Montag, 11. November 2013

Ein Berg von Menschenhand - Parawissenschaften am Hohenstaufen

Archäologie und Geologie haben sich des öfteren mit parawissenschaftlichen Ideen auseinanderzusetzen. Nicht nur in Bosnien, sondern auch hier in Deutschland.
Ein neues skurriles Beispiel: Ein Architekt behauptet, der Hohenstaufen (und die anderen Kaiserberge) seien jungsteinzeitliche Bauwerke aus Menschenhand - Teil eines "eigentlich ganz gut untersuchten frühgeschichtlichen Sonnenobservatoriums". Die Argumente sind krude, widersprüchlich, unlogisch, fern jeden Forschungsstandes und fern jeder Regeln wissenschaftlicher Erkenntnis.
Die drei 'Kaiserberge" Hohenstaufen, Rechberg und Stuifen - in der Vorstellungswelt einiger 'Privatforscher' Pyramiden
(Foto R. Schreg)

Wie soll die Wissenschaft mit so etwas umgehen?

Ignorieren? Vielleicht ging das früher, als die Wissenschaft einschlägige Publikationen 'kontrollieren' konnte. Heute finden solche "Theorien" über soziale Netzwerke ihr Publikum. Das kann aber nicht gleichgültig sein, denn kritisches (aber wissenschaftlich systematisches) Denken ist eine Grundlage unserer modernen Gesellschaft - ganz abgesehen davon, dass es konkret dazu führen kann, dass öffentliche Ressourcen auf offenkundlichen Nonsens verschwendet werden (wie etwa in Bosnien). Zudem gefährdet es archäologische Fundstellen. Denn es ist ja nicht so, dass der Hohenstaufen kein archäologisches Denkmal wäre: Er trägt eine mittelalterliche Burg, die trotz des schlechten Forschungsstandes aufgrund der Staufer eine überregionale Bedeutung beanspruchen kann, und er spielt auch eine Rolle als vorgeschichtliche Höhensiedlung, insbesondere der Hallstattzeit (während die Jungsteinzeit und die Römerzeit, mit der die Parawissenschaftler argumentieren auf dem Berg wohl keine besondere Rolle gespielt haben). Hier werden nun aber "alle unerschrockenen Bürger" aufgerufen, "diese Forschung selbst in die Hand zu nehmen und, wann immer möglich, die Genehmigungen dafür einzuholen und die Stätten ihrer näheren Heimat zu erforschen. Als geologische Erkundungen werden sie am ehesten erlaubt, archäologische Grabungen sind unter dem derzeit gültigen Landesgesetz Privatforschern nahezu unmöglich gemacht worden, so goldgierig gerierte sich die vergangene CDU-Herrschaft (Megalith-Pyramiden: Unsere Pyramiden: Die Drei Kaiserberge bei Göppingen)".

Der Göppinger Geologe Anton Hegele hat sich auf eine 'Diskussion' eingelassen, seine Pein ist dem Zeitungsartikel anzumerken. Das Ergebnis ist auf den ersten Blick ambivalent: Man gibt den Ideen ein Forum, doch wird zugleich aufgezeigt, wie wenig seriös das ist.
Die Alternative von Cornelius Holtorf, solch skurrile Thesen an der Universität zu diskutieren, dürfte hingegen nur eine Aufwertung liefern und kaum ein breiteres Publikum mit der Ablehnung und Problematik solcher Parawissenschaft vertraut machen (vergl. Forum für Scharlatane? Archaeologik 29.10.2011).
Eine seriöse Auseinandersetzung mit solchen Thesen ist freilich gar nicht möglich, da die "Argumente" einer wissenschaftlichen Logik gar nicht erst zugänglich sind. Das wollen die Parawissenschaftler nicht verstehen, sie vermuten lieber gleich eine Verschwörung. "Das erinnert an den Umgang der Nazis mit jüdischen Wissenschaftlern, die ebenfalls solchen Boykottmaßnahmen unterworfen wurden (Megalith-Pyramiden: Unsere Pyramiden: Die Drei Kaiserberge bei Göppingen)."

