Freitag, 31. Januar 2014

Das kurze Leben einer Kaiserstadt

Zum 1.1.2014 haben wir ein neues Projekt gestartet! Thema ist eine Stadt am Übergang von Antike zu Mittelalter, über deren Umwelt- und Sozialgeschichte wir in den nächsten drei Jahren arbeiten werden.

Römisch – Germanisches Zentralmuseum Mainz etabliert internationales Forschungsprojekt ’Caričin Grad’

30.01.2014, Mainz
Blick von der Akropolis über die Oberstadt von Caričin Grad
(Foto: R. Schreg/RGZM, 2013)
Das Römisch - Germanische Zentralmuseum Mainz (RGZM) beginnt 2014 ein langfristiges interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Untersuchung der frühbyzantinischen Stadt Caričin Grad im heutigen Südserbien.

Dieses wird in Kooperation mit dem Institut für Archäologie, Belgrad (IA) und der École française de Rome (EFR) durchgeführt. Beide Institutionen arbeiten bereits seit 1978 erfolgreich gemeinsam in Caričin Grad. Inhaltlich ist das Projekt an den ’WissenschaftsCampus Mainz: Byzanz zwischen Orient und Okzident’ angeschlossen. Das im Leibniz-Wettbewerb geförderte Projekt schafft der Forschung des RGZM wertvolle wissenschaftliche Kontakte in Belgrad, aber auch in Italien und Frankreich. Die Projektleitung für das RGZM übernimmt Dr. Rainer Schreg.

Zeiten des kulturellen Umbruchs bedeuten Veränderungen mit häufig unumkehrbaren Auswirkungen für die betroffenen Gesellschaften, die dabei mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert werden. Den Umgang mit entsprechenden Auswirkungen zu analysieren ist ein zunehmend wichtiges Thema in der Archäologie. Hierfür ist Caričin Grad ein besonderes Beispiel. Die Geschichte und Erhaltung der Fundstelle bieten ideale Bedingungen, um eine Siedlung in der Übergangsphase von der Spätantike zum Frühmittelalter zu untersuchen.

Die in Südserbien gelegene byzantinische Ruinenstadt ist vermutlich identisch mit ’Iustiniana Prima’, der schriftlich belegten Neugründung Kaiser Justinians. Wird Caričin Grad zurecht mit ’Iustiniana Prima’ identifiziert, so stellte es als Erzbistum das administrative und religiöse Zentrum der Region dar. Die Ruinen von Caričin Grad passen in dieses Bild. Der Ort bestand gemäß dem Fundmaterial von ca. 530 bis ca. 615 n. Chr. Er zeigt repräsentative urbane Architektur in antiken Traditionen und vereint die etablierten Charakteristika einer hellenistisch-römischen Stadt mit den jüngeren einer Siedlung christlicher Prägung. Die Architektur, insbesondere die repräsentativen Bauten sind bereits Gegenstand umfassender Untersuchungen und Rekonstruktionen.

Inhaltlich sollen daher in den folgenden Jahren vor allem Fragen zur Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialgeschichte behandelt werden. Hierbei wird das Umland Caričin Grads zur Rekonstruktion der zeitgleichen Kulturlandschaft einbezogen. Langfristig soll ein Bild der Stadt als Humanökosystem rekonstruiert werden, welches sowohl die Umweltfaktoren als auch die Gesellschaft berücksichtigt. Die erste Kampagne der Feldforschungen findet im Sommer 2014 statt.

«Die klar umrissene Dauer der Belegung, und die Tatsache, dass nach der Auflassung der Stadt keine weitere Überbauung erfolgte, machen ’Caričin Grad’ zu einer Fundstelle mit außergewöhnlichem Forschungspotential. Wir freuen uns daher sehr auf die Zusammenarbeit mit den serbischen und französischen Kollegen in diesem spannenden Projekt», so Prof. Falko Daim, Generaldirektor des RGZM. 

