Samstag, 29. März 2014

National Geographic Nazi War Diggers - Leichenfledderei im Dienst des Kommerz

National Geographic hat nichts kapiert!
Oder schlimmer: Es zerstört bewusst Geschichte für sein Marketing.
Erneut fördert es die Zerstörung von Bodendenkmälern und diesmal sogar gezielt die Leichenfledderung, indem es Raubgrabungen als Abenteuer heroisiert.
Gegen eine ähnliche Fernsehsendung, die Schatzgräber auf archäologische Fundstellen in den USA geschickt hatte, hat die Society of American Archaeologists wirkungsvoll Protest eingelegt. NG und SAA haben gemeinsam eine Tagung abgehalten, die die Problematik klar dargestellt hat.
Jetzt weicht NG aus den USA nach Osteuropa aus und plündert Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs - speziell genannt wird Litauen, betroffen ist aber wohl auch Polen.

Das krude Vorgehen bei der 'Bergung' von Gräbern zeigt das Video 'Human Bone Removal'. Es ist alles andere als eine professionelle, pietätsvolle oder verantwortungsbewusste Bergung.
Craig Gottlieb, einer der Nazi War Diggers ist ein berüchtigter Händler von Militaria und 'NS-Memorabilien' (siehe englische wikipedia [Version 27.3.2014]: Google führt im Internet gleich zu mehreren Plattformen ('History Hunter', Craig Gottlieb Military Auctions, Craig Gottlieb Militaria) auf denen Funde vertickt werden. NG behauptet, die drei "war diggers" befänden sich im Wettlauf gegen die Zeit, um die Geschichte vor Plünderung und Verlust zu retten. Tatsächlich sind sie offenbar selbst die Plünderer.

Die französische Gruppe HAPPAH weist auf die Rolle der Metalldetektor-Anbieter an, die mit solchen Sendungen ihre eigenen kommerziellen Interessen verfolgen:

Reaktionen
NG sieht sich einer Front der Kritik ausgesetzt. Bislang reagieren v.a. britische Archäologen, da drei der Protagonisten Briten sind. Deutsche Reaktionen sind mir bisher nicht bekannt.
Erste Reaktionen von NG bestehen darin, dass das teaser-Video entfernt wurde. Außerdem wurden einige aufschlußreiche Zitate - Tipps zum Verkauf von Funden beispielsweise - gelöscht. Ein Zitat von Craig Gottlieb wurde geändert: Anstatt “I feel that by selling things that are Nazi related and for lots of money, I’m preserving a part of history that museums don’t want to bother with” heißt es nun: "I'm an historian and a military officer. Where other people see fields and trees, I see a battlefield I see fighting positions. I see fields of fire." (natgeotv)

    Eine Liste kritischer Fragen an NG:

    Das Problem der  Schatzsucher-Serien nimmt überhand - in den USA läuft seit September 2013 wieder eine längerfristige Petition dagegen:
     Weitere Links
    Interne Links

    Nachtrag (29.3.)
    Nachtrag (30.3.)
    NG  behauptet, alles richtig gemacht zu haben. Die Beschreibung der Serie wurde geändert und mit Referenzen versehen. Alles sei 'misinformation' und dem ursprünglichen Video hätte der methodologische Kontext gefehlt (Was aber nicht erklärt, warum in dem Video so unprofessionell und respektlos agiert wurde).
    Nachtrag (1.4.)
    Die Sendung scheint abgesetzt: http://conflictantiquities.wordpress.com/2014/04/01/nazi-war-diggers-error-404-page-not-found/
    NG Deutschland schickt mir die Stellungnahme von NG, die mit der Website der Serie jetzt wohl auch aus dem Netz verschwunden ist. Die kritischen Punkte nach den Geschäftsinteressen und Schmuggelaktivitäten der Diggers spielten darin keine Rolle.

      Freitag, 28. März 2014

      Archäologie zwischen Kiew und St. Petersburg - Kulturgut im Krim-Konflikt

      Die aktuelle Situation auf der Krim schafft komplizierte Probleme für archäologisches Kulturgut. Funde aus dem Museum in Kertch (und drei weiteren Museen von der Krim) sind derzeit in einer Ausstellung in Amsterdam zu sehen. Wohin sollen sie zurück gegeben werden?
      Rußland und die Ukraine liefern sich eine Propagandaschlacht. Die Ukraine hat die Funde der direkten Zuständigkeit des Ministeriums in Kiew unterstellt, um zu verhindern, dass sie in russische Hände gelangen - der Eremitage in St. Petersburg, die sich tatsächlich in die Diskussion eingeschaltet hat, werden Begehrlichkeiten vorgehalten. Rußland behauptet, skythische Funde seien bereits aus Kiew verschwunden und seien für die ukrainischen Staatsschulden in die USA verpfändet worden.
         
