Jana Esther Fries, Doris Gutsmiedl-Schümann, Jo Zalea Matias, Ulrike
Rambuscheck (Hrsg.)
Images of the Past
Gender and its Representations
Frauen – Forschung – Archäologie, Band 12
(Münster: Waxmann 2017)
228 Seiten, br.,
mit farbigen Abbildungen
29,90 €, ISBN 978-3-8309-3709-8
E-Book: 26,99 €, ISBN 978-3-8309-8709-3
Rezension von Miriam Steinborn
In der Reihe Frauen – Forschung – Archäologie ist der 12. Band „Images of the Past. Gender and its Representations“ erschienen, der auf Tagungssessions auf der EAA 2014 unter dem selben Titel sowie der AG Geschlechterforschung 2013 mit dem Thema „Gender in Museums“ basiert. Dieses Buch handelt auf seinen knapp 200 Seiten vorwiegend von Frauenbildern und den Gründen, warum sie dargestellt werden, wie sie dargestellt sind. Es sind dabei nicht nur die Bilder, die in Texten suggeriert werden, sondern vielmehr optische Illustrationen, in denen Rollenbilder oftmals unreflektiert abgebildet und rezipiert werden. Sie tragen wesentlich zur Vorstellung von Forschenden und Laien bei, wie die Lebensumstände in der Vergangenheit waren. Der Band in englischer und deutscher Sprache behandelt damit ein epistemologisches Kernthema der Frauen- und Geschlechterforschung, nämlich welche modernen Vorstellungen auf die vergangenen sozialen Verhältnisse projiziert werden.
Im ersten Teil des Buches stehen die Idee geschlechtsspezifischer Eigenschaften, ihre Darstellung und mögliche Gründe dafür im Fokus. Spannend wird dies im Hinblick auf die Medien, die behandelt werden: Neben archäologischen Publikationen werden auch Inhalte von Jugendsachbüchern und „neuen“ Medien untersucht.
Die ersten beiden Beiträge hinterfragen den Umgang der Forschenden mit ihrem Verständnis vergangener Rollenbilder und die Folgen für die Kommunikation der Forschungsinhalte. C. Belard stellt in diesem Zusammenhang Darstelllungen auf eisenzeitlichen Objekten vor, die vermeintlich festgeschriebene Rollenverteilungen relativieren, während C. Trémeaud die Praxis ankreidet, wissenschaftliche Inhalte durch attraktive, gar sexualisierte Frauendarstellungen zu bewerben.
Mit den Bereichen von Fernsehen und Computerspielen werden dagegen weniger traditionelle Felder der Präsentation archäologischer Inhalte beschritten: G. Koch beschreibt in seinem Beitrag in einem Rückblick über 30 Jahre Fernsehgeschichte, wie in der medialen Präsentation populärwissenschaftlicher Inhalte auch gesellschaftliche und politische Vorstellungen an ein breites Publikum vermittelt werden. Anhand von Dokumentationen über pleistozäne Menschen führt er aus, wie traditionalistische stereotype Vorstellungen vermittelt werden, die eine natürliche soziale Ordnung mit dichotomen Rollenbild und heteronormativen Familienkonzept suggerieren – auch wenn dies in vielen Bereichen nicht mehr der akademischen Forschungsmeinung entspricht.
Relativ neu im archäologischen Fachdiskurs und voll in der aktuellen Diskussion der Medienwissenschaften ist R. Sycamores Beitrag über die Darstellungen von (archäologischen) Protagonistinnen in Computerspielen, die niedrigschwellig ein sehr großes Publikum erreichen. Sie analysiert die Relevanz weiblicher Charaktere im Gameplay und ihre visuelle Darstellung und stellt sie den männlichen Darstellungen gegenüber. Für die archäologische Vermittlung ist dies insofern relevant, als dass die Spielenden durch die Charaktere die „fictionalised visions of ancient society“ in einer realistisch scheinenden Kulisse (S. 95) erleben. Wie bei Bildern oder Videosequenzen ist es in ihrer Betrachtung ohne Hintergrundwissen kaum möglich, die künstlerischen Freiheiten von der archäologischen Datengrundlage zu trennen.