Leserkontakt

Dr. Constanze Röhl
email: roehl@rgzm.de



Inzwischen gibt es auch eine erste knappe Projektseite unter www.rgzm.de/caricingrad, die mit Projektfortschritt ausgebaut wird.


Das kurze Leben einer Kaiserstadt - Alltag, Umwelt und Untergang des frühbyzantinischen Caričin Grad (Iustiniana Prima?)

Bereits seit mehr als 100 Jahren beschäftigen sich archäologische Forschungen - zuletzt seit 1978 das Institut für Archäologie Belgrad und die École française de Rome - mit der aktuell auf der Tentativliste der Unesco geführten Stätte Caričin Grad im südöstlichen Serbien. In den Ruinen der frühbyzantinischen Anlage, die neben den klassischen Elementen einer antiken Stadt wesentlich durch das Vorhandensein von acht sakralen Bauten geprägt ist, wird anhand des Abgleichs mit byzantinischen Textquellen der durch Kaiser Justinian neu gegründete Bischofs- und Verwaltungssitz Iustiniana Prima vermutet.
Mit einer Belegungsdauer von knapp 90 Jahren, von ca. 530 bis ca. 615 n. Chr., fokussiert der Ort eine kurze Zeitspanne intensiver Nutzung, deren Relikte zudem frei von Störungen durch spätere Überbauungen blieben. So bietet Caričin Grad ideale Bedingungen, um eine Stadt am Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter, und die mit einem solchen kulturellen Umbruch verbundenen komplexen Fragestellungen zu untersuchen. Ziel des Projektes ist es daher, Aspekte von Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialgeschichte des Ortes zu rekonstruieren.
Dabei stehen zwei Themenkomplexe im Vordergrund. Zum einen handelt es sich um den Bereich ’Haushalt, Konsum und Alltag in Caričin Grad’. Für diesen ist geplant, als exemplarisch angesehene, primär domestisch genutzte Gebäudeeinheiten bezüglich Ernährung, Produktionsverfahren, Arbeitsabläufen und Aktivitätszonen zu beproben und zu Fragen nach Versorgung, Organisation und ihrer Rolle in Produktion und Ernährung auszuwerten.
Zum anderen soll im Bereich ’Ressourcen zum Bau und zur Versorgung der Stadt’ mittels einer Analyse der im Umfeld zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie einer Berechnung des Materialverbrauchs und Einschätzung des Bauaufwands anhand einer vorhandenen 3D-Rekonstruktion der Stadt geklärt werden, welche Ressourcen für den Bau der Stadt nötig waren und wie ihre Versorgung funktionierte. Die Prospektion von Geoarchiven im Umland der Stadt und eine Neubearbeitung von Geräten und Werkzeugen der Region avisiert die Rekonstruktion von Agrarwirtschaft und Hortikultur.
Die Zusammenführung dieser Themenkomplexe soll, da diese sowohl Umweltfaktoren als auch Gesellschaft beinhaltet, ein Bild von Caričin Grad im speziellen und der Stadt als Humanökosystem im allgemeinen entwerfen. Das Projekt Caričin Grad soll so zur Etablierung einer umwelthistorischen Perspektive auch über die Laufzeit des Vorhabens hinaus dienen.
(reblogged von www.rgzm.de/caricingrad)


Interne Links auf Archaeologik

Donnerstag, 30. Januar 2014

SAA Blogging carnival - Best of Archaeologik

The blogging carnival #blogarch for the 2014 SAA Blogging Session hosted at Doug's Archaeology asks this January for the best or worst blogposts.

I feel this is indeed a difficult question, as there are so many different approaches to define the best. Doug leaves it up to the individual bloggers, so I want to give fhree answers.

1. Most viewed:
Die völlige Zerstörung von Apameia am Orontes (30.4.2013, 4243 views)
For the top 15 in 2013 see Archaeologik 2013
Most recognized at google+ :
Plünderungen an ägyptischen Kulturstätten - Eine Chronologie seit dem 14. August 2013 by Jutta Zerres on the situation in Egypt in August 2013.

