Samstag, 29. Juni 2013

Petition übergeben

Am Dienstag 25.6.2013 wurde die NRW-Petition übergeben:
Gespräch anlässlich der Übergabe der DGUF-Petition am 25.6.2013. Zweiter von links: Michael Groschek (Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr), dritte von links: Carina Gödecke (Präsidentin des Landtags), Mitte: Diane Scherzler (stv. Vorsitzende), zweiter von rechts: Rengert Elburg (DGUF-Vorsitzender).
Copyright: DGUF/Sven Evertz

Keine Spur von einem Kurswechsel. Darlehen können eine Förderung nicht ersetzen.
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Freitag, 28. Juni 2013

Archäologischer Fund als Weltdokumentenerbe

Die Himmelscheibe von Nebra wurde als Weltdokumentenerbe registriert.
Damit ist erstmals ein archäologischer Fund in das Register aufgenommen. Im Unterschied zu den meisten übrigen Dokumenten - Bibliotheken, Archive, einzelne Schriftstücke, Fotographien, Karten oder Tonaufnahmen - handelt es sich hier nicht um eine konkrete Sprachaufzeichnung. Der Antrag unterstreicht das Selbstverständnis der Archäologie als eine Geschichtswissenschaft und das Verständnis archäologischer Funde als historische Dokumente.

Dienstag, 25. Juni 2013

Zerstörungsfreie Archäologie - Landschaftsarchäologie und Geo-Archäometrie

Höhere Auflösung, Motorisierung, GPS-Lokalisierung und die Integration verschiedener Methoden bieten heute Möglichkeiten einer zerstörungsfreien Untersuchung von Fundplätzen, die vor wenigen Jahren noch kaum vorstellbar waren. Sie eröffnen ungeahnte Chancen für die archäologische Forschung, zeigen aber auch, wie wichtig es ist, Fundaufsammlungen und Grabungen sorgfältig zu planen, um die Ergbnisse aller Methoden zu ermöglichen. Das beinhaltet beispielsweise eine möglichst exakte Einzelfundeinmessung, da Fundverlagerungen durch Pflug und Bodenerosion eben nicht vorausgesetzt werden dürfen und leicht überschätzt wird. Zudem erlaubt die Überlagerung der Verteilung von Funden mit dem geomagnetischen Messbild und deren statistische Bewertung oft auch noch dann Aussagen zur Datierung und Funktion von Befunden, wenn die Funde im Pflughorizont bereits verlagert sind. Die vor allem von Sondengängern lauthals vertretene Meinung, Funde aus dem Pflughorizont hätten ohnehin keinen Kontext mehr, erweist sich als grundlegend falsch.

Vom 29. Mai bis zum 2. Juni 2013 fand in Wien bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften die 10th International Conference on Archaeological Prospection statt. Ausgerichtet wurde die Konferenz von der ÖAW und dem Ludwig Boltzmann Institute  for Archaeological Prospection and Virtual Archaeology.
 
Archaeological Prospection 2013
10th International Conference on Archaeological Prospection
Austrian Academy of Sciences, Vienna, May 29th – June 2nd 2013

http://archpro.lbg.ac.at/archaeological-prospection-2013



Montag, 24. Juni 2013

27.005 - enormer Erfolg der Archäologie-Petition

Mit über 27.005 Unterschriften wurde die DGUF-Petition gegen die Mittelkürzungen in der Denkmalpflege in Nordrhein-Westfalen beendet. Die Unterschriften sollen am 25. Juni an Carina Gödecke, die Präsidentin des Landtages von Nordrhein-Westfalen, und an Michael Groschek, den für Archäologie und Baudenkmalpflege zuständigen Minister, im Düsseldorfer Landtag übergeben werden:

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Freitag, 21. Juni 2013

Politischer Eklat um Bronzezeit

Merkel und Putin 2008
(Foto: Website des russ. Präsidenten kremlin.ru
 [CC BY 3.0] via Wikimedia Commons)
 Streit um 'Beutekunst' spitzt sich zu:
Nachtrag: Es gibt doch ein Merkel-Grußwort