      Die Ausstellung in Amsterdam: De Krim - Goud en Geheimen van de Zwarte Zee - Allard Pierson Museum - www.allardpiersonmuseum.nl
      Zuvor waren die Funde in Bonn: http://www.deutschlandfunk.de/schmauder-die-krim-ist-drehscheibe-zwischen-asien-und-europa.691.de.html?dram:article_id=252029


      Unsere Kollegen auf der Krim stecken mit der Genehmigung ihrer Grabungen in der Zwickmühle. Eine Genehmigung aus Kiew ist nicht zu erhalten und wohl im Augenblick vor Ort auch nicht viel Wert; das Graben mit einer Genehmigung aus Moskau könnte den Kollegen aber in der Ukraine und in Europa Probleme machen. Traditionell wurden archäologische Forschungen auf der Krim von Russland aus betrieben.  Die Eremitage betont in der laufenden Debatte ihre traditionellen Forschungsinteressen auf der Krim. Nach dem Ende der Sowjetunion standen die russischen Ressourcen der Archäologie auf der Krim nicht mehr zur Verfügung, etwa im Bereich der Archäometrie und Anthropologie.

      Nachtrag (30.3.2014)
      weitere Folgen des Übergangs der Krim unter russische Herrschaft für die Archäologie:



      Sieben Stücke des Seuso-Hortfundes durch Ungarn angekauft

      Gastbeitrag von László Matthias Simon

      „Wenn ein Land Stärke und Ansehen besitzt, dann ist es in der Lage zurück zu erlangen, was ihm gehört.“ Unter diesem Leitspruch Orbáns hat die ungarische Regierung mit ihrem nationalistischen Geschichtsverständnis für 15 Millionen Euro sieben Stücke des sog. Seuso-Hortfundes angekauft, unter ihnen die namensgebende „Seuso“-Schale. 

      Beim Seuso-Hortfund  – auch Seuso-„Schatz“ – handelt es sich um 14 Silbergegenstände, die Anfang der 80er Jahre auf dem Kunstmarkt auftauchten (Eintrag bei wikipedia). Sie datieren vermutlich ins vierte Jahrhundert nach Christus und sind nach der Namensaufschrift „SEVSO“ auf einer der Schalen benannt. Für eine ungarische Provenienz sprechen Vergleichsfunde aus Ungarn und die Aufschrift „PELSO“ auf einem der Gefäße. „LACUS PELSO“ wurde in der Antike der Plattensee (ungarisch Balaton) genannt. Deshalb wird seit 25 Jahren von ungarischer Seite eine „Rückführung“ angestrebt. Jedoch ist die tatsächliche Provenienz der Stücke immer noch nicht geklärt, ebenso wenig, ob diese einen zusammenhängenden Fund darstellen oder von Sammlern zusammen getragen wurden. 1993 wurden die Rückführungsklagen Ungarns, Jugoslawiens und des Libanon durch das höchste Gericht des Staates New York abgelehnt.

      Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán
      setzt Geschichte und Archäologie als Mittel
      nationalistischer Politik ein.
      Teure Ankäufe von Raubgrabungsgut auf der einen,
      Kürzung und Behinderung der Denkmalpflege
      auf der anderen Seite.
      (Foto: http://www.kormany.hu [ungar. Regierung],
      [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons)
      Auf einer Pressekonferenz am 26.03.2014 berichtete der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán über die Umstände des Ankaufs. Vertreter des Konsortiums, das bislang Eigentümer der Objekte war, hätten bereits vor eineinhalb Jahren direkten Kontakt zu den ungarischen Behörden aufgenommen. „Wenn er [der Hortfund] unser Eigentum ist, ist es besser, er ist bei uns, als bei jemand anderem. Auch deshalb haben wir uns für seine Heimholung entschieden.“ so Orbán. Die von Orbán als „Familiensilber Ungarns“ bezeichneten Objekte wurden schließlich für umgerechnet 15 Millionen Euro, ein Drittel des 1990 von Sotheby’s veranschlagten Wertes, angekauft. Der Kaufpreis wurde bereits im Februar bekannt, jedoch war nicht klar, für was eine solche Summe ausgegeben wurde. Mit dem Kauf wurde ein weiteres aussichtsloses Verfahren umgangen.

