von Juan
Guillermo Martín
Juan Guillermo Martín, Archäologe an der Universidad del Norte, Barranquilla, Colombia gibt einen Überblick über das Forschungsprojekt zu präkolumbischen Altfluren, deren Entdeckung auf eine systematische Durchsicht von Google-Luftbildern, bequem von Deutschland aus, zurückgeht. Anlaß dazu boten die inzwischen abgeschlossenen Tübinger Forschungen in Panama la Vieja, die die Frage nach den ökologischen Veränderungen im Kontext der spanischen Conquista aufwarfen.
Siehe die Beiträge zum Chinina-Projekt hier auf Archaeologik. Ein gemeinsames ausführliches Manuskript mit Vorlage der bisherigen Ergebnisse steht vor der Einreichung zum Druck. Eine spanische Fassung findet sich bei Wiki loves Monuments Panama (R. S.).
Siehe die Beiträge zum Chinina-Projekt hier auf Archaeologik. Ein gemeinsames ausführliches Manuskript mit Vorlage der bisherigen Ergebnisse steht vor der Einreichung zum Druck. Eine spanische Fassung findet sich bei Wiki loves Monuments Panama (R. S.).
Feldstrukturen mit Sondageschnitt (Foto J. Martín-Rincón). |
Erste Nachweise von 'raised
fields' auf dem Isthmus von Panama
In
Überschwemmungsgebieten, wie dem Momposina-Becken in Kolumbien, haben schon die
präkolumbischen Gesellschaften die Landschaft massiv verändert. Durch ein
komplexes System von Gräben und Hochbeeten wurde die Tallandschaft der Flüsse
San Jorge und Sinz auf ca. 5000km² massiv umgestaltet, um es das ganze
Jahr hindurch produktiv zu machen. Dies gilt als eine der bedeutendsten
Wasserbaumaßnahmen der Welt, die an den Beginn unserer Zeitrechnung zurück
reichen.
Im heutigen
Panama und generell in Mittelamerika war diese landwirtschaftliche Technik
bisher nicht bekannt. Eine Auswertung von Luftbildern im Mündungsgebiet des Rio
Bayano (auch: Rio Chepo) hat es erstmals erlaubt, solche Feldsysteme auch hier
zu identifizieren. Im Gemeindegebiet von Santa Cruz de Chinina, Distrikt
Chepo, wurden auf mindestens 25 ha Gräben und Hochbeete prähispanischer
Zeitstellung ausgemacht. Interessant daran ist, dass es moderne Technik möglich
gemacht hat, dass der Archäologe Rainer Schreg vom Römisch-Germanischen
Zentralmuseum in Mainz diese Entdeckung von seinem Schreibtisch aus machen konnte.
Er beobachtete die anthropogenen Strukturen im Osten Panamas und gab die
Informationen an seine Kollegen in Panama weiter.
Eine
Forschergruppe der Abteilung
Archäologie, Geschichte und Stadtforschung der kolumbianischen Karibik (Grupo
de Arqueología, Historia y Estudios Urbanos del Caribe Colombiano – GRAHUS) der
Universidad del Norte en Colombia hat die Felder im Gelände verifiziert.
Seit letztem Jahr haben Tomás Mendizábal und Juan Guillermo Martín, Forscher
bei GRAHUS, Sondagen begonnen, die es erlaubten, ihr Alter mittels
Radiocarbondatierungen genauer zu bestimmen und durch palaeobotanische
Untersuchungen Aussagen über die Vegetation und Landwirtschaftsstrategien der
Region zu treffen.
Der Sondageschnitt bei Grabungsende. Die dunklen Ablagerungen zeigen die Gräben des hydraulischen Systems mit einem hohen Anteil organischen Materials (Foto J. Martín-Rincón). |
Diese Strategien der Landschaftsveränderungen und Ressourcennutzung sind eng mit der Landwirtschaft verbunden. Die Domestikation von Kulturpflanzen und verbesserte landwirtschaftliche Techniken waren für die Entwicklung komplexer Gesellschaften von zentraler Bedeutung, insbesondere bei der Konzentration und Umverteilung von Ressourcen. Bevölkerungswachstum und die Konsolidierung von Produktionszentren waren entscheidend bei der Ausbildung der intensiven Handelsverbindungen, die den Isthmus von Panama prägten.
Die
präkolumbischen Gesellschaften hatten genaue Kenntnisse der Klima- und
Umweltbedingungen, die durch die saisonale Überschwemmungen und zyklische Ereignisse
bestimmt werden. Sie bauten ein System von Kanälen, mit denen die Wasserfluten
der Flüsse und Bäche des pazifischen Tieflands von Panama während der Regenzeit
reguliert wurden. Zugleich garantierte es ausreichende Feuchtigkeit
während der trockenen Perioden des Jahres. Die Hochbeete schufen die nötigen,
vor Überschwemmungen geschützten Anbauflächen; die Kanäle wurden
wahrscheinlich als eine wichtige Quelle aquatischer Ressourcen genutzt.
Das
Projekt wird von der Foundation for Research on Ancient Panama
finanziert. Beteiligt ist weiter das Römisch-Germanische Zentralmuseum, an dem
Dr. Rainer Schreg beschäftigt ist. Er ist an der Auswertung der Luftbilder
beteiligt und bringt eine umweltarchäologische Perspektve ein.
Die
renommierte paläoökologische Forschergruppe des Smithsonian Tropical Research
Institute (STRI), die von Dr. Dolores Piperno geleitet wird, führt Pollen- und
Phytolithenanalysen durch. Ebenso beteiligt ist Dr. Richard Cooke (STRI) der
mit seinen profunden Kenntnissen der präkolumbischen Archäologie Panamas das
Projekt begleitet und unterstützt.
Das Labor
für Archäologie der Universidad del Norte und seine Spezialisten haben die
erste Feldkampagne durchgeführt, bei der Probenmaterial für verschiedene
Analysen gesammelt wurde. Dadurch konnte inzwischen eine Altersbestimmung (rund
zweitausend Jahre vor heute) gewonnen werden. Surveys identifizierten ein
Siedlungsareal, das mit dem Feldsystem verbunden scheint, wie weitere präkolumbische
Fundstellen in der Umgebung. Sie geben Einblicke in den komplexen Prozess der vorspanischen
Besiedlung dieser Region von Panama, die archäologisch zum Großraum Darien zählt
und enge Verbindungen zum nordwestlichen Kolumbien zeigt.
Bei den
Feldsystemen handelt es sich offenbar um eine effiziente Strategie der
Anpassung an die lokalen Bedingungen. Angesichts der heutigen, niedrigen landwirtschaftlichen
Produktion in dieser Region ist dies von besonderem Interesse. Es ist heute
eine unwirtliche Landschaft mit schweren jährlichen Überschwemmungen, aber
fruchtbaren Böden. Die Menschen der Vergangenheit transformierten die
Landschaft, intensivierten die landwirtschaftliche Produktion und sicheten ihre
Präsenz in dieser weiten und abwechslungsreichen Region.
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