Renningen Lauerhalde
(Foto R. Schreg, nach Kopie im Mus. Renningen) |
Aus der Verfüllung eines Grubenhauses einer nicht weiter auffallenden Siedlung der Späthallstatt- und Frühlatènezeit bei Renningen (Lkr. Böblingen), Flur Lauerhalde stammt ein reich verziertes "kleeblattförmiges" Scheidenortband.
1977 fand eine kleine Grabung durch H. Breining und das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg auf der seit 1970 durch Lesefunde bekannten Siedlung statt.
Das Ortband besteht aus Bronze. Es ist gegossen, mit einer konischen Aussparung für die Schwertspitze. Hier sind auch die eisernen Reste der eisernen Schwertscheide erhalten, auf die das Ortband aufgeschoben war. Die Grundform des Ortbandes ist dreieckig, genauer gesagt folgt es dem Dreischeibenmotiv, das etwa auch bei Wangenklappen von Helmen zu finden ist. Es besteht aus drei Rundeln und dazwischen eingefügten Palmettenblättern. Auf der Vorderseite weisen sie jeweils mittels Pech eingeklebten Koralleneinlagen auf, auf der Rückseite findet sich eine detailreiche Gravurverzierung.
Es rechnet zur Gruppe der "kleeblattförmigen" Scheidenortbänder, die bereits U. Osterhaus 1966 (Osterhaus 1969) zusammengestellt hatte. Die Mehrzahl der Funde stammt aus Gräbern der Champagne und der Hunsrück-Eifel-Kultur - sowohl aus einfach ausgestatteten Gräbern, wie aus ausgesprochenen "Fürstengräbern". Beispiele sind Weiskirchen II im Saarland oder Somme-Bionne.
Das Renninger Beispiel ist das einzige, das aus einem Siedlungskontext stammt, dabei zählt es mit den Koralleneinlagen und die aufwändigen Gravuren auf der Rückseite zu den qualitätvollen Stücken.
Die Verzierung lässt sich dem early style zuordnen und datiert in die Phase Latène A. Die begleitenden Keramikfunde bestehen aus S-förmig geschweiften Schalen und Töpfen sowie gewölbten und kalottenförmigen Schalen, wie sie innerhalb der Späthallstatt- und Frühlatènezeit nur ansatzweise differenziert werden können.
Die Siedlung in der Lauerhalde liegt im Nordosten des Renninger Beckens, genau genommen bereits außerhalb davon, denn das Gelände entwässert hier schon nicht mehr zum Rankbach, sondern zum Wasserbach. Die Siedlung liegt daher auch an einem leicht gegen Nordosten geneigten Hang und hat nur bedingt Sichtbezug zu dem rund 700 m nach Südwesten gelegenen, heute im Ortsbereich von Renningen verschwundenen Großgrabhügel Lehenbühl. Ob, wie vermutet, ein Zusammenhang zwischen dem Fund des Ortbands und dem Großgrabhügel besteht, bleibt ungewiss.
Eisenzeitliche Fundstellen im Renninger Becken (nach Schreg 2006 Abb.17 - dort Nachweise) |
Über die Siedlungstopographie der Eisenzeit lassen sich trotz intensiver Begehungen im Renninger Becken nur sehr lückenhafte Aussagen treffen. Ein Zusammenhang mit einem exponierten Siedlungsplatz oder einem Herrenhof kann nicht konstatiert werden. Der Blammerberg mehrere Kilometer weiter westlich wäre die einzige bekannte Situation einer Höhensiedlung - mehr als Lesefunde und ein Grubenbefund sind von dort aber nicht bekannt geworden.
Das Ortband von Renningen legt es nahe, dass sich im Neckarraum auch in der Frühlatènezeit noch eine Oberschicht halten konnte, die sich nun allerdings nicht mehr durch reiche 'Fürstengräber' darstellte. Das Kleinaspergle bei Asperg ist der letzte Ausdruck solchen Grabprunks. Möglicherweise unterschieden sich Sozial- und Siedlungsstrukturen der Frühlatènezeit zwischen Neckarland und Hunsrück-Eifel-Region gar nicht sehr - unterschiedlich mag vor allem das Bedürfnis der Selbstdarstellung und der Repräsentation im Grabkult gewesen sein. Allerdings: Die jüngeren Forschungen zur Späthallstattzeit haben gezeigt, dass es auch den typischen Fürstensitz gar nicht gegeben hat, sondern sich im Einzelfall sehr individuelle Siedlungsgefüge entwickelt haben.
Literaturhinweise
- K. Bittel/W. Kimmig/S. Schiek, Die Kelten in Baden-Württemberg (Stuttgart 1981) S. 450f.; Abb. 357.
- F. Klein, Siedlungsfunde der ausgehenden Späthallstatt- und frühen Latènezeit in Württemberg (Tübingen 2004) S. 33 ff.; 214
- Fundberichte aus Baden-Württemberg 8, 1983, 236f.
- U. Osterhaus, Zu verzierten Frühlatènewaffen. In: Marburger Beiträge zur Archäologie der Kelten (Festschr. W. Dehn). Fundber. Hessen Beih. 1 (Bonn 1969) 134-144
- R. Schreg, Dorfgenese in Südwestdeutschland. Das Renninger Becken im Mittelalter. Materialh. Arch. Bad.-Württ. 76 (Stuttgart 2006).
- R. Schreg, Das Renninger Becken. Werden und Wandel einer Siedlungskammer in über 7000 Jahren (Renningen 2004).
Änderungsvermerk:
28.7.2013: Zitat Osterhaus nachgetragen
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