Samstag, 29. November 2014

Gute Ansätze, schlechte Ausführung - das Denkmalschutzgesetz NRW

Nach etwa einem Jahr des neuen Denkmalschutzgesetzes in Nordrhein-Westfalen hat die DGUF die aktuelle Situation einer kritischen Würdigung unterzogen. Die guten Ansätze im neuen Gesetz werden demnach in der Praxis wieder verspielt - mit enormen Verlusten für die Wissenschaft und den Landeshaushalt, der einmal Anlaß gegeben hatte, über weitgehende Kürzungen nachzudenken.

Mit einer Presseerklärung hat die DGUF ihre Überlegungen nun vorgestellt.
In den Archäologischen Informationen sind zu Nordrhein-Westfalen zwei Artikel erschienen, die die Einschätzung näher erläutern:
  • F. Siegmund/ D. Scherzler, Archäologie und Baudenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen 2014 – ein Jahr nach dem Ringen gegen Mittelkürzungen und für eine bessere gesetzliche Grundlage. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 26. Nov. 2014. [PDF]
  • Chr. Fuchs, Warum archäologische Gegenstände keine "Funde" sein dürfen – Die Verwaltungsvorschrift zu § 17 Schatzregal DSchG NRW. Archäologische Informationen, Early View, online publiziert 26. Nov. 2014. [PDF]
Das neue Denkmalschutzgesetz brachte vor allem zwei Neuerungen: Das Verursacherprinzip und das Schatzregal. Deren konkrete Umsetzung wurde in Ausführungsbestimmungen geregelt, die die positiven Ansätze wieder zunichte machen.

Hinsichtlich des Verursacherprinzips urteilen Siegmund und Scherzler:
"Doch die daraus resultierende Stärkung der Archäologie im Land kommt nur begrenzt zum Tragen, da die Mitte 2014 erlassenen Ausführungsbestimmungen zum DSchG dessen Potenzial nicht ausschöpfen. Sie schränken das neu eingeführte Schatzregal sogar erheblich und fachlich untauglich ein. Vor allem überrascht angesichts der Sparwünsche der Landespolitik, dass bei Rettungsgrabungen die Kostenübernahme durch die Verursacher ohne Not und gegen europäische Regelungen stark begrenzt wird."
Als problematisch erweisen sich auch die Ausführungsbestimmungen zum Schatzregal, das Lesefunde im Wesentlichen ausklammert. Das ist fachlich höchst fragwürdig, liefern doch gerade Lesefunde wichtige Informationen, die für eine vorausschauende Denkmalpflege so wichtig sind. Lesefunde sind mit der wichtigste Indikator, dass auf einem Baugrund mit Archäologie zu rechnen ist. Hier wird Rechtssicherheit verschenkt - und natürlich auch schützenswerte historische Quellen negiert.

Die Verwaltungsvorschrift unterscheidet nun zwischen beweglichen Bodendenkmälern, was im Wesentlichen nur noch Funde aus Grabungen sind und Funden. Archäologische Lese- und Detektorfunde hingegen sind grundsätzlich „Funde“ in Sinne von § 17 DSchG NRW ohne Denkmaleigenschaft.
"Diese Regelung hat sehr weitreichende Folgen, da Lesefunde nun nicht mehr von den Fachämtern registriert werden müssen; ihre Kenntnis geht damit der Wissenschaft verloren und ihre Fundstellen bleiben ohne gesetzlichen Schutz." (Fuchs)

Diese Ausführungsbestimmungen mögen der engen Personaldecke und den Lagerungskapzitäten entgegenkommen, sind aber fachlich unsinnig und verstoßen zudem gegen die fachliche Ethik und die europäische Konvention von La Valletta/Malta.

Die neuen Regelungen sind für die zahlreichen Sammler verwirrend, signalisieren sie doch auch, dass ihre Tätigkeit keinerlei wissenschaftlichen Wert hätten. das ist ja aber nur der Fall, wenn Funde schlecht dokumentiert sind und nicht vorgelegt werden. Künftig wird keine Vorlage der Funde mehr verlangt, was auch bedeutet, dass die Konservatoren noch weniger Zeit dafür zur Verfügung haben. Funde werden nicht gemeldet, Fundstellen werden verloren gehen.