Die englische Seite http://www.badarchaeology.com/ ist vollständig dem Phänomen unwissenschaftlicher Archäologie gewidmet und  thematisiert verschiedene der typischen Themen und 'Argumentations'-Muster.

Links:
Literaturhinweis:
  • W. Lang/M. Bachteler/R. Rademacher u. a. (Hrsg.), Archäologische Zeugnisse vom Hohenstaufen. Die Grabungen von 1935 bis 1938. Veröff. Stadtarchiv Göppingen 34 (Göppingen 1996).


7 Kommentare:

LESEFUNDE BLAUBEUREN hat gesagt…

Ich frage mich, wo die großen Steinbrüche sind, in denen die Steine für die gigantischen "Pyramiden" gebrochen wurden, und wie viel Jahrhunderte wie viele Steinmetze wohl daran gearbeitet haben? Wird nicht inzwischen das goldene Brett vor dem Kopf verliehen, das Däniken für seine Lebensleistung bekam? Glaube lässt sich schlecht wiederlegen, außer vielleicht durch seriöse und notwendige, wissenschaftliche Stellungnahmen, die den ganzen Mumpitz offen legen. Aber an grundsätzlichen Glaubensüberzeugungen scheitert sogar die Psychologie. Ich glaube, dass das Denkmalschutzgesetz ( und Grabungen einer Genehmigung bedürfen) völlig ausreicht. Auf eingetragenen Bodendenkmalen wie an solchen, hier benannten Orten, sind neben Ordnungswirdrigkeiten auch schnell Straftatbestände erfüllt. Ich finde diese Spinnereien amüsant und harmlos.

Ingram Braun hat gesagt…

Ist die Bedrohung durch die sozialen Netzwerke wirklich so groß? Tatsache ist doch, daß das Internet eine riesige Müllhalde wertloser Informationen ist, die üblicherweise auch weitgehend unbeachtet bleiben. Bei Facebook gehen die Zeiten pro Nutzer drastisch zurück, weil die Leute von für sie völlig wertlosen Informationen sogenannter Freunde genervt sind. Und hochbezahlte Spezialisten ("SEO") müssen Webseiten aggressiv optimieren, damit diese aus der amorphen Masse noch herausragen. Wenn man nach dem Thema googelt, findet man praktisch nur Seiten, die Aussehen, als würde ein 12jähriges Kind zum erstenmal HTML programmieren. Das Streitgespräch mit dem Geologen und dieser Eintrag sind praktisch die einzig wirklich reputablen Quellen - und da Suchmaschinen Reputationsnetzwerke rekonstruieren, bekommen die Verrückten jetzt etwas "Linksaft", da man schlecht zwischen positiven und negativen Zitationen unterscheiden kann (ein vom Science Citation Index auch vor dem Internet bekanntes Problem) - und ob rel="nofollow" wirklich wirksam ist, weiß man nicht. Die Wahrscheinleichkeit, daß so etwas tatsächlich ein Facebookgewitter auslöst, dürfte winzig sein; und vermutlich ist die Wahrnehmung hier durch die seltenen Fälle, in denen es wirklich passiert ist, verzerrt. Deshalb sollte man Dreck, solange er nicht infektiös ist, auf der Informationsmüllhalde unbeachtet liegen lassen.
Bei bekannten Fällen wie Däniken oder Illig spielten ja auch Journalisten eine fragwürdige Rolle. Ich kenne mich damit nicht gut aus, aber kann man nicht auch denen mal kommunizieren, daß einem Lebens- und Arbeitszeit zu schade sind, anstatt über jedes Stöckchen zu springen, das einem hingehalten wird?

