Donnerstag, 8. Februar 2018

Ein Vorschlag für neue archäologische Denkmalschutzbestimmungen für Österreich

Raimund Karl 

Eine Antwort zu Rainer Schregs Kommentar zu meinem Beitrag „Facharchäologische Argumente gegen die Metallsuche durch Laien“

2014 habe ich in einer Facebook-Diskussion einen (durchaus bewusst provokant formulierten) Beitrag über die aus meiner Sicht fehlerhafte facharchäologische Argumentation gegen die Metallsuche durch Laien verfasst, den Rainer Schreg dankenswerter Weise auf seinem Archaeologik-Blog übernommen und somit für seine weitere als erwartete Verbreitung gesorgt (Karl 2014) und zwei Jahre später auch selbst in einem eigenen Blogbeitrag kommentiert hat (Schreg 2016). Dennoch ist die von uns beiden gewünschte fachliche Diskussion bisher ausgeblieben. 

Vorausschickend sei festgehalten, dass mein Beitrag (Karl 2014) weder dazu gedacht war, als Argument für ein Recht auf unreglementierte Metallsuche noch gegen die archäologische Fachwelt und ihre Praktiken herzuhalten. Vielmehr ging es mir darum, auf das Missverhältnis zwischen unserer Argumentation und unserer eigenen Praxis (insbesondere in der „angewandten“ archäologischen Denkmalpflege im Feld) hinzuweisen; mit dem Ziel, eine bessere Konkordanz zwischen den durch unsere Argumentation kommunizierten denkmalpflegerischen Ansprüchen und unserer Praxis zu erreichen. Um diese erhöhte Konkordanz – die für die allgemeine Nachvollziehbarkeit unserer Argumentation durch mündige BürgerInnen essentiell ist – zu erreichen, war und ist meiner Meinung nach ein innerfachliches Umdenken erforderlich. Wie die archäologische Denkmalpflege anders (und meiner Meinung nach auch besser als bisher) gedacht und umgesetzt werden könnte, habe ich nunmehr in einen Änderungsvorschlag für die archäologischen Schutzbestimmungen des österreichischen Denkmalschutzgesetzes (DMSG) gefasst. Dieser Vorschlag beruht teilweise auf meinen 2014 gezogenen Schlussfolgerungen und Schregs Kommentar dazu. Für die, die genauer nachlesen wollen, wurde der volle Wortlaut samt kurzer Begründung dieses Vorschlags (Karl 2018a) ebenso wie das Manuskript meines ebenfalls diesbezüglichen, in Vorbereitung befindlichen neuen Buches zum Thema (Karl 2018b) online zur Diskussion gestellt:

Der Kommentar von Rainer Schreg (2016)


Ehe ich auf meinen neuen Vorschlag selbst eingehe, möchte ich jedoch auf Rainer Schregs (2016) Kommentar zu meiner Argumentationskritik (Karl 2014) eingehen. Schreg meint in diesem, nicht mit meiner Position übereinzustimmen, weil meine Überlegungen zwar nicht grundsätzlich falsch seien, aber an der Sache vorbeigehen würden. Als wesentliche Gründe dafür nennt er:
  1. Die Bedingungen bei Ausgrabungen entsprächen zwar keinesfalls immer den fachlichen Idealvorstellungen, das rechtfertige jedoch nicht, uns der verfügbaren Optionen dadurch zu berauben, dass wir MetallsucherInnen erlauben, unsere Quellen ohne Not zu vernichten.
  2. Die Konservierungsbedingungen von Funden in Sammlungen der öffentlichen Hand seien zwar nicht immer optimal, dies sei jedoch kein Argument für Privateigentum an Funden. Vielmehr sei beim Verursacherprinzip verstärkt auch an Grabungsfolgekosten zu denken und Mängel in der derzeitigen Praxis ein Argument für die in situ-Erhaltung von Funden.
  3. Das Ziel sei letztendlich die Qualitätssicherung, nicht verstärktes laissez-faire betreffend der Zerstörung von Bodendenkmalen. Man müsse daher vielmehr dafür sorgen, dass möglichst wenige Funde unter fragwürdigen Bedingungen gemacht werden.
  4. Umfassende Konzepte für die effektivere öffentliche Vermittlung der wissenschaftlichen Anliegen und Standards des Faches seien erforderlich, wobei ein pauschales Verbot des Sondengehens und auch ein Schatzregal das Problem nicht löse.
  5. Zwar sei Wissenschaft kein Grundrecht, aber noch immer eine Grundlage unserer Gesellschaft, weshalb vor anderen Nutzungen der Vergangenheit eine Interessensabwägung stattfinden müsse, die vor allem ihre bestmögliche Erhaltung zum Ziel haben müsse.
  6. Zwar würden ArchäologInnen heute von der Zerstörung der Denkmale profitieren, aber sie seien nicht deren VerursacherInnen, sondern würden von diesen oder der Allgemeinheit dafür bezahlt, möglichst viel davon zu dokumentieren. Meine Warnung vor gegen den Profit aus der Denkmalzerstörung gerichteten Argumenten sei in Anbetracht der oft prekären Arbeitsbedingungen in der Archäologie (über die ich mich ja ebenfalls schon seit langem sehr kritisch äußere) deplatziert.

Als Fazit fasst Schreg zusammen, dass ich zwar an einigen Punkten recht hätte und auf einige Probleme im Fach in Theorie und Praxis hinweisen würde. Diese seien aber kein Argument dafür, dass MetallsucherInnen das Recht hätten, unser Kulturerbe zu vernichten. Probleme würden nicht dadurch gelöst, dass man neue anhäufe; vielmehr müsse man ein Miteinander finden, denn das Gegeneinander lähme nur Kräfte und mache die Situation nur schlimmer.