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Donnerstag, 27. November 2014

Der Zoll als Hehler?

Auf Zoll-Auktion, einer Plattform des Bundes-Finanzministeriums, auf der "gepfändete, sichergestellte oder beschlagnahmte Sachen, ausgesonderte Gegenstände des Verwaltungsgebrauchs und Fundsachen von Behörden und Institutionen von Bund, Ländern und Gemeinden sowie sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen" versteigert werden, werden derzeit 69 antike, überwiegend römische Münzen angeboten.
Damit beteiligt sich der Staat an einem Markt, der die Plünderung archäologischer Fundstellen fördert. 
Nach Protesten hatte der Zoll die Versteigerung zunächst ausgesetzt, dann aber erneut eingestellt, da keine Erkenntnisse vorlägen, dass es sich bei den Münzen um gestohlenes oder illegal gehandeltes Kulturgut handele. Das ist eine Verkennung der Realitäten. Ein solcher Nachweis ist nie zu erwarten, denn es steht ja niemand neben dem Raubgräber und fertigt erst einmal ein Fahndungsfoto an - und bei römischen Münzen wird auch kein Provenienzland Ansprüche erheben können, immerhin gibt es heute weit über 30 Staaten auf dem Territorium des Imperium Romanum.
Angesichts der großen Zahl von Raubgrabungslöchern auf römischen Fundstellen ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der auf dem Markt befindlichen Münzen aus solchen illegalen Quellen stammen. Hier steht zu Recht die Forderung im Raum, dass nur noch Funde gehandelt werden dürfen, die mit Papieren ausgestattet sind, die die legale Herkunft positiv nachweisen. Dementsprechend ist es zu begrüßen, wenn nun von Seiten der Bundesregierung Bestrebungen bestehen, das bestehende Kulturgüterschutzgesetz dahingehend zu verschärfen, dass eindeutige Papiere vorgelegt werden müssen, die die Rechtmäßigkeit erweisen - siehe das vernichtende Urteil zum bestehenden Gesetz: Bericht der Bundesregierung zum Kulturgutschutz in Deutschland (pdf) - http://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BPA/BKM/2013-08-12--bericht-kulturgutschutz.pdf).

Das Entscheidende dabei ist, dass verhindert wird, dass aus archäologischen Funde Gewinne erzielt werden, die Raubgrabungen motivieren - das gilt für Münzen genau so wie für andere Funde, denn das Problem ist das Raubgrabungsloch, das entscheidende historische Quellen vernichtet.

Zoll-Auktion macht zu den Münzen keinerlei Provenienzangaben. Daher ist es mehr als wahrscheinlich, dass sie aus illegalen oder mindestens unethischen Quellen stammen. Archäologische Funde sind in Deutschland meldeflichtig und im Ausland überall mit einem Exportverbot belegt. Bleiben 'alte Sammlungen', die aber zumindest klar und nachvollziehbar benannt werden müssten!
 
Dass nun das Finanzministerium Kulturgut versteigert und damit einen finanziellen Anreiz für weitere Raubgrabungen setzt, ist nicht zu akzeptieren!



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Montag, 24. November 2014

Sonderangebot der Woche! Antike "Schrottmünzen" beim Lebensmitteldiscounter

Rainer Schreg/Jutta Zerres

Der Lebensmitteldiscounter NORMA bietet seit 19.11.2014 eine „Sammler-Wunderkiste Münzen“ an. Darin enthalten ist u. a. auch "aus Schatzfund: 1 originale altrömische Münze!!!"

Uns hat dieses Angebot entsetzt, zeigt es doch wieder, wie gering die Sensibilität gegenüber archäologischen Funden als historischer Quelle ist. Wir haben uns daraufhin - unabhängig voneinander - als Privatpersonen an NORMA gewandt. Umgehend erhielten wir von deren Lieferanten Prophila Collection Antwortbriefe mit weitgehend identischen Inhalten. Der Lieferant führt aus, dass letztlich alles legal sei und es sich nur um „Schrottmünzen“ handele. Als Beweis dafür, dass das Angebot nur minderwertige Objekte enthalte, wurde uns auch je eine der originalen altrömischen Münzen zugesandt, wie sie auch in der „Sammler-Wunderkiste“ vorzufinden sind.


