Samstag, 30. März 2024

Erneutes Rumgepfrickel im WissZeitVG

   Ein Wissenschaftler arbeitet in befristetem Vertrag. 
(KI-generiert mit Craiyon)

Die rot-grün-gelbe Regierungskoalition will das Wissenschaftszeitvertragsgesetz reformieren und sieht vor, die Post-Doc-Phase von 6 auf 4 Jahre zu verkürzen. Argumentiert wird, die Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen sollen besser vor kurz laufenden Arbeitsverträgen und immer neuen Befristungen geschützt werden.

Das Ziel ist gut, der Ansatz daneben: Seit Jahren wird hier mittels des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes immer wieder die Befristungsregelungen verändert. 

Solange jedoch die grundsätzliche Finanzierung der Wissenschaft nicht neu strukturiert wird, ist das jedoch kontraproduktiv und eben nicht zum Vorteil der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Seit Jahren wird, um längerfristige Haushaltsverpflichtungen zu vermeiden Geld über Projektförderungen verteilt, die per se befristet sind. 

Viele Studierende, die aktuell im System sind, haben ihre Karriereplanung an den längeren Fristen orientiert. Sie werden nun unvermittelt aus der Wissenschaft aussortiert. Für Studienanfänger wird die Wissenschaft noch unattraktiver und der vielbeschrieene Wissenschaftsstandort Deutschland blutet aus.

Eine noch kürzere Befristung in den Geisteswissenschaften auf vier Jahre ermöglicht es den Nachwuchswissenschaftlern gerade noch ein Forschungsprojekt mitzumachen, ehe sie dann aus der Wissenschaft ausscheiden müssen, denn die unbefristeten Stellen werden ja nirgendwo geschaffen.

Damit wird auch die Möglichkeit unrealistisch, ein eigenes Projekt zu entwickeln und einzuwerben. Aktuell ist die Regellaufzeit eines Projektes drei Jahre. Normalerweise benötigt es mehr als ein Jahr Vorarbeit ein Projekt zu konzipieren und zu beantragen und bis zu einem Jahr, ehe das Projekt bewilligt ist (oder bei den aktuellen Förderquoten meist eben auch nicht). Die nötigen Erfahrungen, Vorrbeiten und Wartezeiten werden meist durch die befristete Projektmitarbeit gewährleistet. Mit der Verkürzung der Postdoc-Phase ist dieser Weg unrealistisch und noch riskanter als bisher.  Ohne diese Chance entfällt aber auch das Argument, befristete Verträge würden die Innovation in der Wissenschaft sichern. Die Innovationstreiber kommen mit der noch kürzeren Befristung ja gar nicht mehr zum Zuge. Auch nicht zu vergessen ist, dass in manchen Disziplinen Projekte, die von Nachwuchswissenschaftlern eingeworben sind, einen gar nicht geringen Anteil an der Einwerbung von Drittmitteln haben. Gerade in den eh schon kleinen Fächern wird die Forschungsleistung weiter zurück gehen, was am Ende deren Existenz bedrohen kann.

Ohne mehr Geld im Wissenschaftssystem und einer Strukturreform, die Forschung in mehr Langfristprojekten fördert (die in den vergangenen Jahren tendenziell wohl eher zurückgefahren als gefördert wurden) sind alle Veränderungen im Wissenschaftszeitvertragsgesetz politischer Aktionismus oder Augenwischerei und praktisch ein Weiterschieben der Verantwortung auf Universitäten und Professoren, die aber keine nennenswerten Handlungsspielräume haben. Eine Problemlösung jedenfalls ist das WissZeitVG nicht, egal ob reformiert oder unreformiert. Das Konzept der Regierungskoalition ist eine Verschlimmbesserung.

 

Links

1 Kommentar:

Rainer Schreg hat gesagt…

aufgegriffen im DGUF-Newsletter: https://dguf.de/newsletter/newsletter-lesen/dguf-newsletter-nr-123-vom-30-03-2024