Es mag jetzt vielleicht für manche LeserInnen überraschend sein, aber ich stimme Schreg in nahezu allen Punkten grundsätzlich zu, wenngleich ich dennoch nicht unbedingt völlig einig mit ihm bin. Auch ich möchte die Ziele, die er in seinem Kommentar definiert, erreichen. Die Frage ist meiner Meinung nach nur, wie man diese Ziele am besten erreichen kann; und hier weiche ich deutlich vom derzeitigen Fachkonsens ab.


Der Fehler im Kommentar von Schreg: die Wissenschaftsfreiheit

Ich stimme mit Schreg nur in einem, aber dafür enorm wesentlichen, Punkt überhaupt nicht überein, weil er in diesem objektiv falsch liegt. Denn die Wissenschaft ist sowohl in Deutschland (Art. 5 Abs. 3 GG) als auch in Österreich (Art. 17 Abs. 1 StGG) ein verfassungsgesetzlich und in der gesamten EU (Art. 13 Charta der Grundrechte der Europäischen Union) europarechtlich vorbehaltlos geschütztes Grund- und sogar ein völkerrechtlich geschütztes allgemeines Menschenrecht (Art. 15 Abs. 1-3 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte; für Deutschland siehe BGBl. 1973 II S. 1569; für Österreich BGBl. Nr. 590/1978). Sie ist also ein so hochrangig wie nur möglich geschütztes Jedermannsrecht.

Genau hier liegt meiner Meinung nach das größte Problem mit allen bisherigen deutschsprachigen Lösungsversuchen der archäologischen Denkmalpflege: sie beschränken dieses Grundrecht;
wenigstens, wenn sie – so wie bisher üblich – so angewendet werden (sollen), dass alle archäologischen Objekte unter der Erdoberfläche durch sie geschützt werden. Die Wissenschaftsfreiheit darf jedoch vom Staat (und damit auch seinen Verwaltungsbehörden) nur dann beschränkt werden, wenn ihr ein anderes, gleichrangig geschütztes Rechtsgut entgegensteht, das durch ihre unbeschränkte Ausübung ernsthaft gefährdet würde (siehe dazu z.B. für Österreich Berka 1999, 343-6); und selbst bei kollidierendem Verfassungsrecht nur insoweit, als das zum Schutz dieses gefährdeten Rechtsgutes sowohl geeignet, erforderlich, als auch mit ihrer dadurch verursachten Beschränkung verhältnismäßig ist.

Das Problem damit ist, dass der bloße Verdacht, dass „überall im Boden“ irgendwelche noch gänzlich unbekannten „archäologischen Überreste vorkommen könnten“, die der Staat auch vor Zerstörung schützen will, dafür nicht ausreicht. Denkmalschutzgesetze müssen auf die Abwehr von Gefahren für die Erhaltung der Denkmale abzielen, weil der Staat die wissenschaftliche Forschung (auch die zur Entdeckung von Denkmalen) ausschließlich aus diesem Grund beschränken darf. Daher können auch alle ihre Schutzvorschriften nur dann greifen, wenn durch eine (möglicherweise durch sie) verbotene Handlung tatsächlich ein Denkmal gefährdet wird; und das setzt natürlich voraus, dass sich am Handlungsort auch wirklich ein Denkmal befindet (siehe dazu auch für Österreich VwGH 2017, 4). Wo wirklich ein Denkmal gefährdet wird, kann man aber nur dort wissen, wo das Vorkommen von schützenswerten Denkmalen bereits bekannt ist.

Um dieses Problem führt kein Weg herum, egal wie man es dreht oder wendet. Dies ist umso mehr der Fall, wenn man postuliert, dass der eigentliche Zweck des archäologischen Denkmalschutzes der Schutz der Forschungsquellen ist: man kann diese nicht qua Gesetz für die Wissenschaft vor der Wissenschaft schützen. Denn damit würde man die Wissenschaft genau jener staatlichen Fremdbestimmung unterwerfen, gegen die sie – und das aus extrem guten Gründen – verfassungs- (Berka 1999, 342), europa- und völkerrechtlich geschützt ist. Wie es Heike Krischok zuletzt ausgedrückt hat: „Letztendlich handelt es sich bei der Frage, wann die Methodik und Dokumentationsmöglichkeiten weit genug entwickelt sind, um den geeigneten Zeitpunkt für die Ausgrabung zu bilden, um nicht mehr (oder weniger) als ein wissenschaftsethisches Problem, das jeder Wissenschaftler für sich selbst entscheiden muss. Das ist gerade jener Bereich, der die Eigengesetzlichkeit der Wissenschaftsfreiheit ausmacht.“ (Krischok 2016, 137).


Das Problem der Erhaltung noch unbekannter Bodendenkmale

Damit stehen wir in der archäologischen Denkmalpflege vor einem unter dem derzeitigen Zugang unlösbaren rechtlichen Problem, was den präventiven Schutz (= die Erhaltung) noch unbekannter Bodendenkmale betrifft. Die Erhaltung derzeit noch unbekannter Bodendenkmale ist jedoch genau das Problem, das die archäologische Wissenschaft und damit mittelbar auch der archäologische Denkmalschutz eigentlich zu lösen versucht, damit sie nicht als Forschungsquellen verloren gehen.

