Dienstag, 27. März 2012

Eine hallstattzeitliche Grabkammer bei Westerheim

1949 hat Albert Kley einen hallstattzeitlichen Grabhügel bei Westerheim (Alb-Donau-Kreis) ausgegraben. Eine erste Publikation durch Kley enthielt leider keinerlei Abbildungen. Die Funde wurden dann in dem umfassenden Katalogwerk hallstattzeitlicher Grabfunde in Württemberg und Hohenzollern von Hartwig Zürn publiziert, der Grabungsplan 1992 in einem Ausstellungsbegleitheft erstmals vorgelegt - ein Überblick über die Befundsituation ist so kaum zu gewinnen.
Dieser Blogpost soll (und kann) keine Aufarbeitung des Komplexes bieten, sondern lediglich einige Beobachtungen skizzieren, die bei der Fundaufnahme und Ordnung der Sammlung Kley zu machen waren. Dabei ist die Sichtung noch nicht abgeschlossen, da noch mehrere Quarkschachteln mit Funden aus Westerheim identifiziert werden konnten, die aber noch nicht genauer durchgesehen sind.

Die Fundstelle
Etwa 1,5 km südwestlich des Ortes wurde 1949 "in der Au", im Katzental ein Erdhügel abgetragen, um Boden für die Wiederherstellung eines zu Ende des zweiten Weltkriegs zerstörten Anwesens zu gewinnen. Dabei auftretende Funde wurden durch einen Einwohner an Georg Burkhardt in Geislingen gemeldet (vgl. Merkblatt).
Der Hügel war bei der Grabung noch etwa 0,9 m hoch und hatte einen Durchmesser von rund 17 m.

Die Grabung
Der Geschichts- und Altertumsvereins Geislingen, dessen Vorstand Burkhardt war, finanzierte für die Rettungsgrabung zwei Grabungsarbeiter und übertrug die Grabungsleitung an A. Kley. Hinzu kamen weitere Schüler und Kollegen von Herrn Kley, wie auch dessen Frau.
Der Hügel wurde in vier Quadranten gegraben, so dass ein Kreuz von Profilstegen stehen blieb.


Dokumentation
Die Originaldokumentation der Grabung ist im Nachlaß Albert Kley vorhanden, sie ist indes relativ unübersichtlich und besteht aus vielen kleinen Zettelchen. Der von Kley publizierte Text ist die einzige zusammenhängende Beschreibung, ansonsten existiert ein Übersichtsplan. Profilzeichnungen wurden noch nicht aufgefunden. Bei der Grabung wurden keine Befundnummern vergeben, sondern einzelne Referenzpunkte gesetzt, auf die Fundstellenangaben bezogen wurden.
Fotoaufnahmen der Grabung scheinen nicht zu existieren.

Der Befund
Westerheim, In der Au
(Umzeichnung des Grabungsplans von A. Kley
durch R. Schreg)




Der Plan lässt die Reste einer hölzernen Konstruktion erkennen. Kley beschreibt sie als eine "Ansammlung von verkohlten Buchenscheitern", die "zuunterst auf dem gewachsenen Boden" gelegen hätten. "Sie bildeten ein genau nord-südlich gerichtetes Rechteck von stark 3 x 2 m Seitenlänge und lagen meist in 2 bis 3 Lagen senkrecht übereinander." Kley interpretierte dies als den Rest eines Holzstoßes für die Leichenverbrennung, wobei er auf Reste von Leichenbrand aus einer das Holz überdeckenden Ascheschicht hinweist.

Alternativ mag hier an die Reste einer Grabkammer zu denken sein, die auf einem Bretterboden in Blockbauweise errichtet worden ist. Die Hölzer der Grabkammer waren vor allem in der Nordhälfte inkohlt erhalten. Umgeben wird die Kammer von einer kreisförmigen Struktur, bei der es sich wahrscheinlich um einen Kreisgraben handelt, der jedoch auffallend dicht an der Grabkammer verläuft. Eine genauere Beschreibung des Befundes konnte ich bislang nicht ausfindig machen. Im Abstand von zwei Metern verläuft ein weiterer gebogener Befund, der einen Kreisgraben am eigentlichen Hügelfuß angeben könnte. Die Beschreibung von A. Kley verweist indes auf einen "ungenauen Kreis von Kalksteinen in einigermaßen regelmäßigen Abständen" "wohl nahe dem ehemaligen Rand des unverschleiften Hügels".

