Freitag, 27. Februar 2015

Vom Zauberwald in den Gerichtssaal - Das Urteil im Fall „Sondelpowerbenny“


Jutta Zerres

15 Monate Haft auf Bewährung und eine Geldbuße von 3000 € zugunsten eines Kinderhospizes - das ist das Strafmaß, welches das Amtsgericht Speyer gestern gegen den Sondengänger B. Czerny (alias „Sondelpowerbenny“) wegen Unterschlagung des Hortfundes von Rülzheim festsetzte. Die Richterin blieb beim Urteil geringfügig unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die 18 Monate auf Bewährung gefordert hatte. Die Verteidigung wollte hingegen einen Freispruch erreichen. Der Angeklagte und sein Anwalt kündigten an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. 

Czerny hatte diesen außergewöhnlichen Fundkomplex aus der Völkerwanderungszeit im Frühjahr 2013 während einer Entdeckungstour mit Freunden in der Umgebung von Speyer mit seinem Metalldetektor aufgespürt, ausgegraben und mit nach Hause genommen. Der Stein kam aber erst ins Rollen, als er wegen anderer „ersondelter“ Funde, mit denen er sich gerne und oft im Internet präsentierte, angezeigt wurde. Erst im Zuge der polizeilichen Ermittlungen hatte er den Schatzfund von Rülzheim abgegeben, dessen Wert später auf rund eine halbe Million Euro geschätzt wurde. 

Aufgrund des in Rheinland-Pfalz geltenden Schatzregals wäre er zur Meldung der Fundstelle und Abgabe gesetzlich verpflichtet gewesen. Czerny gab während der Verhandlung an, dass er der Meldepflicht nicht nachgekommen sei, weil ihm die wahre Bedeutung des Fundes zunächst nicht bewußt gewesen wäre. Erst ein späterer Museumsbesuch im RGZM habe ihm zu der Erkenntnis verholfen, welchen historisch wichtigen Fund er gehoben habe. Zeugenaussagen belasteten ihn hingegen schwer, so dass ihm das Gericht seine Version der Geschichte nicht glaubte. Vielmehr sei er ein erfahrener Schatzsucher, der in anderen Fälle sehr wohl Fundobjekte richtig zu deuten und einzuordnen gewußt habe. Er habe wider besseres Wissen keine Meldung gemacht und damit die ihm vorgeworfene Unterschlagung tatsächlich begangen. 

Die Arbeit der Juristen ist nun abgeschlossen, sofern es nicht zu einer Berufung kommt. Die Strafe ist vergleichsweise hoch ausgefallen und der Urteilsspruch wird im Leben des jungen Mann nicht nur finanzielle, sondern auch andere gravierende Konsequenzen haben. „Sondelpowerbenny“ fühlt sich – erwartungsgemäß - zu Unrecht verurteilt und auch die Unmutsäußerungen aus den Reihen der Sondlerszene ließen - ebenfalls erwartungsgemäß – nicht lange auf sich warten. 

Jedoch gibt es aus der Sicht der Archäologie keinen Grund sich bequem zurückzulehnen, denn ein für das Fach nicht unbedeutender Aspekt hat bei der juristischen Bewertung überhaupt keine Rolle gespielt. Es war hier nicht nur die Unterschlagung wichtiger Fundstücke zu beklagen, sondern – und vor allem – die irreparabele Zerstörung einer Fundstelle und der damit verbundenen historischen Information. So wird es weiterhin Aufgabe der Archäologie und Denkmalpflege sein, in der Öffentlichkeit den wissenschaftlichen Wert einer Dokumentation von Fundstücken zusammen mit ihrem Fundkontext zu verdeutlichen. Hier reicht es nicht, auf Gesetzestexte zu verweisen. Es muss diskutiert und definiert werden, wie das Verhältnis zwischen den „Archäologie-Profis“ und den Hobby-Forschern besser gestaltet werden kann, denn das Problem der illegalen Sondengängerei kann man getrost als virulent bezeichnen. Der Fall „Sondelpowerbenny“ ist da nur die Spitze des Eisberges, die aufgrund des großen Drangs zur Selbstdarstellung des Protagonisten öffentlich sichtbar wurde. 