Legal looting - Columbia's dissipation of its submarine cultural heritage

On monday 17th of june 2013 Colombia sold its cultural submarine heritage to treasure hunters. There are many shipwracks in the Caribbean sea as well as at Colombia's Pacific coast. They represent unique testimonials to World history. Remains of the ships as well as their cargo provide important historical information, providing a careful archaeological excavation.
Sir Francis Drake in Cartagena 1585,
hand-colored engraving, by Baptista Boazio, 1589
(PD, library of Congress, via Wikimedia Commons)

Colombia now pass a law which allows treasure hunter the looting of these wracks, if they give half of the finds to the Colombian state. This will without any doubt lead to the destruction of many archaeological sites. Most treasure hunter companies speculate for monetary revenue and have little interest in an archaeological documentation.
The law already passed the House of Representatives last december with 78 / 11 votes. The Senate with 102 representants accepted the disastrous law with only 8 votes against.

The argumentation of the politicians refers to the retrieval of otherwise unreachable objects.
"The spirit of this bill was to create mechanisms to access some heritage objects that would otherwise be unattainable" explained Colombian minister of culture Mariana Garcés. Furthermore, they see no problem in selling 'repetitive finds'. There is no understanding, that in archaeology the context of finds is the basis for every historical interpretation. Repetition of finds (assumed this is a concept suitable for preindustrial handicraft production at all) is an important archaeological fact, which has profound consequences on chronology as well as on the understanding of trading routes. 'Repetition' of finds is in itself an valuable archaeological fact, which must not be disturbed.

Colombian gouvernment rather followed the recommendation of commercial treasure hunting companies than their own archaeological experts. In several experts' report state archaeologists argued against passing the law. By political pressure several archaeologists resigned from their posts in the Antiquities Commission as well as from the ICANH (Instituto Colombiano de Antropología e Historia).

Contacted by Spanish ABC News UNESCO declared "enormous concern about the destruction of underwater cultural heritage sites worldwide through commercial exploitation and plunder. The situation is alarming and the threat is growing every day in many countries of our planet. "
There are several doubts whether the bill is in accordance with national and international laws. The UNESCO Convention for the Protection of Submerged Heritage states that any submarine archaeological remains should not be sold on antiquities market.


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Donnerstag, 20. Juni 2013

Ratiaria – Die geschredderte Römersiedlung

ein Gastbeitrag
von Jutta Zerres

„Wozu treibst du nicht die Herzen der Menschen, verfluchter Hunger nach Gold!“ („Quid non mortalia pectora cogis, auri sacra fames„) heißt es in Vergils „Aeneis“ (3, 56-57). Dieses Zitat mag so manchem Archäologen ins Gedächtnis kommen beim Anblick der Kraterlandschaft, die sich heute östlich der modernen Stadt Arçar im Gebiet der antiken Siedlung Ratiaria in Nordwestbulgarien erstreckt.
Blick auf das Gelände von Ratiaria nach den Raubgrabungen.
Nur an einer Stelle sind Reste von Bauten stehen geblieben.
(Foto: Widintourist [CC BY-SA 3.0] via WikimediaCommons)

Die Trägödie begann mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems in Bulgarien und der darauf folgenden Wirtschaftskrise. Nachdem der Staat 1992 die finanzielle Förderung der Ausgrabungstätigkeit eingestellt hatte, machten sich die Anwohner von Arçar angelockt von der Möglichkeit Goldmünzen und andere wertvolle Dinge zu finden über die römische Siedlung her. Schon seit langer Zeit wurde erzählt, dass die Felder in der Gegend von Ratiaria nach starken Regengüssen von den freigespülten Goldmünzen regelrecht blinkten und funkelten.

Einer von zahlreichen Raubgrabungskratern im Gelände von Ratiaria
(Foto: Widintourist [CC BY-SA 3.0] via WikimediaCommons)

Zu den plündernden Anwohnern gesellten sich organisierte Banden; Korruption verhinderte ein effektives Vorgehen der Behörden. Das Areal wurde metertief mit schwerem Gerät umgegraben. Um keine Goldmünze und andere Preziosen zu übersehen schredderten die Raubgräber das gesamte Erdreich mit allen enthaltenen Kleinfunden, den Steinen und den Baumaterialien klein. Ratiaria ist das prägnanteste Beispiel für die Plünderungen und Zerstörungen an Kulturstätten in Bulgarien seit den politischen Umwälzungen im Ostblock am Beginn der neunziger Jahre.