 
2. Reactions
Most reactions had a blogpost related to treasure hunting: Faltblatt Raubgräber  (24.7.2011) with 53 comments within a discussion on treasure hunting - indeed a discussion I finally had to stop.

There are several blogposts, which brought very interesting comments, helping in my own research. For example http://archaeologik.blogspot.de/2012/04/vergessene-siedlungen-groflachige.html#more  was commented with a short link by Klaus Graf giving reference to written sources, which previously have not be correlated with the archaeological record in question - a small, but valuable contribution for ongoing work.

Invitation for print publication
http://www.archaeologik.blogspot.de/2012/12/habitus-ein-soziologisches-konzept-in.html
compare Habitus - vom Blog zur 'echten' Publikation. Archaeologik (5.12.2013)

There are many reactions in real life, which I can not link to a single blogpost for sure. I came in touch with several colleagues in the UK and Scandinavia, resulting in a common proposal for an ESF research project regarding 14th century cultural changes. Finally the application was not granted, but nevertheless we had an interesting exchange of ideas. Probably Yersinia pestis - the missing ecological and historical dimension was at the heart of these contacts.
most 'proud'
Doug also asked for the blogpost most proud of. 'Proud' is maybe not the right term, and I do not want to refer to single blogposts. I rather estimate the broad variety of topics valuable, trying to connect the past with the present and to put archaeology into the context of modern society. Maybe I should especially mention the series of posts on Syrian civil war, starting in May 2012 and collecting the most important information on the destruction of cultural heritage in Syria: http://archaeologik.blogspot.de/search/label/Syrien%20-%20B%C3%BCrgerkrieg

But looking back, there are several posts, I still value very interesting. They started with some readings, but resulted in surprising aspects of ongoing, long-term research interests in medieval settlement changes during the Middle Ages. So, for me, they produced important preliminary results of ongoing work.
However, the same is true for many more posts, which were important steps when working on papers and articles, as for example a collection of some fossil field structures from Google aerial fotographs in the Near East.

Blogging Archaeology
Interner Link



    Montag, 27. Januar 2014

    Petition in Cahors

    Eine Petition gegen die Zerstörung einer gallo-römischen Fundstelle bei Cahors in Frankreich:

    Etwa 200 m vom mittelalterlichen Pont Valentré über den Lot soll ein Luxushotel errichtet werden. Die Brücke aus dem 14. Jahrhundert gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe des Jakobswegs (Eintrag bei wikipedia). Bereits 2011 hat INRAP eine Testgrabung durchgeführt, die etwa 10% des Baugebietes umfasst hat und die in allen Schnitten bis zu 1,5 m hoch erhaltene römische Baureste eines Monumentalbaus mit Wasserbecken und Marmortäfelung erbracht hat. Es ist unklar, worum es sich hier handelt. Eine Hypothese sieht hier das Heiligtum der Quellgöttin Divona, die der Stadt in der Antike den Namen gegeben hat.
    Der Service Régional de l’Archéologie hat eine Baugenehmigung ohne vorherige Ausgrabungen erteilt.
    Der Widerstand interessierter Bürger richtet sich nicht gegen den Hotelbau als solchen, sondern gegen die Art und Weise, wie die Denkmalpflege leichtfertig Kulturerbe preis gibt. 

    Donnerstag, 23. Januar 2014

    Ökologische Ansätze in der Archäologie ländlicher Siedlungen des Mittelalters

    Soeben erschienen:
    • R. Schreg, Ecological Approaches in Medieval Rural Archaeology. European Journal of Archaeology 17(1), 2014, 83-119
      DOI 10.1179/1461957113Y.0000000045

      [Die EAA und Maneys bieten regulär leider kein Open Access].

