Eine Diskussion um die Kapazitäten archäologischer Museumsmagazine.
Weder wegwerfen noch verkaufen/privatisieren scheint hier eine angemessene Lösung.
Archaeologik ist ein Wissenschaftsblog zu Themen der Archäologie und des Kulturgutschutzes. Er zielt auf eine kritische Archäologie, die sich mit methodisch-theoretischen, wissenschaftspolitischen und gesellschaftlichen Aspekten der Archäologie auseinandersetzt und die alltägliche Forschungspraxis reflektiert.
Archaeologik is a science blog contributing to various aspects of critical archaeology and cultural heritage including methodology, theory and daily archaeological practice.
Freitag, 20. März 2015
Mittwoch, 18. März 2015
Erster Surveyfund: Frisches Raubgrabungsloch
Im Rahmen eines Forschungsprojektes bemühen wir uns gerade, die Landnutzung im Umland der frühbyzantinischen Stadt Caričin Grad in Südserbien zu verstehen. Der erste Anlaufpunkt: eine aus einem LiDAR-Scan bekannte Befestigungsanlage.
Und was findet man? Ein großes frisches Loch von Raubgräbern...
Raubgrabungsloch (Foto R. Schreg/RGZM) |
Leider nix Ungewöhnliches!
Samstag, 14. März 2015
Cyberarchäologie im Widerstand gegen IS
Das durch IS zerstörte Museum von Mosul soll nach einer Idee junger Kollegen aus dem EU-Projekt 'Initial Training Network for Digital Cultural Heritage: Projecting our Past to the Future' als crowd-sourcing-Projekt digital rekonstruiert werden. In einem "call for action" wird um Hilfe bei der Sammlung von Fotos gebeten, die das Museum und die Objekte zeigen. Ziel ist es, mit photogrammetrischen Methoden 3D-Modelle der zerstörten Objekte zu schaffen, die später Grundlage sein könnten, ausstellbare Kopien zu erstellen. Dabei wird auch Unterstützung bei der Prozessierung der Bilder benötigt, etwa bei der Maskierung bzw. beim Freistellen der Objekte.
Zerstörungen im Museum von Mosul (Ausschnitt aus einem Video des IS) |
- Project Mosul. Ancient World online (11.3.2015) - http://ancientworldonline.blogspot.de/2015/03/project-mosul.html
- Project Mosul. Thoughts on Cyberarchaeology (8.3.2015) - http://neshmi.tumblr.com/post/113110702891/project-mosul
- Homepage des Projektes: Project Mosul - http://projectmosul.itn-dch.net/
Montag, 9. März 2015
Krieg gegen die Vergangenheit? Der IS und die systematische Zerstörung archäologischer Fundstellen
Der Zerstörungswahn von IS nimmt ungeahnte Ausmaße an. Nach dem Museum von Mossul und Niniveh gibt es nun Berichte der Zerstörung aus Nimrud, Chrosabad und Hatra. Dahinter steckt mehr als Ikonoklasmus: eine gezielte Provokation des Westens, aber wohl auch der Versuch, aus einzelnen Objekten Geld zu machen, denn immer wieder findet sich in den Berichten auch der Hinweis, dass womöglich mit LKW Objekte abtransportiert wurden.
Allerdings: Die meisten Berichte sind bisher nicht wirklich bestätigt und stammen anders als im Falle des Museums von Mossul aus irakischen Quellen, die möglicherweise ein Interesse daran haben, eine militärische Frühjahrsoffensive als dringlich erscheinen zu lassen und sich dafür breite internationale Unterstützung zu sichern. Einige frühere Berichte zu Zerstörungen in Niniveh hatten sich erst mal als falsch erwiesen (vergl. Archaeologik [1.2.2015]). Insofern besteht noch Hoffnung, dass am Ende die Schäden geringer sein werden, als derzeit zu befürchten steht.
Ein wesentliches Problem für die Einschätzung der Zerstörungen an den Fundstellen im Einzugsbereich des IS ist es, dass es - anders als dies in Syrien oder in Ägypten der Fall war - kaum Berichte über Social Media gibt, die ergänzende Informationen oder aktuelle Bilder liefern.
Kritisch zu der Berichterstattung stellt sich Donna Yates (Anonymous Swiss Collector), die eben bemängelt, dass die Mehrzahl der Medienberichte eben nicht auf zuverlässigen Meldungen aufbaut: Poor reporting of the destruction of heritage threatens our ability to protect the past.. Anonymous Swiss Collector (8.3.2015) - http://www.anonymousswisscollector.com/2015/03/poor-reporting-of-the-destruction-threatens-our-ability-to-protect-the-past.html
Allerdings: Die meisten Berichte sind bisher nicht wirklich bestätigt und stammen anders als im Falle des Museums von Mossul aus irakischen Quellen, die möglicherweise ein Interesse daran haben, eine militärische Frühjahrsoffensive als dringlich erscheinen zu lassen und sich dafür breite internationale Unterstützung zu sichern. Einige frühere Berichte zu Zerstörungen in Niniveh hatten sich erst mal als falsch erwiesen (vergl. Archaeologik [1.2.2015]). Insofern besteht noch Hoffnung, dass am Ende die Schäden geringer sein werden, als derzeit zu befürchten steht.
Ein wesentliches Problem für die Einschätzung der Zerstörungen an den Fundstellen im Einzugsbereich des IS ist es, dass es - anders als dies in Syrien oder in Ägypten der Fall war - kaum Berichte über Social Media gibt, die ergänzende Informationen oder aktuelle Bilder liefern.
Kritisch zu der Berichterstattung stellt sich Donna Yates (Anonymous Swiss Collector), die eben bemängelt, dass die Mehrzahl der Medienberichte eben nicht auf zuverlässigen Meldungen aufbaut: Poor reporting of the destruction of heritage threatens our ability to protect the past.. Anonymous Swiss Collector (8.3.2015) - http://www.anonymousswisscollector.com/2015/03/poor-reporting-of-the-destruction-threatens-our-ability-to-protect-the-past.html
Nimrud
Nimrud, Norwest-Palast (Foto: Staff Sgt. JoAnn Makinano [PD] via Wikimedia Commons) |
Am 5.3. ging die Meldung durch die Medien, IS hätte die assyrische Ruinenstadt von Nimrud einplaniert.
Nimrud ist eine Stadtanlage im wesentlichen des 7. Jahrhunderts v. Chr., die an der Mündung des Großen Zāb in den Tigris gelegen ist. Die mit Türmen bewehrte, fast 8 km lange Stadtmauer schützt ein etwa rechteckiges Stadtgebiet, in dessen Westecke über dem Tigris die sogenannte Akropolis liegt. Hier befanden sich eine große Zikkurat, mehrere Tempel und der Königspalast.