      József Pálinkás, Präsident der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, sieht einen großen Vorteil in der Nutzbarmachung der Stücke für ungarische Wissenschaftler. Für den Direktor des Museums der Schönen Künste, László Baán, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die restlichen Stücke ebenfalls nach Ungarn „zurückkehren“. Mit Lord Northampton, dem Leiter des Konsortiums, dem diese Stücke gehören, soll in Zukunft weiter verhandelt werden. Für drei Monate werden die Objekte (für EU-Bürger kostenlos) im Parlament ausgestellt sein. In Zukunft sollen sie als „Juwelen“ des neuen Museumsviertels in Budapest – einem der Prestigeprojekte der ungarischen Regierung – zum Besuchermagneten werden. Es ist zu vermuten, dass die ungarische Regierung im Rahmen der immer stärker werdenden nationalistischen Tendenzen in Zukunft weitere „ungarische“ Kunstobjekte ankaufen wird. Dies könnte den Schwarzmarkt für Antiquitäten aus der Region und damit auch die Raubgräberei in Ungarn befördern.



      Links

      Literatur
      • St. Bender, Buntmetallkesssel des sogennantes Seuso-Schatzes. Archäologisches Korrespondenzblatt 22, 1992, 119-124. 
      • M.M. Mango, Der Seuso Schatzfund. Ein Ensemble westlichen und östlichen Kunstschaffens. Antike Welt 21, 1990, 70-88.
      • Z. Visy/M. Zsolt (Hrsg.), A Seuso-kincs és Pannónia. Magyarországi tanulmányok a Seuso-kincsr´´o / The Sevso treasure and Pannonia: scientific contributions to the Sevso treasure from Hungary (Pécs 2012).

      Nachtrag (30.3.2014)
      Nun stellte sich heraus, dass die Stücke durch den „Kauf“ nicht offiziell in das Eigentum des ungarischen Staates übergegangen sind, sie wurden lediglich Besitzer der Objekte. Dennoch sieht man sich als rechtmäßiger Eigentümer. László Baán sagte hierzu im Fernsehen mehrfach, dass Ungarn „sich immer für den Eigentümer gehalten hat, dies jedoch nie [vor Gericht] beweisen konnte. […] Nun wurde eben auch der Besitz erlangt. […] Nach ungarischem Recht waren die Stücke immer ungarisches Eigentum. […] Niemand kann die Stücke von hier entfernen“. Daneben werden weitere Details der Verhandlungen und der Vereinbarung als Staatsgeheimnis eingestuft. Wie es sich mit der Eigentumsfrage also genau verhält bleibt unklar.


      Mittwoch, 26. März 2014

      Archäologie und die politische Zensur

      Die aktuelle Ausgabe des Forum Kritische Archäologie Nr. 3 (2014) setzt sich in ihrem 'Streitraum' mit der Zensur eines deutschen Ausstellungskataloges durch Behörden aus Saudi-Arabien auseinander. Es geht um eine Ausstellung, die 2012 in Berlin im Museum für Islamische Kunst gezeigt wurde und für die neben dem Bundespräsidenten auch der König von Saudi-Arabien die Schirmherrschaft übernommen hatte.

      Der Fall verweist auf die Problematik der Kooperation mit autoritären Staaten und die auch heute noch bestehende latente Gefahr, dass sich Archäologen für politische Machtinteressen einspannen lassen. Nicht immer ist das so leicht zu bemerken.

      Dominik Bonatz bedauert, dass die nun publizierten Aufsätze nicht das Publikum des zensierten Ausstellungskataloges erreichen. Die Tatsache, dass die Artikel online open access erschienen sind, ermöglicht es jedoch, nachträglich ein relativ breites Publikum zu erreichen - etwa indem man das Mittel der dazu jedoch noch zu seltenen Blogs einsetzt.