"Schrottmünze"
(Foto R. Schreg)
Die Münze wurde von Prohila Collection dem Antwortschreiben beigelegt.

Vorab: Wir begrüßen die rasche und ausführliche Rückmeldung des Geschäftsführers der Firma Prophila Collection, der sie sich mit der Kritik auseinandergesetzt und eine ernsthafte Antwort verfasst hat! Und wir glauben, dass nach bestehender Gesetzeslage das Angebot legal ist - allerdings hat es aus ethischer Sicht eben einen ausgesprochen bitteren Beigeschmack. Deshalb hat sich NORMA zu fragen, ob das Unternehmen tatsächlich als Kulturzerstörer wahrgenommen werden möchte. Vermutlich haben sich die Verantwortlichen bei dem Unternehmen darüber im Vorfeld des Angebotes keine Gedanken gemacht.

In der Sache erscheint uns die Reaktion des Lieferanten in mehrfacher Hinsicht als aufschlussreich, letztlich aber als wenig befriedigend.

Zunächst bekundet der Geschäftsführer sein persönliches Geschichtsinteresse und betont auch seine Unterstützung für den Schutz von archäologischen Kulturgütern. Wie passt das zusammen?
„Wir verstehen Ihr Anliegen im Sinne der Archäologie und möchten aber auch die Bedeutung des Handels für das gleiche Thema verständlich machen. Letztlich gelangen diese Sammlerstücke in Hunderttausende von Haushalten und erwecken so erst das Interesse an der Geschichte.“
Interesse für Geschichte bedeutet hier ganz offenbar, dass man sich damit auseinandersetzt, indem man sich ein Teil von ihr physisch aneignet. Dahinter steht wohl eine problematische Vorstellung von historischer Authentizität, die über das Objekt vermittelt wird und die letztlich die Gefühlsebene anspricht. Das ist freilich etwas ganz anderes als ein wissenschaftliches Geschichtsinteresse, das weniger am Objekt, als vielmehr an dessen Informationen interessiert ist.
Verständnis für Geschichte als eine kritische, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kann so ein Angebot aber nicht wecken. Dazu wäre ein minimaler didaktischer Rahmen notwendig.

Ein wichtiges Argument für den Münzhändler ist der Wert der Münze. Zwar sieht er völlig richtig:
"Im Gegensatz zu anderen Artefakten sind Münzen das Produkt einer semiindustriellen Massenfertigung und deren Wert liegt damit meist nicht in deren Einmaligkeit, sondern eher in Verbindung mit dem Fundort in der Chance, die Datierung dieses Ortes zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. "
Die Tatsache, dass aber gerade durch den Münzhandel Anreize gegeben werden, diese Chance zu vernichten und immer mehr Münzen undokumentiert aus dem Boden zu reißen, und hier das eigentliche Problem der Entwertung liegt, liegt außerhalb der Münzhändler-Argumentation.
Stattdessen wird die Münze dann doch als Einzelobjekt eigenen - materiellen - Wertes gesehen:
„Römische Münzen, das wissen Sie sicherlich als Person mit Einblicken in die Branche, gibt es Tausende verschiedene. Von einzelnen Sorten existieren teilweise zigtausend. So kann man mit gutem Recht behaupten, dass Millionen von Münzen aus dieser antiken Zeit noch am Markt sind.“
„Gold- und Silbermünzen, aber auch seltenere Prägungen haben Seltenheitswert und sind entsprechend teuer.“
Deshalb handele es sich bei der angebotenen Münze
"nicht um eine echte Rarität im oben beschriebenen Sinne“".
„Vielmehr handelt es sich um eine sogenannte „Schrottmünze“. Das heißt, es ist eine einfache ungereinigte Bronzemünze mit schwachem Relief. Davon gibt es Hunderttausende nicht zuletzt auch auf Märkten wie ebay zu kaufen.“
Unseres Erachtens macht das die Sache aber nicht weniger schlimm: "Schrottmünze" ist keine Kategorie der Archäologie. Zur Schrottmünze wird sie nur in den Augen eines Handels, der damit keinen Gewinn machen kann, aber auch nicht zögert, sie frei zu verschenken und beim Lebensmitteldiscounter anzubieten, um Nachwuchssammler zu ködern. Gerade dann, wenn der Handel auch solche Schrottmünzen übernimmt, wird in Kauf genommen, dass historische Informationen vernichtet werden. Das Angebot behauptet zudem, die Münze stamme aus einem "Schatzfund". Wenn hier nicht einfach eine irreführende Behauptung (und ein Fall für den Verbraucherschutz) vorliegt, bedeutet das aber immerhin, dass ein Komplex zusammengehörender Münzen auseinander gerissen wurde, der eine historische Quelle dargestellt hätte - und fast überall meldepflichtig gewesen wäre. Die beigelegten Münzen sind stark korrodiert, ungereinigt (also vielleicht eher nicht aus alter Sammlung) und kaum mehr bestimmbar, gleichwohl wären sie im Kontext des Schatzfundes durchaus noch wichtiger Teil einer historischen Quelle gewesen. Das Problem liegt darin, dass für einen Münzhandel genau der eigentliche Wert vernichtet wird.