Der Raubgräber als Aktenvernichter:
Durch die unsachgemäße Bergung wurde die schriftliche Quelle zerkäkselt.
(Foto: wdwd [CC BY-SA 3.0] via Wikimedia Commons)
Es gilt weiterhin klar zu machen, dass das Schatzregal kein Instrument des Staates ist, seine Bürger auszusaugen und zu bevormunden. Vielmehr dient es dazu, Objekte mit historischer Aussagekraft als Allgemeingut und für die Allgemeinheit zu schützen. Da steht sicher nicht alles zum besten, was auch daran abzulesen ist, dass sich das Interesse, den Fall überhaupt zu verfolgen, wohl eben an der Unterschlagung von Gold und Silber festmacht und eben nicht an der Zerstörung einer historischen Quelle. Dass hier riesige Wissensdefizite über die archäologische Arbeit bestehen, spiegeln die aktuelle Berichterstattung der Medien und die Reaktionen der Leserschaft auf den Prozess genauso wie vor einem Jahr, als der Fall bekannt wurde und ein großes Medienecho erzeugt hatte.

Die Archäologie muss deutlicher zeigen, wie sie Funde auswertet und interpretiert - dazu muss sie die Öffentlichkeit besser einbinden und zudem methodisch-theoretisch ihre eigene Arbeit besser reflektieren.


Interne Links zum Thema:


Links zur Berichterstattung über den Prozess:


15 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Guter Artikel! Bereits in der Aus- und Weiterbildung (!) müssen (zukünftige) Archäologen/innen von der Pike auf lernen, wie sie sich, ihr Fach, ihre Arbeit, ihre Methoden und ihre Erkenntnisse öffentlichkeitswirksam „vermarkten“. Dies sollte nicht nur „lästige Pflicht“ sondern als elementarer Teil ihres wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Auftrags wahrgenommen werden – Dies insbesondere auch deshalb, weil nur auf diesem Weg die öffentliche wie politische Anerkennung für die Notwendigkeit einer „professionell/wissenschaftlich betriebenen“ Archäologie/Denkmalpflege auch in Zukunft sichergestellt werden kann. Wenn dieser „Wandel des Selbst- und Berufsbildes“ nicht sehr bald gelingt, ist zu befürchten, dass es bald überall ähnliche Debatten wie im Saarland gibt, wo die universitäre Archäologie gegenwärtig als politisch wie gesellschaftlich „verzichtbar“ gilt…schließlich gibt es in diesem Feld ja genügend „Engagierte Laien“…

Anonym hat gesagt…

So wie ich diesen Verlauf und Ausgang der Verhandlung verstehe, geht es um ein Unterschlagungsdelikt und die Freiheitsstrafe wird zu einer Bewährung aus gesetzt. Das schränkt die Ordnungswidrigkeiten - zu sondeln- ja in keiner Weise ein, er wird weiter sondeln, ohne seine Bewährung in Gefahr zu bringen, solange er nicht wieder irgendetwas unterschlägt, wird ihn nichts davon abhalten und das bringt er nun durch Verkauf von Billigsonden auch noch den Kids bei, wo er immer noch so etwas wie ein Held ist. Das eigentliche Unrecht und der Schaden an Kulturgütern ist für mich da nicht wirklich gesühnt und ein Verständnis für das Unrechte des Tuns erzeugt das Urteil auch nicht.

Anonym hat gesagt…

Bitte diskutieren Sie die "Engagierten Laien" dabei nicht auch auf die schiefe Ebene. Wenn diese nicht von Größenideen und Hedonismus geblendet sind, werden sie die Landesarchäologie im Regelfall unterstützen, oder wollen Sie keine Laien mehr im Boot haben? Zum positiven Bild und der Notwendigkeit einer mit ausreichend Mitteln ausgestatteten Archäologei tragen seit Jahrzehnten engangierte Laien als Multiplikatoren in der Gesellschaft bei, vielleicht mit mehr Arsch in der Hose als Archäologen die "das Lied des singen müssen, wes Brot sie essen." Bis zu diesem letzte Punkt Ihrer Ausführungen gebe ich Ihnen im vollen Umfang recht.

