Freitag, 30. September 2011

Archaeology 2.0

Das Cotsen Institute of Archaeology von der University of California in Los Angeles eröffnet eine neue Publikationsreihe: Cotsen Digital Archaeology Series

Band 1:
E. C. Kansa/S. W. Kansa/E. Watrall (Hrsg.), Archaeology 2.0: New Approaches to Communication and Collaboration. Cotsen Digital Archaeology Series 1 (Los Angeles 2011).
publiziert unter einer Creative Commons Lizenz thematisiert die Auswirkungen des Web auf die archäologische Praxis. Der Band basiert auf einer Sektion des SAA-Annual Meeting 2008 in Vancouver.


Ich bin zu wenig mit der Materie vertraut, um mir ein Urteil über die einzelnen Artikel zu erlauben. Um so mehr schätze ich die Einblicke, die der 'Band' vermittelt

Montag, 26. September 2011

Mittelalterliche Eliten in Afrika

Das RGZM zeigt zur Zeit eine Ausstellung "Gold, Sklaven und Elfenbein. Mittelalterliche Reiche im Norden Nigerias" (bis 1.1.2012), die das Mittelalter aus einer anderen Perspektive zeigt - der afrikanischer Reiche südlich der Sahara. Im Kern der Ausstellung stehen die in Mainz restaurierten Grabfunde von Durbi Takusheyi. In den Gräbern fanden sich u.a. Messingstäbe - Barren, die wohl durch die Sahara nach Süden gelangten, möglicherweise aus Westeuropa.


Ein Begleitband schildert die Afrika-Rezeption im Mittelalter, die "Entdeckung" Afrikas", die Archäologie Nigerias sowie die Ergebnisse der bisherigen, von Detlef Gronenborn geleiteten Forschungen.

Die Eröffnung der kleinen, nur einen Raum umfassenden Werkaustellung fand am 21.9. statt. Mit dabei waren Vertreter der nigerianischen Partner und ein überraschend großes Publikum.

Sonntag, 25. September 2011

Ägyptens Archäologie-Angestellte drohen mit Diebstahl von Museumsgut

Die ägyptische Zeitung Youm7 berichtet über den Arbeits- und Hungerstreik der Angestellten in Ägyptens Supreme Council of Antiquities.
Angesichts der aktuellen Probleme ist der Chef der ägyptischen Altertümer-Verwaltung, Mohammed Abdel Fatah nach nicht einmal einem Monat im Amt zurückgetreten (Badische Zeitung v. 22.9.2011).

Donnerstag, 22. September 2011

Ausbruch des Laki 1783 - und heute

Laki See auf Island
(Foto: filip j. cauz [CC NY-NC-SA 2.0])
Eine neue Studie in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United states of America (PNAS) modelliert einen Vulkanausbruch auf Island nach den historischen Daten der Laki Eruption von 1783. Damals breitete sich eine Aschewolke über Europa aus. Berichtet wird von Schwefelgeruch und eingeschränkter Sicht. Bäume warfen bereits im Juni ihre Blätter ab. Gesundheitliche Beeinträchtigungen werden in den Niederlanden beschrieben und Kirchenbücher aus England zeigen im Sommer 1783 eine Zunahme der Sterblichkeit um bis zu 20 %. Aber selbst in Italien scheint die Sterblichkeit in der Folge angestiegen zu sein.

Die Modellierung überträgt dieses Szenarium auf unsere Gegenwart und schätzt das Risiko und die Folgen eines entsprechenden Vulkanausbruchs ab. Dass man mit solchen Ereignissen konkret zu rechnen hat, zeigt der Ausbruch des Eyjafjöll 2010. Die Studie schätzt 142.000 Todesfälle v.a. in Großbritannien und den Benelux-Staaten inklusive der Region Aachen.


Links:

Sonntag, 18. September 2011

Persönliche Drohungen eines Sondengängers gegen Paul Barford und seine Familie

Paul Barford, der in seinem Blog "Portable Antiquity Collecting and Heritage Issues" seit Jahren kritisch Raubgrabungen und Antikenhehlerei beobachtet, wird mit Drohungen gegen ihn und seine Familie erpresst, seinen Blog zu löschen. Der Blog ist deshalb vorübergehend offline.
 "This morning I informed the police about serious threats made against the author of this blog and his family by a British metal detectorist and an attempt to blackmail me into deleting it. I have decided that this blog will remain closed while their investigations are in progress to prevent further malicious activity by metal detectorists in support of this individual." (RSS-feed)

Anmerkung (10.10.2011)
Der Blog ist wieder online.

Denkmalpflege in der DDR

Ein Podcast zur Denkmalpflege in der DDR, das bei den 7. Promovierendentagen zur deutsch-deutschen Zeitgeschichte 2011 am Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg über das Promotionsvorhaben von Katja Wüllner (BTU Cottbus) entstanden ist.