Bereits bekannte (Boden-) Denkmale kann man nämlich problemlos rechtlich schützen, indem man die bekannten (ausreichend bedeutenden) Denkmale – ob nun nach konstitutivem oder deklaratorischem Prinzip bleibt sich vorerst gleich – unter Denkmalschutz stellt bzw. als „Grabungsschutzgebiete“ ausweist. Man kann diese dann sogar auch vor allen von aus anderen als Forschungszwecken durchgeführten Handlungen vorhersehbar ausgehenden Gefahren schützen; z.B. vor allen (Erd-) Arbeiten, die ihre unveränderte Erhaltung bedrohen (siehe dazu z.B. Art. 7 Abs. 1 bayerisches Denkmalschutzgesetz [DSchG-BY]; § 22 Abs. 2 DSchG-BW; § 4 Abs. 1 DMSG; etc.). Der Schutz bekannter Denkmale ist also rechtlich gesehen kein Problem.

Bei noch unbekannten (Boden-) Denkmalen ist hingegen das genaue Gegenteil der Fall. Diese kann der Gesetzgeber theoretisch überhaupt nur dann präventiv schützen, wenn er den Sachverhalt aus dem Blickwinkel des noch unbekannten, aber durch eine konkrete (geplante) Handlung gefährdeten Denkmals betrachtet. Das würde es allerdings erforderlich machen, alle geplanten Handlungen gesetzlich zu verbieten, durch die noch unbekannte, aber (möglicherweise) dennoch am durch die Handlung betroffenen Ort vorhandenen (Boden-) Denkmale gleichermaßen gefährdet werden könnten. Denn der Gesetzgeber ist verfassungsgesetzlich dazu verpflichtet, gleiche Sachverhalte auch gesetzlich gleich zu behandeln.

Nachdem aber für die Erhaltung eines noch unbekannten (Boden-) Denkmales die exakt gleiche Gefahr nicht nur von Nachforschungen, sondern von allen am Ort, an dem es sich befindet, vorgenommenen Bodeneingriffen ausgeht, egal zu welchem Zweck diese durchgeführt werden, müssten alle Bodeneingriffe gleichermaßen verboten werden. Damit würde jedoch das ganze Land zu einem geschützten Denkmal bzw. „Grabungsschutzgebiet“ erklärt, wodurch zahllose Grundrechte auf einen bloßen Verdacht hin de facto aufgehoben würden (z.B. Eigentumsgarantie, Handlungsfreiheit, Erwerbsfreiheit, etc.). Das geht aber rechtlich auf Basis eines bloßen, unbegründeten Verdachtes nicht, wenn man nicht den Denkmalschutz zum mit Abstand allerhöchsten Staatsziel erklären will, was weder Gesetzgeber noch Gesellschaft wollen.

Daraus folgt zwingend, dass man noch unbekannte Bodendenkmale rechtlich nicht schützen kann, ganz besonders nicht vor wissenschaftlichen Nachforschungen. Der Weg, den wir bisher dafür beschritten haben, um das „Metallsucherproblem“ mittels Nachforschungsgenehmigungspflichten zu lösen, kann nicht funktionieren: rechtlich schützen kann man nur Denkmale, die bereits bekannt sind; und zwar völlig gleichgültig, ob man sie nach konstitutiven oder deklaratorischen Prinzip zu schützen versucht. Denn selbst ein Schutz nach dem deklaratorischen Prinzip kann erst ab dem Zeitpunkt wirken, an dem der Normunterworfene erkennen kann, dass eine Sache, mit der er etwas tun möchte, ein (Boden-) Denkmal im Sinne der Legaldefinition des konkret relevanten Rechtsbegriffs ist. Dazu muss aber wenigstens diese Person diese Sache bereits kennen und auch in Hinblick auf ihren (möglichen) Denkmalcharakter richtig beurteilen können; und das geht frühestens ab dem Zeitpunkt, an dem sie diese Sache subjektiv (d.h. aus ihrer Sicht erstmals) entdeckt hat.


Ein Vorschlag für eine alternative Lösung

Nachdem sich die Ziele, die wir (wenigstens Schreg und ich) erreichen wollen, auf dem bisher verfolgten Weg nicht erreichen lassen, muss man meiner Meinung nach den Schutz bisher noch unbekannter Bodendenkmale innerfachlich anders denken und rechtlich anders zu lösen versuchen. Dies versuche ich durch meinen Vorschlag für eine Novellierung der archäologischen Bestimmungen des DMSG zu erreichen (und gleichzeitig zu zeigen).

Zentral dafür ist der Gedanke, dass man – wie ich sie ab jetzt entsprechend meinem Vorschlag (§ 1 Abs. 1a) nennen werden – archäologische Denkmale, vor allem jene, die bisher noch gänzlich unbekannt sind, immer erst ab dem Zeitpunkt rechtlich schützen kann, an dem sie erstmals entdeckt werden. Unabdingbare Voraussetzung dafür, dass man sie schützen kann, ist daher, dass sie entdeckt werden; und zwar optimaler Weise bevor dort, wo sie sich befinden, von egal wem aus egal welchem Grund Bodeneingriffe vorgenommen werden. Erst wenn man von ihrer Existenz weiß, kann man sie – vorerst einmal egal auf welche Weise, ob nun in situ oder durch Dokumentation – zu erhalten versuchen.

Damit wird insbesondere der Zeitpunkt ihrer objektiv und subjektiv erstmaligen Entdeckung besonders wichtig, denn dies ist der früheste Zeitpunkt, an dem irgendwelche gesetzlichen Schutzvorschriften greifen können. Wird ein neu entdecktes archäologisches Denkmal an diesem Zeitpunkt von seinem Finder sachgerecht behandelt, können von da an alle (im konkreten Fall erforderlich erscheinenden) Schutzmechanismen des DMSG greifen.