      Links:
      Literaturhinweis
      • Der zensierte Katalog: U. Franke/ A. Al-Ghabban/ J. Gierlichs/ S. Weber (Hrsg.), Roads of Arabia: Archäologische Schätze aus Saudi-Arabien (Tübingen, Berlin: Wasmuth 2012), ISBN 978-3803033550





      Freitag, 21. März 2014

      Krak des Chevaliers von syrischer Armee erobert

      Am 20.3. hat nach Angaben regierungsnaher Medien die syrische Armee den Krak des Chevaliers erobert.
      Von syrischen Truppen zurückerobert: Krak des Chevaliers in Syrien
      (Foto: A Travers
      [CC BY-NC-ND 2.0] bei flickr)

      Nach diesen Quellen gab es 11 Tote, nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London wurden 60 Menschen getötet oder verletzt, darunter auch Zivilisten. Zu Beginn des Konflikts hat die Kontrolle über die Festung offenbar mehrfach gewechselt, Assad-Truppen wurden Raubgrabungen vorgeworfen (s. Archaeologik: Luftangriffe auf den Krak des Chevaliers [14 Juli 2013]; Archaeologik: Kämpfe um den Krak des Chevaliers [07 Juli 2012], Archaeologik: Syrische Truppen zerstören Kreuzfahrerburg [4.5.2012]).
      Die fb-Gruppe Students of Faculty of Archaeology & Museums at University of Damascus jubelt, dass der Krak des Chevaliers damit in Sicherheit sei. Derzeit würde der Bau auf Minen und Schäden untersucht. Bislang seien nur kleinere Schäden festzustellen.   
      Die 'Association for the Protection of Syrian Archaeology' hat vor wenigen Tagen jedoch mehrere neue Videos von Kämpfen und Zerstörungen beim Crac des Chevaliers eingestellt:

      Interner Link

        Donnerstag, 20. März 2014

        Google Street View zeigt Raubgräber bei der Arbeit

        Eine entsetzliche Mondlandschaft ist bei Google Street View auf der Fundstelle von Ratiaria zu sehen:

        An mehreren Stellen sieht man auch die Raubgräber bei der Arbeit
        Die Bilder stammen vom März 2012.


        Blick auf das Gelände von Ratiaria nach den
        Raubgrabungen, 2010.Nur an einer Stelle
        sind Reste von Bauten stehen geblieben.
        (Foto: Widintourist [CC BY-SA 3.0]
        via WikimediaCommons)



        interner Link:

        Dank an die Ron Licht für den Hinweis via der Archaeologik facebook-Filiale



        Artemis ausgefräst

        In der Casa di Nettuno (VI 5,1.3.22) ganz am Nordrand der Stadt an der Stadtmauer gelegen wurde eine Artemis-Darstellung aus einem Fresko gefräst.


        Montag, 17. März 2014

        Die Kulturstätten Ägyptens im Februar/März 2014

        Jutta Zerres

        Auch in den letzten Wochen gab es wieder zahlreiche Berichte zur Situation der ägyptischen Kulturstätten, die in dieser Chronologie zusammengestellt wurden. Die Quellen dazu sind Meldungen der internationalen Presse und den Facebook-Postings von „The Petrie Museum Unofficial Page“ und der Gruppe „Egypt’s Heritage Task Force“.



        13. Februar:
        Al-Jazeera berichtet über die Archäologin Sarah Parcak von der Alabama Universität in Birmingham (USA), die die fortschreitenden Plünderungen an archäologischen Stätten via Satellitenbilder beobachtet und dokumentiert.

        17. Februar:
        Antikenminister Mohamed Ibrahim will nach den Bombenattentat auf einen Touristenbus in Taba bei dem drei Menschen getötet wurden die Schutzmaßnahmen für archäologische Stätten und Touristen landesweit erhöhen.

        18. Februar:
        El-Ahram berichtet, dass ein französischer Staatsbürger ein Sarkophagfragment an Ägypten zurückgegeben habe. Er gab an, das Stück von seiner Großmutter geerbt zu haben. Außerdem seien eine Löwenstatue aus Marmor aus Deutschland und Glasgefäße aus Ptolemäischer Zeit aus Frankreich zurückgegeben worden.