Ratiaria auf einer größeren Karte anzeigen


Donnerstag, 13. Juni 2013

25.000


Die Petition der DGUF zu den Mittelkürzungen in der Denkmalpflege in Nordrhein-Westfalen hat die 25.000-Hürde genommen.
Der DGUF-Newsletter vom 12.6.2013 führt aus:
verändert nach
Wikimedia Commons
Die am 24. März von der DGUF lancierte öffentliche Petition hat nach zweieinhalb Monaten mehr als 25.000 Unterschriften erreicht, fast 50% davon aus NRW. Die Petition läuft noch bis zum 23. Juni. Diese auch die DGUF überraschende starke öffentliche Resonanz ist ein Geschenk engagierter Bürgerinnen und Bürger an die Archäologie und Baudenkmalpflege. Zugleich ist sie ein hart erarbeitetes Geschenk, an  dem inzwischen viele Helfer weit über die DGUF hinaus mit hohem Einsatz mitwirken. Stellvertretend nennen wir die unermüdlich auf unterschiedlichsten Wegen sammelnde Kölner Fachschaft für Ur- und Frühgeschichte, eine Facebook-Gruppe gegen Kulturgut-Raub und das [...] Team in der Stadt Steinfurt bei Münster. Der Erfolg der Petition konterkariert die andernorts geäußerte Klage, die Archäologie habe in Deutschland keine Lobby. Viele namhafte und große Verbände rufen inzwischen zur Unterstützung der Petition auf. Darunter sind der Verband der Landesarchäologen, der Deutsche Verband für Archäologie, der Deutsche Archäologen-Verband, die LWL-Archäologie für Westfalen, der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, der Verband der Geschichtslehrer Deutschlands, der Verband Deutscher Kunsthistoriker, die Vereinigung der Landesdenkmalpfleger, der Bund Heimat und Umwelt, der Bundesverband freiberuflicher Kulturwissenschaftler und die Bundesvereinigungen der Restauratoren im Handwerk.
Die Petition läuft noch bis zum 23. Juni 2013.  


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Dienstag, 11. Juni 2013

"Es sieht aus wie in einem U-Boot"

Zur Rettungsaktion in den überfluteten Depots des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle
Über facebook wurden rund 200 freiwillige Helfer zusammengetrommelt. Vor allem Studenten aus Gera, Leipzig und Jena leisteten mit Museumsmitarbeiter die Evakuierung von 10.000 Fundkisten.
"Es sieht aus wie in einem U-Boot" alarmierte Harald Meller am 4.6. aus dem Depot. Rund 1500 laufende Metern Fundkisten in einem anderen Depot fielen den Fluten allerdings zum Opfer.

Scherbenschleier als Indikator für Landnutzungsstrategien

Streufunde von Keramik, insbesondere von mittelalterlicher und neuzeitlicher Keramik galten lange Zeit nur als interessant, wenn sie als Indikatoren einer früheren Siedlungsstelle angesehen wurden. Scherben, die dem sog. "Mistschleier" zugeschrieben wurden, wurden gar nicht erst aufgesammelt.

Feldbegehungen in Bräunisheim.
Die kleinen roten Flaggen markieren die
zur Einmessung vorgesehenen Scherbenfunde des zum Ortsrand
hin dichter werdenden Scherbenschleiers
(Foto R. Schreg, 2005)
Inzwischen liegen Studien aus verschiedenen Landschaften vor, die solche Scherbenschleier nicht unbeachtet gelassen haben. Sie reichen von England bis Griechenland und belegen den Quellenwert des Scherbenschleiers als Indikator für frühere Landnutzung.