In der Praxis erfolgt diese Erstentdeckung heutzutage in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle durch nicht formal archäologisch geschulte Menschen, d.h. durch LaiInnen; und da wiederum – ob uns das nun gefällt oder nicht – in erster Linie durch MetallsucherInnen. Es sind daher insbesondere diese LaiInnen, die am objektiven und subjektiven Erstentdeckungszeitpunkt archäologische Denkmale korrekt als solche identifizieren und anschließend auch sachgerecht behandeln müssen, damit der archäologische Denkmalschutz effektiv funktioniert. Gefährdet werden insbesondere noch unbekannte archäologische Denkmale aber in erster Linie durch bau-, land- und forstwirtschaftliche Erdarbeiten. Bei diesen ist es daher essentiell, den Erstentdeckungszeitpunkt allfällig am betroffenen Ort vorkommender, aber noch unentdeckter, archäologischer Denkmale möglichst weit vor den Beginn der geplanten Erdarbeiten zu ziehen; d.h. ihre möglichst frühzeitige Entdeckung aktiv herbeizuführen.

Allgemeinverständliche Legal- und Anwendungsbereichsdefinition

Für beides ist es daher zuallererst essentiell, eine allgemeinverständliche Legaldefinition für den unbestimmten Rechtsbegriff „archäologisches Denkmal“ zu fassen. Eine solche fehlt derzeit in Österreich, weil der bisher in § 8 Abs. 1 DMSG geregelte Bodendenkmalbegriff maximal unverständlich ist, selbst für Fachleute (siehe dazu zuletzt Pieler 2017, 111-2). Mein Neuregelungsvorschlag (§ 1 Abs. 1a; Karl 2018a) stellt daher auf jene jedermann einigermaßen leicht ersichtlichen Eigenschaften ab, die archäologische Funde von beliebigen anderen Sachen unterscheiden: dass sie herrenlos, normalerweise so kaputt, dass sie nicht mehr gebrauchsfähig oder, wenn doch noch gebrauchsfähig, wenigstens (konkret iSd § 2 Abs. 2 DMSG in geltender Fassung wenigstens 100 Jahre) alt sind. Gleichzeitig wird moderner, offensichtlich zur Entsorgung vorgesehener Müll explizit aus der Legaldefinition ausgeschlossen, weil sonst auch die Müllabfuhr den archäologischen Schutzbestimmungen unterworden wäre. Damit wird die Anwendung der neu vorgeschlagenen archäologischen Schutzbestimmungen nach dem deklaratorischen Prinzip möglich.

Gleichzeitig wird auch der Anwendungsbereich der archäologischen Schutzbestimmungen (§§ 8-11) des DMSG neu geregelt. Derzeit finden nämlich gem. § 1 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 DMSG in geltender Fassung alle Bestimmungen des DMSG nur nach dem konstitutiven Prinzip Anwendung, d.h. erst nach rechtskräftiger Unterschutzstellung eines Denkmals durch einen separaten Verwaltungsakt; und nur wenn die in Erscheinung und Substanz (d.h. körperlich) unveränderte Erhaltung des betroffenen Denkmals im öffentlichen Interesse im Sinne des § 1 Abs. 2 DMSG gelegen ist. Ausgenommen davon sind gem. § 9 nur Zufallsfunde von Bodendenkmalen, die derzeit kraft gesetzlicher Vermutung vom Entdeckungszeitpunkt bis längstens 6 Wochen ab Abgabe der gem. § 8 Abs. 1 verpflichtend binnen eines Werktags ab Auffindung zu erstattenden Fundmeldung automatisch unter Denkmalschutz stehen und daher nicht ohne Bewilligung gem. § 5 Abs. 1 DMSG verändert werden dürfen, was zu zahllosen Schwierigkeiten in der Anwendung führt.

Stattdessen wird in meinem Vorschlag vorgesehen, dass die neu vorgeschlagenen Schutzbestimmungen der §§ 8-11 DMSG für alle archäologischen Denkmale auch dann gelten, wenn an ihrer unveränderten körperlichen Erhaltung kein öffentliches Interesse besteht. Dies ist insbesondere dafür essentiell, damit das Verursacherprinzip auch für archäologische Ausgrabungen zur Anwendung gebracht werden kann. Derzeit ist das schon allein deshalb nicht möglich, weil unter der derzeitigen Rechtslage in Österreich gem. § 1 Abs. 1 und 2 DMSG immer nur an der unveränderten körperlichen Erhaltung von Denkmalen ein öffentliches Interesse bestehen kann und daher Verfügungsberechtigte auch stets nur mit den Kosten für die Erhaltung von Denkmalen in situ belastet werden können. Archäologische Ausgrabungen können dem DMSG zufolge daher keine Denkmalerhaltungsmaßnahme sein, weil es bei ihnen unweigerlich zu einer Zerstörung bzw. Veränderung der Denkmalsubstanz kommt (so explizit auch in § 11 Abs. 5 DMSG festgehalten).

Genehmigungspflichten

Auch mein Änderungsvorschlag sieht weiterhin (nun in § 8) Genehmigungspflichten vor. Diese würden jedoch meinem Vorschlag zufolge nicht (wie bisher die NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG) nur für „Nachforschungen“ gelten.

Vielmehr sind meinem Neuvorschlag zufolge alle Handlungen, die konstitutiv geschützte archäologische Denkmale („wenn man so will: „Grabungsschutzgebiete“ im Sinne der Valletta-Konvention) gefährden könnten, einer allgemeinen Genehmigungspflicht unterworfen (grob vergleichbar Art. 7 Abs. 1 DSchG-BY und § 22 Abs. 2 DSchG-BW). Dadurch wird der bisherige Schutz konstitutiv geschützter Denkmale – auch vor archäologischen Forschungsgrabungen – im Wesentlichen unverändert beibehalten.