Nach ersten Ausgrabungen 1845 legten britische Archäologen die bestens erhaltene Palastanlage frei. Im Irakkrieg kam es bereits durch US-Truppen zu erheblichen Schäden an der Fundstelle.
Zur Fundstelle auf wikipedia
- ISIS 'Bulldozed' Ancient Assyrian City of Nimrud: Iraq. Assyrian International News Agency (5.3.2015) - http://www.aina.org/news/20150305162026.htm mit der Aussage, dass große LKW wohl zum Abtransport von Funden an der Aktion beteiligt waren.
- Terror-Miliz im Irak: IS-Kämpfer verwüsten antike Stadt Nimrud. Spiegel online (6.3.2015) - http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-is-zerstoert-antike-stadt-nimrud-a-1022074.html
- ISIL fighters bulldoze ancient Assyrian palace in Iraq. AlJazeera (5.3.2015) - http://www.aljazeera.com/news/2015/03/isil-fighters-bulldoze-ancient-assyrian-palace-iraq-150305195222805.html
- ISIS Militants 'Bulldoze' Ancient Nimrud Archaeological Site Near Mosul: Iraq Ministry. The World Post (5.3.2015) - http://www.huffingtonpost.com/2015/03/05/iraqi-ministry-islamic-s_n_6811168.html
- ISIS Attacks Nimrud, a Major Archaeological Site in Iraq. The New York Times (5.3.2015) - http://www.nytimes.com/2015/03/06/world/middleeast/isis-attacks-iraqi-archaeological-site-at-nimrud.html
- ISIS Razes The City Of Nimrod Where The Tower Of Babel Was Believed To Have Been Built. Shoebat.com (5.3.2015) - http://shoebat.com/2015/03/05/isis-razes-the-city-of-nimrod-where-the-tower-of-babel-was-believed-to-have-been-built/
- Home> International UN Official: ISIS Destruction of Ancient City of Nimrud, Artifacts a ‘War Crime’. ABC News (6.3.2015) - http://abcnews.go.com/International/isis-destruction-ancient-city-artifacts-war-crime/story?id=29441874
- Outcry over Isis destruction of ancient Assyrian site of Nimrud . The Guardian (6.3.2015) - http://www.theguardian.com/world/2015/mar/06/isis-destroys-ancient-assyrian-site-of-nimrud
- IS-Bulldozer löschen assyrische Metropole aus. Welt (6.3.2015) - http://www.welt.de/geschichte/article138129568/IS-Bulldozer-loeschen-assyrische-Metropole-aus.html
- http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/228#/beitrag/video/2357034/IS-zerst%C3%B6rt-antike-Stadt-Nimrud
- dradio (6.3.2015) (Audio) - http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2015/03/06/dlf_20150306_2320_b0b976bb.mp3
- http://www.deutschlandfunk.de/zerstoerung-von-nimrud-ein-super-gau-der-sprachlos-macht.694.de.html?dram:article_id=313568
- http://lootingmatters.blogspot.co.uk/2015/03/damage-to-nimrud.html
Eine assyrische Königsresidenz 12 km nördlich von Mossul soll am 8.3. gesprengt worden sein.
- Zerstörung im Irak: IS-Milizen sprengen antike Königsresidenz der Assyrer. Spiegel online (8.3.2015) - http://www.spiegel.de/politik/ausland/zerstoerte-kulturdenkmaeler-is-sprengt-assyrische-koenigsfestung-a-1022439.html
- Iraqi Minister: Concerns Over IS Looting Third Ancient Site. The New York Times (8.3.2015) - http://www.nytimes.com/aponline/2015/03/08/world/middleeast/ap-ml-islamic-state.html?_r=0
- Zur Fundstelle auf wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Dur_%C5%A0arrukin_%28Assyrien%29
Hatra
Hatra, November 2008 (Foto: 1st Combat Camera Sq., Staff Sgt. JoAnn S. Makinano [PD] via Wikimedia Commons) |
Außer den assyrischen Monumenten stehen auch griechisch-römische Monumente auf dem Zerstörungsprogramm von IS. Nicht verwunderlich, da der IS den Westen mit den Ruma - den Römern gleichsetzt.
Allerdings lag Hatra meist im Einflußbereich des Partherreiches und war Hauptstadt eines kleinen Reiches, das sich Rom meist widersetzte und dessen Herrscher im späten 2. Jahrhundert den Titel "König der Araber" führte.
Zur Fundstelle auf wikipedia
Am 7.3. gab es Meldungen, wonach IS Hatra zerstören würde.
Allerdings lag Hatra meist im Einflußbereich des Partherreiches und war Hauptstadt eines kleinen Reiches, das sich Rom meist widersetzte und dessen Herrscher im späten 2. Jahrhundert den Titel "König der Araber" führte.
Zur Fundstelle auf wikipedia
Am 7.3. gab es Meldungen, wonach IS Hatra zerstören würde.
- Reports: ISIS bulldozed ancient Hatra city in Mosul. Riyadh Vision (7.3.2015) - http://www.riyadhvision.com/2015/03/07/reports-isis-bulldozed-ancient-hatra-city-in-mosul/
- Source: ISIS destroying ancient city of Hatra . Rudaw (7.3.2015) - http://rudaw.net/mobile/english/middleeast/iraq/070320153
- Reports: ISIS bulldozed ancient Hatra city in Mosul. Al Arabiya (7.3.2015) - http://english.alarabiya.net/en/News/middle-east/2015/03/07/Reports-ISIS-bulldozed-ancient-Hatra-city-in-Mosul.html
- Weltkulturerbe gesprengt: Dschihadisten zerstören auch antike Stadt Hatra. Spiegel online (7.3.2015) - http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-zerstoert-hatra-kulturstaette-im-irak-a-1022346.html
- Iraq says Islamic State militants raze ancient Hatra city. Reuters (7.3.2015) - http://www.reuters.com/article/2015/03/07/us-mideast-crisis-iraq-hatra-idUSKBN0M30GR20150307
- R. Brockschmidt, Terrormiliz IS zerstört Jahrtausende alte Stadt Hatra Der Sonnengott weint. Der Tagesspiegel (7.3.2015) - http://www.tagesspiegel.de/kultur/terrormiliz-is-zerstoert-jahrtausende-alte-stadt-hatra-der-sonnengott-weint/11473470.html
- Irak bittet um Hilfe zum Schutz antiker Stätten. Verwüstung von Hatra nicht offiziell bestätigt. Welt (8.3.2015) - http://www.welt.de/newsticker/news1/article138189967/Irak-bittet-um-Hilfe-zum-Schutz-antiker-Staetten.html
Neue Zerstörungen in Mossul
- ISIS destroys beloved mosque in central Mosul . Rudaw (6.3.2015) - http://rudaw.net/english/middleeast/iraq/060320151 - IS sprengt Moschee aus dem 19. Jh.