Anonym hat gesagt…

In den Foren ist die Reaktion aber sehr nüchtern: ZITAT

"Morgen,ich finde auch erstmal abwarten was bei der 2.ten Instanz rauskommt ich gehe immer noch" Sondeln" mir egal wer mich sieht oder was die sagen
sollen sie doch die Polizei rufen-
Ich lasse mir mein Recht nicht nehmen meinen Hobby nach zu gehen!!!!
Wir leben doch in einen freien Land?!!!
lynus007 Offline


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Anonym hat gesagt…

Wenn man eher so "der Freizeittyp" ist, muss man wohl über das was man so im Leben macht wohl auch nicht groß nachdenken. Traurig.

Anonym hat gesagt…

Das ist das schlimme Signal in der ganzen Sache - dass Sondeln offensichtlich nicht nur als Kavaliersdelikt gesehen werden muss, sondern als GAR KEIN DELIKT, wie es viele Aktionisten seit Jahren in den Medien auch darstellen. Dass ausgerechnet dieser - leider nur wegen Unterschlagung- Verurteilte einen Internetshop betreiben kann, der es letztlich allen zeigt: Macht weiter so, ist alles voll in Ordnung! Sie können Dir gar nichts! Solange das nicht im Strafgesetzbuch verankert ist, wird das auch so weiter gehen. Wir brauchen schärfere Gesetze und auch einem Herrn Czerny wird irgendwann das Geld ausgehen. Er sammelt jetzt schon im Netz für seine narzisstisch weitergehende Medienpräsenz. Ich kann das Grinsen in die Silberschale kaum mehr ertragen und frage mich, ob er mit der Unterschlagung auch die Bildrechte erworben hat.

Anonym hat gesagt…

Es ist die Misere, dass es fast gar eine Populärwissenschaftliche Informationen gibt,die die Archäologie in das Licht setzen, in dem es zu allgemeiner Akzeptanz kommt und privater Hedonismus als Sakrileg eingestuft wird. Herr Katzmann hat dazu einen interessanten Artikel geschrieben.

http://www.aggsbach.de/2015/03/popular-prehistory-is-there-anything-new-for-the-interested-german-speaking-public/

Die Archäologie erntet die Früchte ihrer eigenen Versäumnisse.

LESEFUNDE BLAUBEUREN hat gesagt…

Das Manko an Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit erscheint mir besonders in Deutschland groß zu sein. Englisch- oder französischsprachige Räume haben da weniger Probleme auch mit Populärliteratur. Deutschland liefert mit Bastelnachmittagen in Museen und Kinderbüchern da eher Zwergobst.

Anonym hat gesagt…

Stimmt. Jetzt gibt es praktische Produktwerbung für eine vermutlich mal Vertragsfirma ? auf youtube... Sondelpower Produktvideo NN.... Sondeln Schatzsuche in Deutschland - wieder mal im Wald....! Das ist wohl der letzte Dammbruch und die Justiz schaut zu. Armes Deutschland.

Anonym hat gesagt…

heult leise

Peter Wirbel hat gesagt…

Auch Nichtsondler erwischt es. Ich sammle Möbel und Gegenstände aus der Zeit von 1550 bis 1830. Wenn wir in die Ferien fuhren gaben wir unsere Haustiere bei einem alten Ehepaar ab. Der Mann war Sondler und ein begnadeter Sreinmetz. Ich ließ von ihm einen Fürst vom Glauberg machen als Hofdeko und meine Tochter bekam von ihm zwei Abgüsse von Regenbogenschüsselchen die 10 Jahre in der Ecke rumlagen. Die Tage klingelte es dann an meiner Pforte und der irre Laufer stand mit seine Truppe in der Türe wegen Fundunterschlagung. Beschlagnahmt wurde meine in 3 Wintern aufgefrorene afrikanische Keramik aus dem Keller, eine römische Kniefibel und ein bronzener Türklopfer , die aus der Familie meiner Frau aus Frankreich stammen.Ich musste 1300.-€ in einen Spezialanwalt investieren um herausfinden wessen ich beschuldigt wurde und von wem. Leider findet sich im Vorfeld auch niemand .der mal dem Staatsanwalt erklärt , dass die Münzen Abgüsse und die Keramik aus dem Fair Trade Laden aus Afrika stammt. Ich wäre dankbar für jeden Tipp