Ebenfalls vorgesehen wird aber (in § 8 Abs. 2) eine Genehmigungspflicht für alle in den Erdboden bzw. Grund unter Wasser eingreifenden (d.h. invasiven) Handlungen, durch die dort möglicherweise vorkommende archäologische Denkmale maßgeblich gefährdet werden könnten. Ausgenommen von dieser Genehmigungspflicht sind nur geringfügige Bodeneingriffe (unter 30 cm Tiefe und 1 m² Fläche bzw. 1 m³ Gesamtvolumen) sowie (durch § 8 Abs. 3) einige andere Arten von Bodeneingriffen (z.B. amtswegige Grabungen des BDA, die normale landwirtschaftliche Nutzung des Bodens, Maßnahmen bei Gefahr im Verzug und Forschungsgrabungen von ArchäologInnen mit neu vorgesehener Grabungslizenz). Dabei kann die Genehmigung bei auch nach anderen Rechtsvorschriften genehmigungspflichtigen Handlungen (z.B. Bauarbeiten, die einer Baugenehmigung bedürfen) gemeinsam mit diesen anderen Genehmigungen (d.h. in einem Antrag) beantragt werden.

Damit derartige Genehmigungsanträge auch rasch behandelt werden können, trifft jedoch in meinem Neuvorschlag den Antragsteller eine Ermittlungspflicht: er hat selbstständig (und somit auch auf eigene Kosten) dem Antrag alle für eine rasche denkmalschutzrechtliche Beurteilung erforderlichen Voruntersuchungsergebnisse beizufügen. Das macht es erforderlich, alle jene nicht oder nur wenig invasiven archäologischen Prospektionsmethoden, mittels derer zuvor noch unbekannte archäologische Denkmale im Boden entdeckt werden können (darunter auch die Verwendung von Metallsuchgeräten im Rahmen der soeben genannten Flächen- und Tiefenbeschränkungen) aus der denkmalschutzrechtlichen Genehmigungspflicht auszunehmen; mit dem Ziel, den objektiven und subjektiven Erstentdeckungszeitpunkt allfällig an Ort und Stelle unter der Bodenoberfläche vorkommender archäologischer Denkmale möglichst weit vor den Beginn der eigentlich geplanten Erdarbeiten zu ziehen. Erst das ermöglicht überhaupt einen möglichst präventiven archäologischen Denkmalschutz.

Dokumentations- und Meldepflichten


Nachdem viele archäologische Entdeckungsversuche in meinem Neuvorschlag keiner behördlichen NFG-Pflicht (mehr?) unterliegen, werden stattdessen (in § 9) weit umfassendere, nach Eingriffs- bzw. Nachforschungsart gestaffelte Dokumentations- und Meldepflichten vorgesehen. Diese sind jedenfalls immer dann einzuhalten, wenn archäologische Denkmale entdeckt werden, egal aus welchen Gründen; wobei aus Qualitätssicherungsgründen (ebenfalls gestaffelte) Mindeststandards für diese Dokumentationen durch ministerielle Verordnung festzusetzen sind. Die Dokumentations- und Meldepflichten gelten dabei nicht nur für „Bodenfunde“ im herkömmlichen Sinn (also unter oder auf der Erdoberfläche aufgefundene, herrenlose Gegenstände), sondern für alle Funde archäologischer Denkmale, gleichgültig wo diese entdeckt werden. Für systematische archäologische Untersuchungen (ob invasiv oder nicht invasiv) gelten immer die höchsten Mindeststandards, die in etwa denen in den derzeitigen „Richtlinien für archäologische Maßnahmen“ des BDA (2018) entsprechen könnten.

Derartige Dokumentationspflichten sind verfassungsrechtlich unproblematisch, weil sie dem Schutz der verfassungsgesetzlich geschützten Wissenschaftsfreiheit Dritter und der Erhaltung der archäologischen Denkmale durch Dokumentation dienen und mit den dadurch verursachten Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit von FinderInnen aufgrund der fundumstandsspezifischen Staffelung verhältnismäßig sind. Darüber hinaus lassen sie sich problemlos aus der in Österreich seit über 200 Jahren bestehenden Auskunftspflicht von Findern „über alle für die Ausforschung eines Verlustträgers maßgeblichen Umstände“ des § 390 ABGB ableiten und stehen damit in einer langjährigen Rechtstradition.

Zudem wird durch eine Übergangsbestimmung (§ 9 Abs. 1a) vorgesehen, dass binnen einer bestimmten (noch festzusetzenden) Übergangsfrist alle bereits derzeit in privaten Sammlungen befindlichen archäologischen Denkmale, die dem BDA bisher nicht gemeldet wurden und für die ihr derzeitiger Besitzer keinen einwandfreien Eigentumserwerbsnachweis erbringen kann, ebenfalls dem BDA in geeigneter Form nachzumelden sind. Dadurch soll ein Zentralregister aller bereits in Österreich in Privatbesitz befindlichen archäologischen Denkmale erzeugt werden, was für die (in § 10) vorgeschlagene Neuregelung des Eigentumsrechts an beweglichen archäologischen Denkmalen wichtig ist. Ziel ist es, dadurch in Zukunft eine Umgehung der gesetzlichen Dokumentations- und Meldepflichten mittels der Behauptung, diese würden aus einer (zuvor noch unbekannten) Privatsammlung stammen, unmöglich zu machen bzw. wenigstens deutlich zu erschweren. Öffentliche Sammlungen, die sachgerechte Sammlungskataloge führen, sind von dieser Nachmeldepflicht ausgenommen.