Es liegen einige wenige Knochenreste vor, die auf eine Körperbestattung verweisen. Bisher ist es mir nicht gelungen, ihre Lage im Plan zu verifizieren.
Über der eigentlichen Grabkammer verzeichnet der Grabungsplan einzelne größere Steinblöcke, möglicherweise der Rest einer Kammerabdeckung mit einer Steinpackung.Kley beschreibt jedoch explizit nur vier große Steine, um die herum "eine Art Mantel aus besonders hartem, offenbar festgestampftem Lehm" lag.

Funde
Die Arbeit von Hartwig Zürn verzeichnet die wichtigsten Funde des Grabes und bildet diese auch in Zeichnungen ab. Hier seien einige Arbeitsfotos wiedergegeben.
1. Metallfunde
  • 6 Bronzeringchen mit dreieckigem Querschnitt
  • 2 kleine Bronzekügelchen, vermutlich ursprünglich auf einem Eisenstift 
  • Gliederstab, an beiden Enden kleine Ösen ursprünglich wohl drehbar eingesetzt - nach dem Bericht von Kley müssten weitere Stücke vorhanden sein
2. Keramik
  • unverz., geglättete Kragenrandschale
  • Alb-Hegau-Teller. Möglicherweise gehören zwei Randscherben mit Kreisstempeln (hier nur eine abgebildet) zu einem zweiten Stufenteller
    Nach dem Bericht von A. Kley dürften Kragenrandschale und Stufenteller vor Beginn der Untersuchung gefunden worden sein.
 
  • Wandscherben ritzverzierter Keramik in Alb-Hegau-Tradition
  • Fragmente eines ritzverzierten Kragenrandgefäßes in Alb-Hegau-Tradition
Desweiteren liegen zahlreiche weitere kleine Keramikscherben vor, zumeist unverziertes Material, darunter auch die Randscherbe einer gewölbten Schale. Ausgesprochen grob gemagerte Stücke fehlen, doch zeigt eine Scherbe Abdrücke von Getreidekörnern.
Beispiel weiterer Keramikscherben

Scherbe mit organischer Magerung

Randscherbe einer gewölbten Schale
3. weitere Funde 
Kley erwähnt einige weitere Funde, die zur Zeit nicht vorliegen:
  • eine ganze Anzahl von Eisengegenständen, u.a. ein sichelförmiger Gegenstand
  • eine runde Scheibe aus Bronzeblech, knap 8cm Durchmesser mit drei konzentrischen Doppelkreisen aus eingepunzten feinsten Pünktchen, lag mit dem Gliederstab und Holzresten unter einem der großen Steine am Nordrand der Holzkonstruktion
  • neolithische Pfeilspitze
Bemerkungen zur Einordnung
Die Keramik verweist den Fund in den Kontext der Stufe Hallstatt C. Auffallend sind jedoch die große Grabkammer und die Knochenreste, die kaum in diesen zeitlichen Kontext, sondern eher in die Späthallstattzeit (HaD) zu passen scheinen. Der kleine Kreisgraben unter der Grabkammer mag hier eine Mehrphasigkeit des Grabhügels andeuten, so dass die Kammer in Ha D in einen älteren Hügel eingebracht worden sein könnte.
Ob diese These zutrifft, könnte eine genauere Sichtung der vorhandenen Unterlagen vielleicht noch zeigen.

Die Fundstelle liegt am Ostrand der Verbreitung hallstattzeitlicher Grabhügel auf der mittleren Alb. Nach Osten zu sind erst wieder im Heidenheimer Raum hallstattzeitlichen Funde bekannt, die bereits der Ostalb-Gruppe angehören (vgl. Blogpost). Von der Geislinger Alb sind entsprechende Grabfunde bislang nicht bekannt, doch mag es sich hier um eine Folge des ungenügenden Forschungsstandes handeln. Auf der Stubersheimer Alb liegen jedenfalls mehrere bisher nicht untersuchte Grabhügel, zudem sind mehrere Siedlungsstellen bekannt, die sowohl Alb-Hegau-Keramik als auch Ostalb-Keramik erbracht haben.


Literatur
  • Fundberichte aus Schwaben N.F. 11, 1938-50, 84 (kurze Notiz)
  • A. Kley, Vorgeschichtliche Grabhügel bei Westerheim. Geschichtliche Mitteilungen von Geislingen und Umgebung 13, 1952, 79-81
  • H. Zürn, Hallstattzeitliche Grabfunde aus Württemberg und Hohenzollern. Forsch. u. Ber. Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 25 (Stuttgart 1988) 
  • R. Schreg/ A. Kley, Scherben schreiben Geschichte. Vor- und Frühgeschichte von Geislingen und Umgebung (Geislingen 1992), 25f.

Bemerkung
Dieser Text wird bis auf weiteres ggf. ergänzt und korrigiert werden.


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