    In den vergangenen Jahren haben neue Methoden der Bio- und Geoarchäologie innerhalb der Altertumswissenschaften zunehmend an Bedeutung gewonnen. Politische Veränderungen seit den 1990er Jahren haben die archäologische Wissenschafts-Community verändert. Zugleich sind Umwelt-Themen in der Gesellschaft immer wichtiger geworden, doch fehlt den entsprechenden Debatten meist die zeitliche Tiefe. Bezogen auf die Archäologie ländlicher Siedlungsräume des Mittelalters ist es an der Zeit, darüber zu reflektieren, welche Konsequenzen sich daraus für die archäologische Forschung ergeben
    und wie ökologische Ansätze sich mit dem Selbstverständnis des Faches als historischer Disziplin vereinbaren lassen.

    Der Artikel geht auf mein Keynote-Referat beim Medieval Europe Research Congress 2012 in Helsinki zurück. Meine Aufgabe war es, eine gewisse Bilanz und Perspektiven der Siedlungsarchäologie des Mittelalters zu skizzieren. Ich habe mich dafür entschieden, dies nicht durch ein Review der Grabungstätigkeiten der vergangenen Jahre zu machen, sondern eher theoretisch anzugehen und zu fragen, welche Perspektiven sich aus einer eher umwelthistorisch oder ökologischen Perspektive ergeben.
    MERC 2012 wurde im Rahmen der Tagung der European Association of Archaeology abgehalten. Auf Wunsch der anonymen Reviewer wurden gegenüber der Vortragsfassung die Fallbeispiele jedoch etwas auführlicher gehalten.

    Ziel des Artikels ist es, ausgehend von den Fallstudien, auf komplexere ökologische Fragestellungen in der Landschaftsarchäologie hinzuweisen. 

    Fallstudie:
    Stubersheimer Alb
    (Foto: R. Schreg)
    Fallstudie: Würzbach
    im Norschwarzwald,
    geoarchäologischer Schnitt
    (Foto: R. Schreg)
    Die Forschungen im Geislinger Talkessel und auf Stubersheimer Alb sowie die Arbeiten in der Wüstung Würzbach im Nordschwarzwald dienen dazu, die Zusammenhänge und Fragestellungen zu entwickeln. Auf dieser Basis wird das Konzept des Dorfökosystems skizziert. Die Beispiele zeigen die Interaktion verschiedener Faktoren, die kaum allein aus sich heraus, wohl aber als Teil eines spezifischen Humanökosystems verstanden werden können. Die Analyse solcher Humanökosysteme setzt die Beschäftigung mit eng umgrenzten Räumen, etwa einzelnen Siedlungen oder Siedlungskammern voraus, die mittels kombinierter archäologischer, geographischer und historischer Quellen und Methoden zu untersuchen sind. Eine zweite Voraussetzung liegt in der Betrachtung längerer Zeiträume. Zu vermeiden ist eine Meistererzählung von Aufstieg und Untergang oder die bloße Darstellung zeitlicher Koinzidenzien. Wir brauchen vielmehr klare Vorstellungen darüber, wie die höchst unterschiedlichen Faktoren und Akteure zusammengewirkt haben. Ein ökologischer Ansatz ist eine Möglichkeit dazu.


    Mittwoch, 15. Januar 2014

    Mit Maschinengewehren auf die Grabung

    Jutta Zerres

    Eine mit Maschinengewehren bewaffnete Bande hat sich am 12.1.2014 illegal Zutritt zu der Ausgrabungstätte von El-Hammam in Nordägypten verschafft. Das meldete El-Ahram Online und berief sich auf Antiken-Minister Mohamed Ibrahim. Die Polizei wurde herbeigerufen, um die Täter zu stellen und mögliche Plünderungen zu dokumentieren.


    Diese wenig bekannte Siedlung aus griechisch-römischer Zeit liegt 67 km westlich von Alexandria an der Küstenstraße nach Marsa Matruh. Es sind eine Festung, Tempel, ein Bad, ein Wasserkanal, Straßen und Gräberfelder erhalten. 

    Bereits im März 2013 hatte es einen Übergriff auf das Gelände gegeben, bei dem mit einem LKW und einem Bulldozer erhebliche Schäden an den antiken Bauten verursacht worden waren. Zwei Männer wurden festgenommen, die die Tat jedoch abstritten.