Zu den Zerstörungen des IS in Mossul wurden die Berichte bereits in Archaeologik v. 1.3.2015 zusammen gestellt, so dass hier im wesentlichen nur Ergänzungen angeführt sind:
- Les djihadistes de l’EI saccagent les trésors «païens» du Musée de Mossoul. Le Temps (27.2.2015) - http://www.letemps.ch/Page/Uuid/54a08606-be57-11e4-b1aa-59105399a835/Les_djihadistes_de_lEI_saccagent_les_tr%C3%A9sors_pa%C3%AFens_du_Mus%C3%A9e_de_Mossoul
- http://dienekes.blogspot.de/2015/02/the-plight-of-assyrians.html
- http://www.aljazeera.com/blogs/middleeast/2015/03/iraq-isil-destruction-ancient-assyrian-statues-mosul-150301175854102.html
- Misreporting of Islamic State Looting Does Damage. BLOUIN Art Info (27.2.2015) - http://blogs.artinfo.com/artintheair/2015/02/27/misreporting-of-islamic-state-looting-does-damage/ betont, dass es sich mehrheitlich um Kopien gehandelt habe und greift das Metropolitan an, das Hysterie ob der Zerstörung geschürt hätte. Das Blog steht dem Kunsthandel nahe.
- Erased: ISIS and the Destruction of Ancient Artifacts. The Atlantic (26.2.2015) - http://www.theatlantic.com/international/archive/2015/02/ISIS-Video-Militants-Smashing-Ancient-Artifacts-Mosul-Museum/386198/
Terroristen zertrümmern eine assyrische Statue im Museum von Mossul (Ausschnitt aus einem Video des IS) |
- http://en.albawabhnews.com/51170
- https://conflictantiquities.wordpress.com/2015/02/28/iraq-mosul-museum-nergal-gate-rumour/
Eine Bestandsaufnahme der Zerstörungen im Museum von Mossul
Reaktionen
Eine Fatwa gegen die Zerstörung von Artefakten
Politische Forderungen
- Zerstörung von Kulturgut solle als Kriegsverbrechen geahndet werden: http://www.wsj.com/articles/the-destruction-of-cultural-heritage-should-be-a-war-crime-1425073230
- Der irakische Premierminister will die Täter verfolgen: CBC (28.2.2015) - http://www.cbc.ca/news/world/iraq-pm-vows-to-hunt-down-isis-vandals-who-destroyed-statues-1.2977287
- Irak: Unesco fordert Krisensitzung wegen IS-Video. Spiegel online (26.2.2015)
- http://english.alarabiya.net/en/News/middle-east/2015/02/27/Arab-League-ISIS-destruction-of-Iraqi-heritage-odious-crime-.html
- http://www.unesco.org/new/en/media-services/single-view/news/unesco_director_general_condemns_destruction_of_nimrud_in_iraq/back/9597/#.VPmJS_nF-So
- Council for British Archaeology fordert die britische Regierung auf, endlich die Konvention von Den Haag von 1954 (Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict with Regulations for the Execution of the Convention 1954) zu ratifizieren.
- CBA calls on UK government to stop cultural property funding Islamic militants. Archaeology dig ot (19.2.2015) - http://new.archaeologyuk.org/news/cba-calls-on-uk-government-to-stop-cultural-property-funding-islamic-militants
- Eine Veranstaltung der FU Berlin: http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/vaa/veranstaltungen/diskussionsrunde_kulturzerstoerung.html
- Eine Demonstration vor dem Weißen Haus in Washington: http://www.savingantiquities.org/whitehouse-march-stop-isis/
- Satire in der arabischen Welt: http://www.panarabiaenquirer.com/wordpress/islamic-state-wins-prestigious-turner-prize-modern-art/
- https://www.facebook.com/Karlremarks/photos/a.401607333254173.93233.395292190552354/787957927952443/?type=1
- https://www.facebook.com/letemps.ch/photos/a.923639634332464.1073741827.319393291423771/994833537213073/?type=1&permPage=1
- https://fbcdn-sphotos-f-a.akamaihd.net/hphotos-ak-xpf1/v/t1.0-9/s720x720/11063_10152758546648602_4677976640115200749_n.jpg?oh=5fd8b5ee74968cf1571c038991802879&oe=557FE53D&__gda__=1435639482_3b03328c1088eca5f43530b4054645eb
Kommentare
- Ein Statement von Thomas P. Campbell, Director of The Metropolitan Museum of Art, On The Destruction at The Mosul Museum mit einem Kommentar von Paul Barford: http://paul-barford.blogspot.de/2015/02/statement-by-british-museum-on.html
- http://phdiva.blogspot.ca/2015/02/mosul-museum-looting-and-updates.html
- http://www.archaeological.org/news/aianews/18742
- http://www.huffingtonpost.com/american-anthropological-association/why-does-heritage-become-_b_6792464.html
- http://www.deutschlandfunk.de/is-miliz-verbrannte-erde.720.de.html
- Anschlag auf das Kulturerbe der Menschheit - Nach der Zerstörungsorgie des IS in Mossul . Das Erste: ttt (8.3.2015)http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/ndr/titelthesentemperamente-128.html Eine politische Lösung als einzige Möglichkeit.
- http://m.apnews.com/ap/db_306481/contentdetail.htm
- http://www.pbs.org/newshour/bb/islamic-state-gains-destroying-antiquities-iraq/
- https://publicplacespastpresent.wordpress.com/2015/03/06/destruction-of-cultural-heritage-as-political-protest/
- http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/was-nach-der-zerstoerung-nimruds-zu-tun-ist-13468243.html - Markus Hilgert
- The Ancient Sites Now Under Threat From ISIS in Libya. NewsWeek (5.3.2015) - http://www.newsweek.com/2015/03/13/rise-isis-threatens-libyas-classical-archaeology-sites-311038.html
- http://www.theguardian.com/world/2015/mar/07/isis-destroy-libya-cultural-treasures
Übersehen wird mal wieder, dass archäologische Befunde nicht transportabel sind. Zudem einige richtige Bemerkungen dazu bei
interner Link
- frühere Meldungen zum Bürgerkrieg in Syrien auf Archaeologik (u.a. monatliche Reports seit Mai 2012)
Samstag, 7. März 2015
Dorfkernarchäologie. Untersuchungen eines Gehöfts in Neckarhausen
Förderverein Gemeindemuseum Edingen-Neckarhausen e.V. / Klaus Wirth (Hrsg.)
