Nach der Reform des Klosters Blaubeuren 1452 ließ Abt Ulrich Kundig 1457 und mit Nachträgen in den folgenden Jahren die Güter und Ansprüche des Klosters neu verzeichnen. Das Lagerbuch liegt heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart (H102/12, Bd. 1) und wurde 2005 gedruckt herausgegeben (Lagerbuch 1457).
Für die Siedlungsgeschichte des Spätmittelalters auf der Schwäbischen Alb, insbesondere in der Region um Blaubeuren stellt es eine wichtige Quelle dar. Es gibt Einblicke in die Besitzstrukturen der Blaubeurer Grundherrschaft, informiert über die Ausstattung einzelner Höfe und gibt zudem zahlreiche Hinweise auf abgegangene Siedlungen.
Die verzeichneten Orte geben nicht den vollständigen Klosterbesitz wieder, sondern beschränken sich im Wesentlichen auf die Alb nördlich des Klosters. Andere Besitzungen, wie sie etwa in der Klosterchronik des Christian Tubingius aufgeführt werden, fehlen im Lagerbuch von 1457. Dieses war auch nicht das erste seiner Art und hatte auch verschiedene Nachfolger. Die älteren sind nicht erhalten, die jüngeren nicht ediert, so dass eine Momentaufnahme Mitte des 15. Jahrhunderts vorliegt, also nach der postulierten Hauptphase des Wüstungsgeschehens, die im wesentlichen mit dem 14. Jahrhundert in Verbindung gebracht wird.
Ort für Ort werden die Besitztümer aufgeführt, die Äcker in der Regel nach den Zelgen ("Esche") der regulierten Dreifelderwirtschaft getrennt. Flurnamen bieten grobe Lageangaben der betreffenden Flächen, oft auch die Angabe der Nachbarn.
Die Auflistung ergibt zahlreiche Hinweise auf abgegangene Siedlungsstellen. Alle Orte jedoch, nach denen das Lagerbuch gegliedert ist, sind auch heute noch existent. Die Hinweise auf Wüstungen finden sich in den Besitzbeschreibungen. Bisweilen liegen eindeutige Ortsnamen vor. Hinzu kommen einige Flurnamen, bei denen nicht deutlich wird, ob sie auf eine Siedlung zurückgehen. Mehrheitlich sind die sicheren Wüstungsbezeichnungen mit einer Landnutzung als Mähder verbunden und sie liegen außerhalb der Zelgeinteilung, so dass daraus ein sekundäres Kriterium für eine Wüstung zu gewinnen ist. Ein weiteres Indiz für Wüstungen können Unregelmäßigkeiten in der Zelgeinteilung der Dorfflur sein. Im Falle von Berghülen ist vom Oberwyler Esch die Rede. Hier scheinen auch Flächen der Wüstung Oberweiler in der Zelg aufgegangen zu sein.
Die Lokalisierung der Wüstungen kann oft nur ungenau erfolgen. Meist ermöglichen noch heute gebräuchliche und in den topographischen Karten verzeichnete Flurnamen eine grobe Lokalisierung.
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Orte im Blaubeurer Lagerbuch: weiß - Wüstungen, rot - bestehende Ortschaften
(Kartengrundlage aufgrund SRTM-Daten) |
Archäologische Wüstungsbelege
Archäologisch sind bislang die wenigsten der Wüstungen bekannt. Am besten ist die Situation im Umland von Treffensbuch, wo Helmut Mollenkopf als Ehrenamtlicher der Bodendenkmalpflege die Arbeiten während der Flurbereinigung beobachtet hat und langjährig Feldbegehungen durchgeführt hat. Hinzu kommen einzelne ältere Fundnotizen. Moderne Forschungen fehlen.
Die Wüstungen
Im folgenden seien die Wüstungen grob von Süden nach Norden vorgestellt.