    Montag, 13. Januar 2014

    Der Pont des Trous in Tournai - eine Petition

    Seit langem wird ein Kanal geplant, der die Seine mit der Schelde (Escaut) in Belgien verbinden soll (Canal Seine-Nord Europe - Info bei der franz. wikipedia). Die Fertigstellung, die einmal für 2014 geplant war, verzögert sich unter den Sparzwängen der französischen Regierung in der Finanzkrise, zumal immer noch Bedenken gegen die Realisierung bestehen. Dennoch soll nun auf belgischer Seite in Tournai der Ponts des Trous abgebrochen werden.

    Tournai, Pont des Trous 1892
    (Foto: unbekannter Fotograf 1892, gemeinfrei,
    via Wikimedia Commons)
    In Tournai überspannt der Ponts des Trous aus dem 13. Jahrhundert (franz. Wikipedia) als Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung die Schelde. Für den Ausbau des Flusses zum Kanal wurde der mittlere der drei Brückenbögen im 20. Jahrhundert etwas vergrößert. Jetzt ist geplant, die Brücke abzubrechen und durch eine Attrappe mit großer Durchfahrt zu ersetzen.

    Gegen die Pläne wendet sich nun eine Bürgerinitiative mit einer online-Petition und Informationen über das Monument.


    Donnerstag, 9. Januar 2014

    Das ausgegrabene Experiment - Die Untersuchung eines Grubenbrands durch den Historischen Verein Ingolstadt

    Ein Gastbeitrag von Inge Alraum und Bernd Lohmüller

    Im Sommer 2001 führte eine fünfte Klasse der Ingolstädter Freiherr-von-Ickstatt-Realschule auf der Wiese des Bauerngerätemuseums im Stadtteil Hundszell einen Versuch zur Herstellung von Keramikgefäßen im offenen Grubenbrand durch.


    Vorheizen der Grube mit Holz und Zeitungspapier
    (Foto G. Riedel,
    m. freundl. Genehmigung)
    Positionierung der lederharten Tongefäße
    (Foto G. Riedel, m. freundl. Genehmigung)

    Im August 2013 organisierte der Historische Verein Ingolstadt eine kleine Lehrgrabung, die eine der beiden Brenngruben dokumentierte. Dabei sollten die Vereinsmitglieder, die bereits bei mehreren Lehrgrabungen in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Gesellschaft für Archäologie in Bayern Erfahrung gesammelt hatten, an einem einfachen Objekt an die selbstständige Durchführung einer kompletten Ausgrabung von der Vermessung bis zur Veröffentlichung versuchen.

    Lehrgrabungen unter dem Verursacherprinzip

    Durch die Anwendung des Verursacherprinzips in der bayerischen Bodendenkmalpflege sind die Möglichkeiten für solche Unternehmungen an „echten“ archäologischen Befunden stark eingeschränkt worden. Vorrausetzung für die Genehmigung von Ausgrabungen durch Ehrenamtliche wäre, dass das betreffende Bodendenkmal akut gefährdet ist, ohne dass ein Veranlasser zur Finanzierung einer Rettungsgrabung herangezogen werden kann. Zudem müssen vor Grabungsbeginn Versuche unternommen worden sein, die Gefährdung abzuwenden, beispielsweise durch Umnutzung des Geländes. Ebenfalls vorab wären zerstörungsfreie Methoden wie Geophysik zur Erforschung des Bodendenkmals anzuwenden, deren Erkenntnisse aber hinter denen einer Ausgrabung deutlich zurückbleiben sollten. Der Eingriff in das Bodendenkmal müsste also einen klaren Erkenntnisgewinn herbeiführen, der auf anderem Weg nicht zu erhalten wäre. Schließlich ist für die Grabungsmaßnahme eine Fragestellung entsprechend Forschungsgrabungen zu formulieren.