        22. Februar:
        El-Ahram veröffentlicht eine Reportage über den allmählichen Zerfall der ältesten gepflasterten Straße der Welt, die zu den Steinbrüchen von Widan al Faras nördlich von Fayoum führte. Hier wurde in der Zeit des Alten Reiches Basalt abgebaut und über die Straße abtransportiert. Die Steinblöcke gelangten dann zum Giza-Plateau, um sie dort zu Sarkophagen und zu Bodenplatten in den Totentempeln zu verarbeiten.
        Weitere Informationen zum Steinbruch und der Straße:


        Widan al Faras

        26. Februar:
        Egypt Independent berichtet, dass Zahi Hawass, unter Mubarak Antikenminister, vom Vorwurf der Antikenhehlerei freigesprochen wurde. Die Anklage wurde in der Zeit der Revolution erhoben und dürfte politisch motiviert gewesen sein:

        27. Februar:
        The Petrie Museum Unofficial Page (Facebook) machte auf einen Bericht deutscher Touristen in dem Ägyptenreise-Forum „Isis und Osiris“ vom 19. Januar aufmerksam, die die Stätte von Deir el Ballas besuchten und zahlreiche Fotos schossen. Sie zeigen deutlich die Überlagerung der antiken Stätte durch die moderne Bebauung:

        5. März:
        Die Aktivisten von „Egypt’s Heritage Task Force“ melden, dass das Fort Qait Bey in Alexandria von Zerstörung bedroht ist.

        7. März:
        Die britische Zeitung „The Independent“ veröffentlicht einen Bericht über einen früheren BBC-Mitarbeiter, der versucht hatte ägyptische Fundobjekte, die in der Zeit der Revolution gestohlen worden waren, an Auktionshäuser zu verkaufen.
        Tempel von Wadi es Sebua
        (Foto: Mr. Dennis G. Jarvis [CC BY 2.0]
        via WikimediaCommons)

        6. März:
        „Egypt’s Heritage Task Force“ meldet Plünderungen im Tempel von Wadi es Sebua. Der Tempel aus der Zeit Ramses II. in Südägypten wurde in den 60er Jahren im Zuge des Baues des Assuanstaudamms versetzt, um ihn vor den Fluten des Nassersees zu schützen. 

        9. März:
        „Egypt’s Heritage Task Force“ veröffentlicht 6 Fotos, die den Zerfall der berühmten Zitadelle von Salah edin in Kairo dokumentieren.

        13./14. März:
        Minister M. Ibrahim reist in die USA zu Gesprächen über die Eindämmung des illegalen Antikenhandels.

        14. März:
        Von Beschädigungen an der Decke im Grab Ramses III im Tal der Könige durch Risse im Gestein, berichtet El Watan News (in Arabisch)

        Interner Link

        Samstag, 15. März 2014

        Konkurrierende Nachbarschaften auf der Krim - Ein archäologisches Modell zur Völkerwanderungszeit im Licht der aktuellen Krim-Krise

        Die aktuellen Ereignisse auf der Krim geben mir Anlaß, noch einmal darüber nachzudenken, wie wir unsere archäologischen Daten interpretiert haben.

        Vor kurzem ist die Hauptpublikation des Krim-Projektes erschienen, das 2006-2008 am RGZM durchgeführt worden ist. Mein Plan dazu war, knappe Zusammenfassungen zumindest der beiden Artikel hier zu posten, an denen ich direkt mitgeschrieben habe, sobald die pdfs online stehen.
        Angesichts der aktuellen Ereignisse auf der Krim drängt es sich aber auf, den gewählten sozialarchäologischen Ansatz nochmals zu reflektieren (auch wenn ich noch keine qualitätvolle pdfs zum Download anbieten kann).


        Konkurrierende Nachbarschaften als Erklärung kulturellen Wandels

        Die Berglandschaft der südwestlichen Krim ist eine reiche archäologische Region mit Höh(l)ensiedlungen und reich ausgestatteten Gräberfeldern des frühen Mittelalters. Unsere Forschungen konzentrierten sich auf das Umfeld der beiden Höhensiedlungen von Eski Kermen und Mangup wenig östlich von Sevastopol (vergl. Archaeologik [15.4.2012]: Kulturlandschaft am Rande des byzantinischen Reichs).
        Thema des von 2006 bis 2008 mit mehreren Feldkampagnen durchgeführten Krim-Projektes war die kulturelle Entwicklung in der Peripherie des byzantinischen Reiches vor allem während Spätantike und Frühmittelalter. Insbesondere im Südwesten der Krim lebte eine Bevölkerungsgruppe, die sich durch Bestattungs- und 'Tracht' auszeichnet und die als Krimgoten verstanden werden, die hier im Laufe der Völkerwanderung anstrandeten.