Begehungen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und der Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen im spätlatènezeitlichen Heidengraben haben auch jüngeres Material dieses Scherbenschleiers systematisch erfasst (Schreg 2006). Bei den Arbeiten auf der Stubersheimer Alb werden auch relativ junge Funde einzeln mit GPS eingemessen - jedenfalls die charakteristischen Randscherben und solche, die eine nähere Datierung versprechen. Es zeigt sich, dass immer wieder einzelne Scherben unterschiedlichster Zeitstellung auftreten. Oft bleibt ungewiß, ob sie der letzte Rest einer Besiedlung sind oder eben schon als Einzelscherben auf das Feld gelangt sind.
In Südwestdeutschland (und wohl in weiten Teilen Mitteleuropas) scheinen sie aber vor allem charakteristisch für das Spätmittelalter, insbesondere für das 14./15. Jahrhundert (Horizont der Karniesränder, wobei die breiten Formen des 15. Jh. besonders häufig scheinen). Obgleich mit einer recht großen Zahl spätmittelalterlicher, kaum je schriftlich exakt fassbarer Wüstungen zu rechnen ist, wird doch deutlich, dass der Scherbenschleier nicht als direkter Siedlungsniederschlag im Umfeld von Gebäuden sein kann.  
Am Niederrhein zeichnet sich ein Scherbenschleier bereits in der Karolingerzeit ab (Wessel u.a. 2008), im Hunsrück scheint er hingegen erst in der Neuzeit einzusetzen (Begutachtung einer Privatsammlung), in einigen Regionen ist ein Scherbenschleier schon in der römischen Zeit zu beobachten (Dyer 1990). Dabei bezeichnet der Scherbenschleier das großräumige Aufkommen einzelner Keramikfunde ohne Fundkonzentrationen, die auf spezifische Siedlungsaktivitäten an Ort und Stelle zurückzuführen sind.

Kritisch zu hinterfragen sind im Einzelfall aber die Faktoren im Formationsprozess des Scherbenschleier, wie etwa die
  • zunehmende Härte der dominierenden Warenarten
  • generell steigende Bedeutung der zunehmend als Massenware produzierten Keramik
  • verändertes Abfallverhalten 
All das kann zum Entstehen eines Scherbenschleiers beitragen.

Zunehmende Härte der dominierenden Warenarten

Härter gebrannte Keramik, wie etwa Faststeinzeug oder Steinzeug hat als Oberflächenfund bessere Erhaltungschancen. In Südwestdeutschland sind allerdings bereits die frühmittelalterlichen Drehscheibenwaren (rauwandige Drehscheibenware, ältere gelbe Drehscheibenware) hart bis sehr hart gebrannt und zeigen als Lesefunde meist kaum Auflösungserscheinungen. Schlechter erhalten sind meist die im Hochmittelalter dominierenden nachgedrehten Waren, die aber schon im 12./13. Jahrhundert durch die wiederum hart gebrannte jüngere graue Drehscheibenware abgelöst werden. Wäre also der Faktor Brandhärte ausschlaggebend für das Einsetzen des Scherbenschleiers, so müsste man dessen Beginn im 12./13. Jahrhundert und nicht erst im 14./15. Jahrhundert erwarten.

Generell steigende Bedeutung der zunehmend als Massenware produzierten Keramik

Der Grad der Verbreitung von Keramikgefäßen überhaupt ist ein wesentlicher Faktor. Im Hochmittelalter sind an der nachgedrehten Ware häufig Reparaturlöcher zu verzeichnen, die darauf hinweisen, dass Gefäße im Haushalt kostbar waren und nicht so schnell ersetzt werden konnten - wahrscheinlich handelte es sich um die saisonale Produktion von Teilzeitspezialisten. Mit dem zunehmend städtisch orientierten professionellen Töpferhandwerk des Spätmittelalters verbesserte sich die Keramikausstattung wohl auch im ländlichen Haushalt. Eine Quantifizierung ist allerdings kaum möglich, da kaum 'Pompeji-Situationen' bekannt sind. Quantifizierende Analysen aus Stadtkerngrabungen oder ländlichen Siedlungen, anhand derer ein Anstieg der Keramiknutzung nachvollzogen werden könnte, fehlen. Die empirische Einschätzung, dass der Fundanstieg im Zeitraum des 14./15. Jahrhunderts nicht ausreicht, bzw. dass er nicht auf einen engen Zeitraum eingrenzbar ist, um die starke Verdichtung des Scherbenschleiers zu erklären, kann derzeit nicht verifiziert werden.

