Montag, 22. Juni 2015

Offene Fragen bleiben - Zur Rückgabe einer antiken Statuette an Ägypten


Beitrag von Jutta Zerres
 
Am 14. Juni 2015 meldeten ägyptische Online-Zeitungen, dass das Antikenministerium den Verkauf einer Elfenbein-Statuette aus der Spätzeit des pharaonischen Ägypten (664 bis 332 v. Chr.). durch ein deutsches Auktionshaus verhindert habe. Die fragmentierte Figur ist ca. 5 cm hoch und zeigt einen Mann, der eine Gazelle auf seinen Schultern trägt. 

Auf den ersten Blick scheint es sich um eine ganz normale Restitution zu handeln, wie sie öfter in der Presse vermeldet werden (Archaeologik hat in der Vergangenheit immer wieder darüber berichtet). Die Sache bekommt aber eine besondere Brisanz, wenn man weiß, dass das Stück 2013 zusammen mit einer Reihe von anderen Antiken aus einem Fundmagazin auf Elephantine gestohlen worden war. Es stammt aus einer Grabung, die Schweizer Archäologen 2008 beim Chnum-Tempel auf der Nilinsel durchgeführt hatten. Das Antikenministerium besaß ein Verzeichnis der entwendeten Objekte und konnte damit die rechtmäßige Eigentümerschaft der Republik Ägypten belegen, als das Stück nun vor kurzem auf der Homepage eines Oberhausener Auktionshauses auftauchte. Die „Cairo Post“ berichtet, dass die Behörde Interpol beauftragt habe, nach der Herkunft des Stückes zu forschen und die Polizei gelangte dabei schnell zu dem besagten Fundmagazin in Assuan.

Blick von der Nilinsel Elephantine nach Süden (Januar 2013)
(Foto: J. Zerres)



Das Auktionshaus gab hingegen auf seiner Homepage als Provenienz eine deutsche Privatsammlung aus den sechziger und siebziger Jahren an. Vorher habe es sich in einer amerikanischen Sammlung aus den dreißiger Jahren befunden und sei möglicherweise um 1900 in Ägypten ausgegraben worden.
Paul Barford, der in seinem Blogbeitrag ein Screenshot von dem Angebot der Statuette auf der Website der Gallerie veröffentlicht, wirft dem Händler Nachlässigkeit bei der Recherche nach der Provenienz vor. Man habe bemerken müssen, dass ein Objekt, dass erst seit 2013 auf dem Markt ist, nur aus einer illegalen Quelle stammen könne. Das Auktionshaus garantiere schließlich, dass bei jedem Stück der Nachweis legaler Herkunft vorläge (s. Linkliste).

„Selkets Blog“ lässt den Geschäftsführer der Gallerie zu Wort kommen. Er bedauerte den Fall, schob aber den schwarzen Peter an das Antikenministerium zurück. Es sei für Händler kaum möglich den Nachweis zu erbringen, ob ein Stück unrechtmäßig verkauft würde oder gefälschte Herkunftsnachweise besäße, denn die ägyptische Behörde würde gestohlene Objekte nicht veröffentlichen. Auch im Lost-Art-Register (Art-Loss-Register) seien solche Stücke nicht zu finden. So könne der Antikenhandel nur auf die Angaben der Sammler oder Verkäufer zurückgreifen. In der heutigen Zeit sei es doch problemlos möglich, eine Datenbank gestohlener Objekte ins Internet zu stellen. Er kündigte die unverzügliche Rückgabe der Statuette an Ägypten an.

Im vorliegenden Fall war das gestohlene Objekt ausnahmsweise tatsächich einmal bekannt, wurde es doch aus einem Grabungshaus gestohlen. In all den Fällen, in denen die Raubgräber direkt die Fundstelle durchwühlen, gibt es aber gar keine Möglichkeit den Fund irgendwo zu registrieren. Die Forderung des Galleristen ist daher unsinnig und unseriös. 

Der Fall zeigt den Lug und Trug hinter Provenienzangaben alter Sammlungen, wie wenig der Kunsthandel seiner besonderen Sorgfaltspflicht einer Legalitätsprüfung nachkommt, und wie wenig Garantieerklärungen zur Legalität Wert sind.  Immerhin heißt es auf der Website der Oberhausener Gallerie:

"Alle durch uns verkaufte antike Ausgrabungsobjekte (Kunst der ägyptischen Antike) werden mit einer Expertise versendet. Diese beinhaltet alle relevanten Informationen und bestätigt das Alter des Kunstgegenstands. Es wird bestätigt das dieses Artefakt aus legalen Quellen stammt (Privatsammlungen, Kunstmarkt, Auktionen). "

Trotz dieser Erklärung: Bei dem Fall bleiben Fragen offen, die direkt in das bisher wenig bekannte Dunkelfeld im Bereich von Raubgrabungen und des illegalen Handels mit antiken Objekten führen: Wie kam die Statuette in das Oberhausener Auktionshaus und woher stammt die falsche Herkunftsangabe? Gibt es dazu schriftliche Dokumente oder handelt es sich um mündliche Angaben? Wie kann der Handel unter solch fraglichen Umständen irgendwelche Garantien bieten?

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