wie Sie selbst einräumen, einer der ist, den man aus guten Gründen boykottiert? Ging es Ihnen um den Impact Factor? Ich meine das als echte Frage, nicht sarakstisch.


Viele Grüße
Axel Tiller

Rainer Schreg hat gesagt…

Das ist in der Tat nicht meine bevorzugte Publikationsplattform. Da auch meine Uni den Verlag boykottiert, komme ich noch nicht mal selbst an meine Publikation ran.
Der Artikel kam auf Einladung des Sonderheft-Herausgebers zustande. Ich war mir bei der Zusage nicht bewusst, welcher Verlag dahinter steht. Bei uns im Fach ist der Impact Factor Gott sei Dank noch nicht so wichtig.
Immerhin, der Artikel kam zustande, weil Vorarbeiten hier OA auf Archaeologik vorlagen.

Ulrike Krenz hat gesagt…

total schade, die Thematik ist sehr interessant. ich schaue mal ob meine Hochschulbibliothek das Sonderheft vorrätig hat ;).