Verändertes Abfallverhalten

Eine Erklärungsmöglichkeit für die Entstehung des Scherbenschleiers ist eine zunehmende Stallhaltung und die zunehmende Bedeutung des Misthaufens auch für den Hausmüll (inklusive zerbrochener Gefäße). Über das Ausbringen des Mistes sind die Scherben dann auf den Ackerflächen verteilt worden.
Diese These wird beispielsweise auch in der britischen Forschung vertreten, die Scherbenschleier vermehrt als Indikator für Landnutzung und Düngung auswertet, in England, aber auch im Mittelmeerraum  (Jones 2005, Caraher 2012).

Fazit

Im Augenblick scheint mir die These veränderten Abfallverhaltens am plausibelsten. Ganzjährige Stallhaltung ist in vielen Landschaften zwar erst eine Errungenschaft des 19. Jahrhunderts, aber vielleicht ist dieser Prozess ja gekoppelt mit einer zunehmenden saisonalen Aufstallung. Es wäre hier zu fragen, ob dies nicht mit einem Wandel der Haustypen im späten Mittelalter - als das Eindachhaus vielfach an Bedeutung gewinnt - einhergeht?
Wenn wir im zunehmenden Scherbenschleier tatsächlich eine Intensivierung der Mistdüngung erfassen, so greifen wir damit eine Veränderung der Bodenmanagementstrategien, die der spätmittelalterlichen Wüstungsphase nachfolgt. Daher ist zu überlegen, inwiefern an der Krise des 14. Jahrhunderts auch eine starke Beanspruchung und Auslaugung der Böden beteiligt war. Hat fehlende Mistdüngung dazu beigetragen, dass die Bodenfruchtbarkeit im Spätmittelalter nachgelassen hat? Im Früh- und Hochmittelalter war eine Siedlungsfluktuation auf kleinem Raum gebräuchlich, die zumindest im Kernbereich der Feldflur durch einen mittelfristigen Nutzungswechsel von Siedlung, Garten und Acker immer wieder längere Perioden des Nährstoffeintrages mit sich brachte.
Ist es Zufall, dass wir im Rheinland, wo der Scherbenschleier seit der Karolingerzeit greifbar ist, die Wüstungsdichte im Spätmittelalter erheblich niedriger ist?

Bislang sind das Thesen, die durch eine feinere chronologische Eingrenzung, statistische Auswertungen und einen Vergleich verschiedener Landschaften geprüft werden müssen. Voraussetzung dafür sind systematische Untersuchungen des Scherbenschleiers. Die auch heute noch häufig als uninteressant verworfene spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Lesefunde erweisen sich als wichtige umweltarchäologische Quelle.


Literaturhinweise

  • Caraher 2012
    B. Caraher, Manuring and Artifact Distributions at Pyla-Koutsopetria Cyprus. Search: The New Archaeology of the Mediterranean World (2.8.2012)
     
  • Dyer 1990
    C. Dyer, Dispersed Settlements in Medieval England. A case study of Pendock, Worcestershire. Medieval Arch. 34, 1990, 97–121.
  • Jones 2005
    R. Jones, Signatures in the Soil: the Use of Pottery in Manure Scatters in the Identification of Medieval Arable Farming Regimes. Arch. Journal 161, 2005, 159–188. 
  • Schreg 2006
    R. Schreg, Mittelalterliche und neuzeitliche Keramikfunde vom Heidengraben (Feldbegehungen, Grabung 1994). In: T. Knopf, Der Heidengraben bei Grabenstetten. Archäologische Untersuchungen zur Besiedlungs­geschichte. Universitätsforsch. Prähist. Arch. 141 (Bonn 2006) 201-210.
  • Wessel u. a. 2008
    I. Wessel/C. Wohlfarth/R. Gerlach, Archäologische Forschungen auf der Rheinbacher Lößplatte. Ein Projekt zur Prospektion in einem geographischen Kleinraum. Rhein. Ausgr. 62 (Mainz am Rhein 2008).
Interne Links



Änderungsvermerk: 30.4.2024 Satzbau im Abschnitt "Zunehmende Härte" korrigiert

Freitag, 7. Juni 2013

Anhörung im NRW-Landtag

Am 6.6.2013 fand im nordrhein-westfälischen Landtag die Anhörung zum Gesetzesentwurf statt:
Unter den vorformulierten Fragen wurden auch die Auswirkungen der  geplanten Mittelkürzungen thematisiert. - Sicher ein Erfolg der DGUF-Petition gegen die Mittelkürzungen, die noch bis zum 23. Juni 2013 läuft:  

Weitere Presse- und Blogmeldungen zu den Mittelkürzungen in den vergangenen Wochen (Auswahl):

Interne Links

100.000

Heute morgen hat Archaeologik - nach Blogger-Zählung - die Zugriffsmarke von 100.000 überschritten.