        Dem gängigen Interpretationsmuster, das auf ethnische Geschichte und im Kern noch immer auf Migrationen und Verdrängung ganzer Volksgruppen setzt, bestenfalls deren Adaption und Vermischung postuliert, wollten wir eine Sicht entgegen setzen, die nicht auf Basis der ethnischen Gruppen, sondern mit dem Blick von unten, von den einzelnen Siedlungsgemeinschaften ausgehend, die regionale Kulturentwicklung beschreibt. Aus diesen Überlegungen ergab sich ein Modell der 'konkurrierenden Nachbarschaften', in dem kultureller Wandel und die Ausbildung regionaler Zentren nicht durch Einwanderungen, sondern aus der Region heraus erklärt werden kann.

        "Konkurrierende Nachbarschaften" sind in unseren Augen ein Modell, das die Entstehung dieser außergewöhnlichen Fundlandschaft erklären kann. Die Hafenstädte gehen zum Teil auf antike griechische Siedlungen zurück. Chersonesos, der antike Vorgänger der heutigen Hafenstadt Sevastopol - Standort der russischen Schwarzmeerflotte - war auch in byzantinischer Zeit ein wichtiges Zentrum. Weitere kleine Häfen bestanden entlang der Südküste. Diese Häfen boten der ortsansässigen Bevölkerung die Möglichkeit zu Beziehungen in die Metropole Byzanz. Byzantinischer Import, aber auch byzantinische Patronage ermöglichten Einzelnen den sozialen Aufstieg, der auf verschiedene Weise zur Schau gestellt wurde. Die regionale Konkurrenz um sozialen Status bot dann den Ansatzpunkt, dass sich regional eine Kultur der repräsentativen Höhensiedlungen und reich ausgestatteter Gräber ergab. - Das ist letztlich nicht mehr als eine Theorie, die sich aus kulturanthropologischen Modellen ergibt. Sie hat aber das Potential, die regionale Entwicklung aus sich heraus zu erklären, ohne dass Kulturerscheinungen vage ein Migrationshintergrund zugeschrieben wird.
        Schematische Darstellung unterschiedlicher Zonen des Kulturkontaktes.
        In Konkurrenz um den Zugang zu externen, über 'ports of trade' vermittelte
        externe Ressourcen ergeben sich in einer Kontaktzone kleinräumige
        Entwicklungen, die nicht zuletzt durch die Konkurrenz um Prestige, Macht
        und Sicherheit zwischen benachbarten Gemeinschaften bestimmt werden.
        (Skizze: R. Schreg, aus: Albrecht/Herdick/Schreg 2013)


        Machtpolitik und Krieg auf der Krim
        Als wir 2006 bis 2008 in mehreren Kampagnen unsere Feldforschungen auf der Krim arbeiteten,

        Donnerstag, 6. März 2014

        Was Archäologen tun können, um Antikenhehlerei einzudämmen

        fasst zusammen und erläutert, wie wir als Archäologen dazu beitragen können, Antikenhehlerei und Raubgrabungen einzudämmen:
        1. Meldungen an Trafficking Culture website, die bekannte geraubte Fundgegenstände listet  
        2. routinemäßige Dokumentation aller Raubgräberspuren während der Feldarbeit
        3. genaue Kenntnis und penibles Befolgen der Gesetzeslage
        4. Beobachtung der politischen Entwicklungen und eigenes fachpolitisches Engagement
        5. aktive Medienarbeit, bei der die Bedrohung des archäologischen Erbes immer wieder tematisiert werden muss 
        6. Forderung nach universitären Lehrveranstaltungen zu archäologischer Ethik und Gesetzeslage
        7. keine Expertisen für Funde, die nicht aus Grabungen stammen!
        8. Rezeption der einschlägigen Veröffentlichungen - http://traffickingculture.org/publications/
        Nachtrag (7.3.)

        Mittwoch, 5. März 2014

        Der kontinuierliche Zerfall

        Von Zeit zu Zeit registrieren auch die deutschen Medien den Zerfall Pompejis.
        Pompeji: Gipsabguß
        des in den Vesuvablagerungen
        als Hohlraum erhaltenen Körpers
        eines Opfers 79 n.Chr.
        (Foto R. Schreg, 1987)

        Pompeji ist ein gutes Beispiel dafür, dass eine Erhaltung archäologischer Fundstellen im Boden besser gewährleistet ist. 
        Interner Link