Ein Beitrag zur Archäologie des ländlichen Raumes im Rhein-Neckar-Kreis.
Untersuchungen eines Gehöfts in Neckarhausen (Hauptstraße 379)
Ein Beitrag zur Archäologie des ländlichen Raumes im Rhein-Neckar-Kreis.
Untersuchungen eines Gehöfts in Neckarhausen (Hauptstraße 379)
Bausteine zur Ortsgeschichte 3
(Edingen-Neckarhausen: Edition Ralf Fetzer 2012)
ISBN 978-3-940968-11-1
Hardcover, 224 Seiten
22,-€
Archäologie und Bauforschung sind in der Stadtarchäologie längst kein ungewöhnliches Gespann mehr, auch wenn das Potential solcher Forschungen noch längst nicht ausgenutzt scheint. Anders sieht es hingegen im ländlichen Raum aus. Baugeschichtliche Untersuchungen gibt es zwar auch hier, aber selten ist eine Verbindung mit der Archäologie gelungen, die die alten Ortskerne kaum als Handlungsfeld wahrnimmt.
Die Publikation zu dem Anwesen Hauptstraße 379 in Neckarhausen, gegenüber der Stadt Ladenburg gelegen und mit dieser durch eine Neckarfähre verbunden, ist eben deshalb bemerkenswert. Denn hier werden zu einem bäuerlichen Bauensemble ganz unterschiedliche Quellen genutzt und aus einer sozialgeschichtlichen Mikroperspektive interessante Einblicke in die Dorfentwicklung gegeben.
Ausgangspunkt dazu sind archäologische Notgrabungen, die 2011/12 durchgeführt wurden, nachdem die letzten Reste der landwirtschaftlichen Nutzung 2001 aufgegeben wurden und das Gebäude verkauft worden war. Die Untersuchungen begannen noch vor dem Abbruch mit den Bauuntersuchungen und endeten mit archäologischen Ausgrabungen nach dem Abbruch des Wohnhauses und der rückwärtigen Scheune.
Die zuletzt vorhandenen Bauten stammten mit mehreren Umbauten aus dem 18.oder gar 19. Jahrhundert, doch gehören die Keller zu Vorgängerbauten des 16. Jahrhunderts. Die Grabungen, insbesondere im ehemaligen Küchengebäude des Anwesens brachten zudem Spuren eines Grubenhauses des 12. Jahrhunderts zu Tage.
Inhalt
Aus den vielen Artikeln seien hier nur einige wenige Aspekte herausgegriffen und knapp kommentiert.
Leider reiht der Band im wesentlichen nur die Fachberichte aneinander, wohingegen eine etwas breitere Synthese oder auch nur Zusammenfassung fehlt. Nur undeutlich zeigt der Band die siedlungstopographische Situation auf, die nur mit Worten beschrieben wird, aber nirgendwo einen kartographischen Niederschlag gefunden hat. Sie ist im Hinblick auf ein Gesamtbild nicht uninteressant: Die Grabungsstelle liegt nicht irgendwo im Dorf. Sie liegt nahe der Kirche und oberhalb der Fähre, die laut Schriftquellen eng mit dem Anwesen verbunden war (S. 15). Die ältesten Funde, die im Beitrag von Uwe Gross vorgestellt werden, gehören noch in die Zeit vor 1200. Sie sind mit dem Befund eines Grubenhauses zu verbinden. Ältere Funde und Befunde fehlen trotz der prominenten Lage mitten im Dorf.
Ein Beitrag von Uwe Gross behandelt die Keramik, die leider wie inzwischen üblich nur summarisch in einem knappen Text mit einigen Abbildungsverweisen beschrieben wird. Der Katalog bringt neben der Zuweisung zu den im Text nur knapp beschriebenen Warenarten leider nur Farbangaben sowie die Gradangabe der erhaltenen Randpartie. Weitere Angaben, die es erlauben würden, sich ein Bild von der jeweiligen Scherbenbeschaffenheit zu machen oder den genauen Fundkontext nachzuvollziehen fehlen ebenso, wie statistische Angaben zum Keramikspektrum insgesamt. Das ist in einem kurzen Vorbericht zu verschmerzen, in einer detaillierteren Grabungsdarstellung, wie sie der Band zweifellos bietet, wäre ein Mehr an Informationen aber hilfreich. Gerade am unteren Neckar, an dem unterschiedliche Keramikregionen aneinander grenzen, wäre es aufschlußreich, statistische Vergleiche einzelner Fundstellen zu machen, was aber anhand des Gesamtbestandes mit unterschiedlichen Laufzeiten nicht gelingen kann. Man wird hier auf einzelne, wenn auch nur grob datierte Befunde zurück greifen müssen - oder auf die Relation einzelner Warenarten zueinander.
Uwe Gross kann unter den mittelalterlichen Keramikfunden verschiedene Warenarten aussondern:
Die ältere graue Drehscheibenware sowie eine bislang kaum genauer beschriebene "braune ältere Drehscheibenware" stellen die einheimischen Waren der Region dar. Die ältere graue Drehscheibenware umfasst gelegentlich auch Kugeltöpfe, die sonst v.a. nördlich der Mainlinie verbreitet sind. Eine Randscherbe eines Kugeltopfes ist in der Einordnung als heimisches oder importiertes Produkt nicht sicher. Auch die Laufzeit dieser Waren reicht im Wesentlichen bis ins 12. Jahrhundert.