Donnerstag, 6. Juni 2013

Ein Teenager kratzt an der Tempelwand


ein Gastbeitrag von
Jutta Zerres 


Vor einiger Zeit besuchte eine chinesische Touristenfamilie wie Millionen Ägyptenreisende jährlich den Luxor-Tempel. Der 14-jährige Sprößling ritzte in einem unbeobachteten Moment „Ding Jinhao war hier“ auf eine der reliefgeschmückten Wände und zwar quer über Brust, Bauch und Lendenschurz Alexanders des Großen. Der Teenager bekam mächtig Ärger, aber nicht stehenden Fußes, sondern erst mit einiger Zeitverzögerung. Anfang Mai 2013 fiel das Graffito nämlich einer anderen Touristengruppe aus dem Reich der Mitte auf. Einer der Reisenden schoss konsterniert über die Untat des Landsmannes ein Foto und postete es in einem sozialen Netzwerk. Dieses wiederum löste in China einen Sturm der Empörung und eine Debatte über das Verhalten von Chinesen im Ausland aus, die selbst die Regierung erreichte. Die Familie und der Übeltäter wurden im Internet ausfindig gemacht und erheblich angegriffen; die Eltern baten öffentlich um Entschuldigung für den Imageschaden, den das Land erlitten habe.

Angesichts tausender Raubgrabungslöcher und anderer massiver Zerstörungen an Kulturstätten, die nach der Revolution landauf-landab entstanden sind, erscheint dieser „Dummer-Jungen-Streich“ geradezu marginal. Die Geschichte wurde jedoch vielfach in der internationalen Presse und in Blogs aufgegriffen. Hier nur einige Beispiele:
Das chinesische Graffito wurde inzwischen entfernt.
Dan Murphy geht in einem Artikel in „The Christian Science Monitor“ umfassender auf die Geschichte ein.
Dieses Vorkommnis verweise nämlich auf ein viel größeres Dilemma, das der Jugendliche unbeabsichtigt „freigekratzt“ habe. Das wahre Problem der ägyptischen Altertümer sind nämlich weniger die Schmierereien von Touristen, sondern vielmehr das Desinteresse und die mangelnde Fürsorge der staatlichen Behörden. Wie ist es sonst zu erklären, dass es überhaupt zu einem solchen Vorfall kommen konnte bzw. das Graffito lange Zeit unentdeckt blieb und erst von einem anderen Touristen entdeckt wurde?
Der Shitstorm, den das Ereignis ausgelöst hat, wäre also besser an die ägyptischen Behörden adressiert worden und weniger an den unbedarften Jugendlichen und seine Eltern.

Graffito mit der Darstellung des Sarapammon-Hermes
aus römischer Zeit an der Umfassungsmauer
des Deir el-Haggar-Tempels in der Oase Dachla
(Foto: Roland Unger [CC BY-SA 3.0] via Wikimedia Commons)

Der junge Chinese befindet sich übrigens in bester Gesellschaft mit anderen „Schmierfinken“, die in den letzten Jahrtausenden immer wieder an Ägyptens antiken Monumenten ihre Namen und andere Botschaften hinterließen. Die Bandbreite reicht von den Pharaonen selber, die die Namen missliebiger Vorgänger wegmeißeln ließen, über die Römer und die frühen Christen bis hin zu den Reisenden des 19. Jahrhunderts. Solche Graffiti sind nämlich, wenn sie erstmal ein gewisses Alter erreicht haben, wieder von Interesse und werden selber zum Gegenstand der Forschung.
Graffito eines Reisenden des 19. Jahrhunderts und andere Graffiti im Chnum-Tempel von Esna
(Foto: Olaf Tausch [CC BY 3.0] via Wikimedia Commons)

