Mittwoch, 22. Juli 2015

Keramik aus Südwestdeutschland - laufende Neubearbeitung mit Studierenden aus Tübingen und Heidelberg

Für die Bestimmung der zahlreichen Funde der Sammlung A. Kley hatte ich zu Beginn meines Studiums, 1992, systematisch Typentafeln und Beschreibungen zur Keramik aus Südwestdeutschland zusammengestellt. Eigentlich war das eine Arbeit, die man nicht von einem Anfänger erwarten würde, sondern die eigentlich eine Aufgabe für erfahrene Keramikbearbeiter sein sollte. Ich hatte ein brauchbares Nachschlagewerk aber dringend vermisst und so ganz unbedarft mir die Unterlagen eben selbst zusammen gestellt. Da anschließend eine große Nachfrage nach den Unterlagen bestand, regte Barabara Scholkmann an, das Ganze doch als Buch zu publizieren. Die erste Auflage ist 1998 erschienen. Bei den nachfolgend notwendig gewordenen Neuauflagen handelte es sich weitgehend um unveränderte Nachdrucke, denn eine seit langem wünschenswerte Überbearbeitung scheiterte an der Zeitfrage.

Rainer Schreg

Keramik aus Südwestdeutschland. Eine Hilfe zur Beschreibung, Bestimmung und Datierung archäologischer Funde vom Neolithikum bis zur Neuzeit.
Lehr- und Arbeitsmaterialien zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit

4. Aufl.
Tübingen: Verlag des Vereins für Archäologie des Mittelalters Schloß Hohentübingen 2012

ISBN 978-3-9806533-0-5
27,50 €
(Bezug über den Verein für Archäologie des Mittelalters Schloss Hohentübingen)


Nach wie vor ist der Band sehr gefragt und er wird in Lehrveranstaltungen an zahlreichen Universitäten eingesetzt - selbst in Leipzig oder  Hamburg. Schon lange möchte ich eine Neubearbeitung des Werkes angehen. Einerseits habe ich selbst inzwischen aus einigen Keramikbearbeitungen einen weiteren Erfahungshorizont und sehe einige Verbesserungsmöglichkeiten; andererseits hat auch die Forschung seit den 1990er Jahren einige neue Erkenntnisse gewonnen.

Übung zur Keramikbestimmung,
Tübingen Wintersemester 2014/15
(Foto R. Schreg)
Im Wintersemester 2014/15 wurde mit einer Übung am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen eine Neubearbeitung in Angriff genommen. Wir haben dabei bei den jüngsten Kapiteln zur Neuzeit sowie zum Hoch- und Spätmittelalter begonnen. Die Darstellung der neuzeitlichen Keramik war im alten Band sehr knapp ausgefallen - und gerade hier gibt es mit der inzwischen deutlich gewordenen Etablierung auch einer Archäologie der Neuzeit einigen Kenntniszuwachs. Einige inzwischen  neu definierte Warenarten wurden beschrieben und die Darstellung der wichtigen Ofenkeramik ausgebaut.

Im aktuellen Sommersemester 2015 wird die Überarbeitung mit einem Seminar am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie der Universität Heidelberg fortgesetzt. Standen in Tübingen die Kapitel vom Hochmittelalter bis zur Neuzeit im Mittelpunkt, so liegt der Schwerpunkt in der Heidelberger Lehrveranstaltung auf Völkerwanderungszeit und Frühmittelalter.

Damit wird die Neubearbeitung noch nicht abgeschlossen sein, da auch nach den Lehrveranstaltungen noch einige Warenarten unbearbeitet sind. Zudem ist für die Neubearbeitung auch ein Fundstellenregest vorgesehen, das dazu beitragen soll, leichter Vergleichsfunde aufzufinden, aber auch die Grundlagen der Keramikchronologie offen zu legen. Dabei soll an den Landesgrenzen von Baden-Württemberg nicht Halt gemacht werden. Fundstellen der angrenzenden Landschaften im Elsaß, der Nordschweiz und Bayern sollen berücksichtigt werden. Insbesondere sollen aber Südhessen und große Teile von Rheinland-Pfalz integriert werden, wo der Forschungsstand zur mittelalterlichen Keramik bislang keine Zusammenfassung erfahren hat.
Zudem müssen auch die Abbildungen überarbeitet und um weiteres Bildmaterial, insbesondere Fotos der Funde ergänzt werden. Vielleicht lässt sich das in einer weiteren Lehrveranstaltung im nächsten Jahr realisieren.

Keramikübung mit Lesefunden einer Wüstung
Heidelberg, Sommersemester 2015
(Foto R. Schreg)
Für die Studierenden gibt die Arbeit Gelegenheit, allgemeine Kenntnisse zur Beschreibung und Bearbeitung von Keramikfunden, aber auch konkret zur mittelalterlichen Keramik aus Südwestdeutschland  zu gewinnen. Bewusst richten sich die Übungen deshalb auch an 'Jungsemester', die noch gar keine - oder eher wenige - Vorkenntnisse zu Keramikfunden mitbringen. Insbesondere ihr Feedback ist auch eine große Hilfe, klärungsbedürftige Fachausdrücke zu identifizieren und Erklärungen und Beschreibungen verständlich zu formulieren.

In Tübingen kann dabei auf eine Vergleichssammlung zurück gegriffen werden, die zwar bei weitem nicht alle Warenarten abdeckt, aber doch ein Grundlage bietet, um Herstellungsmerkmale kennen zu lernen:
In Heidelberg konnten wir dankenwerterweise auf die Fundbestände einer mittelalterlichen Wüstung aus dem hessischen Ried zurückgreifen, die B. Schroeder als Ehrenamtliche der HessenArchäologie betreut.

In welcher Form die auf die Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit konzentrierte Neubearbeitung publiziert werden wird (und wann [also bitte nicht drängeln!]), steht noch nicht fest. Als Nachschlagewerk, das vor allem auch bei der Arbeit mit dreckigen Funden und in staubigen Magazinen genutzt werden wird, soll auf die Option einer Papierversion jedenfalls nicht verzichtet werden.  


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