Link

Samstag, 17. September 2011

Landnutzung in der Wüste

Zwischen den Weltkriegen und vor allem nach dem Holocaust ließen sich viele Juden in Palästina nieder - und kamen in eine ihnen völlig fremde Umwelt. Insbesondere die Negev-Wüste bildete für die Siedler - die zumeist wenig landwirtschaftliche Erfahrungen (und schon gar nicht unter solchen Extrembedingungen) mitbrachten - eine Herausforderung: Extreme Trockenheit bei wenigen Starkregenereignissen stellte besondere Anforderungen an das Wassermanagement. Es galt, den Wasserabfluß so zu verlangsamen, dass es nicht zur Erosion der kostbaren Ackerflächen kam, das Wasser zu speichern und die Verdunstung zu reduzieren.

Dabei fiel der Blick auf ältere Landnutzungsspuren:
Vor allem  im Umfeld der berühmten Wüstenstädte wie Shifta oder Avdat haben sich umfangreiche Geländerelikte erhalten, die eine intensive Nutzung belegen. Die Altflurrelikte bestehen aus Steinriegeln und großflächig verteilten Steinhaufen, meist auf den Talflanken gelegen. Diese Flurelemente konnten den Wasserabfluss nach Starkregen bremsen und gezielt in die Täler leiten, wo sich die eigentlichen Felder und Gärten befinden. Durch die lockeren Steinpackungen wird die Sonneneinstrahlung reduziert und die Verdunstung verringert.
Diese Anlagen sind nahe von Shifta im Luftbild gut zu erkennen (wieder bei bing, da die Bilder bei GoogleMaps hier einen geringeren Kontrast aufweisen). Sie datieren wohl von vorgeschichtlicher bis in byzantinische oder gar frühislamische Zeit.


Die Befunde der Negev-Wüste sind aus mehreren Gründen interessant:
1. ist dies ein weiteres Beispiel für eine "applied archaeology".  In den 1950er Jahren begann eine Erforschung dieser Anlagen nicht zuletzt mit dem Ziel,  daraus für die Anlage neuer Landwirtschaftsbetriebe zu lernen.
2. sind die Landnutzungsstrategien die entscheidende Grundlage für die Interaktion von Mensch und Umwelt und damit auch zum Verständnis der Auswirkung von Extremwetterereignissen, Trocken- und Regenperioden, Warm- und Kaltzeiten.
3. sind Steinriegel und -steinhaufen in vielen Landschaften anzutreffen. Vielfach bleiben die üblichen Interpretationen als Lesesteinhaufen oder -riegel unbefriedigend. Das Beispiel der Negev zeigt - in einer landschaftlichen Extremsituation - die Bedeutung solcher Strukturen für das Boden- und Wassermanagement. Insofern sind die Beobachtungen in der Negev-Wüste auch wichtig für das Verständnis der vor allem im byzantinischen Mittelalter geprägten fossilen Kulturlandschaft im Bergland der südwestlichen Krim, die in den vergangenen Jahren in einem Projekt des RGZM erforscht worden sind und deren Publikation derzeit vorbereitet wird.

Literaturhinweis
  • M. Evenari/ L. Shanan/ N. Tadmor, The Negev. The callenge of a desert (Cambridge Mass. 1971).
Link

Sonntag, 11. September 2011

Archäologie auf Ground Zero

Images from 9/11
(Foto: 'macten' [CC by-nc 2.0] bei flickr)
Zum 10. Jahrestag von 9/11 sind die Vorgänge auch Thema einer archäologischen Ausstellung “Excavating Ground Zero: Fragments from 9/11” im Penn Museum: (Penn Museum, Daily Times, Philadelphia Inquirer). Hier geht es freilich weniger um Forschung, als vielmehr um Vergangenheitsbewältigung und um einen Erinnerungsort - eine Funktion, die für eine Archäologie des 20. und 21. Jahrhunderts - im Gegensatz zur Archäologie früherer Perioden - häufig von zentraler Bedeutung ist.





Notbergung am Ground Zero
(Foto von 'carolvinzant' [CC BY-NC-ND 2.0] bei flickr)
Die Notgrabungen für die Neubebauung haben unter anderem ein Schiffswrack des 18. Jahrhunderts aufgedeckt.

Mittwoch, 7. September 2011

Schwerste Strafen für Raubgräber in China

Ein Bericht von Daily China (USA) v.7.9.2011 bietet einen Einblick in die Raubgräberproblematik in China und zeigt das drastische Durchgreifen der Behörden.

Schätzungen aus Kreisen von Antikenhändlern gehen davon aus, dass in China rund 100.000 professionelle Raubgräber den "Markt" versorgen. "Gestohlene Antiken werden normalerweise über Hong Kong und Macao außer Landes gebracht und dann nach Taiwan, Kanada, Amerika oder Europa verkauft" so ein Vertreter des Sicherheitsministeriums.

Der Bericht konzentriert sich auf die Region Shaanxi mit der ehemaligen Hauptstadt Chang'an, wo unter anderem die berühmten, reich ausgestatteten und weit ausgedehnten Königsgräber liegen. Sie sind bevorzugtes Ziel von Raubgräbern, aber aufgrund ihrer Weitläufigkeit nur schwer zu kontrollieren.  In den kommenden 5 Jahren sollen umgerechnet etwa 15,6 Millionen $ für ein Überwachungssystem ausgegeben werden.