Inhalt
- Zwei bäuerliche Anwesen in Neckarhausen, Hauptstraße 377 und 379 - eine ehemalige stattliche fränkische Hofreite - Dagmar Dietsche-Pappel (rem)
- Gehöfte in Neckarhausen, Hauptstraße 377 und 379 aus der Sicht von Zeitzeugen - Sonja Zacher (rem)
- Bauforschung in der Hauptstraße 379 in Neckarhausen - Benedikt Stadler (rem)
- Ein Bauernhof in Ilvesheim, Alte Schulstraße 28 - ein originelles Individuum - Dagmar Dietsche-Pappel (rem)
- Großfamilie Feuerstein auf dem Bauernhof in Ilvesheim, Alte Schulstraße 28 - Sonja Zacher (rem)
- Baugeschichte des Wohnhauses von Ilvesheim - Benedikt Stadler (rem)
- Frühmittelalterliche Grundherrschaft in Neckarhausen? Eine Spurensuche - Claus Kropp (Universität Heidelberg)
- Archivalische Spurensuche zur Besitzgeschichte - Ralf Fetzer (Edingen)
- Ausgrabungen in Neckarhausen, Rhein-Neckar-Kreis, Hauptstraße 379 - Befunde und Funde - Klaus Wirth (rem)
- Neckarhausen, Hauptstr. 379 - Farbgestaltung der Stubenwände ab der Bauzeit mit Interpretationsansätzen und Hinweisen zum Untersuchungsvorgehen - Wilfried Maag (Sandhausen)
- Die mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramikfunde - Uwe Gross (LAD Esslingen)
- Zwei Mainzer Räder in Neckarhausen. Die Fundmünzen aus dem Gebäude Hauptstraße 379 - Matthias Ohm (Landesmuseum Württemberg)
- Archäobotanische Untersuchungen - Julian Wiethold (Inrap Metz)
- Tierknochenfunde des 11./12. -20. Jahrhunderts aus Edingen-Neckarhausen - Reinhold Schoon (Universität Regensburg)
- Fundstücke - Elke Kurtzer (Neckarhausen).
Aus den vielen Artikeln seien hier nur einige wenige Aspekte herausgegriffen und knapp kommentiert.
Leider reiht der Band im wesentlichen nur die Fachberichte aneinander, wohingegen eine etwas breitere Synthese oder auch nur Zusammenfassung fehlt. Nur undeutlich zeigt der Band die siedlungstopographische Situation auf, die nur mit Worten beschrieben wird, aber nirgendwo einen kartographischen Niederschlag gefunden hat. Sie ist im Hinblick auf ein Gesamtbild nicht uninteressant: Die Grabungsstelle liegt nicht irgendwo im Dorf. Sie liegt nahe der Kirche und oberhalb der Fähre, die laut Schriftquellen eng mit dem Anwesen verbunden war (S. 15). Die ältesten Funde, die im Beitrag von Uwe Gross vorgestellt werden, gehören noch in die Zeit vor 1200. Sie sind mit dem Befund eines Grubenhauses zu verbinden. Ältere Funde und Befunde fehlen trotz der prominenten Lage mitten im Dorf.
Ein Beitrag von Uwe Gross behandelt die Keramik, die leider wie inzwischen üblich nur summarisch in einem knappen Text mit einigen Abbildungsverweisen beschrieben wird. Der Katalog bringt neben der Zuweisung zu den im Text nur knapp beschriebenen Warenarten leider nur Farbangaben sowie die Gradangabe der erhaltenen Randpartie. Weitere Angaben, die es erlauben würden, sich ein Bild von der jeweiligen Scherbenbeschaffenheit zu machen oder den genauen Fundkontext nachzuvollziehen fehlen ebenso, wie statistische Angaben zum Keramikspektrum insgesamt. Das ist in einem kurzen Vorbericht zu verschmerzen, in einer detaillierteren Grabungsdarstellung, wie sie der Band zweifellos bietet, wäre ein Mehr an Informationen aber hilfreich. Gerade am unteren Neckar, an dem unterschiedliche Keramikregionen aneinander grenzen, wäre es aufschlußreich, statistische Vergleiche einzelner Fundstellen zu machen, was aber anhand des Gesamtbestandes mit unterschiedlichen Laufzeiten nicht gelingen kann. Man wird hier auf einzelne, wenn auch nur grob datierte Befunde zurück greifen müssen - oder auf die Relation einzelner Warenarten zueinander.
Uwe Gross kann unter den mittelalterlichen Keramikfunden verschiedene Warenarten aussondern:
- Pingsdorf-Ware
- imitierte Pingsdorf-Ware
- Ältere graue Drehscheibenware
- Braune ältere Drehscheibenware (definiert am Heiligenberg, ist die wohl lokale Gruppe bisher nur ungenügend umschrieben)
- Kugeltopf
- Jüngere graue Drehscheibenware
- Jüngere helle Drehscheibenware
Die ältere graue Drehscheibenware sowie eine bislang kaum genauer beschriebene "braune ältere Drehscheibenware" stellen die einheimischen Waren der Region dar. Die ältere graue Drehscheibenware umfasst gelegentlich auch Kugeltöpfe, die sonst v.a. nördlich der Mainlinie verbreitet sind. Eine Randscherbe eines Kugeltopfes ist in der Einordnung als heimisches oder importiertes Produkt nicht sicher. Auch die Laufzeit dieser Waren reicht im Wesentlichen bis ins 12. Jahrhundert.
Neuzeitliche Keramik wird grob in glasierte Keramik, Steinzeug und Fayence unterteilt. Dankbar nimmt man hier jede Fundvorlage zur Kenntnis, auch wenn im Neckarland durch Uwe Gross eine - allerdings nur grau publizierte, inzwischen aber online zugängliche - Überblicksarbeit existiert (Gross 2003). Besonders hervorgehoben seien dabei die Farbabbildungen der Keramikfunde, auch wenn es sich überwiegend um Sammelfotos handelt, die die Scherben auf einem Haufen zeigen. Immerhin ist aber so eine grobe Vorstellung vom Farbenspektrum und der optischen Scherbenbeschaffenheit zu erhalten.
Verschiedene Beiträge legen weitere Funde vor. Einige ausgewählte Stücke werden in dem Beitrag von Elke Kurtzer am Schluß des Bandes vorgestellt. Darunter befinden sich auch zwei ausrangierte Heiligenfiguren des späten 19. Jahrhunderts, die an einer Kellertreppe einer Scheune abgestellt worden waren.
Verschiedene Beiträge legen weitere Funde vor. Einige ausgewählte Stücke werden in dem Beitrag von Elke Kurtzer am Schluß des Bandes vorgestellt. Darunter befinden sich auch zwei ausrangierte Heiligenfiguren des späten 19. Jahrhunderts, die an einer Kellertreppe einer Scheune abgestellt worden waren.
Von den übrigen Funden seien hier nur noch die beiden Mainzer Pfennige angeführt, die Mathias Ohm in einem eigenen Artikel vorstellt. Eine der Münzen wurde im Lehmfußboden des Kellers gefunden, die andere lag in einer Grube, die an der Innenseite des mittelalterlichen Fundamentes des Hauses Hauptstraße 379. Die stark abgegriffene Münze stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, die Funde aus der Grube sind deutlich jünger. Es handelt sich um gängige Münztypen, die das alltägliche Wirtschaftsleben widerspiegeln.
