Mittwoch, 30. April 2025

100 Tage Don. Trump: US-Wissenschaft ist abgetaucht

 

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Nicht mal 100 Tage nach seinem Amtsantritt hat Don Trump die Welt systematisch mit Verunsicherung und Tabubrüchen überzogen. Wenig sicher Geglaubtes  hat noch Gültigkeit. Systematisch wird die Axt an Demokratie, sozialer Empathie und Wissenschaft zugunsten von Profit und Egoismus gelegt - und eine Opposition ist kaum erkennbar.

Die massiven Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit werden weitgehend hingenommen. Zwar zieht die Harvard University gegen die Finanzkürzungen vor Gericht, andere Universitäten sind aber gegenüber Trumps Forderungen eingeknickt und haben die Prinzipien der Wissenschaftlichkeit hintenangestellt.

Vordergründig geht es um die propalästinensischen Demonstrationen Studierender, tatsächlich verlangt die Trump-Regierung ein Mitbestimmungsrecht bei der Zulassung von Studierenden, bei der Berufung der Professoren und in der Auswahl der Forschungsthemen. Der Regierung unangenehme Themen sollen nicht mehr thematisiert werden. Dazu zählt auch eine seriösen Geschichtsforschung - der Begriff "cultural heritage" steht auf der Liste unerwünschter Themen und Worte, stört sie doch das konstruierte Eigenbild der MAGA-Bewegung.

Der Aufschrei jält sich auffallend in Grenzen. 1000 Demonstranten in Washington Anfang März unter dem Motto "Stand Up for Science" sind keineswegs viel, auch wenn es auch in anderen Städten Demos gab. Der March for Science im April 2017 hatte allein Washington 100.000 Teilnehmer. (lt. wikipedia) Damals war die Situation bei weitem nicht so ernst  Eine Initiative unter dem Label #DefendResearch hat am 15. Februar eine Erklärung veröffentlicht und sammelt international Unterstützer. Unter den 100 Institutionen sind nur wenige bemerkenswerte einflussreiche Gesellschaften. Nicht mal 5000 Unterschriften nach rund zwei Monaten sind ebenfalls keine beeindruckende Marke.

Dabei stehen die Chancen besser denn je, Protest zu organisieren und auszudrücken. Es gibt sogar wissenschaftliche Untersuchungen zum Wissenschaftsprotest, die immerhin auf Erfahrungen aus Trumo I aufbauen können (Fisher 2019).

Anscheinend geht das Kalkül der Verunsicherung und berechneten Unberechenbarkeit auf: Es herrscht bereits eine Atmosphäre der Verängstigung über die Sicherheit der eigenen Lebensmodelle und dubiose Deals erscheinen als die bessere Überlebensstrategie. Forscher an einer Universität arbeitet, sprach von einer in 30 Jahren Karriere "nie dagewesenen" Situation. Sein Arbeitgeber habe Angestellte angewiesen, sich mit öffentlicher Kritik an den Sparplänen zurückzuhalten - aus Furcht davor, die Bundesregierung könnte als Vergeltung Mittel kürzen. So zitiert der Stern (hier) einen US-Forscher, seine Universität habe aus Furcht vor einer Vergeltung mit weiteren Mittelkürzungen Angestellte angewiesen, sich mit öffentlicher Kritik an Trumps Sparplänen zurückzuhalten. Auch die Präsidentin der National Academy of Sciences Marcia McNutt spricht sich gegen starke Positionierungen aus (), denn diese hätten das große Risiko, dass sie andere, erfolgversprechendere Zugänge verhindere und langfristig zu schlimmeren Entscheidungen führe (hier). Angestellte der Environmental Protection Agency (EPA), die in der Mittagspause an einer Demonstration gegen die Mittelkürzungen teilgenommen hatten, erhielten per eMail die Information, dass ihre Gebäudezugangstransponder künftig getrackt würden (hier).

International - und eben auch in den deutschen Medien - findet das Thema ebenfalls wenig Aufmerksamkeit, da sich diese ganz dem Chaos widmet, das Trump mit seinen Zöllen und seiner Pro-Putin-Politik anrichtet. Es geht hier nicht mehr allein um die Freiheit der Wissenschaft, sondern angesichts der Methoden, die hier im Einsatz sind, geht es um Gleichschaltung und Unterbindung der Meinungsfreiheit und des Demonstrationsrechts.


Literatur

  • Fisher 2019: D. R. Fisher (Hrsg.), American resistance. From the Women's March to the blue wave (New York 2019).






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