Auch die Darstellung vergangener gesellschaftlicher Verhältnisse in Jugendsachbüchern wird kritisch beleuchtet, weil ihnen Objektivität und Bildungscharakter zugeschrieben wird. K. Fält setzt sich hier mit der Wiedergabe von Männern im Mittelalter, insbesondere von Rittern und Wikingern, auseinander, in deren Fokus die körperliche Leistungsfähigkeit im Kampf und meist überwiegend männliche Gemeinschaften stehen – Männer, die Geschichte machten. Diese Idee historischer Lebenswelten wird recht früh in den Köpfen der Kinder und Jugendlichen angelegt, und umso wichtiger sollte es sein hier sorgfältig auf die Bilder zu achten, die erzeugt werden.
Der zweite Teil des Buches umfasst einige Beiträge der AG Geschlechterforschung-Session 2013 und widmet sich Darstellungen in Museen als grundlegende Kommunikationsfläche der Altertumsforschung. L. Prados Torreira und C. López Ruiz beobachten, dass in Spanien bisher kaum geschlechtergerechte Schauen eröffnet wurden, obwohl Frauen hier seit langem Ausstellungsmacherinnen sind. Sie sehen das darin begründet, dass Museen oft den historischen Diskursen folgen, in denen Männer gestaltende Kräfte sind. Sie betonen, dass die gesellschaftliche Aufgabe der Museen eigentlich darin liege, verschiedene Perspektiven aufzuzeigen und stellen Möglichkeiten vor, wie dies zu erreichen wäre. Weitere Beiträge umfassen konkret die Präsentationen sowie die Kulturschaffenden dahinter im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, dem Landesmuseum Württemberg, dem Museum im Deutschhof in Heilbronn und dem paläon - Forschungs- und Erlebniszentrum Schöninger Speere. Neben dem Schwerpunkt der ausgewogenen Darstellung männlicher und weiblicher Akteure werden auch Visualisierungen anderer sozialarchäologische Themendarstellungen angerissen, wie Alter, Kindheit und gesellschaftliche Stellung.
Insgesamt erfüllt „Images of the Past. Gender and its Representations“ das Anliegen des Vereins
FemArc und damit der Herausgeberinnen der Reihe Frauen – Forschung – Archäologie, da die Inhalte von Frauenforschung, feministischer Archäologie und Geschlechterforschung vertreten sind. Die Beiträge konzentrieren sich mehrheitlich auf Frauendarstellungen und wurden überwiegend von Forscherinnen verfasst - nur einer entstammt der Feder eines Mannes.
Man kann dies als gerechtfertigte Kompensation der nachhaltigen narrativen Wirkung des forschungshistorischen Androzentrismus auffassen. Es stimmt indes im Hinblick der Forderung einer geschlechtersensiblen Forschung auch nachdenklich, denn in dem gesamt sehr feminin gehaltenen Buch werden Themenaspekte der Maskulinität überwiegend als Kontrastpunkt oder kritisierte Praxis genannt. Dies erfordert bei den männlichen Lesern unter Umständen ein gewisses Maß an disziplinierter Objektivität. Dennoch sollte man(n) sich davon nicht demotivieren lassen: Zwar werden zum Großteil Frauenrollen behandelt, doch im Kern geht es um eine geschlechterbewusste, differenzierte Sicht auf biologisches und kulturelles Geschlecht, die Erforschung sozialer Praxis in der Vergangenheit, eine Revision der Idee traditioneller Arbeits- und Rollenverteilung und damit um die Frage, wie man sich der gewesenen Realität wissenschaftlich unvoreingenommen nähert und stereotype Narrative überwindet. L. Prados Torreira und C. López Ruiz fassen die thematische Relevanz treffend zusammen (S. 128): „gender studies perspective (…) is essential to understand our past from an inclusive perspection, and it is crucial to achieve equal education.“
Als derzeit aktueller gesellschaftlicher Diskurs sollte die Darstellungsthematik in das Tagesgeschäft der Wissenschaftskommunikation integriert werden. Dieses Buch bietet einen guten Einstieg für Gelehrte der Altertumskunde und Kulturschaffende, sich in übersichtlichen Beiträgen den gender-studies zu nähern. Die Artikel greifen durchaus theoretische Debatten auf und nennen grundlegende weiterführende Literatur, bleiben aber in Text und Abbildungen sehr konkret und praxisbezogen.