    Sind diese Vorrausetzungen erfüllt, kann unter Leitung eines geeigneten Facharchäologen entsprechend den Richtlinien des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege eine möglichst kleinflächige Untersuchung begonnen werden. Fundeigentum,  -verbleib und –restaurierung müssen dabei geregelt sein. Schließlich ist ein Konzept zur Auswertung und möglichst auch zur Veröffentlichung der Grabungsergebnisse vorzulegen.


    Von der Ausweichlösung zur Auseinandersetzung mit Befundgenese

    Trotz längerer gemeinsamer Überlegungen konnten der Historische Verein Ingolstadt und die zuständige Dienststelle des Landesamts bislang kein Bodendenkmal in und um Ingolstadt ausfindig machen, das sich unter den genannten Voraussetzungen für eine künftige Lehrgrabung eignet. So entschloss sich der Verein, auf die beiden Brenngruben in Hundszell auszuweichen.

    Samstag, 4. Januar 2014

    Vortrag zu Feldfluren in Panama online

    Ein (spanischer) Vortrag von Juan Guillermo Martín über unsere Feld-Forschungen, gehalten auf dem Congreso de Antropología Panameña im September 2013 in Panama steht jetzt - mit gekürzter Bebilderung - online: 

    frühe Version der Interpretation
    der Luftbildbefunde
    (R. Schreg)
    Interner Link:

    Freitag, 3. Januar 2014

    Royale Instinktlosigkeit: Griechische Statuen fürs Prinzen-Klo?

    We are not amused!
    Duke and Duchess of Cambridge auf dem Balkon
    des Buckingham Palace, Juni 2013
    (Foto: carfax2, digital bearb. v. Surtcina
    [CC BY-SA 3.0] via Wikimedia Commons)
    Die britische Klatschpresse berichtet von gemeinsamen Plänen der Herzogin von Cambridge und Victoria Beckham, ihre 'bathrooms' mit griechischen Statuen auszustatten.
    Über Geschmack kann man streiten, aber echte Antiken als Society-Artikel wären auf jeden Fall ein Beitrag zur weiteren Ausplünderung archäologischer Fundstellen - und fraglos schlechter Stil!

    Mittwoch, 1. Januar 2014

    Archaeologik 2013

    Im Juni 2013 hatte Archaeologik die Marke von 100.000 Zugriffen überschritten, inzwischen sind es bereits über 150.000. Seit Ende September hat Archaeologik eine ISSN.
     
    Die meist gelesenen Beiträge 2013:

    1. Die völlige Zerstörung von Apameia am Orontes
      30.4.2013, 4230 Seitenaufrufe
    2. Ende der Denkmalförderung NRW: Online-Petition der DGUF
      24.3.2013, 1361 Seitenaufrufe
    3. Mittelalterliche Keramik aus Geislingen
      14.12.2011, 1271 Seitenaufrufe
    4. Habitus - ein soziologisches Konzept in der Archäologie
      14.12.2012, 1098 Seitenaufrufe (nur 2013)
    5. Luftangriffe auf den Krak des Chevaliers
      14.7.2013, 987 Seitenaufrufe
    6. Syrische Truppen zerstören Kreuzfahrerburg
      4.5.2012, 766 Seitenaufrufe (nur 2013)
    7. Warum wir hinschauen müssen! - Antisemitismus in pseudowissenschaftlichen Kulturbetrachtungen in Ungarn (Gastbeitrag von László Matthias Simon)
      24.5.2012, 695 Seitenaufrufe (nur 2013)
    8. Kämpfe um den Krak des Chevaliers
      7.7.2012, 663 Seitenaufrufe (nur 2013)
    9. Deutschsprachige Dissertations- und Projektblogs aus den archäologischen Wissenschaften
      5.6.2012, 601 Seitenaufrufe (nur 2013)
    10. Durch die Steppen Osteuropas - Russisch-ungarische Forschungen im Südural (Gastbeitrag von Attila Türk)
      19.12.2013, 582  Seitenaufrufe
    11. Archäologische Quellenkritik
      12.1.2013, 558 Seitenaufrufe
    12. Ein Berg von Menschenhand - Parawissenschaften am Hohenstaufen
      11.11.2013, 535 Seitenaufrufe
    13. Unruhen in Ägypten - Museumsplünderung in Mallawi
      15.8.2013, 482 Seitenaufrufe
    14. Bodenerosion 1342 - ein Rechtsstreit in Esslingen
      19.1.2013, 440 Seitenaufrufe
    15. Ein Teenager kratzt an der Tempelwand (Gastbeitrag von Jutta Zerres)
      6.6.2013, 324 Seitenaufrufe
    Die Zahl der Seitenaufrufe beruht auf GoogleAnalytics. Sie beziehen sich auf das Jahr 2013 (Zahlen Stand 28.12.2013).
    Die Gesamtzahlen über die Jahre hinweg, die Blogger bereit stellt, sind außerordentlich undurchsichtig, da gegenüber früheren Zahlen einige Beiträge jetzt nur noch halb so viele Leser aufweisen. Offenbar wurden die Parameter der Zählung durch Google geändert.
    Ich schätze die Zugriffe durch Robots und Spamseiten auf nahezu 10%, die hier gegebenen Zugriffszahlen geben also nur eine Größenordnung wieder.