Ohne Kontext
Mit Kontext
  • Materieller Wert
  • Datierungsmöglichkeit für archäologische Befunde
  • Bildprogramm der Münze
  • ggf. Teil eines Hortfundes (vulgo: Schatzes) mit wichtigen Informationen zu dessen Bildung, Zusammensetzung
  • Rarität
  • Lokaler Münzumlauf

  • Wirtschaftliche Konjunkturen

  • „Schatzhorizonte“: Informationen zu politischen Krisen, Unruhezeiten

  • Regionale Metallzusammensetzungen

  • Bestattungs- und Opfersitten

  • Regionale Wirtschaftsbeziehungen

Anm.: Selbst schlecht erhaltene, nicht mehr exakt bestimmbare Münzen liefern zumindest ein quellenkritisches Korrektiv
 Tab.: Der Wert einer Schrottmünze - in rot der vernichtete Wert

Tatsächlich sind wohl viele römische Münzen in Privatbesitz, die vielleicht aus "alter Sammlung" stammen oder zufällig im Baustellenaushub gefunden worden sind. Auch diese Funde könnte man mit einem Herkunftsnachweis versehen, indem bei Neufunden eine Behörde bescheinigt, dass es sich um einen wissenschaftlich irrelevanten Fund handelt. Die Meldepflicht in den deutschen Denkmalschutzgesetzen besteht ohnehin schon. Bei Altfunden könnten alte Fotos und Sammlungsinventare ggf. eine eidesstattliche Erklärung den Funden beigelegt werden, die präzise (deutlich mehr als 'alte Schweizer Sammlung'!) auflisten, was zur Provenienz bekannt ist.
„Herkunftszertifikate werden in Deutschland mit gutem Recht nicht verlangt, weil sonst diese Münzen allesamt illegal würden und nicht mehr übertragbar wären. Der Handel mit Hehlerware ist jedoch eindeutig geregelt und gilt für jedes Produkt, so natürlich auch für Münzen. Wir haben die Ware in gutem Glauben erworben und gehen natürlich davon aus, dass diese Ware nicht aus solchen Quellen stammt. Auch bei anderen Produkten verlassen wir uns auf diese Grundsätze von Treu und Glauben.“
Angesichts der enormen Raubgrabungslöcher, die man im Vorderen Orient, aber auch anderenorts wie beispielsweise in Bulgarien auf Google-Luftbildern erkennen kann, (vergl. Ratiaria – Die geschredderte Römersiedlung. Archaeologik [20.6.2013]; Die völlige Zerstörung von Apameia. Archaeologik [30.4.2013]), ist es aus unserer Sicht allerdings sehr wahrscheinlich, dass ein großer Teil von Münzfunden aus Raubgrabungen stammt und „Treu und Glauben“ längst nicht mehr ausreichen. Wenn sich auch im Einzelfall des Norma-Angebots ein Gesetzesverstoß wahrscheinlich nicht wird nachweisen lassen, so ist doch mit höchster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die angebotenen Funde illegal sind. Insofern ist das Angebot in höchstem Maße unmoralisch.