Darüber hinaus ist eine modernisierte Fassung der schon bisher bestehenden Veröffentlichungspflicht eingegangener Fundmeldungen durch das BDA vorgesehen. Diese wird jedoch durch eine Möglichkeit zur zeitweiligen Geheimhaltung von Fundmeldungen (bzw. Fundstellen) ergänzt, wenn dafür denkmalpflegerische oder andere berechtigte (z.B. wirtschaftliche) Gründe vorliegen. Damit können besonders bedeutende Fundstellen, sofern dies erforderlich erscheint, auch vor „Raubgrabungstourismus“ geschützt werden.

Die vorgeschlagenen Dokumentations- und Meldepflichten würden für alle jene archäologischen Denkmale, die derzeit noch nicht bekannt sind, eine generelle Erhaltungspflicht durch Dokumentation einführen. Eine Erhaltung besonders bedeutender Fundstellen in situ wäre jedoch weiterhin möglich: diese müssen bloß nach ihrer Entdeckung (oder auch ausreichenden Untersuchung) wie das schon bisher und auch weiterhin unverändert vorgesehen ist, durch einen separaten Verwaltungsakt gemäß dem konstitutiven Prinzip unter Denkmalschutz gestellt werden. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage in Österreich, unter der eine Erhaltung archäologischer Denkmale durch Dokumentation eigentlich überhaupt nicht möglich ist, wäre das jedenfalls eine maßgebliche Verbesserung (einmal abgesehen davon, dass man auch derzeit noch gänzlich unbekannte Fundstellen nicht in situ erhalten kann, weil man sie noch nicht einmal kennt).


Eigentumsregelung für bewegliche und unbewegliche archäologische Denkmale

Mein Neuvorschlag für die Regelung des Eigentumserwerbs an archäologischen Denkmalen (§ 10) beruht auf dem Prinzip, dass dadurch Finder und Grundeigentümer maximal zur denkmalgerechten Behandlung von archäologischen Denkmalen am (und nach dem) Erstentdeckungszeitpunkt motiviert werden sollen; d.h. Finder und/oder Grundeigentümer zu ihrer sachgerechten Dokumentation und Meldung bzw. Grundeigentümer zu ihrer möglichst unveränderten Erhaltung. Das macht es sowohl erforderlich, von der bisher geltenden hadrianischen Fundteilungsregel für bewegliche und den automatischen Eigentumserwerb durch den Grundeigentümer für unbewegliche archäologische Denkmale abzugehen.

Stattdessen wird vorgeschlagen, denkmalgerecht handelnden Grundeigentümern das ungeteilte Eigentumsrecht an unbeweglichen archäologischen Denkmalen auf ihren Grundstücken und ebenso handelnden Findern das ungeteilte Eigentumsrecht an allen von ihnen entdeckten beweglichen archäologischen Denkmalen zu übertragen. Im Fall der nicht denkmalgerechten Behandlung von archäologischen Denkmalen bei ihrer Erstentdeckung (die im Fall des Grundeigentümers für diesen subjektiv selbstverständlich auch durch Mitteilung eines allfälligen Finders oder des BDAs über auf ihrem Grund entdecket archäologische Denkmäler eintreten kann) durch ihren Finder bzw. den Grundeigentümer wird hingegen vorgesehen, dass die entdeckten archäologischen Denkmale ins Eigentum der Republik übergehen; und zwar sowohl die beweglichen als auch die unbeweglichen. Nachdem Finder gewöhnlich (auch) die (rechtliche) Verfügungsgewalt über die von ihnen entdeckten beweglichen Denkmale erlangen und Grundeigentümer die uneingeschränkte (rechtliche) Verfügungsgewalt über ihren Grund und Boden behalten wollen, motiviert diese Eigentumserwerbsregelung sowohl Finder als auch Grundeigentümer zur maximal denkmalgerechten Behandlung neu entdeckter archäologischer Denkmale.

Zudem wird durch eine Übergangbestimmung (§ 10 Abs. 2a) auch das Eigentumsrecht an (gem. § 9 Abs. 1a) nachgemeldeten beweglichen archäologischen Denkmalen in Privatsammlungen neu geregelt. Um auch hier die Besitzer derartiger Privatsammlungen maximal zur Meldung ihrer Sammlungsobjekte zu motivieren, wird auch hier das Eigentumsrecht an nachgemeldeten archäologischen Denkmalen dem zugesprochen, der die Nachmeldung vornimmt; und zwar auch dann, wenn er diese Funde unter den derzeit oder früher geltenden gesetzlichen Bestimmungen rechtswidrig erworben hat. Explizit ausgenommen davon sind nur solche beweglichen archäologischen Denkmale, die widerrechtlich im Ausland erworben oder nach Österreich eingeführt wurden, für die die Bestimmungen des Kulturgüterrückgabegesetzes unverändert weiter gelten. Diese Übergangsregelung ist dafür notwendig, dass nach Ablauf der Übergangsfrist archäologische Denkmale, die nicht sachgerecht (gem. § 9 Abs. 1, 1a und 2) dokumentiert wurden, automatisch (gem. § 10 Ans. 3) ins Eigentum der Republik übergehen können.