Seit 2009 hätte die Polizei von Shaanxi mehr als 250 Fälle von Grabraub bearbeitet und dabei 500 Verdächtige verhaftet. 1500 Artefakte seien sichergestellt worden.
Im Jahr 2010 wurden landesweit 973 Fälle bearbeitet; dabei seien 71 Banden zerschlagen, 787 Verdächtige verhaftet und 2.366 Artifakte sichergestellt worden.

Raubgräbern drohen in China drei bis zehn Jahre Haft, in schweren Fällen sogar lebenslänglich.

Montag, 5. September 2011

Blut und Sand - Prospektionen in der römischen Gladiatorenschule von Carnuntum

ludus in Carnuntum - Reconstruction by LBIArchPro
(© M.Klein / 7reasons)
Das LBI Institute for Archaeological prospection and virtual archaeology in Wien hat bei großflächigen archäologischen Prospektionen in der Römerstadt Carnuntum bei Wien eine römische Gladiatorenschule entdeckt (s. Pressemeldung).

In Carnuntum, einer der größten bis heute erhaltenen römischen Landschaft, wurde ein neues motorisiertes Multikanal-Bodenradargerät in enger Zusammenarbeit mit dem Land Niederösterreich und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Einsatz gebracht, um verdächtige Bereiche die mit Luftaufnahmen lokalisiert wurde näher zu untersuchen. Dieses Gebiet liegt westlich des in der 1. Hälfte des zweiten Jahrhunderts außerhalb der Zivilstadt von Carnuntum gebauten Amphitheaters. Die Archäologen waren begeistert, als die neuen Sensoren einen ausgedehnten und in sich abgeschlossenen Gebäudekomplex zeigten: die Gladiatorenschule von Carnuntum (lateinisch ludus).
Gladiator exhibit in Carnuntum
Gladiatores in Carnuntum 2010
(Foto Max Timchenko [CC BY-NC-SA 2.0] bei flickr)
Das von 1923 bis 1930 ausgegrabene Amphitheater nahm bis zu 13000 Zuschauer auf war nach zeitgenössischen Inschriften das viert größte des gesamten römischen Reichs und Schauplatz zahlreicher Gladiatorenspiele. Trotz der Ausgrabungen fand das Areal in dem die Gladiatorenschule nun entdeckt wurde wenig Beachtung. Die Luftbilder zeigen Gebäude mit Verkaufsräumen und Tavernen entlang der Ostseite der römischen Straße, die aus der antiken Stadt zur Arena führte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite fehlt eine entsprechende Bebauung. 


Blood and Sand – the life and death of Gladiators in Roman Austria

ludus in Carnuntum - Reconstruction by LBIArchPro
(© M.Klein / 7reasons)
The LBI Institute for Archaeological prospection and virtual archaeology in Vienna has discovered a Roman School of Gladiators at Roman Carnuntum, Austria using geophysical prosepction.


Samstag, 3. September 2011

Angkor Wat im privaten Wohnzimmer - nur zum Wohl von Kunst und Kultur

Tempel von Angkor Wat (Foto: ScubaBeer [CC BY-SA 2.0])



Ein Blogbeitrag von living if (Taking home a piece of Angkor Wat)  berichtet, wie jemand in Bangkog Architekturteile aus der UNESCO-Welterbestätte Angkor Wat gekauft und sie als Replikate in die USA geschmuggelt hat - und dies nun moralisch rechtfertigt nach dem Motto "In meinem Wohnzimmer haben mehr Leute etwas von der Schönheit des Tempels von Angkor Wat, seine Kunst ist bei mir besser aufbewahrt als in einem Museum in Kambodscha"
Inzwischen hat der Eintrag in zahlreichen einschlägigen Blogs Resonanz gefunden:

Ein einsamer Kommentar auf der ursprünglichen Seite weist auf das grundlegende Problem der Ent-Kontextualisierung hin.

Freitag, 2. September 2011

Grabraub auf der Krim (2)

Raubgrabungsschacht in einem frühmittelalterlichen
Kammergrab im Hinterland von Sevastopol.
(Foto RGZM/ R.Schreg)
Das Gräberfeld befindet sich im Übergangsbereich zwischen dem Hinterland der alten griechischen Kolonie Chersonesos, die auch in byzantinischer Zeit noch ein wichtiges urbanes Zentrum war und dem Bergland der Krim, das zahlreiche "krimgotische" Gräberfelder aufweist. Informationen über genaue Grabkontexte einzelner Funde just auf diesem Gräberfeld hätten im Vergleich mit den benachbarten Gräberfeldern von Cherson und dem Bergland eine besondere Aussagekraft für die Frage des kulturellen Austauschs am Rande des byzantinischen Reichs.
Leider sind in dieser Region die meisten Gräberfelder inzwischen moderner Beraubung ausgeliefert - z.B. Bakla.

Link