Derzeit gibt es durchaus Planungen, das Kulturgüterschutzgesetz zu reformieren (http://www.deutschlandradiokultur.de/terror-geschaefte-gesetz-soll-illegalen-handel-mit.1013.de.html) und endlich den internationalen Standards anzupassen. Entweder ist das dem Münzhändler noch nicht bekannt, oder er möchte davon ablenken („eine Verschärfung der Gesetze nicht geplant“). Bleibt zu hoffen, dass hier endlich der Legitimitätsnachweis festgeschrieben wird.
"Es ist ein Spannungsverhältnis zwischen beiden Interessenlagen ist sicher vorhanden, das sich letztlich nicht befriedigend lösen lässt." 
Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Vergangenheit wie auch gegenüber der Zukunft kann aber nur bedeuten, dass man alles unterlässt, was neue Raubgrabungen ermutigt.
„Zusammenfassend möchten wir sagen, dass wir uns vollkommen konform mit unseren Gesetzen verhalten und auch sonst keinen Grund sehen, unser Angebot als anstößig zu betrachten.“
In Zeiten, in denen der Islamische Staat seinen Terrorismus, der so unsagbares Leid über Menschen gebracht hat, unter anderem auch mit dem Verkauf von Antiken finanziert (vergl. Archaeologik), scheint ein solches Angebot aus unserer Sicht eben doch anstössig. Jahrtausendealte archäologische Fundstellen werden für solche Schrottangebote und einige wenige hochpreisige Kunstwerke für alle Zukunft zerstört. Norma setzt seinen Ruf aufs Spiel.


PS:
Die beiden Münzen, die uns zugesandt wurden, werden der Sammlung des RGZM übergeben, da wir uns als Archäologen keine privaten Funde leisten möchten und es auch nicht für verantwortbar halten, die Funde durch Rücksendung an den Händler wieder in den undurchsichtigen Markt zu geben.


Link (Nachtrag 26.11.2014)

Nachtrag (11.12.2014):
Der Blogpost wurde von swr2 Kultur aufgegriffen:

Sonntag, 23. November 2014

Antikenhandel in Südostasien

Nicht nur ein Thema für den Nahen Osten:
Ein wachsender Markt für Antiken, in dem Thailand und Singapur die entscheidenden Drehscheiben sind. Ein wichtiger Endmarkt sind offenbar die USA, von wo jüngst 500 illegal gehandelte Objekte an Thailand zurückgegeben worden sind. 

Dienstag, 4. November 2014

Kambodscha: Die Ausfuhr von Kulturgütern war auch früher illegal

Mehrfach gab es in jüngerer Zeit Affären um illegal gehandelte Statuen aus Kambodscha, die bei großen Auktionshäusern angeboten wurden. Rechtsansprüche der Herkunftslandes wurden von den Geschäftemachern des Antikenhandels verneint, Rückgaben als freiwilliges Zeichen guten Willens dargestellt.

Dass aber der Export auch früher schon nicht rechtens war zeigt ein Beitrag bei artnetnews:

Ähnliches gilt übrigens auch für den Mittelmeerraum, wo es auch vor 1970 Antikengesetze gab, die den Export von Kulturgütern weitgehend verboten haben - oder an Bedingungen gebunden, die bei legal exportierten Funden auch heute noch nachprüfbar sein sollten.


Interner Link

Samstag, 1. November 2014

Die Rolle des Antikenhandels gerät ins Blickfeld - Syrien und Irak im Oktober 2014

Der Kampf gegen den IS-Terror
Das Zurückdrängen und Zerschlagen des IS findet nicht im Pentagon sondern bei Sotheby's statt, meint:
und doch passiert in dieser Richtung nichts:
Schon öfters wurde darauf hingewiesen, dass der Handel mit Antiken eine wichtige Einnahmequelle des IS darstellt.

Michael Jansen weist darauf hin, dass viele der geplünderten Funden nach gängigen Erfahrungen in Museen und Privatsammlungen in den USA landen werden. In Bezug zu den Ankündigungen von John  Kerry im Metropolitan Museum in New York (siehe Archaeologik, 1.10.2014) sieht es Jansen als besondere Ironie an, dass dessen Ankündigung, die Welt müsse dem Vandalismus von Zerstörung und Plünderung ein Ende bereiten, ausgerechnet in einem Museum erfolgte, dessen Grundbestand aus Plünderungen stamme (vergl. http://chasingaphrodite.com/tag/metropolitan-museum-of-art/).

