Sonntag, 1. Februar 2015

Die angekündigte Zerstörung von Niniveh (Syrien und Irak, Januar 2015)

Bereits Anfang Januar gab es Berichte, wonach IS die Sprengung der assyrischen Stadtmauer von Niniveh vorbereite. Laut kurdischen Quellen sollen am 27.1. tatsächlich große Teile der (de facto rekonstruierten) Mauern zerstört worden sein - was sich inzwischen jedoch als eine Falschmeldung erwiesen hat.
Niniveh war eine assyrische Großstadt, deren Ruinen am Tigris, gegenüber der modernen Stadt Mossul liegen. Im 7. Jahrhundert v.Chr. war Niniveh Hauptstadt des neuassyrischen Reiches. Damals fand Niniveh auch Erwähnung im Prophet Jona, der prophezeite: "Es sind noch vierzig Tage, so wird Niniveh untergehen" (Jona 3, 4). Seit dem 19. Jahrhundert gab es umfangreiche Grabungen und mehrfach Restaurierungen, zuletzt wurden unter Saddam Hussein die Stadtmauer und zwei Stadtore restauriert.
Stadtmauer von Niniveh
(Foto: Heimo Liendl [CC BY ND 2.0] via flickr)

Der Vorfall zeigt einmal wieder, wie vorsichtig Nachrichten aus dem Kriegsgebiet zu bewerten sind. Ein Vergleich verschiedener Meldungen und Quellen zeigt immer wieder Diskrepanzen in der Einschätzung der Lage. Der Bericht  der ASOR Syrian Heritage Initiative, Weekly Report 21 & 22 (January 5, 2015) - http://www.asor-syrianheritage.org/weekly-report-21-22-january-5-2014/ bringt nicht nur eine neue Zusammenstellung von Zerstörungen (u.a. Meldungen über die Detonation von Tunnelbomben in der Altstadt von Aleppo, der Bestätigung der syrischen Altertumsbehörden von Zerstörungen durch Raubgräber in Dura Europos), sondern überprüft auch den  Bericht der staatlichen Altertumsbehörde (Initial Damages Assessment for Syrian Cultural Heritage During the Crisis. DGAM report for the period October 1 to December 31, 2014) kritisch. Dabei wird festgestellt, dass der Bericht Schäden an Fundstellen, die im Rebellengebiet liegen, eher Plünderungen und Raubgrabungen zuschreibt, obwohl diese eventuell eher durch Vernachlässigung entstanden sind. 

Weitere Medienberichte zu Zerstörungen:

Ausgewählte Einzelberichte:
Auch in Ägypten hat der Terror Auswirkungen auf das Kulturerbe. Eine dem IS nahe stehende Terrorgruppe in Al-Arish im Norden des Sinai das Hauptquartier der Sicherheitskräfte angegriffen. Dabei wurde auch das benachbarte Museum schwer beschädigt. Glücklicherweise waren die Bestände aber schon 2013 evakuiert worden: 

Raubgrabungen und Antikenhandel

Inzwischen tauchen massenhaft ungereinigte Münzen aus dem Vorderen Orient und "phönizische" Artefakte bei einem online-Antikenhändler aus der Schweiz, auch auf ebay auf. Ohne Herkunftsangabe aber mit "lebenslänglicher Garantie". Mehr als wahrscheinlich, dass die Funde aus Syrien stammen.
Die deutschen Anstrengungen für eine verbesserte Gesetzgebung im Kulturgüterschutz werden im Ausland positiv registriert.

Religiös motivierte Zerstörungen
Eine ganze Reihe von Berichten zeigt allerdings die religiös motivierte Zerstörung von Gräbern und Schreinen. Dabei bleibt es nicht beim Zerschlagen der Monumente, offenbar werden auch Skelettreste aus den Gräbern entfernt.
  • https://www.zamanalwsl.net/news/57223.html  (Link unter Vorbehalt, da ich der Sprache nicht mächtig bin [Verweis von http://paul-barford.blogspot.de/2015/01/syria-not-just-tombstones.html]). Das Bild zeigt, wie Skelettreste aus einer Gruft entfernt werden.

Diskussion um Todesstrafe und Waffeneinsatz
Angesichts der Todesstrafe, die es in manchen Ländern für Plünderer gibt und militärischen Schutzes archäologischer Fundstellen im Irak durch Kampfhubschrauber ergibt sich ernster Diskussionsbedarf:
 
Aktivitäten und Appelle


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