    Die laufenden Berichte zu Ägypten und Syrien haben es nicht in die Liste der meist gelesenen Posts geschafft, haben aber dennoch eine gewisse Resonanz und scheinen mir auch wichtig. Mehrheitlich bieten sie eine Zusammenstellung einschlägiger Links, aber nur wenig zusammenfassenden Text. Im Hinblick auf die Zugriffszahlen sind offenbar eher Miszellen und Aufsätze 'erfolgreich'.  


    Insgesamt habe ich 174 Posts eingestellt (insgesamt sind es inzwischen 574 Posts). Wie im Vorjahr sind lediglich vier Posts auf  Englisch, zu Nordrhein-Westfalen wurden die Hinweise auf die Petition jedoch auch auf französisch und spanisch gepostet. Die Zahl der  Gastbeiträge hat sich auf 15 mehr als verdoppelt. Autoren waren Atilla Türk (1 Beitrag), Iris Nießen (2 Beiträge), László Matthias Simon (1 Beitrag) und Jutta Zerres (14 Beiträge). Jutta Zerres hat es übernommen, die Situation in Ägypten zu beobachten und hat in insgesamt 12 Beiträgen die einschlägigen Informationen zusammengestellt.

    Die Blogposts wurden in der facebook-Gruppe Archaeologik  sowie auf twitter gepostet. Von fb stammen entsprechend auch die meisten Zugriffe, gefolgt von wikipedia und google.

    Themen waren 2013 unter anderem:

    Insgesamt sind vermehrt eigene Forschungsarbeiten in das Blog eingeflossen. Einige sind originale Beiträge, andere kurze Inhaltsangaben anderweitig publizierter Aufsätze.

    Archaeologik ist, soweit ich sehe, leider immer noch eines der wenigen deutschsprachigen Blogs, in denen Profis Archäologie oder über Archäologie bloggen. 2013 ergaben sich einige Beispiele, die die Chancen zeigen, die sich für die Forschung und auch für die Öffentlichkeitsarbeit daraus ergeben. Zusammenfassend habe ich auf Anfrage versucht, einige dieser Erfahrungen im Hinblick auf die sich wandelnde Beziehung zwischen Archäologie und Gesellschaft zu formulieren: R. Schreg, Archaeology, the Public, and Social Media: Some New Insights from Germany. Journal of Community Archaeology and Heritage - Blog (4.7.2013) (deutsche Fassung folgt auf Archaeologik, wenn ich Zeit für die Übersetzung finde).

    In diesem Zuammenhang sei auch verwiesen auf:

    Das Kulturerbe in Syrien im Dezember 2013

    Berichte aus den sozialen Medien
    Informationen über Plünderungen und Zerstörungen werden vor allem über die social media und Internet verbreitet, deren wichtigsten Meldungen hier wieder verlinkt seien.