Schließlich würde auch noch ein Ankaufsrecht der Gebietskörperschaften für bewegliche und unbewegliche archäologische Denkmale eingeführt, wenn deren Erhaltung und öffentliche Zugänglichkeit nicht anders als dadurch langfristig gesichert werden kann. Dies entspricht sinngemäß den schon derzeit bestehenden Ankaufsrechten der Gebietskörperschaften gem. § 10 DMSG. Ziel dieser Bestimmung ist es, der öffentlichen Hand den gegebenenfalls erforderlichen Erwerb von besonders bedeutenden, in Privateigentum stehenden archäologischen Denkmalen zu ermöglichen, die deren privater Eigentümer nicht (mehr) erhalten kann oder möchte (z.B. wenn die Erben eines Sammlers dessen Privatsammlung auflösen, ein Problem auf das ja auch Schreg in seinem Kommentar hingewiesen hat).

Sicherungsmaßnahmen

Schließlich wird auch noch eine Neuregelung der denkmalschutzrechtlichen Sicherungsmaßnahmen (§ 11) vorgeschlagen, die in ähnlicher Form schon bisher für Zufallsfunde von Bodendenkmalen (gem. § 9 DMSG) galten.

Neu ist hier insbesondere die bisher nicht vorgesehene Möglichkeit für das BDA, alle Arbeiten, durch die Denkmale gefährdet werden könnten, einzustellen; und zwar auch dann, wenn diese bereits zuvor vom BDA bewilligt wurden, aber bei allfälligen Kontrollen durch das BDA als unsachgemäß durchgeführt beurteilt werden. In diesem Fall stehen die betroffenen Denkmale dann automatisch für bis zu 6 Wochen unter Denkmalschutz (wie bisher Zufallsfunde nach ihrer Entdeckung gem. § 9 Abs. 3 DMSG).

Ebenfalls neu vorgesehen ist die Möglichkeit für das BDA, den Verursacher solcher Einstellungen mit den Kosten aufgrund dieser Einstellung unmittelbar erforderlich werdender Rettungsgrabungen oder sonstiger Ersatzmaßnahmen zu belasten. Auch dazu besteht unter der derzeitigen Rechtslage keine Möglichkeit, weil Grabungen keine Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG sein können. Das kann durchaus auch unsachgemäß arbeitende Grabungsfirmen treffen, die z.B. mit nicht ausreichend qualifizierten Personal arbeiten oder aber aus Profitmaximierungsgründen (oder um die Konkurrenz unterbieten zu können) die Mindeststandards für die sachgerechte Dokumentation archäologischer Denkmale unterschreiten.

Zusätzlich wird auch die schon bisher durch § 9 Abs. 4 DMSG vorgesehene Möglichkeit für das BDA, bewegliche Kleinfunde auf bis zu zwei Jahre zur wissenschaftlichen Bearbeitung einzuziehen, in den Neuvorschlag übernommen (§ 11 Abs. 3). Dadurch soll insbesondere (weiterhin) sichergestellt werden, dass durch Laien entdeckte, besonders wissenschaftliche bedeutende bewegliche Kleinfunde, deren wissenschaftlichen Bearbeitung und Publikation durch ihren Eigentümer nicht erwartet werden kann, der wissenschaftlichen Bearbeitung und Publikation zugeführt werden können.

Strafbestimmungen

Die bereits bisher geltenden Strafbestimmungen des § 37 DMSG werden in meinem Neuvorschlag sinngemäß angepasst übernommen. Die einzige maßgebliche Veränderung zur bisherigen Situation ist die Erhöhung des Strafrahmens für vorsätzlich entgegen der Bewilligungspflichten des § 8 durchgeführte Grabungen und sonstige archäologische Denkmale gefährdende Maßnahmen. Für den Verstoß gegen die NFG-Pflicht des § 11 Abs. 1 DMSG war bisher gem. § 37 Abs. 2 Z 2 eine Höchststrafe von € 25.400 vorgesehen. Davon wird abgegangen und stattdessen der wirtschaftliche Gesamtwert der entgegen den Genehmigungspflichten durchgeführten Arbeiten bzw. bei „Schatzsuchen“ der Verkehrswert der entdeckten Funde als Höchststrafe festgesetzt. Auch dadurch sollen Personen zum maximal denkmalgerechten Verhalten motiviert werden.

Fazit

Die hier (und auch schon dem zuständigen österreichischen Bundesminister) vorgeschlagene Alternativlösung für den archäologischen Denkmalschutz weicht von den bisher im deutschen Sprachraum gewählten Lösungsversuchen wenigstens teilweise maßgeblich ab, versucht jedoch letztendlich genau dieselben Ziele zu erreichen, welche die archäologische Denkmalpflege bereits seit langem zu erreichen versucht. Der hier vorgestellte alternative Lösungsversuch ist aber jedenfalls rechtlich deutlich belastbarer als die bisher gewählten Lösungsversuche und hat auch – wenigstens meiner Meinung nach – weit bessere Aussichten darauf, den erwünschten Erfolg zu erzielen: dass möglichst wenige Funde unter fragwürdigen Bedingungen gemacht und, wenn – egal aus welchem Grund – Funde gemacht werden, diese möglichst entsprechend den fachlich erforderlichen Qualitätsstandards dokumentiert werden. Aber nicht nur das: er scheint wenigstens mir auch wesentlich geeigneter als die bisher gewählten Lösungsversuche, das produktive Miteinander aller an archäologischen Denkmale – aus welchen Gründen auch immer – interessierten Parteien zu ermöglichen, dass auch Rainer Schreg (2016) wünscht und wohl auch die staatliche archäologische Denkmalpflege eigentlich wünschen würde.