Bemerkenswert sind aber auch noch die Tierknochenfunde der Grabung, die einen Zeitraum vom Hochmittelalter bis ins 20. Jahrhundert abdecken. Bei insgesamt rund 360 Knochen bleibt pro Periode nicht viel Material, so dass allenfalls für das 14./15. und das 17./18. Jahrhundert Aussagen über die Fleischnahrung möglich sind. Es liegt nahe, dass das Schwein der wichtigste Fleischlieferant war. Das Fehlen des Rindes im 14./15. Jahrhundert mag allerdings der kleinen Datenmenge geschuldet sein. Die botanischen Reste sind in verkohltem Zustand in Brand- und Auffüllungsschichten erhalten. Roggen ist dabei die am häufigsten vorliegende Getreideart.
Bemerkenswert sind aber auch noch die Tierknochenfunde der Grabung, die einen Zeitraum vom Hochmittelalter bis ins 20. Jahrhundert abdecken. Bei insgesamt rund 360 Knochen bleibt pro Periode nicht viel Material, so dass allenfalls für das 14./15. und das 17./18. Jahrhundert Aussagen über die Fleischnahrung möglich sind. Es liegt nahe, dass das Schwein der wichtigste Fleischlieferant war. Das Fehlen des Rindes im 14./15. Jahrhundert mag allerdings der kleinen Datenmenge geschuldet sein. Die botanischen Reste sind in verkohltem Zustand in Brand- und Auffüllungsschichten erhalten. Roggen ist dabei die am häufigsten vorliegende Getreideart.
Drei Artikel stellen den Befunden aus der Hauptstraße 379 Untersuchungen zu einem Bauernhof in Ilvesheim, Alte Schulstraße 28 gegenüber. Auch dieser Hof liegt im Ortskern eines Haufendorfes. Er wurde im Dezember 2011 baugeschichtlich untersucht (B. Stadler).
Fazit
Die interdisziplinäre Untersuchung von Bauernhäusern in Neckarhausen zeigt das große Potential solcher Studien und lehrt uns mindestens drei Lektionen:
- Der ländliche Raum ist voll Geschichte. Die Struktur der Dörfer hat sich erheblich verändert. Dorfkernarchäologie (hier tatsächich so gemeint - vergl. Archaeologik) ist ein Desiderat, denn nur hier lassen sich wichtige Informationen über die Anfänge der Besiedlung im Bereich der späteren Ortskerne gewinnen.
- Die Alltagsgeschichte bezogen auf kleine soziale Gruppen entsprechend einer Familie oder eines Haushalts eröffnet ungewohnte Einblicke in die Geschichte.
Hier ist es nicht damit getan, die materielle Ausstattung eines Haushalts anhand der Funde aus einer Latrine oder anhand von Nachlaßinventaren zu rekonstruieren. Von grundlegender Bedeutung ist das alltägliche Handeln in seiner praktischen wie sozialen Funktion. Die Heranführung der Betrachtung an die Gegenwart ermöglicht es, mündliche Überlieferungen zu integrieren, die zwar spezifische recht moderne Verhältnisse wiederspiegeln und keineswegs in frühere Zeiten zurück projiziert werden dürfen. Sie zeigen aber die Lebensrealitäten und das Zusammenspiel von materieller Kultur und alltäglicher sozialer Praxis. - Ein wesentliches Problem archäologischer Grabungsauswertungen ist heute mehr denn je der stereotype Katalog von Fragen, die sich vor allem auf die Entwicklung städtischer Siedlungs- und Baustrukturen beziehen, aber kaum je nach den Veränderungsprozessen und ihren Hintergründen fragen. Vorliegender Band bildet da nur bedingt eine Ausnahme. Durch die breite Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven auf einen einzelnen Hof gelingt eine ungewöhnliche Perspektive 'von unten'.
- Die Vorlage von Grabungsbefunden und Funden ist eine nüchterne Angelegenheit. Sie kann kaum in Publikationen integriert werden, die sich an ein breiteres Publikum richten. Im vorliegenden Falle hat der Förderverein des Gemeindemuseums Edingen-Neckarhausen die Herausgabe des Bandes übernommen. Er schuldet seinen Mitgliedern und Lesern eine ansprechende, lesbare Publikation - was hier auch durchaus gelungen ist. Auf eine katalogartige Beschreibung der Funde und Befunde wurde verzichtet, was wohl auch eine noch vertiefte Auswertung vorausgesetzt hätte. Mit der Vorlage stellt sich aber die Frage, ob und wie die eigentlichen Grabungsdaten der Forschung zugänglich gemacht werden. Ein weiterer monographischer Band, der die durchaus umfassenden, nun vorgelegten Ergebnisse einfach nur vertieft, scheint unrealistisch. - Hier wie auch bei anderen Grabungen wird man darüber nachdenken müssen, inwiefern Grabungsdokumentationen nicht digital, online und per open access erschlossen werden können.
Literaturhinweis
- Gross 2003
U. Gross, Neuzeitliche Keramik im nördlichen Baden (16.-19. Jh.). Ein Überblicksversuch anhand ausgewählter Fundkomplexe (Heidelberg 2003). - online auf artdok
Sonntag, 1. März 2015
IS wütet im Museum von Mossul (Syrien und Irak im Februar 2015)
Terroristen zertrümmern eine assyrische Statue im Museum von Mossul (Ausschnitt aus einem Video des IS) |
- Terror im Irak IS-Fanatiker zertrümmern Kunstschätze. Tagesschau (26.2.2015) - http://www.tagesschau.de/ausland/irak-631.html
- http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-is-museen-in-mossul-verwuestet-a-1020685.html
- Kulturkrieg mit dem Presslufthammer. Echo-online (27.2.2015)
- Terrormiliz IS zerstört einzigartige Kulturgüter aus assyrischer Zeit. Aargauer Zeitung (26.2.2015)
- IS-Terrormiliz: Einzigartige Kulturgüter bei Angriff zerstört. RP ONLINE (26.2.2015)
- Terrormiliz Islamischer Staat: IS zerstört unersetzliche Kulturgüter im Nordirak. Stuttgarter Zeitung (26.2.2015)
- http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/politik/ausland/IS-zerstoert-Kulturgueter-von-unermesslichem-Wert;art29858,2636191
- IS-Miliz versucht syrische Kunst in London zu verscherbeln. Standard (27.2.2015) - http://derstandard.at/2000012207781/IS-Miliz-versucht-syrische-Kunst-in-London-zu-verscherbeln mit dem Hinweis auf die Angebote mittelpreisiger Antiken aus Syrien und Irak, die in London angeboten werden.