In Deutschland setzt möglicherweise ein Umdenken ein und eine Gesetzesnovelle könnte die illegale Einfuhr weitgehend stoppen. "Wir werden das Kulturgutgesetz ganz grundsätzlich ändern." sagt Staatssekretärin Monika Grütters. Es solle ein Paradigmenwechsel erfolgen und künftig ein Ausfuhrzertifikat verlangt werden. Das entsprechende Gesetz könne 2016 in Kraft treten.
    Ein Beitrag der ARD am 20.10.2014 "Das geplünderte Erbe"  (Mediathek) zeigt auf, wie unter anderem der deutsche Antikenhandel den IS-Terror finanziert. Über die Türkei und Kuwait landen die Fundobjekte mit falschen Provenienzangaben in deutschen Auktionshäusern.
    Der Beitrag hat große Medienresonanz erfahren und Kollege Michael Müller-Karpe, der auch in der ARD-Dokumentation eine fachliche Einschätzung gibt, wurde zu zahlreichen Interviews angefragt:
    Hier wird es wichtig sein, dass die Fachwelt in den nächsten Wochen, die Planungen für das neue Gesetz aktiv unterstützt und die guten Ansätze gegen den Lobbyismus der Händler verteidigt.

    Über die Raubgrabungen der IS im Irak und in Syrien ist nur wenig bekannt, da anders als im syrischen Bürgerkrieg hier keine Archäologen oder andere Kulturinteressierten sich noch trauen, heimlich Videos der Fundstellen zu drehen und übers Netz zu verbreiten.


      Die Türkei versichert, sie würde "weiterhin" verhindern, dass syrische Antiken über die Türkei geschmuggelt würden.


      Zerstörungen und Plünderungen
      Die Heritage Damage Letters mit einer Zusammenstellung der Zerstörungen und Plünderungen in Syrien im Oktober:
      Hier sei deshalb nur eine kleine Auswahl von Berichten verlinkt:
      Weitere Medienberichte über Zerstörungen 

      Ähnlich wie dies in Syrien passiert ist, starten nun auch Archäologen aus dem Irak eine Berichterstattung über die Kulturzerstörung via facebook:

      Tell Shair bei Kobane
      Die Gruppe Protect Syrian Archaeology hat auf youtube ein Video veröffentlicht, das einen US-Luftangriff auf IS-Truppen bei Kobane zeigen soll. Zu sehen sind heftige Geschoßexplosionen auf Tell Shair.



      Es gibt in der Tat mehrere Berichte über Kämpfe um den strategisch wichtigen Hügel, der westlich der Stadt liegt und das Abwurfgebiet der westlichen Waffenlieferungen sichert.
      Grabungen auf dem Tell seit 2006 haben eine Besiedlung seit dem 6. Jahrtausend v.Chr. nachgewiesen, gefolgt von Siedlungsphasen bis in byzantinische Zeit. Im 2. Jahrtausend v.Chr. soll hier ein großer Gebäudekomplex bestanden haben.
      (Das ist hier übrigens wieder mal einer der Punkte, an denen ich als Mittelalterarchäologe und ausgewiesener Nicht-Fachmann für die Region leider nicht schnell mal die einschlägige Literatur parat habe.) 

      Aktionen
      Ausstellungspläne des Irak, um die Zerstörungen religiöser und kultureller Stätten durch IS zu dokumentieren. http://al-shorfa.com/…/…/meii/features/2014/10/02/feature-02

      Das DAI bringt die Thematik in einen Review-Prozesses „Außenpolitik Weiter Denken“ des Auswärtigen Amtes ein.
      Das Staatliche Museum für Archäologie in Chemnitz (smac) veranstaltet am Mittwoch, den 05. November 2014 eine Podiumsdiskussion über die Zerstörung kulturellen Erbes und über Kulturgüterraub in der Krisenregion Syrien.

      Sonstige Meldungen
      Interner Link
      frühere Beiträge zum Bürgerkrieg in Syrien auf Archaeologik, inklusive monatlicher Berichte seit Mai 2012