Dafür muss man aber, so denke ich, erforderlichenfalls auch ein paar heilige archäologische Kühe schlachten, die archäologische Denkmalpflege neu denken und sie vor allem auch rechtlich in einer neuen Weise (wie z.B. von mir vorgeschlagen) gestalten. Denn eine effektivere öffentliche Vermittlung der wissenschaftlichen Anliegen und Standards des Faches, wie sie Rainer Schreg als einzigen konkreten Verbesserungsvorschlag bringt, wird dafür nicht reichen: diese Vermittlung versuchen wir nämlich seitdem es unser Fach gibt stetig zu verbessern, ohne damit bisher unserem Ziel wirklich näher gekommen zu sein.

Ein Nachsatz zum Verursacherprinzip

Weil Rainer Schreg (2016) auch der derzeit in der Archäologie so weit verbreiteten Hoffnung Ausdruck verleiht, durch die Ausweitung des Verursacherprinzips auf die Grabungsfolgekosten das dafür tatsächlich fehlende Geld zu bekommen, dazu noch ein kurzer Nachsatz: ich glaube nicht, dass das jemals funktionieren wird, sicher nicht in Österreich, aber wohl auch nicht in Deutschland. Dafür sehe ich zwei hauptsächliche Gründe:

Der erste und weit weniger wichtige Grund ist, dass im Rahmen des Verursacherprinzips die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit zu beachten ist: der Einzelne darf nicht zugunsten der Allgemeinheit mit unverhältnismäßigem Aufwand belastet werden. Man kann nun zwar natürlich diskutieren, wie viel genau verhältnismäßig ist, insbesondere bei Großbauvorhaben (siehe dazu z.B. Siegmund & Scherzler 2014, 171), aber Grenzen sind der Verursacherfinanzierung trotzdem gesetzt. Die Grabungsfolgekosten („bis zur Publikation“) können hingegen nahezu unbegrenzt sein, vor allem, wenn es um die Langzeiterhaltung beweglicher archäologischer Denkmale und Grabungsdokumentationen geht. Man stößt also spätestens langfristig auch mit dem Verursacherprinzip recht rasch an die Grenzen des wirtschaftlich Möglichen.

Der zweite und weit wichtigere Grund ist hingegen, dass im Rahmen des Verursacherprinzips auch die rechtliche Verhältnismäßigkeit zu beachten ist: der Einzelne darf auch nicht zugunsten der Allgemeinheit mit Aufwänden belastet werden, der zum Schutz der Allgemeinwohlinteressen gar nicht erforderlich ist. Das Verursacherprinzip dient nämlich letztendlich einem Interessensausgleich zwischen privaten und öffentlichen Interessen: die Allgemeinheit soll nicht unverhältnismäßig mit Kosten belastet werden, die durch zum Schutz öffentlicher Interessen erforderliche Maßnahmen entstehen, die der Einzelne dadurch verursacht, dass er ein berechtigtes privates Interesse zu verwirklichen versucht. In der archäologischen Denkmalpflege ist dieses öffentliche Interesse die Erhaltung der (bedeutenden) archäologischen Denkmale, das (normalerweise) durch das berechtigte Interesse von Einzelnen, ihr Eigentum wirtschaftlich produktiv (insbesondere durch seine Verbauung) zu nutzen, beeinträchtigt wird bzw. werden könnte.

In der Regel bedeutet das, dass der Einzelne die ihn bei der Verwirklichung seiner Interessen „störende“ Archäologie entfernen bzw. entfernt haben will. Dass die Allgemeinheit die betroffenen Denkmale möglichst dauerhaft erhalten und wissenschaftlich erforscht haben will, braucht ihn nicht zu interessieren. Er verursacht daher auch durch die Beseitigung der die Verwirklichung seines privaten Interesses störenden Denkmale nicht die Grabungsfolgekosten: diese werden vielmehr durch das öffentliche Interesse an der Erhaltung und Erforschung dieser Denkmale verursacht. Damit kann ihn die Allgemeinheit aber auch qua Verursacherprinzip nicht mit den dafür erforderlichen Kosten belasten. Dass die Öffentlichkeit Denkmale, die von seinem Grund auf seine Kosten sachgerecht entfernt wurden, über ihre Entfernung hinaus langfristig erhalten und erforscht haben will, ist Sache der Allgemeinheit, die daher auch die dafür anfallenden Kosten zu tragen hat.

Eine Ausdehnung der Verursacherfinanzierung auf die Grabungsfolgekosten, die über die reine sachgerechte Dokumentation der in situ zerstörten bzw. ex situ geborgenen archäologischen Denkmale hinausgeht, erscheint daher nicht möglich; schon gar nicht in Österreich bei der derzeit bestehenden Rechtslage. Aber selbst jenseits von Österreich sollte man sich nicht zu viele Hoffnungen auf die Rettung durch die Verursacherfinanzierung machen; sondern stattdessen endlich verstärkt damit beginnen, den Staat daran zu erinnern, dass er die archäologischen Denkmale, die er als Allgemeinwohlgut definiert hat, nicht nur erhalten, sondern auch durch ihre wissenschaftliche Erforschung für das Allgemeinwohl nutzbar machen muss; und er dafür daher auch die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen hat.


Zitierte Literatur

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1 Kommentar:

Hunden Knut hat gesagt…

Geophysikalische archäologische Prospektion kann einen wertvollen Beitrag dazu leisten unbekannte Bodendenkmäler zu lokalisieren und zu dokumentieren um sie schützen zu können. Es ist schon recht verwunderlich, dass Genehmigungen für nicht-invasive geophysikalische archäologische Prospektionen in Österreich nur von Archäologen beantragt werden dürfen und nicht von Geophysikern. Prinzipiell ist es ausgesprochen fragwürdig weshalb nicht-invasive Verfahren in Österreich überhaupt der Genehmigungspflicht unterliegen.