Montag, 3. Juni 2013

Heiße Ware aus Syrien - zunehmende Indizien für Antikenhehlerei mit Plünderungsgut (Mai 2013)

Der letzte Blogpost hatte wegen der Bilder zu Apameia große Resonanz in Mailing-Listen gefunden. Inzwischen wurden die Zerstörungen von Apameia mehrfach thematisiert:
http://traffickingculture.org/news/images-of-looting-at-apamea-added-to-data/
Die übrigen Medie sind darüber hinweg gegangen.

Ein Thema waren Anfang Mai hingegen Plünderungen in Palmyra, nachdem im Libanon geschmuggelte Grabstelen aufgetaucht sind:
Die syrischen UNESCO-Vertreter klagten unterdessen die türkische Regierung an, in den illegalen Antikenhandel verwickelt zu sein:
Die US-Botschaft in Damaskus postete bei facebook eine Karte "Cultural Heritage Sites at Risk" (Karte bei facebook). und als pdf).

Ein Video bei youtube zeigt derweil angeblich Raketenstellungen und Baggerarbeiten in Palmyra:

Einige Blogbeiträge versuchen, den Antikenhandel in den größeren Kontext des syrischen Bürgerkriegs zu stellen. Dabei wird nicht nur darauf hingewiesen, dass die Freie Syrische Armee keine klaren Strukturen aufweist und sich so in deren Umfeld kriminelles Handeln kaum vermeiden lässt.

Kulturdenkmale werden zur Waffe, indem mit ihrer Zerstörung den Menschen auch ein Teil der Identität genommen wird. Und die Zerstörungen eignen sich zur Propaganda, nur leider lässt sich das von außen kaum durchschauen. Auffallend beispielsweise, dass eine russische Quelle explizit ausländische Gegner des Assad-Regimes der Zerstörung orthodoxer Kirchen beschuldigt.

Inzwischen sind neben den hier schon mehrfach als wichtige Quelle für die laufenden Zerstörungen genannten facebook-Gruppen Le patrimoine archéologique syrien en danger الآثار السورية في خطر  und  Protect Syrian Archaeology حماية الآثار السورية bei facebook auch mehrere Seiten zu finden, die auffallend ein Bild von Normalität vermitteln und beispielsweise Bilder von laufenden Grabungen aus der Altstadt von Damaskus zeigen.
In deutlichem Kontrast dazu stehen etwa die Bilder der Zerstörung, die sich etwa bei http://www.businessinsider.com/the-total-destruction-of-homs-syria-2013-5 finden. Denn natürlich betreffen die Kriegshandlungen vor allem die modernen Städte. Kollateralschäden sind die antiken Fundstellen jedoch nicht, zu sehr sind sie Element von Propaganda und symbolträchtiges  Machtmittel.

Nachträge zum April

Weitere Berichte:


Das Wall Street Journal hat eine kurze Bildergalerie zu betroffenen Denkmälern in Syrien:

Interne Links

Eine Karte der Sammlung Kley

Fundstellen der Sammlung Kley nach seinen Einträgen auf der TK 25. Im Zentrum als roter Kasten Geislingen.
Als ich vor 10 Jahren mit der Aufarbeitung der Sammlung Albert Kley begonnen habe, war an ein bequemes GIS noch nicht zu denken, doch wurden von Anfang an die Koordinaten der Fundstellen mit erfasst.
Zur Lokalisierung stehen unterschiedliche Quellen zur Verfügung: Neben den Fundzetteln, persönlicher Kenntnis aus gemeinsamen Besuchen einzelner Fundstellen und einer umfangreichen, aber immer noch nur ansatzweise geordneten schriftlichen Überlieferung sind es vor allem die Kartierungen, die A. Kley selbst auf Topographischen Karten 1:25000 angefertigt hat. Sie zeigen leider nur die wichtigeren Fundstellen, geben aber das Einzugsgebiet der Sammlung - von Ausreisern in Bayern und Schleswig-Holstein abgesehen - wieder.
Diese Karte gilt es nun mit den erfassten Funden abzugleichen.

Interner Link