Samstag, 29. März 2014

National Geographic Nazi War Diggers - Leichenfledderei im Dienst des Kommerz

National Geographic hat nichts kapiert!
Oder schlimmer: Es zerstört bewusst Geschichte für sein Marketing.
Erneut fördert es die Zerstörung von Bodendenkmälern und diesmal sogar gezielt die Leichenfledderung, indem es Raubgrabungen als Abenteuer heroisiert.
Gegen eine ähnliche Fernsehsendung, die Schatzgräber auf archäologische Fundstellen in den USA geschickt hatte, hat die Society of American Archaeologists wirkungsvoll Protest eingelegt. NG und SAA haben gemeinsam eine Tagung abgehalten, die die Problematik klar dargestellt hat.
Jetzt weicht NG aus den USA nach Osteuropa aus und plündert Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs - speziell genannt wird Litauen, betroffen ist aber wohl auch Polen.

Das krude Vorgehen bei der 'Bergung' von Gräbern zeigt das Video 'Human Bone Removal'. Es ist alles andere als eine professionelle, pietätsvolle oder verantwortungsbewusste Bergung.
Craig Gottlieb, einer der Nazi War Diggers ist ein berüchtigter Händler von Militaria und 'NS-Memorabilien' (siehe englische wikipedia [Version 27.3.2014]: Google führt im Internet gleich zu mehreren Plattformen ('History Hunter', Craig Gottlieb Military Auctions, Craig Gottlieb Militaria) auf denen Funde vertickt werden. NG behauptet, die drei "war diggers" befänden sich im Wettlauf gegen die Zeit, um die Geschichte vor Plünderung und Verlust zu retten. Tatsächlich sind sie offenbar selbst die Plünderer.

Die französische Gruppe HAPPAH weist auf die Rolle der Metalldetektor-Anbieter an, die mit solchen Sendungen ihre eigenen kommerziellen Interessen verfolgen:

Reaktionen
NG sieht sich einer Front der Kritik ausgesetzt. Bislang reagieren v.a. britische Archäologen, da drei der Protagonisten Briten sind. Deutsche Reaktionen sind mir bisher nicht bekannt.
Erste Reaktionen von NG bestehen darin, dass das teaser-Video entfernt wurde. Außerdem wurden einige aufschlußreiche Zitate - Tipps zum Verkauf von Funden beispielsweise - gelöscht. Ein Zitat von Craig Gottlieb wurde geändert: Anstatt “I feel that by selling things that are Nazi related and for lots of money, I’m preserving a part of history that museums don’t want to bother with” heißt es nun: "I'm an historian and a military officer. Where other people see fields and trees, I see a battlefield I see fighting positions. I see fields of fire." (natgeotv)

    Eine Liste kritischer Fragen an NG:

    Das Problem der  Schatzsucher-Serien nimmt überhand - in den USA läuft seit September 2013 wieder eine längerfristige Petition dagegen:
     Weitere Links
    Interne Links

    Nachtrag (29.3.)
    Nachtrag (30.3.)
    NG  behauptet, alles richtig gemacht zu haben. Die Beschreibung der Serie wurde geändert und mit Referenzen versehen. Alles sei 'misinformation' und dem ursprünglichen Video hätte der methodologische Kontext gefehlt (Was aber nicht erklärt, warum in dem Video so unprofessionell und respektlos agiert wurde).
    Nachtrag (1.4.)
    Die Sendung scheint abgesetzt: http://conflictantiquities.wordpress.com/2014/04/01/nazi-war-diggers-error-404-page-not-found/
    NG Deutschland schickt mir die Stellungnahme von NG, die mit der Website der Serie jetzt wohl auch aus dem Netz verschwunden ist. Die kritischen Punkte nach den Geschäftsinteressen und Schmuggelaktivitäten der Diggers spielten darin keine Rolle.

      3 Kommentare:

      Anonym hat gesagt…

      Somehow, it gets even worse (or, at least, even more ridiculous): http://conflictantiquities.wordpress.com/2014/03/29/national-geographic-clearstory-nazi-war-diggers-latvia-craig-gottlieb-looting/

      Natascha hat gesagt…

      National Geographic hat wegen anhaltender Kritik die Ausstrahlung der Sendung abgesagt. http://artsbeat.blogs.nytimes.com/2014/03/31/national-geographic-channel-pulls-nazi-war-diggers-series/?_php=true&_type=blogs&ref=arts&_r=0

      Rainer Schreg hat gesagt…

      aufgegriffen bei: http://www.nornirsaett.de/leichenfledderei-als-fernsehunterhaltung-national-geographic-nazi-war-diggers/