Unknown hat gesagt…

Wie immer ist die Argumentation gegen diese Untersuchung dünn und mit billiger Polemik gewürzt. Auch in diesem sogenannten `wissenschaftlichen´ blog lese ich ausser einigen Verweisen.kein Argument gegen die Behauptung, Dass der Verfasser der Polemik das Buch nicht einmal gelesen hat, ist schon nach wenigen Zielen ersichtlich. Im Buch werden ja nicht alle `Drei Kaiserberge´ als Bauwerke bezeichnet und dies aus gutem Grund.

Der böse Wikinger hat gesagt…

Gegen schwachsinnige Behauptungen kann man nicht anschreiben. Da ist jeder Gegenkommentar reine Lebenszeitverschwendung!

Max Manus hat gesagt…

Sehr geehrter Herr Gunst (falls Sie diesen Kommentar überhaupt geschrieben haben?),

wenn man sich diesen Zeitungsonlineartikel (Geislinger Zeitung, 02.11.2013) durchgelesen hat, dann erübrigt sich jeder Zeitaufwand, in diesem "wissenschaftlichen" Blog näher auf Ihren komischen, eigenartige Behauptungen einzugehen. Und das war von mir keine "billige" Polemik. Übrigens dieser Blogeintrag auch nicht. Hier ein Link, damit Sie nachlesen können, was "Polemik" eigentlich ist: http://www.duden.de/rechtschreibung/Polemik

Martin hat gesagt…

Ich beschäftige mich nun seit längerer Zeit (10 Jahre) mit den 3 Kaiserbergen und ich kenne die Bücher von Reinhard Gunst und auch die Internet Seite www.megalithpyramiden.de von dem vor 2 Jahren verstorbenen Walter Haug. Ich kenne die offiziellen und die nicht so offiziellen Forschungen und was mir auffällt ist, dass der Wissenschaftler, der diesen Blog geschrieben hat, wenn ich es so sagen darf und ohne Beleidigen zu wollen, keine Ahnung hat und hier Urteilt ohne sich wirklich mit diesen Bergen beschäftigt zu haben. So sind auf dem Rechberg sehr wohl Römische Münzen gefunden worden, was Beweist, dass es eine frühere Besiedelung gab. Es liegt wohl außer Zweifel, das schon die Römer den Punkt des Schlosses Rechberg benützt und befestigt hatten. Außerdem wurden schon öfters römische Münzen im Burggraben des Schlosses Hohen-Rechberg aufgefunden. Auf dem Hohenstaufen hat man Funde aus der Bronzezeit gemacht! Bei Grabungen und Renovierungsarbeiten in den Jahren 2009 bis 2013 fanden sich außerdem Hinweise zur Besiedlung des Hohenstaufen bereits in der Bronzezeit sowie in der späten Hallstatt- und frühen Latènezeit (5. Jahrhundert v. Chr.!!!)., übrigens ist diese Information aus Wikipedia und nicht einmal diese Mühe haben sie sich gemacht. im 19. Jahrhundert wurden schon Gräber gefunden mit Skeletten von außerordentlicher Größe, wahrscheinlich Merowingergebeine, Nachzulesen in der Landesbibliotek Tirol von J. Ammermeier. Desweiteren frage ich mich weshalb sie sich als Wissenschaftler bezeichnen, wenn sie sich nichteinmal mit Wikipedia befassen, oder mit dem Buch des Herren Gunst sich Augenscheinlich auch nicht beschäftigt haben und es auch gernicht vorhatten und diesen einfach aburteilen. Das wäre ihr Job!!! und sie sind doch Wissenschaftler, sind sie da denn nicht neugierig? Bestimmte Dinge kontrovers zu beurteilen und auch einmal auszudiskutieren? Das ist in keinem Maße eine professionelle Vorgehensweise und beschädigt ihren Wissenschaftstitel. Es zeugt von niederer Sozialer Kompetenz und so etwas ist einfach nicht richtig und das gehört sich nicht. Gib dem Affen Zucker. Solche Leute wie sie fördern unbewusst diese, Pseudoarchäologie wie sie sie nennen. Ich frage sie, was ist denn das Heidenloch am Hohenstaufen und weshalb ist es zugeschüttet? Im Bezirksamt in Hohenstaufen hängt eine alte Karte dort ist es eingezeichnet. Weshalb forschen sie nicht, weshalb machen sie ihre Arbeit nicht und zeigen den Menschen welche Kulturellen Schätze sich um sie herum befinden? Sie sind selbst Schuld daran wenn sich die Menschen ablehnend gegenüber der Anerkannten Archäologie äußern und sie mittlerweile ablehnen und damit beginnen eigene Forschungen zu betreiben. Ja und natürlich was soll bei den Hobbyforschern bzw. Bürgerforschern wie ich einer es bin, einfach weil es mir Freude macht, denn rauskommen, wenn es keine Grabungsgenemigungen und mittlerweile auch Strafen und Ordnungswiedrigkeiten dafür gibt. Einem niemand zuhört und dann sogar noch beleidigt und verhöhnt? Man merkt es schon in Ihrem Text und wie sie sich äußern, dass sie sich etwas darauf einbilden, ein studierter Archäologe zu sein und !! das !! ist das Problem und wie gesagt, sie und die meisten Ihrer Kollegen sind selbst schuld daran das diese zum Teil engagierten Menschen (und sicherlich haben sie Dinge herausgefunden, die auch die Archäologie manchmal etwas näher anschauen sollte) euch nicht mehr glauben, wenn sie so mit ihnen Umgehen. Ich weiß das ihnen von den Bürgerforschern schon oft die Hand gereicht wurde und um eine gemeinsame Erforschung erbeten wurde. Archäologen wie sie haben es sichtlich ausgeschlagen die Leute abgetitelt und beleidigt und es ist ihre Saat die nun nach 10 Jahren im Jahr 2024 aufgeht, die Saat, dass immer mehr von diesen Menschen, die fragen haben, diese sich selbst beantworten und ihnen nicht mehr glauben. Besser wäre es gewesen ihnen das Gegenteil zu Beweisen, oh, aber dazu hätten sie mit ihnen sprechen müssen und das lehnen sie ja Grundsätzlich ab. Das hätte ich fast vergessen!

