Montag, 7. April 2025

Niedrigwasser am Bodensee: Klimawandel betrifft auch Pfahlbauten

Aktuell werden insbesondere vom Untersee des Bodensees extrem nedrige Waserstände gemeldet. Der Hafen von Mannenbach gegenüber der Insel Reichenau auf der Schweizer Seite ist trocken gefallen.  Auch am Pegelstand Konstanz ist der Niedrigstand zu beobachten, doch ist insbesondere der Untersee betroffen. Der Durchfluss durch den Seerhein schafft  derzeit nicht genügend Wasser ausgleicht. Betroffen vom Niedrigwasser sind auch weitere Seen in der Schweiz, die bisher unkritisch gesehen werden,  

Ursache der neidrigen Wasserstände ist die aktuelle Trockenheit mit ausbeleibenden Regenfällen wie auch die geringe Menge an Schmelzwasser nach einem schneearmen Winterhalbjahr.  Seit 1974  war der Wasserstand nicht mehr so niedrig wie derzeit.

Wollmatinger Ried, März 2025. Nach der Aufnahme ist der Wasserstand weiter gesunken
(Foto: R. Schreg)

 

Die Uferzone des Untersee ist ein Kernberich des UNESCO-Welterbes "Prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen". Hier liegen die Stationen auf der Insel Werd, Wangen-Hinterhorn, Hornstaad-Hörnle, Allensbach-Strandbad und Wollmatingen-Langenrain,. Inzwischen ist bekannt, dass sich in der Uferzone der Insel Reichenau auch mittelalterliche Palisadenanlagen unter Wasser erhalten haben. Daneben liegen in den Sedimenten der Uferzone aber auch Funde und Befunde der historischen Fischerei und Schiffahrt.

Unter Sauerstoffabschluß unter dem Wasserspiegel haben sich hier organische Reste erhalten, die anderswo längst verrottet sind. Schon vor Jahren wurde der Klimawandel als Risiko für den Erhalt der Pfahlbaustationen am Bodensee erkannt.  Problematisch ist nicht nur, dass Fundstellen trocken fallen und dadurch organische Reste dem Sauerstoff und der Verrottung ausgesetzt werden, sondern dass veränderter Wellengang bislang stabile Sedimente angreift und aberodiert. "Durch den Abtrag der schützenden Sedimentschichten treten die Kulturschichten oder Pfahlreste zutage, werden mikrobiell zersetzt oder durch Wellengang und Abrieb mit Sedimentpartikeln mechanisch zerstört. Bei winterlich niedrigem Wasserstand am Bodensee kommt es zusätzlich zum Ausfrieren der wassergesättigten Keramik und Bauhölzer, die daraufhin in ihre Bestandteile zerfallen (Frostsprengung,)" (Ostendorp u.a. 2007, 233).

Niedrige Wasserstände sind zwar ein wesentlicher Trigger der Forschung, haben überhaupt erst zur Entdeckung der Pfahlbauten überhaupt geführt. Immer wieder wurden Funde bei Niedrigwasser gemacht, so beispielsweise 2005/06 an der Insel Werd (EschenzTG), wo neben den Pfahlbauten auch Reste einer römischen Rheinbrücke sowie mittelalterliche Befunde  (https://archeobase.ch/ark:/17447/x34022). Zugleich aber sind die Niedrigstände eine Periode erhöhter Gefährdung durch Wellenschalg, Austrocknung, ggf. aber auch unkontrolliertes Absammeln.

Die genaue Situation ist bei jeder Fundstelle etwas anders, da teilweise noch schützende Schlickpakete vorhanden sind, die das aktuelle Risiko etwas abmildern. Die Fundstelle Wangen-Hinterhorn ist bereits im Sinne einer konservatorischen Überdeckung mit Geotextil und Kies abgedeckt und es erfolgt ein Monitoring durch das Landesamt für Denkmalpflege (Hagmann u.a. 2011, ). 

 

Aktuelle Medienberichte

weitere Links

Literaturhinweis

  • „Was haben wir aus dem See gemacht?“. Kulturlandschaft Bodensee Teil II – Untersee. Zweite Tagung der Projektgemeinschaft des Arbeitskreises Denkmalpflege am Bodensee, 12. Oktober 2001. Arbeitshefte Landesamt für Denkmalpflege 12  (Stuttgart 2001). -  ISBN 978-3-8062-1792-6 
  • S. Hagmann/ H. Schlichtherle/ U. Schlitzer, UNESCO-Welterbe. Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen. Denkmalschutz in Baden-Württemberg und Bayern (Stuttgart 2011) - https://www.unesco-pfahlbauten.org/fileadmin/media/pfahlbauten/PDF/Broschuere_Weltkulturerbe_Pfahlbauten.pdf
  • W. Ostendorp / H. Brem / M. Dienst / K. D. Jöhnk / M. Mainberger / M. Peintinger / P. Rey / H. Rossknecht / H. Schlichtherle / D. Straile, Auswirkungen des globalen Klimawandels auf den Bodensee. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 125, 2007, 199–244. - http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-38282