- Islamic State has toppled, sledgehammered and jackhammered (drilled out) artefacts in Mosul Museum and at Nineveh. Conflict Antiquities (26.2.2015) - https://conflictantiquities.wordpress.com/2015/02/26/iraq-mosul-museum-nergal-gate-nineveh-destruction/
- What Islamic State gains by destroying antiquities in Iraq. PBS (27.2.2015) - http://www.pbs.org/newshour/bb/islamic-state-gains-destroying-antiquities-iraq/ (Video mit Bildern der Zertsörungen durch IS und Intervie mit M. Danti [Boston])
Ausschnitte aus dem Video:
UNESCO Generaldirektorin Irina Bokova fordert eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zu den Zerstörungen in Mossul:
- http://whc.unesco.org/en/news/1239
- http://www.n-tv.de/ticker/Unesco-Chefin-fordert-UN-Sondersitzung-zu-IS-Zerstoerungen-article14598796.html
Als Reaktion auf die Zerstörungen in Mossul wurde nach 12 Jahren Schließung das Nationalmuseum in Bagdad am 28.2. wieder eröffnet. Das Museum war im Irak-Krieg unter den Augen der US-Truppen geplündert worden. Nur rund 1/3 der Objekte ist seitdem wieder aufgetaucht.
- Iraq reopens Baghdad museum 12 years after looting. Al Arabiya News (28.2.2015) - http://english.alarabiya.net/en/life-style/art-and-culture/2015/02/28/Iraq-reopens-Baghdad-museum-12-years-after-looting-.html
- https://www.facebook.com/unesco/photos/a.10150253911838390.341477.51626468389/10153115767133390/?type=1
Kommentare:
- «Es ist eine Form des Genozids». Neue Zürcher Zeitung (27.2.2015) - http://beta.nzz.ch/international/eine-zerstoerung-des-kulturellen-erbes-der-menschheit-1.18492118 - Markus Hilgert (Heidelberg)
- Experte: Zerstörung von Kulturgütern durch IS „Supergau“ . Grafschafter Nachrichtenn (27.2.2015). - http://www.gn-online.de/Nachrichten/Experte-Zerstoerung-von-Kulturguetern-durch-IS-Supergau-101339.html / http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article137892447/Zerstoerung-von-Kulturguetern-durch-IS-Supergau.html - Michael Müller-Karpe (Mainz)
Im Video ergibt sich teilweise der Verdacht, dass es sich um kolorierte Gipskopien handelt. Inzwischen sagt der irakische Gouverneur, der derzeit in Bagdad im Exil weilt, die Mehrzahl der Statuen seien Kopien, die Originale befänden sich derzeit in Bagdad. Nur zwei Stücke seien mit Sicherheit Originale. Sieben weitere Originale wären interessanterweise in dem Video nicht zu sehen, angeblich wären diese zuvor abtransportiert worden. Türkei und der Libanon seien aufgefordert, den Handel dieser Objekte zu verhindern.
Eine erste Schadensanalyse versucht:
- R. Schreg, Bibliotheksplünderung im Irak. Archivalia (1.2.2015) - http://archiv.twoday.net/stories/1022393181/
- UNESCO alarmed by news of mass destruction of books in Mosul. UNESCOPress (3.2.2015) - http://www.unesco.org/new/en/iraq-office/about-this-office/single-view/news/unesco_alarmed_by_news_of_mass_destruction_of_books_in_mosul/#.VNOBkCw0-jd
- Islamic State burns libraries in Iraq. The Art Newspaper (4.2.2015) - http://www.theartnewspaper.com/articles/Islamic-State-burns-libraries-in-Iraq/37018 mit einem Nachtrag, in dem festgestellt wird, dass sich die Nachrichten über Verbrennungen tatsächlich nicht bestätigt werden konnten.
- ISIS burns more than 8 thousand rare books, manuscripts in Central Library of Mosul. IraquiNews (22.2.2015) - http://www.iraqinews.com/iraq-war/isis-burns-8-thousand-rare-books-manuscripts-central-library-mosul/ - erneute Meldung über Verbrennungen in der Zentralbibliothek von Mossul. Anwohner hätten vergeblich versucht, die Zerstörung zu verhindern.
IS sprengt eine Kirche bei Mossul:
- ISIS blows up Virgin Mary Church north of Mosul. Iraqi News (22.2.2015) - http://www.iraqinews.com/iraq-war/isis-blows-virgin-mary-church-north-mosul/ (Das Bild zu dem Bericht wurde allerdings bereits letztes Jahr von AP verbreitet.)
- Heritage for Peace: Heritage Damage Newsletter (2.2.2015) - http://www.heritageforpeace.org/syria-culture-and-heritage/damage-to-cultural-heritage/previous-damage-newsletters/damage-syrias-heritage-02-february-2015/
- Heritage for Peace: Damage Newsletter (19.2.2015) - http://www.heritageforpeace.org/syria-culture-and-heritage/damage-to-cultural-heritage/previous-damage-newsletters/damage-syrias-heritage-19-february-2015/
Einen Überblick bietet auch die schon seit 2011 von Ross Burns betriebene Website monumentsofsyria.com mit einem Fundstellenregister
Für diesen Blopost hatte ich erstmals eine positive Überschrift gewählt -
"Gute Nachrichten aus Syrien und Irak [und jede Menge schlechter]"
sollte der Post heißen. Erstmalig schien es nämlich tatsächlich mal eher
gute Nachrichten aus Syrien zu geben. Dann gingen am 26./27.2. Bilder
aus dem Museum von Mossul und aus Ninive durch die Medien. Jetzt aber doch zu den 'guten' Nachrichten:
UN hat ein Handelsverbot für archäologische Funde aus IS-Gebiet erlassen!
Die UN spricht einen Bann über den Antikenhandel mit Funden aus Syria aus:
- UNESCO Director-General welcomes UN Security Council Resolution to step up protection of cultural heritage in Syria and Iraq. UNESCO Press (12.2.2015) - http://whc.unesco.org/en/news/1236
- UN Bans ExpoThe Syria Campaign auf facebook (19.2.2015) - https://www.facebook.com/TheSyriaCampaign/photos/a.608812989210718.1073741828.607756062649744/798873320204683/?type=1&fref=nf
- The secret war against Islamic State. The Australian (16.2.2015) - http://www.theaustralian.com.au/business/wall-street-journal/the-secret-war-against-islamic-state-waged-by-academics/story-fnay3ubk-1227221824373
- https://conflictantiquities.wordpress.com/2015/02/13/un-sc-resolution-islamic-state-financing-text/
Es scheint mir nicht ganz auszuschließen, dass die Zerstörungen in Mossul auch eine Reaktion auf die UN-Resolution darstellen.