Rainer Schreg hat gesagt…

Sehr geehrter Martin, natürlich mache ich meine Arbeit. Es gibt da so viele spannende Themen da draußen, da kann man sich aber auch nicht um alles kümmern. Da sondert man natürlich als erstes mal das offensichtlich Unsinnige aus. Natürlich kenne ich die Literatur und die Funde zum Hohenstaufen (sogar das Buch von Herrn Gunst habe ich mir angeschaut) - und hätten Sie den Blogpost gelesen, über den sie sich so aufregen, so hätten Sie bemerkt, dass die von Ihnen angesprochenen Funde größtenteils in diesem Beitrag angesprochen werden, obwohl dessen Thema gar nicht die Besiedlungsgeschichte des Hohenstaufens ist, sondern eben genau die Frage, wie man mit engagierten Menschen umgeht . Ich sehe da nämlich wie sie auch ein Problem für die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft. Aber es ist auch klar, dass ich meine Zeit (und das gilt auch für meine Kolleg*innen) mich nicht mit Hypothesen befassen kann, deren Grundlagen offenbar keinerlei wissenschaftliche Basis haben. Und nebenbie: Ich habe schon viele Forschungen und Projekte erfolgreich mit Laienforschern durchgeführt und tue das auch weiterhin. Denn natürlich kommen von dort auch wertvolle Beiträge. Ich versuche die Spreu vom Weizen zu trennen und konzentriere mich auf die Ansätze und Fragen, die auch sinnvoll erscheinen. Mehr nachdenken, weniger Wut!