Anonym hat gesagt…

https://www.rheinpfalz.de/lokal/artikel/barbarenschatz-von-ruelzheim-verwarnung-fuer-speyerer-sondengaenger/
Die Justiz scheint den "Skandal" nicht annähernd so empörend zu beurteilen, wie das bei einigen Kommentatoren und der Autorin der Fall ist. Ein Schlag ins Gesicht derer, die sich hier an alle Gesetze halten. Das Signal etwas Unrechtes getan zu haben und dafür eine Strafe zu erhalten ist sehr schwach. Archäologie ist also unter näheren Umständen vielleicht doch etwas für den "Freizeittyp", nicht für Akademiker, die sich die Mühe einer Ausbildung machten und der Schaden weit geringer als hysterisch mal vorgegeben.

Rainer Schreg hat gesagt…

Das ist der eigentliche Skandal, dass der tatsächlich angerichtete Schaden bei dem Urteil keine Rolle spielt. Das ist fast als würde bei einem Mord urteilen, das Opfer ist doch tot, wozu also eine Strafe? Hier haben einfach viel zu viele Leute nicht kapiert, dass es um historische Informationen (gerade auch in ihrer aussagekräftigen Wiederholung) und nicht um Objekte geht.
Im Prinzip gilt immer noch: https://archaeologik.blogspot.de/2014/02/ein-rauber-im-zauberwald-die.html

Anonym hat gesagt…

Es ist widersprüchlich und sehr bemerkenswert, dass rheinlandpfälzische Archäologen der Landesarchäologie einen besonderen Focus darauf legen, dass der sog. "Sondelpowerbenny" beim Bergen der Funde den archäologischen Fundkontext zerstört und darüber hinaus er seine Funde gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz unterschlagen haben soll.


Widersprüchlich deshalb, weil die Landesarchäologie (u.a. Koblenz) mit der ehemaligen illegalen Sondergängerszene zusammenarbeitet und umfangreiche Nachforschungsgenehmigungen erteilt, die das Absuchen von (ungestörten) Wald- und Wiesenflächen erlaubt. Damit wird die Zerstörung von ungestörten archäologischen Befunden billigend in Kauf genommen. Dieser Sachverhalt ist einfach nur paradox!
Zudem ist anzumerken, dass in RLP nur das kleine Schatzregal gilt und es fraglich ist, ob bei Schatzfunden nicht eher §984 BGB greift. Also die Hälfte des Fundes dem Finder und die andere Hälfte des Fundes dem Eigentümer gehört. Was die Koblenzer Schatzjäger angeht, die fragen in aller Regel vorher nicht den Eigentümern. Tragisch ist wohl, dass Fundmeldungen nur an die Fachbehörde, aber nicht an die Eigentümer erfolgen. Greift nicht das rheinpf. kleine Schatzregal, z.B. bei einer x-beliebigen römischen Goldmünze, dann findet hier eine Unterschlagung statt, bei der sich nicht nur der Schatzjäger, sondern auch die Helfer (Beihilfe zur Unterschlagung) strafbar machen. Natürlich vorausgesetzt, dass Funde archiviert werden, die nicht dem Eigentümer gemeldet werden und nicht dem Schatzregal unterstehen.

Ansonsten, halte ich es mit den seriösen Landesarchäologie, dass Graben im Wald und auf Wiesen eine Sauerei ist.

Rainer Schreg hat gesagt…

Würde ich mir zunächst kein Urteil erlauben wollen. Da Sie anonym bleiben, kann man ihre Einschätzung leider auch nicht als Ansatzpunkt nutzen, mal bei den Kollegen einfach nachzufragen.
Dass solche Dinge vorgekommen sind, muss ich bezüglich eines anderen Bundeslandes leider bestätigen.
Das ist aber alles eine ganz andere Problematik, als die Zerstörungen durch Raubgräber, die dadurch auch nicht zu rechtfertigen sind.
Entscheidend ist u.a. ob eine verwertbare Dokumentation vorgelegt wird. Eine Denkmalschutzbehörde, die Forschung total unterbindet (auch auf Wald und Wiese) muss sich natürlich auch fragen lassen, wofür sie die Bodendenkmäler dann überhaupt bewahrt. Immer nur auf die kommende Generation zu verweisen geht eben auch nicht, die sind war angesichts des Alters mancher Denkmalschutzgesetze längst.