Zum 1.1.2014 haben wir ein neues Projekt gestartet! Thema ist eine Stadt am Übergang von Antike zu Mittelalter, über deren Umwelt- und Sozialgeschichte wir in den nächsten drei Jahren arbeiten werden.
Römisch – Germanisches Zentralmuseum Mainz etabliert internationales Forschungsprojekt ’Caričin Grad’
30.01.2014, Mainz
Das Römisch - Germanische Zentralmuseum Mainz (RGZM) beginnt 2014 ein langfristiges interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Untersuchung der frühbyzantinischen Stadt Caričin Grad im heutigen Südserbien.
Blick von der Akropolis über die Oberstadt von Caričin Grad 
(Foto: R. Schreg/RGZM, 2013)
Dieses wird in Kooperation mit dem Institut für Archäologie, Belgrad (IA) und der École française de Rome (EFR) durchgeführt. Beide Institutionen arbeiten bereits seit 1978 erfolgreich gemeinsam in Caričin Grad. Inhaltlich ist das Projekt an den ’WissenschaftsCampus Mainz: Byzanz zwischen Orient und Okzident’ angeschlossen. Das im Leibniz-Wettbewerb geförderte Projekt schafft der Forschung des RGZM wertvolle wissenschaftliche Kontakte in Belgrad, aber auch in Italien und Frankreich. Die Projektleitung für das RGZM übernimmt Dr. Rainer Schreg.
Zeiten des kulturellen Umbruchs bedeuten Veränderungen mit häufig unumkehrbaren Auswirkungen für die betroffenen Gesellschaften, die dabei mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert werden. Den Umgang mit entsprechenden Auswirkungen zu analysieren ist ein zunehmend wichtiges Thema in der Archäologie. Hierfür ist Caričin Grad ein besonderes Beispiel. Die Geschichte und Erhaltung der Fundstelle bieten ideale Bedingungen, um eine Siedlung in der Übergangsphase von der Spätantike zum Frühmittelalter zu untersuchen.
Die in Südserbien gelegene byzantinische Ruinenstadt ist vermutlich identisch mit ’Iustiniana Prima’, der schriftlich belegten Neugründung Kaiser Justinians. Wird Caričin Grad zurecht mit ’Iustiniana Prima’ identifiziert, so stellte es als Erzbistum das administrative und religiöse Zentrum der Region dar. Die Ruinen von Caričin Grad passen in dieses Bild. Der Ort bestand gemäß dem Fundmaterial von ca. 530 bis ca. 615 n. Chr. Er zeigt repräsentative urbane Architektur in antiken Traditionen und vereint die etablierten Charakteristika einer hellenistisch-römischen Stadt mit den jüngeren einer Siedlung christlicher Prägung. Die Architektur, insbesondere die repräsentativen Bauten sind bereits Gegenstand umfassender Untersuchungen und Rekonstruktionen.
Inhaltlich sollen daher in den folgenden Jahren vor allem Fragen zur Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialgeschichte behandelt werden. Hierbei wird das Umland Caričin Grads zur Rekonstruktion der zeitgleichen Kulturlandschaft einbezogen. Langfristig soll ein Bild der Stadt als Humanökosystem rekonstruiert werden, welches sowohl die Umweltfaktoren als auch die Gesellschaft berücksichtigt. Die erste Kampagne der Feldforschungen findet im Sommer 2014 statt.
«Die klar umrissene Dauer der Belegung, und die Tatsache, dass nach der Auflassung der Stadt keine weitere Überbauung erfolgte, machen ’Caričin Grad’ zu einer Fundstelle mit außergewöhnlichem Forschungspotential. Wir freuen uns daher sehr auf die Zusammenarbeit mit den serbischen und französischen Kollegen in diesem spannenden Projekt», so Prof. Falko Daim, Generaldirektor des RGZM.
Leserkontakt 
Dr. Constanze Röhl 
email: roehl@rgzm.de 
homepage: www.rgzm.de/caricingrad 
Inzwischen gibt es auch eine erste knappe Projektseite unter www.rgzm.de/caricingrad, die mit Projektfortschritt ausgebaut wird.
Das kurze Leben einer Kaiserstadt - Alltag, Umwelt und Untergang des frühbyzantinischen Caričin Grad (Iustiniana Prima?)
Bereits seit mehr als 100 Jahren beschäftigen sich  archäologische Forschungen - zuletzt seit 1978 das Institut für  Archäologie Belgrad und die École française de Rome - mit der aktuell auf  der Tentativliste der Unesco geführten Stätte Caričin Grad im  südöstlichen Serbien. In den Ruinen der frühbyzantinischen Anlage, die  neben den klassischen Elementen einer antiken Stadt wesentlich durch das  Vorhandensein von acht sakralen Bauten geprägt ist, wird anhand des  Abgleichs mit byzantinischen Textquellen der durch Kaiser Justinian neu  gegründete Bischofs- und Verwaltungssitz Iustiniana Prima vermutet.   
Mit einer Belegungsdauer von knapp 90 Jahren, von  ca. 530 bis ca. 615 n. Chr., fokussiert der Ort eine kurze Zeitspanne  intensiver Nutzung, deren Relikte zudem frei von Störungen durch spätere  Überbauungen blieben. So bietet Caričin Grad ideale Bedingungen, um  eine Stadt am Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter, und die  mit einem solchen kulturellen Umbruch verbundenen komplexen  Fragestellungen zu untersuchen. Ziel des Projektes ist es daher, Aspekte  von Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialgeschichte des Ortes zu  rekonstruieren.  
Dabei stehen zwei Themenkomplexe im Vordergrund. Zum  einen handelt es sich um den Bereich ’Haushalt, Konsum und Alltag in  Caričin Grad’. Für diesen ist geplant, als exemplarisch angesehene,  primär domestisch genutzte Gebäudeeinheiten bezüglich Ernährung,  Produktionsverfahren, Arbeitsabläufen und Aktivitätszonen zu beproben  und zu Fragen nach Versorgung, Organisation und ihrer Rolle in  Produktion und Ernährung auszuwerten.  
Zum anderen soll im Bereich ’Ressourcen zum Bau und  zur Versorgung der Stadt’ mittels einer Analyse der im Umfeld zur  Verfügung stehenden Ressourcen sowie einer Berechnung des  Materialverbrauchs und Einschätzung des Bauaufwands anhand einer  vorhandenen 3D-Rekonstruktion der Stadt geklärt werden, welche  Ressourcen für den Bau der Stadt nötig waren und wie ihre Versorgung  funktionierte. Die Prospektion von Geoarchiven im Umland der Stadt und  eine Neubearbeitung von Geräten und Werkzeugen der Region avisiert die  Rekonstruktion von Agrarwirtschaft und Hortikultur.  
Die Zusammenführung dieser Themenkomplexe soll, da  diese sowohl Umweltfaktoren als auch Gesellschaft beinhaltet, ein Bild  von Caričin Grad im speziellen und der Stadt  als Humanökosystem  im allgemeinen entwerfen. Das Projekt Caričin Grad soll so zur  Etablierung einer umwelthistorischen Perspektive auch über die Laufzeit  des Vorhabens hinaus dienen.  
(reblogged von www.rgzm.de/caricingrad)
Interne Links auf Archaeologik
(reblogged von www.rgzm.de/caricingrad)
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