    Besonders genannt sei http://alisariram.wordpress.com/, ein Blog zum Bürgerkrieg in Syrien, der häufig auch über die Kulturgüter des Landes berichtet:

    Die Facebook-Gruppe اثار حلب: Aleppo Archeology widmet sich speziell der Archäologie in Aleppo. Sie wurde im Dezember 2012 eingerichtet und liefert noch einige Quellen, die über diejenigen hinausgehen, auf die für die vorigen Berichten zum Bürgerkrieg Syrien zurückgegriffen wurde.

    Die bisher besonders aktive fb-Gruppe Le patrimoine archéologique syrien en danger الآثار السورية في خطر hat seit dem 25.11. keine neuen Posts mehr eingestellt.


    Zerstörungen in Idlib
    Maaloula
    Die christliche Siedlung nordöstlich von Damaskus im Bergland brannte am 2. Dezember. Die Students of Faculty of Archaeology & Museums at University of Damascus machen Terroristen dafür verantwortlich:

    Medienberichte

    Blogbeiträge

    Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften
    Das Forum des neuen Journal of Eastern Mediterranean Archaeology & Heritage Studies widmet sich dem Kulturgut-Raub in Syrien und Ägypten.

    Aktionen
    Petition bei Change.org: http://www.change.org/petitions/help-ensure-the-survival-of-syria-s-cultural-heritage-2?share_id=HeMlCtxmBd&utm_campaign=share_button_action_box&utm_medium=facebook&utm_source=share_petition

    erneuter UNESCO-Appell warnt vor Raubgrabungen: http://archaeologynewsnetwork.blogspot.de/2013/12/unesco-sounds-alarm-about-illicit-digs.html#.Uqy8QifAKW5
    "Der Schutz von Kulturgütern lässt sich nicht von der Sorge um die Bevölkerung trennen, denn das Kilturerbe vertritt deren Werte und deren Idenitität" (Irina Bukova, Generaldirektorin der UNESCO)

    UNESCO gründet in Bahrein ein neues arabisches Regionalzentrum für das Welterbe
    http://www.bbc.co.uk/news/science-environment-25407119
    Der Algerier Mounir Bouchenaki leitet das Zentrum, das inzwischen Kontakt zu Vertrauensleuten an allen sechs UNESCO-Welterbestätten in Syrien etabliert hat.
    Inzwischen wird darüber diskutiert, wie Zerstörer von Kulturerbe als Kriegsverbrecher international zur Verantwortung gezogen werden können. Bislang gibt es keine Möglichkeit, die Schuldigen gerichtlich zu belangen.


    Paul Barford setzt sich kritisch mit dem derzeitigen Umgang mit den syrischen Kulturgutverlusten in der internationalen Gemeinschaft auseinander. "UNESCO officials sit and drink tea, occasionally rising to approach the world's press to wring hands and bleat about somebody should take care nothing gets damaged or lost, because "culture is important". Then back to the tea drinking and organizing the next old-boys meeting somewhere nice." Tatsächlich ist die UNESCO nicht in der Lage mehr zu bieten als moralische Unterstützung und Beratung. Es fehlen ihr die Mittel, mit einer Task Force im Land selbst aktiv zu werden, obgleich eine vage Formulierung der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten durchaus die Möglichkeit einer praktischen Hilfe der UNESCO in Bürgerkriegssituationen vorsieht (Art. 19).
    Die Sanktionen gegen Syrien führen auch dazu, dass internationale Projekte ihre Mitarbeiter - darunter eben auch Wächter an den Grabungen - nicht weiter bezahlen können.  Maamoun Abdulkarim, Direktor der syrischen Altertumsbehörde wird zitiert "We get no aid from the international community. Sanctions form a block between us and [foreign] archaeologists. We get personal e-mails [from colleagues], saying, ‘Hello.’ This is how we are treated after a century of scientific cooperation with Europe and the US. We need expertise to reduce losses.”
    Interne Links