Im Vorfeld der Verabschiedung wurde deutlich, dass die politischen Interessen weniger dem Kultugut gelten, sondern vielmehr darauf abzielen, dem IS die Finanzierungsquellen zu verstopfen. Eine russische Initiative Anfang Februar richtet sich gegen den illegalen Handel mit Öl und Antiken wie auch gegen die IS-Strategie aus Geiselnahmen Lösegelder zu erzielen.
Im Vorfeld der Verabschiedung wurde deutlich, dass die politischen Interessen weniger dem Kultugut gelten, sondern vielmehr darauf abzielen, dem IS die Finanzierungsquellen zu verstopfen. Eine russische Initiative Anfang Februar richtet sich gegen den illegalen Handel mit Öl und Antiken wie auch gegen die IS-Strategie aus Geiselnahmen Lösegelder zu erzielen.
- Russia leads U.N. initiative to target Islamic State financing. Reuters (4.2.2015) - http://www.reuters.com/article/2015/02/04/us-mideast-crisis-un-idUSKBN0L82AM20150204
- Russland legt neue IS-Resolution vor. ZEIT online (5.2.2015) - http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-02/islamischer-staat-un-resolution-finanzierung
Ein Bericht des United Nations Security Council (UNSC) zur Finanzierung von Terrorgruppen in Bezug auf Syrien nennt nur IS und al-Nusra als Gruppen, die sich aus Plünderungen finanzieren. Tatsächlich scheinen aber auch die Freie Syrische Armee wie auch das Assad-Regime nicht unbeteiligt. Wer also sind die Plünderer?
- Terrorist antiquities trading and state arms smuggling between Syria and Turkey. Conflict Antiquities (7.2.2015) - https://conflictantiquities.wordpress.com/2015/02/07/un-sc-resolution-syria-antiquities-turkey-arms-trafficking/
- State arms-for-antiquities trafficking between Turkey and Syria?. Conflicht Antiquities (27.2.2015) - https://conflictantiquities.wordpress.com/2015/02/27/turkey-state-crime-arms-for-antiquities-trafficking-syria/ mit Hinweisen darauf, dass der türkische Geheimdienst IS und al-Nusra mit Waffen unterstützt und dafür Antiken in Zahlung nimmt!
Sinn macht so ein Handelsverbot allerdings nur, wenn nun auch konsequent die Provenienznachweise kontrolliert werden.
Weitere Berichte zu Terrorismus und Plünderung:
- H. Neuendorf, Increase in Antiquities Smuggling Busts amidst Government Crackdown. ArtNetNews (29.1.2015) - http://news.artnet.com/market/increase-in-antiquities-smuggling-busts-amidst-government-crackdown-235536
- http://www.wsj.com/articles/syrian-monuments-men-race-to-protect-antiquities-as-looting-bankrolls-terror-1423615241
- http://english.alarabiya.net/en/perspective/features/2015/02/07/U-N-sets-sights-on-Syria-antiquities-ISIS-oil-and-ransoms.html
- http://www.chathamhouse.org/publication/tomb-raiders-and-profits-doom
- http://au.ibtimes.com/isis-looting-precious-relics-syria-biggest-threat-art-world-war-ii-1420772
- Islamic State: Looting for Terror. BBC file on four (audio) - http://www.bbc.co.uk/programmes/b052j57v
In diesem Zusammenhang noch eine gute Nachricht: Die Aussage, an Antiken klebe Blut, darf durch den Kunsthandel nicht mit einer Unterlassungsklage unterbunden werden:
- http://www.cms-hs.com/PM_LG_Freiburg_Kunstgegenstaende_aus_Buergerkriegslaendern_13_02_2015
- zum Hintergrund: http://www.welt.de/kultur/article135441831/Jedes-Ei-ist-hier-besser-geschuetzt-als-Kunst.html
Wiederaufbau
Eine weitere gute Nachricht: An einer ganzen Reihe von geschädigten Museen wird angeblich kräftig an Restaurierungsmaßmnahmen gearbeitet:
Krak des Chevaliers in Syrien (Foto: A Travers [CC BY-NC-ND 2.0] bei flickr) |
Überlegungen werden auch zum Wiederaufbau in Aleppo angestellt:
- Post-conflict reconstruction of Old Aleppo. International Institute for Conservation of Historic and Artistic Works (15.2.2015) - https://www.iiconservation.org/node/5495
- Jähes Ende einer 1000-jährigen Blütezeit. Deutschlandradio Kultur (6.2.2015) - http://www.deutschlandradiokultur.de/zerstoertes-kulturerbe-in-syrien-jaehes-ende-einer-1000.1005.de.html?dram%3Aarticle_id=310850 (Nachtrag 1.3.2015)
Möglicherweise ist das verfrüht, denn in Aleppo soll die Rebellenarmee wieder auf dem Vormarsch sein.
Nicht wieder herzustellen sind jedoch die geplünderten archäologischen Fundstellen. Viele Funde werden hier durch unprofessionelle Bergung und mangelnde Konservierung zerstört, Fundzusammenhänge vernichtet. Raubgrabungslöcher wird man oberflächlich durch Verfüllung kaschieren können, die Befunde lassen sich freilich nicht wieder herstellen.
Die Evakuierung des Suleyman Shah
Am 22.2. evakuierte die türkische Armee ihre Wachtruppen die türkische Exklave um das Grab von Suleyman Shah (ca. 1178 – 1236). Das Grabmal (das sich schon öange ncht mehr an der originalen Stelle befindet) wurde angeblich gleich mitverlegt. Damit dürfte auch dieser Risikopunkt erstmals entschärft sein.- http://www.focus.de/politik/ausland/islamischer-staat/is-terror-makabre-einnahmequelle-is-verkauft-leichen_id_4493344.html
- http://www.hurriyetdailynews.com/Default.aspx?PageID=238&NID=78662
- vergl. Ein Denkmal als Kriegsvorwand? - Syrien im März 2014 . Archaeologik (2.4.2014) - http://archaeologik.blogspot.de/2014/04/ein-denkmal-als-kriegsvorwand-syrien-im.html
Etwas irritierend ist die Feststellung, dass die türkische Fahne nun im syrischen Dorf Aşme gehisst worden sein, wo das Grab von Suleyman Shah künftig angelegt werden soll - keine Auskunft ob und wie das mitten im Bürgerkrieg mit der syrischen Regierung ausgehandelt wurde.
- https://conflictantiquities.wordpress.com/2015/02/23/syria-turkey-suleyman-shah-tomb-transfer-mausoleum-destruction/
interner Link
- frühere Meldungen zum Bürgerkrieg in Syrien auf Archaeologik (u.a. monatliche Reports seit Mai 2012)
Abonnieren
Posts (Atom)