        Dienstag, 4. März 2014

        Öffentliche Akzeptanz als zentrales Problem der archäologischen Denkmalpflege

        Angesichts der aktuellen Reaktionen auf den 'Barbarenschatz' von Rülzheim, die vielfach so gar kein Verständnis für den historischen Quellenwert archäologischer Funde zeigen (vergl. J. Zerres, „Das nennt sich Fieldwork, ihr Schnarchzapfen“ – Der Rülzheimer „Barbarenschatz“ und die öffentliche Wahrnehmung von Denkmalpflege und Archäologen. Archaeologik [27.2.2014]) und die m.E. auf ein Versagen der archäologischen Öffentlichkeitsarbeit hinweisen, eine kleine zufällige Lesefrucht:
        • F. Fischer, Rezension zu W. Menghin/ D. Planck (Hrsg.), Menschen - Zeiten - Räume. Archäologie in Deutschland. Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung 2002 (Stuttgart: Theiss 2002). Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 63, 2004, 572-573
        Schon vor über 10 Jahren hat Franz Fischer, ehemals Ordinarius am Institut für Vor- und Frühgeschichte in Tübingen hier einige auch heute noch (oder erst recht) bemerkenswerte Beobachtungen formuliert:
        "Mit gutem Grund hat H. Koschik die öffentliche Akzeptanz als zentrales Problem der archäologischen Denkmalpflege angesprochen. Angesichts der Dominanz wirtschaftlicher Bedürfnisse in Planung und Bebauung liegt das auf der Hand, und deshalb sind existierende Denkmalschutzgesetze (...) nachgebend novelliert worden. Man möchte daher erwarten, daß die gesetzliche Verankerung denkmalpflegerischer Tätigkeit argumentativ oder mit demonstrativen sachlichen Belegen legitimiert wird. Leider ist aber schon von der Aufgabe jeglicher Denkmalpflege, Ausgrabungen Unbefugter, insbesondere Raubgrabungen mittels Metallsonden nach Möglichkeit zu verhindern, ausdrücklich nirgends die Rede. Und doch besteht gerade in dieser Hinsicht Aufklärungsbedarf, weil es oftmals schwerfällt, die Justiz von der Notwendigkeit zu überzeugen, ertappte Täter auch entsprechend zur Rechenschaft zu ziehen. (...) Es genügt jedenfalls nicht, vollständig ausgegrabene Gräberfelder oder die Ergebnisse neuer Prospektionsmethoden nur vorzustellen, ohne deren Bedeutung für unsere Kenntnis der jeweiligen Verhältnisse mittels überzeugender Interpretationen nachzuweisen oder durch Gegenübertellung mit ganz oder teilweise zerstörten Objekten augenfällig zu demonstrieren."

        Zahlreiche Vorkommnisse haben inzwischen die Dringlichkeit zur Genüge gezeigt, die Bedrohung des archäologischen Erbes durch Raubgräber ernst zu nehmen und hier eine klare Strategie zu finden, die nicht nur aus Gesetzen besteht. Flyer und Kampagnen gegen Raubgräber winken mit Paragraphen, lassen aber eben die von Fischer eingeforderten Beispiele vermissen, die die Schäden der Öffentlichkeit (und der Justiz) vor Augen führen. 
        In jüngerer Zeit stehen für diesen erhobenen Zeigefinger beispielsweise die Videokampagne der Kantonsarchäologie Luzern (http://www.20min.ch/videotv/?vid=341130&cid=1) oder ein Flyer der Denkmalpflege in Baden-Württemberg (Faltblatt Raubgräber. Archaeologik [24.8.2011]).
        Gefragt ist ein Dialog mit der Öffentlichkeit - mit dem klaren Ziel, möglichst viele Funde in ihrem Kontext, also im Boden (!) zu bewahren.

        Sonntag, 2. März 2014

        Bildersturm religiöser Fanatiker in Syrien (Februar 2014)


        Plünderung und Zerstörung

        Aleppo
        Die Drohungen der Sprengung der Zitadelle von Aleppo greifen regierungsnahe Stellen auf. So berichtet die iranische FARS (24.2.2014): Ministry of Tourism Calls for Protecting Syria’s Archeological Heritage. - http://english.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13921205000921 über den den Aufruf des Tourismusministeriums zur Unterstützung der syrischen Armee und zur vereinigung aller Kräfte, um das zu restaurieren, was Terroristen von archäologischen Stätten geraubt hätten. 

        Tote Städte
        Homs
        Palmyra
        Krak des Chevaliers


        Medienberichte
        Religiöse Eiferer zerstören gezielt bildliche Darstellungen: Statuen, Mosaike.