Freitag, 31. Januar 2020

Frühere Kalt- und Warmperioden waren räumlch und zeitlich nicht konsistent - anders als der gegenwärtige Klimawandel

Neue Publikationen der historischen Klimaforschung tragen zur besseren Einschätzung des aktuellen Klimawandels bei.
  • S. St. George, The aberrant global synchrony of present-day warming. Nature 571, 2019, 483-484. < doi: 10.1038/d41586-019-02179-2 > - https://www.nature.com/articles/d41586-019-02179-2
  • R. Neukom/N. Steiger/J. J. Gómez-Navarro u. a., No evidence for globally coherent warm and cold periods over the preindustrial Common Era. Nature 571, 7766, 2019, 550–554. < doi 10.1038/s41586-019-1401-2 > 
  • R. Neukom/ L.A. Barboza/ M.P. Erb u.a., Consistent multidecadal variability in global temperature reconstructions and simulations over the Common Era. Nature Geoscience 12, 2019, 643–649 < doi:10.1038/s41561-019-0400-0 > 

Golbale Klimamodellierungen basierend auf einem inzwischen recht umfangreichen Datensatz unterschiedlicher Paläo-Klima-Proxies zeigen, dass die sog. Römische Warmzeit, die frühmittelalterliche Kältephase, das mittelalterliche Klimaoptimum sowie die Kleine Eiszeit keine global einheitlichen Klimaperioden darstellen. Die Extremtemperaturen - kalt wie warm - traten zeitlich und räumlich verschoben auf.
Das gängige Bild global gleichläufiger Klimaschwankungen bestätigt sich in den Daten nicht. Beispielsweise zeigt sich, dass die kälteste Phase des letzten Jahrtausends, die Kleine Eiszeit Kältemaxima während des 15. Jahrhunderts im mittleren und östlichen Pazifik hatte, im 17. Jahrhundert in Nordwest-Europa und südöstlichen Nordamerika und erst während der Mitte des 19. Jahrhunderts in den übrigen Gebieten.
Klimaschwankungen erfolgten im vorindustriellen Beobachtungszeitraum weder global noch gleichzeitig. 
Im Gegensatz dazu steht die wärmste Phase des letzten Jahrtausends im 20. Jahrhundert. 98% der Erde verzeichnet die Wärmemaxima in kürzester Zeit. Der anthropogene Klimawandel ist damit nicht nur durch die höchsten Temperaturwerte, sondern auch durch die globale räumliche Gleichläufigkeit der Klimaentwicklung ohne Parallele.

Gleichzeitige globale Klimaschwankungen gab es früher durchaus, aber die Effekte waren regional unterschiedlich. Im 19. Jahrhundert, in der Spätphase der kleinen Eiszeit kam es durch eine Reihe von Vulkanausbrüchen - der berühmteste ist der Tambora-Ausbruch von 1815 - zu kurzfristigen globalen Veränderungen, die jedoch regional sehr unterschiedlich wirkten. Neben kurzfristigen Effekten durch die Aschewolken, die zwei bis drei Jahre andauerten, gab es durch die Rolle der Ozeane als Wärmespeicher längerfristige Auswirkungen. In Afrika kam es zu zwei Jahrzehnten der Dürre, globale Monsumsysteme wurden abgeschwächt und die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete über dem Nordatlantik verlagerten sich südwärts. In Mitteleuropa kam es zu einer regenreichen Phase. Erst nach der Mitte des 19. Jahrhunderts begann die moderne Warmzeit. Durch die Überlagerung mit einer Serie von Vulkanausbrüchen ist die "vorindustrielle" Ausgangssituaton nicht klar zu definieren.

Überhaupt sind es im Spätmittelalter und der vorindustriellen Neuzeit (1300–1800) vor allem Vulkanausbrüche oder deren Ausbleiben, die den wesentlichen Klimafaktor darstellen. Treibhausgase hatten demgegenüber einen kleineren, aber dennoch fassbaren Effekt.
  • S. Brönnimann/J. Franke/S. U. Nussbaumer u. a., Last phase of the Little Ice Age forced by volcanic eruptions. Nature Geoscience 12, 2019, 650–656. < doi 10.1038/s41561-019-0402-y > 
    Die oben skizzierte Zusammenfassung der genannten Artikel scheint mir in verschiedener Hinsicht interessant: 
    Aktualistisch ist sie ein weiteres Argument gegen Leugner des Klimawandels, die mit Verweis auf frühere Warmphasen die Bedeutung des aktuellen Klimawandels in Abrede stellen.
    Historisch ergibt sich aus diesen Ergebnissen der Klimaforschung die Warnung, die in Europa definierten Kalt- und Warmperioden nicht zu verabsolutieren. Klimawandel ist keine historische Black Box, sondern es muss genau hinterfragt werden, wann, wie stark und wie er im Humanökosystem wirkt - und welchen Einfluss der Mensch jeweils hatte.

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